Vergaberecht

Vergaberecht

Erstmals hat der OGH zur Frage der Auswirkung rückwirkender Lohnerhöhungen auf Anbote und der Möglichkeit einer sich darauf stützenden Preiserhöhung Stellung genommen. Das Rechtsproblem hat wegen des um sich greifenden abusus rückwirkender Lohnerhöhungen allgemeine Bedeutung; die Rechtsprechung dürfte immense Auswirkungen auf das Vergaberecht haben!

Im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung zur Errichtung einer Abwasserbeseitigungsanlage für die beklagte Gemeinde erhielt die klagende Baufirma den Zuschlag. In der Schlußrechnung wurde die von der Klägerin in Rechnung gestellten Mehrkosten aufgrund der - rückwirkenden - Kollektivvertragserhöhungen nicht anerkannt.

Fraglich ist, ob auf Grund einer rückwirkend erfolgten kollektivvertraglichen Lohnerhöhung und einer sich daraus ergebenden Erhöhung des Baukostenindexes dem Bauunternehmer auch eine entsprechende Preiserhöhung zusteht. Es mag durchaus sein, daß gewisse Unsicherheiten für den Bauunternehmer stets vorhanden sein, weil die aktuellen Indexwerte regelmäßig mit mindestens ein- bis zweimonatlicher Verspätung veröffentlicht werden. Solche Erhöhungen sind aber in der Regel aus Erfahrung recht gut abschätzbar; zB sind dem Bauunternehmer die aktuellen Materialkosten zur Zeit der Anbotslegung leicht ermittelbar.

Hingegen ist in keiner Weise abschätzbar, wann und mit welchem Betrag - hier handelt es sich immerhin um eine ca. 8 %ige Erhöhung - es zu Lohnerhöhungen auf Grund der Einigung der Kollektivvertragspartner kommen wird, die in der Folge in den Index Eingang finden. Eine solche Preisbildung auf Grund von reinen Schätzungen wäre einerseits unseriös und zweitens einem echten Preisvergleich der verschiedenen Angebote hinderlich; Voraussetzung eines echten Preisvergleichs ist eine einheitliche Preisbasis; deshalb sehen die Besonderen Vertragsbedingungen in Übereinstimmung mit der ÖNORM B 2111 auch die Preisbasis am Ende der Angebotsfrist als maßgeblich an; damals galt noch der niedrige Indexwert.

Daß in der Folge der Kollektivvertragslohn rückwirkend mit 1.5.1991 erhöht wurde und dies rückwirkend für den ganzen Monat Mai 1991 zu einem höheren Indexwert führte, kann gemäß P 2.6.8. der ÖNORM nur dazu führen, daß der Veränderungswert für den ganzen Kalendermonat Mai 1991 gilt und daher die für die Anbotslegung maßgebliche Preisbasis (Ende der Angebotsfrist mit 7.5.1991) um den rückwirkend eingeführten Veränderungswert zu erhöhen ist. Es kann nicht zu Lasten der Bauunternehmer gehen, daß entgegen der grundsätzlichen Wertung des Gesetzes (§ 5 ABGB) die Kollektivvertragspartner immer wieder rückwirkend Lohnerhöhungen vereinbaren, die zwangsweise auf die Werklohnkosten durchschlagen müssen. ).

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