Kommunale Suchtprävention

Kommunale Suchtprävention

Gute administrative Praxis durch interkommunale Dialoge

PROJEKT

Kommunale Suchtprävention für Jugendliche –
Gute administrative Praxis durch interkommunale Dialoge

Kurztitel: Pro Jugendliche – Dialog Suchtprävention

Projektträger:  Verein Gesunde Städte Österreichs

Wien, August 2011

Zusammenfassung

In der kommunalen primären Suchtprävention gibt es Anlass und Möglichkeiten, ihre Effektivität und Effizienz zu steigern, was letztlich den gefährdeten Jugendlichen in der Gemeinde helfen wird. Ein Dialog im Vorfeld mit der Verwaltungsforschung empfiehlt einen Weg: Das stärkere horizontale, dialogorientierte MITEINANDER der Kommunen und ihrer kommunalen Fachexperten (als neue Methode im Instrumentarium der interkommunalen Zusammenarbeit) unter Einbeziehung der angewandten Verwaltungs-forschung.

Projektziel ist die (in Österreich erstmalige!) Umsetzung eines interkom-munalen Dialoges mit kommunalen Fachexperten, die im Bereich der  primären Suchtprävention für Jugendliche tätig sind, unter enger Einbeziehung der angewandten Verwaltungsforschung in den Projektprozess.

      Prozessbezogen wurde deutlich, dass ein im Kreise von Experten der Wissenschaft und Präventionspraxis durchgeführter Dialog von den Beteiligten mehr Zeit abfordert als üblicherweise eingeplant wird.

      Resultat des mehrstufigen Interaktionsprozesses zwischen Wissenschaft und Experten der kommunalen primären Präventionspraxis ist die vertiefte inhaltliche Sicht auf wichtige praktische Guidelines einer guten administrativen Praxis. Es wurden administrative Eckpunkte, die bei der Planung von kommunalen Maßnahmen und Projekten berücksichtigt werden können, identifiziert und in einem Dialogprozess näher bewertet.  

Das Projekt hat in diese Richtung einen ersten und experimentellen Schritt gemacht, dem weitere folgen sollten.   

Verbindung zur kommunalen Praxis

Bei den dreimal jährlich stattfindenden Treffen der Gesunden Städte nimmt das Thema „Missbrauch legaler und illegaler Drogen durch Jugendliche“ einen ebenso wichtigen Platz ein wie kommunale Präventionsmaßnahmen. Das Netzwerk „Gesunde Städte Österreichs“ wurde am 16. September 1992 im Rahmen des Österreichischen Städtetages in Graz gegründet. Mit Beginn 1993 wurde das Koordinationsbüro in Wien eingerichtet. 1996 wurde als Rechtsträger der Verein Gesunde Städte Österreichs eingerichtet. Derzeit gehören dem Netzwerk 26 österreichische Kommunen an. Ein großer Teil der Mitgliedsstädte betreibt Projekte in der primären Suchtprävention.

Von den Mitgliedsstädten des Netzwerkes beteiligten sich die Städte Graz, Linz, Tulln und Bruck an der Mur direkt am Projekt und sie gestalteten das Projekt maßgeblich mit. Ebenso wirkten  16 Experten aus 12 Mitgliedsstädten an der externen Bewertung von Guidelines im Sinne von Eckpunkten einer guten administrativen Praxis in der primären Suchtprävention für Jugendliche mit. Sie gaben wertvolle Informationen und Hinweise zur Erarbeitung der Guidelines. 

Projektabschnitte und ihre Ergebnisse im kurzen Überblick

Im Folgenden werden die Phasen des Projektes, seine prozessbezogenen Erfahrungen sowie „Outputs“ überblicksartig beschrieben.

Projektabschnitt I: Grundlagen

Im ersten Projektabschnitt wurden drei Aufgabenstellungen  bearbeitet:

     Sichtung wichtiger Literatur und Studien zur kommunalen gemeindeweiten Suchtprävention für Jugendliche in Österreich und im westlichen Ausland.

      Vertiefende Beschreibung und Bewertung von ausgewählten Projekten der primären Suchtprävention in den Netzwerk- und Projektstädten Graz,  Linz, Tulln  und Bruck an der Mur. Diese Städte wollen mögliche Potentiale ausschöpfen, um ihre administrative Handlungskapazität zu verbessern und um mit verbesserten Handlungsvoraussetzungen problematische kommunale Entwicklungen im jugendlichen Suchtgiftbereich besser bewältigen zu können. Projektabschnitte und ihre Ergebnisse im kurzen Überblick

Im Folgenden werden die Phasen des Projektes, seine prozessbezogenen Erfahrungen sowie „Outputs“ überblicksartig beschrieben.

Projektabschnitt I: Grundlagen

Im ersten Projektabschnitt wurden drei Aufgabenstellungen  bearbeitet:

     Sichtung wichtiger Literatur und Studien zur kommunalen gemeindeweiten Suchtprävention für Jugendliche in Österreich und im westlichen Ausland.

     Vertiefende Beschreibung und Bewertung von ausgewählten Projekten der primären Suchtprävention in den Netzwerk- und Projektstädten Graz, Linz, Tulln und Bruck an der Mur. Diese Städte wollen mögliche Potentiale ausschöpfen, um ihre administrative Handlungskapazität zu verbessern und um mit verbesserten Handlungsvoraussetzungen problematische kommunale Entwicklungen im jugendlichen Suchtgiftbereich besser bewältigen zu können. Design der Methode des interkommunalen Dialoges mit kommunalen Fachexperten als neue Form der interkommunalen Zusammenarbeit und exemplarische face-to-face-Umsetzung auf Grundlage der von Experten der Städte Graz, Bruck und Tulln präsentierten Projekte sowie im Wege einer fragebogengestützten Rückkoppelung mit einem weiten Expertenkreis.

Projektabschnitt II: Umsetzung

     Die Sichtung der einschlägigen Literatur  erlaubt folgende kurze „Lehre“ – Für den Erfolg einschlägiger kommunaler Projekte in der gemeindeweiten primären Prävention wichtig ist die klare methodische und fachliche (auch am Kriterium der Evidenz ausgerichtete) Grundlegung eines Projektes und das  offene und systematische Lernen aus anderen gut dokumentierten  Projekten. Dabei zeigte sich, dass die tatsächlichen gesundheitsfördernden Wirkungen der konkreten Maßnahmen im Bereich der universellen wie der selektiven Suchtprävention auf Gemeindeebene deutlich von institutionellen Faktoren vor Ort abhängen sowie von der guten fachlichen Praxis geprägt sein sollen. Es gibt bei zahlreichen praktischen  kommunalen Aktivitäten einen Unterschied zwischen „ist“ und „soll“.

     Interkommunaler Dialog im Workshop                                           

Es wurde die neue Methode interkommunaler Dialoge mit Fachexperten präsentiert und diskutiert. Die Präsentation von Maßnahmen der kommunalen Suchtprävention für Jugendliche in den Städten Graz, Tulln und Bruck folgte, was Grundlage für einen inhaltlich ausgerichteten interkommunalen Dialog unter den Teilnehmern war. Es gelang mit relativ geringem zeitlichem Aufwand Experten der primären Suchtprävention aus mittleren und großen österreichischen Städten  für den im Workshop-Format abgehaltenen interkommunalen Dialog zu gewinnen. Die Diskussion im Workshop zeigte sich begünstigt durch die vergleichbare fachliche Sozialisation der Experten thematisch fokussiert. Den inhaltlichen Input des Workshops stellten die Präsentationen der  teilnehmenden Experten der Städte Graz, Tulln und Bruck an der Mur da, die „ihre“ Projekte authentisch präsentierten. 

     Sektorweite Expertenbewertung von praxisrelevanten Eckpunkten (Guidelines) bei der Planung von Projekten und Maßnahmen der primären universellen kommunalen Suchtprävention für Jugendliche.

Für die breitere, d.h. sektorweite Bewertung von praxisrelevanten Eckpunkten (Guidelines) bei der Planung von Projekten und Maßnahmen der primären universellen kommunalen Suchtprävention gibt es eine Reihe von „guten“ Gründen. Es wird die in Szenarien oder in der Delphi-Methode verbreitete Paper-and-pencil-Methode  angewendet, bei der Experten mit Fragebögen angesprochen werden und seitens eines wissenschaftlichen Projektteams im Hintergrund eine Auswertung erfolgt. 16 Fachleute aus 12 „Gesunden Städten“ (Bregenz, Bruck an der Mur, Graz, Klagenfurt, Knittelfeld, Leoben, Salzburg, St. Pölten, Schwechat, Tulln, Villach, Wien) beantworteten den Fragebogen.  Damit ist das „Feld“ der Städte mit Projekten ausreichend „abgedeckt“. Die Analyse zeigt Übereinstimmungen zu allgemeinen „Eckpunkten“ kommunaler Maßnahmen und gleichermaßen differenzierte Bewertungen zu konkreten Praxiskriterien und deren Umsetzungsmöglichkeit (wie Evidenz, Evaluation, Befristung von Maßnahmen usw.). Die weitere Bearbeitung im Workshop-Format mit dem engeren Projektteam oder  in einer neuerlichen „Rückkoppelungsschleife“ an die Experten des erweiterten Teilnehmerkreises war leider aus praktischen Gründen nicht möglich.

  Projektabschnitt III:
Guidelines  für eine gute administrative Praxis der primären Sucht-prävention für Jugendliche

Im Lichte der angewandten Verwaltungswissenschaft wurden eine Reihe von praxisnahen Kriterien für eine gute administrative Praxis vorgestellt, die bei der Planung von Projekten der Suchtprävention berücksichtigt werden sollen. Die Kriterien sind „Guidelines“ im Sinne von Eckpunkten – und nicht Tools (Werkzeuge), die direkt angewendet werden können.  

Im Workshop wurden die Eckpunkte, Guidelines  für eine gute administrative Praxis der primären Suchtprävention für Jugendliche  inhaltlich besprochen. 

Zwei Hinweise zur Illustration:   

Die Experten äußerten sich sehr differenziert, ob bzw. wie weit es sachlich sinnvoll und/oder vor allem praktisch überhaupt möglich sei, ein Präventionsprojekt an operationalen Handlungszielen auszurichten und den Beteiligten „vorzugeben“. Ähnlich differenziert war das Meinungsbild zur Befristung von Projekten. 

Projektabschnitt IV: Dissemination

Nach dem formalen Projektabschluss mit Ende August 2011 ist eine Phase der Dissemination geplant. Die Ergebnisse sollen einem breiten Kreis von Städten zugänglich gemacht werden, die Projekte betreiben oder planen.

Folgende „Formate“ sind vorgesehen:

     Die Österreichische Gemeindezeitung (ÖGZ) wird ein Schwerpunktheft gestalten

     Projektpräsentation im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung von Österreichischem Städtebund und Netzwerk „Gesunde Städte Österreichs“

     Design eines Onlinedokuments auf der Homepage des Netzwerkes bzw. des Österreichischen Städtebundes.

Ablauf des Workshops am 1. August 2011

Dr. Werner Pleschberger (Strategic Communications Pleschberger KG) beschreibt die Methode des interkommunalen Dialoges als neue und informelle Form der horizontalen Zusammenarbeit zwischen Kommunen.

Zielsetzung und Vorteil der Methode können folgend umschrieben werden:

Interkommunale Dialoge sollen einen Betrag für „bessere“ individuelle kommunale Problemlösungen leisten. Grundlage ist die Annahme, dass Dialoge die individuelle Herangehensweise einer Kommune inhaltlich bereichern können. Sie generieren für die Kommune einen im weiten Sinne zu verstehenden wirtschaftlichen Vorteil. Prinzipiell kann das Ziel auch eine Kommune allein erreichen, doch wird der für sie notwendige zeitliche oder monetäre Aufwand höher sein als wenn eine Kommune aktiv an einem interkommunalen Dialog teilnimmt (geringere Transaktionskosten).   

Eine spezielle Variante des interkommunalen Dialoges sind Dialoge zwischen kommunalen Fachexperten unter Beteiligung der „externen“ angewandten Wissenschaft:

Ein interkommunaler Dialog von Fachexperten ist die freiwillige, informale und horizontale Form Zusammenarbeit zwischen kommunalen Fachexperten, die in einem vergleichbaren kommunalen Problem-/Aufgabenfeld tätig sind. Sie tauschen relativ informal ihr Wissen, Erfahrungen und Informationen über ihre professionellen Aktivitäten aus. Die Fachexperten bringen „ihre“ Informationen ein,  und sie sind an Informationen der „anderen“ teilnehmenden Fachexperten interessiert! Der Austausch ist offen, statusfrei. Die Sicht der angewandten Wissenschaft ist ein integraler Teil des Dialoges.

Intention des Dialoges ist im Idealfall (!) die Deliberation. 

Es kann mit einem Dialog ein sozialer Lernprozess bei den Experten angestoßen werden, der vorhandene Sichtweisen relativiert, klärt, verändert etc. und Prozesse des organisationalen Lernens im individuellen kommunalen Aufgabenbereich begünstigen wird.

Das Gelingen eines Dialoges ist von einer Reihe von Faktoren abhängig, die ganz unterschiedlicher Natur sind:  

     Keine institutionalisierten Formen der Zusammenarbeit vorhanden

     Problem kommt häufiger vor (bei kontextspezifischen Unterschieden!)

     Problem ist objektiv oder subjektiv „ernst“

     Komplexe sachliche Problemcharakteristik (erfordert primär fachliches Problemdenken)

     Bedürfnis nach Informationsaustausch

     Suche nach gemeinsamen (vielleicht sogar noch unbekannten)  Lösungen (soziales Lernen) –

     Nutzung der „economics of scale“ (Erwartung von Effizienzgewinnen durch Informationsaustausch in einer größeren Einheit)

     Geringere Informationskosten gegenüber einer individuellen Vorgangsweise

     Management kommunal übergreifender positiver oder negativer externer Effekte bei der lokalen Güterproduktion (Bedingung: räumliche Nähe der Kommunen!) – bewusste Suche nach Vermeidung kostenträchtiger Externalitäten

     Steigerung der Handlungskapazität

     Integration von externem Wissen (angewandte Wissenschaft) – Etablierung eines policy-science-Interface

     Kooperationsmanagement und Moderation des Dialoges

Wir gingen weiterhin von der literaturgestützten These aus:

      In einem interkommunalen Dialog unter Beteiligung von fachlich ausgerichteten Verwaltungsmitarbeitern ist die fachliche Betrachtung der kommunalen Dienstleistungsproduktion naturgemäß das zentrale Frame, wie die Beteiligten an die behandelte Aufgabenstellung herangehen werden. Die primäre fachliche Orientierung der Beteiligten erleichtert grenzüberschreitende Betrachtungen der eigenen kommunalen Leistungsproduktion, was die Annahme erlaubt, dass fachlich orientierte Verwaltungsmitarbeiter  für interkommunale Dialoge aufgeschlossener sein werden als politische Akteure (administrative Nähe versus territoriale Eigeninteressen).

Ergebnis

Die obige Arbeitshypothese bestätigt an sich das Stattfinden des Workshops (wie des Dialoges überhaupt).

Es gelang mit relativ geringem Aufwand Experten der primären Suchtprävention aus mittleren und großen österreichischen Städten  für den im kleinen Workshop-Format abgehaltenen interkommunalen Dialog zu gewinnen. Auch die Diskussion im Workshop verlief begünstigt durch die vergleichbare fachliche Sozialisation der Experten thematisch fokussiert.

 

3 alternative Pfade eines Dialoges

Pfad der KOOPERATION

Ein interkommunaler Dialog kann sich in drei Richtungen („Pfade“) entwickeln: 

Die Beteiligten vermitteln sich gegenseitig Informationen, sie entwickeln (noch) keine gemeinsame Mission. Was stattfindet ist der reine Informations-austausch.

Pfad der KOORDINIERUNG

Die Beteiligten tauschen ihre Informationen, Erfahrungen aus, getragen von der gemeinsamen Überzeugung, dass man in einem Boot sitzt, was das Problem betrifft. Die Kommunikation ist intensiver als bei einem reinen Informationsaustausch, was das Risiko bringt, an entstehenden Dissonanzen über Ursache-Wirkungs-Deutungen, richtige Fachparadigmen bis zu  Fragen über die richtigen Lösungen  zu scheitern.

Pfad der KOLLABORATION

Die Beteiligten kommunizieren offen und sind a priori überzeugt von der Sinnhaftigkeit des interkommunalen Dialoges. Sie teilen ein gemeinsames fachliches Vorverständnis zum Problem und engagieren sich mit ihren fachlichen und persönlichen Ressourcen für ein besseres sachliches Problemverständnis und für die Erarbeitung gemeinsamer Lösungen, die allen Beteiligten einen Gewinn versprechen.

Die drei Pfade unterscheiden sich mit Blick auf die Bedeutung der Faktoren Zeit, Vertrauen und Öffnung der individuellen Terrains gegenüber Dritten deutlich. Je mehr man sich auf dem Kontinuum von der Kooperation in Richtung Kollaboration bewegen möchte, umso größer ist das notwendige Investment der Beteiligten im Dialog, was für sie aber einen höheren Gewinn bringen kann.  

Verwaltungswissenschaftliche „Intervention“ pro Evidenz

Die zweite Workshophälfte behandelte administrative Kriterien kommunaler Präventionsprojekte.  Die wissenschaftsbasierte Präsentation war eine „Intervention“ für die stärkere Evidenzbasierung kommunaler primärer Präventionsprojekte.

Die Teilnehmer stimmten mehrheitlich und prinzipiell überein, dass man Maßnahmen und Projekte der primären Prävention auf kommunaler Ebene am Kriterium der Evidenz ausrichten soll:

Die Ausrichtung von gemeindebezogenen Interventionen in der primären Prävention am Kriterium der Evidenz  bedeutet, dass man bei der Planung, Umsetzung und Wirkungsmessung von Interventionsmaßnahmen auf das gesamte vorhandene wissenschaftliche Wissen zur geplanten Intervention  zurückgreift, um Projekte zielgerichtet zu gestalten und die gewünschte  Wirkungseffektivität, Effizienz usw. zu erreichen.  

Bei einer Ausrichtung einer Präventionsmaßnahme am Kriterium der Evidenz sind bereits am Anfang der geplanten Intervention so weit wie möglich eine Reihe von Fragen in methodisch kontrollierter Weise zu beantworten:  

     Was - oder wer - ist eigentlich das aktuelle Problem?

     Welcher Ansatz soll bei der Intervention zugrunde gelegt werden?

     Was sind die genauen Interventionskomponenten bzw. Ansatzpunkte in den einzelnen Sektoren und wie kann ihre Integration gesichert werden

     Umfang, Dauer und Intensität der Intervention

     Tools: Wer reicht wie was an wen dar?

     Wer soll ein Programm im kommunalen Gesamtsetting symbolisch unterstützen („Booster-Effekte“)?

     Wie und wann soll die Wirkung eines Programmes gemessen und praktisch fruchtbar gemacht werden?

     Schätzung der Kosten eines Programmes und seines finanziellen Nutzens

Ein Projekt der primären Intervention hat daher einen wissenschaftlichen Vorlauf:

     Beschreibung der epidemiologischen Ausgangssituation mit vorhandenen, neuen oder geschätzten Fakten (Daten) in Breite und Tiefe

     Entwicklung eines adäquaten Modells von Ursache-Wirkungsbeziehungen  (auch durch Adaptierung)

     Empirische Prüfung des Modells in einer statistischen Analyse auf signifikante Zusammenhänge zwischen den im Modell erfassten problemdeterminierenden Variablen

     Markierung der gut  begründeten Interventionspunkte

     Beschreibung der Interventionsstrategie

Im Lichte der angewandten Verwaltungswissenschaft wären in der Planungsphase mindestens die folgenden verwaltungswissenschaftlichen Kriterien zu berücksichtigen:

Ergebnis

 

Die von wissenschaftlicher Seite eingebrachten bewusst idealen administrativen Kriterien für die Planung von kommunalen Maßnahmen führten zu Nachfragen seitens der Teilnehmer und stimulierten eine rege Diskussion im Workshop.

     Wie weit und wie tief kann und soll das Evidenzkriterium bei einem Projekt berücksichtigt werden?

 

      Inhaltliche Beiträge zentrierten sich unter anderem um die Forderung, eine Intervention an operationalen Zielen auszurichten. Behandelt wurde auch die Frage, welchen Stellenwert eine Evaluation prinzipiell in der Projektplanung haben könne und wieweit die Evaluation nach Projektabschluss über das „Schicksal“ einer durchgeführten kommunalen Intervention mitentscheiden könne.

Umsetzungsschritt II: Expertenbewertung von praxisrelevanten Eckpunkten (Guidelines) bei der Planung von Projekten und Maßnahmen der primären universellen kommunalen Suchtprävention für Jugendliche

ZEITRAUM:          5. Juli 2011 bis 15. August 2011

Ausgangssituation

Im Workshop des Projektes am 1. Juli 2011 wurden von externer wissenschaftlicher Seite „gute“ administrative Eckpunkte vorgestellt, die bei der Planung von Projekten und Maßnahmen der primären universellen kommunalen Suchtprävention im Lichte der Wissenschaft berücksichtigt werden sollten.

Aufgabenstellung

     Aufgabenstellung war die breite Bewertung der vorgestellten praxisrelevanten Eckpunkte (Guidelines) bei der Planung von Projekten und Maßnahmen der primären universellen kommunalen Suchtprävention durch Einbezug einer größeren Gruppe von praktischen Experten des „Feldes“. Der Prozess trägt zum WHO-Handlungsbereich 1: Entwicklung einer gesundheitsfördernden Gesamtpolitik in einer Kommune bei.

Für diese Vorgangsweise gibt es eine Reihe von „guten“ Gründen.

     Der im Kernteam des Projektes vertretene Teilnehmerkreis der Städte ist klein und kam durch informelle Netzwerkbildung zustande (mit anderen Worten: er ist keine echte Zufallsauswahl im statistischen Sinne)

     Eine kleine Gruppe entwickelt eine eigene, jedenfalls nicht automatisch für einen größeren  Kreis geltende Sicht der „Dinge“

     Die Bewertung im größeren Expertenkreis führt zur sachlichen Verobjektivierung der vorgelegten Kriterien und erlaubt eine iterative Annäherung an die soziale „Meinungslage“ im „Felde“

     Die Verobjektivierung steigert die Planungssicherheit im Felde der Suchtprävention.

    Je breiter ein Konsens abgestützt ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit das Neuerungen in der kommunalen Praxis umgesetzt werden.  

Praktische Vorgangsweise

Die „Interaktion“ mit den Experten der kommunalen primären Prävention wurde folgend durchgeführt (Paper-and-pencil-Methode):  

Schritt 1

Die wissenschaftliche Seite des Projektes entwickelt einen Fragebogen mit Eckpunkten  (Guidelines)  für eine gute administrative Praxis (2. Bis 5. Juli 2011). Der Fragebogen ist semistrukturiert. Er enthält überwiegend offene und sehr wenige geschlossene Fragen. Der Fragebogen soll den Experten einen breiten Raum für ihre Antworten und Kommentare geben.

Schritt 2

Online-Aussendung des Fragebogens an  Experten in 15 Mitgliedsstädten des Netzwerkes „Gesunde Städte Österreichs“. Die Experten konnten ihre Antworten direkt in das übersandte rtf-Formular eintragen und online zurücksenden.

Schritt 3: Analyse der Expertenbewertungen

Das wissenschaftliche Projektteam wertete 16 zurückgesendete Fragebögen aus. Zu diesem Zweck wurden die Inhalte entweder wörtlich oder sinngemäß in ein eigens entwickeltes Auswertungsschema übertragen. Über diese Methode entstanden neun Tabellenblätter, die wörtlich oder sinngemäß alle wesentlichen Informationen der antwortenden Experten enthalten.

Ergebnis – Guidelines (Eckpunkte) für die administrative Praxis

Gemeinsamer Grundstock

     Die etablierten  „Themen“ der Suchtprävention – Alkohol, Rauchen und Drogenkonsum  - sind wichtig und sind in den Netzwerkstädten Anlass für praktische Projekte  (mit leichtem Übergewicht des Bereiches Alkoholkonsums bzw. der einschlägig  ausgerichteten Projekt)

     Wissensvermittlung an Jugendliche, Förderung ihrer Sozialkompetenz zu einem reflektierten Umgang mit „Angeboten“ sind wichtige Merkmale der Präventionsprojekte (-strategie)

     Projekte zielorientiert gestalten

     umfassender Blick auf erfolgsversprechende Settings: Familie, Gemeinde, Freizeit-bereich, Schule, Örtliche Wirtschaft, Politik

     Die gänzliche Verhinderung des Einstiegs ist illusorisch – Heraufsetzung des Einstiegsalters und Minimierung von Schäden ist „realistisch“

     Die Methode der Evaluation soll in prinzipieller Sicht ein Teil der Planungspraxis sein

     Maßnahmen und Projekte der Präventionspraxis sollen unbefristet angelegt werden - sie sollen sich autonom entwickeln können (Evaluation ist in diesem Zusammenhang eine Orientierungshilfe)

     Der „ethische Imperativ“ soll höher wiegen als das Kostenkriterium der Maßnahmen und Projekte - dementsprechend „kritisch“ wird die vorgeschlagene Bewertung der Projekte am Kriterium der Kosteneffektivität gesehen. Es gibt zum Kriterium, das der Ökonomie entstammt, ein unklares Grundverständnis: man versteht darunter noch die Vergabe von Projektaufträgen an den billigsten Anbieter und nicht richtigerweise die Kalkulation und den anschließenden Vergleich der Kosten verschiedener Methoden einer Intervention bei gleicher Zielsetzung! 

Unterschiedliche Bewertungen

     Bei einem allgemeinen qualitativen Zielkonsens gibt es zum Eckpunkt operationale Projektziele eine breite Spannweite der Sichtweisen. Die folgenden drei Beispiele illustrieren den Sachverhalt: 

ü  Ziele festlegen – Zielerreichungsmessungen bündeln – Prinzipiell sollte sich die Politik dazu bekennen, Kernziele zu definieren und diese in ihrer „Multifaktorialität“ erkennen Störvariablen/Einflussgrößen auch operationalisieren - Evaluieren

ü  operationale Ziele nicht immer möglich, qualitative haben ihre Berechtigung

ü  Präferenz für soziale Werte, psychosoziale Gesundheit

     Die Zielfestlegung soll

ü  ausschließlich eine Aufgabe der mit Sichtgift betrauten Experten mit Praxiserfahrung sein

ü  von Experten kooperativ mit den Auftraggebern getroffen werden, oder (selten genannt)

ü  in Kooperation mit handlungsbezogen nicht direkt involvierten Wissenschaftlern,  oder

ü  unter Einbeziehung der  „betroffenen“ Jugendlichen erfolgen.

     Projektdesigns werden mit verschiedenen Methoden entwickelt:

ü  Ausrichtung an Eigenerfahrung und professioneller Eigenkompetenz  der praktischen Experten

ü  Sichtung regionaler/nationaler (selten internationaler) Projekte und ihre Adaptierung an lokale Gegebenheiten - vorrangig vor wissenschaftlicher Forschung

ü  Kooperativ im Netzwerk des Feldes

      Manche Antworten relativieren das Anliegen der Evaluation mit methodischen Schwierigkeiten (welche Kriterien?) und einem wahrgenommenen Ressourcenaufwand, der projektimmanent nicht zu leisten sei (Zusatzfinanzierung durch Auftraggeber erwartet). Eine Variante markiert folgende Aussage: Ja prinzipiell wenn der Aufwand vertretbar ist und die Evaluation als solche den Namen auch verdient

     Bei der praktischen Verankerung der Evaluation in der kommunalen Praxis zeigt sich eine Spannweite. Es gibt Städte

ü  Mit Evaluationserfahrungen - Projekte der Fachstelle werden regelmäßig evaluiert  und Nichterfahrungen

ü  Ohne Evaluationserfahrungen: hier ist die gestellte Frage nicht beantwortbar mangels Erfahrungen.

ü  Keine genaue Evaluation; jedoch Feedbackrunden, Beurteilungen, Dokumentation

      Wer soll die Evaluation durchführen? Hier  gibt es

ü  Präferenzen für Fremdevaluation (aus Gründen der Objektivität

ü  Häufigere Präferenzen für Selbstevaluation eines Projekt-prozesses (durch Erfahrungsaustausch der Beteiligten).

ü  eine Mittelposition, lautend: Beide Formen der Evaluation gleichzusetzen, bei vergleichbaren Projekten in anderen Städten ist Fremdevaluation vorzuziehen.

     Die Ergebnisevaluation unmittelbar nach Projektende wird häufiger präferiert als eine zeitversetzte summative Evaluation eines Projektes – weil Nachhaltigkeit sei schwer zu messen. Zudem sei es eine Frage, wie die finanziellen Kosten aufzubringen seien.  Durchaus gibt es Stimmen für eine zumindest weiche Nachhaltigkeit - Workshops wiederholen, nicht nur zum Anlassfall

Der Fragebogen, der an die ExpertInnen der Gesunden Städte ausgesendet wurde:

1.    Die Gefährdung von Schülern und Jugendlichen durch Alkoholkonsum, Rauchen oder Drogen usw. ist ein breites Thema. Welchen Stellenwert hat das Risiko in Ihrer Stadt? (Unnötiges bitte löschen)

Sehr wichtiges Thema

Wichtiges Thema

Kein wichtiges Thema

2.    Wenn Sie Ihre örtliche Problemeinschätzung etwas näher bestimmen, welche Faktoren sind da einflussreich. Sind es aktuelle Ereignisse? Welche Rolle spielen z. B. vorhandene oder wissenschaftlich ermittelte Daten oder Studien oder Programme? Bitte um eine kurze Beschreibung!

 

3.    In welchen Bereichen unternimmt Ihre Stadt Aktivitäten im Bereich der primären Suchtprävention für Schüler und Jugendliche (auch als Mitbeteiligte in Präventionsprojekten)? (Unnötiges bitte löschen)

Alkohol

Rauchen

Drogen

4.    Jedes Projekt im Bereich der primären Prävention geht von Zielen aus. Für wie wichtig halten Sie Ziele? (Unnötiges bitte löschen)

Sehr wichtig

Wichtig

Weniger wichtig

5.    Können Sie den folgenden Zielen zustimmen? Bitte die drei für Sie wichtigsten Ziele ankreuzen.

Ja

Nein

Ziel

 

 

Erhöhung des Wissens bei den Jugendlichen

 

 

Heraufsetzung des Einstiegsalters

 

 

Gänzliche Verhinderung des Einstieges

 

 

Reduktion des Substanzmissbrauches

 

 

Minimierung möglicher Schäden

 

 

Andere Ziele

6.    Können Sie uns einige Ihrer Meinung nach wichtige konkrete Ziele in der primären Prävention für Schüler und Jugendliche in ihrer Stadt angeben. Bitte nennen!

 

7.    Was ist Ihre fachliche Sicht zur Forderung möglichst genaue („operationale“) Ziele im Vorfeld einer Intervention festzulegen?

 

8.    Wer soll diese Ziele festlegen? Wer ist Ihrer Ansicht nach kompetent für die Festlegung der Ziele?

 

9.    Primärpräventive Maßnahmen können sich an verschiedenen Settings ausrichten. Welche halten Sie für die erfolgversprechendsten? (Unnötiges bitte löschen)

Familie

Gemeinde

Freizeitbereich

Schule

Örtliche Wirtschaft

Politik

Andere

10.  Wie haben Sie das Design einer Ihrer eigenen Interventionsmaßnahmen ausgewählt?  Haben Sie ausführlich die wissenschaftliche Literatur studiert? Haben Sie auf ein anderorts – national oder international - vorhandenes Beispiel zurückgegriffen und das Design „einfach“ übernommen? Oder haben Sie ein neues Design für die Maßnahme entwickelt?

 

11.  Experten der Primärprävention sagen, um effektive von nicht-effektiven Interventionen zu unterscheiden, soll bei jeder Intervention eine Evaluation eingeplant und durchgeführt werden.

Können Sie dieser Sicht prinzipiell zustimmen? (Unnötiges bitte löschen)

Ja

Nein

12.  Können Sie bitte kurz eine Begründung für Ihre Ansicht anführen? Warum ist eine Evaluation wichtig?

 

13.  Wenn Sie nun ein Beispiel für eine Maßnahme der Primärprävention in Ihrer Stadt heranziehen, Wurde die Intervention dokumentiert oder auch evaluiert?

 

14.  Welche Rolle würden Sie der Wissenschaft bei einer Evaluation zubilligen? Halten Sie es  für wichtig, neben der Interventionsgruppe eine gut vergleichbare Kontrollgruppe zu beobachten und deren Mitglieder nach dem Zufallsprinzip auszuwählen?

 

15.  Welche Art von Evaluation bevorzugen Sie auf dem Hintergrund Ihrer praktischen Erfahrungen? Was ist Ihre Sicht zu einer Ergebnisevaluation bei Ende einer Intervention und im größeren zeitlichen Abstand nach einem Projekt (Nachbeobachtungszeitraum)?

 

16.  Es gibt ja die Möglichkeiten einer Selbst- und Fremdevaluation bei der Ermittlung von Wirkungen einer Intervention. Was ist Ihre Meinung dazu? Welche ziehen Sie vor, wenn Sie in der Stadt ein Projekt in der Primärprävention setzen?

 

17.  Man sagt, Interventionen sollen „nachhaltig“ sein, also Wirkungen über ein Projektende hinaus haben. Was ist Ihre Meinung dazu? Können Sie uns ein „gutes Beispiel“ nennen, in dem die Nachhaltigkeit deutlich geworden ist?

Welche Aspekte hat die „Nachhaltigkeit“ einer Primärprävention für Sie?

 

18.  Manche Experten sagen, da der Erfolg einer kommunalen  primären Präventionsmaßnahme praktisch immer unsicher ist, daher sollen alle Maßnahmen von vornherein befristet werden. Was ist ihre Meinung zu dieser fachlichen Sicht?

 

 

19.  Wichtig wie bei allen kommunalen Maßnahmen ist auch bei primären Präventionsmaßnahmen die Frage der finanziellen Kosten für die Stadt.

Sollen Kosten berechnet werden? Wenn ja, welche Kosten sind Ihrer Meinung nach zu berücksichtigen (bitte aufzählen)?

 

20.  Halten Sie einen Vergleich der Kosten zwischen Interventionsmaßnahmen  für sinnvoll, um dann von diesen die kosteneffektivste für eine Aktivität auszuwählen?

 

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