Vergaberecht
Das Recht der Vergabe von öffentlichen Aufträgen, kurz Vergaberecht genannt, hat in Österreich eine noch sehr kurze Tradition; in der Europäischen Union eine etwas längere. Das Vergaberecht greift in einen Problembereich ein, dessen wirtschaftliche Bedeutung etwas klarer wird, wenn man folgendes berücksichtigt: Die Staatsausgabenquote – das ist der Anteil der Ausgaben des Staates am Bruttoinlandsprodukt (die gesamte Wertschöpfung einer Volkswirtschaft) – betrug in Österreich im Jahr 2006 über 49,2 %, das waren 126,1 Mrd. Euro.
Sie liegt auch in den anderen europäischen Ländern durchschnittlich nicht wesentlich darunter. Mit dieser geballten Finanzkraft tritt der Staat in Gestalt des Bundes, der Länder sowie der Gemeinden und aller Gesellschaften, an denen diese Gebietskörperschaften einen Mehrheitsanteil halten, als Nachfrager von Waren und Dienstleistungen auf dem Markt auf.
Wenn den Entscheidungsträgern auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene sowie in den von diesen beherrschten Gesellschaften eine rein willkürliche Vergabe der öffentlichen Aufträge möglich wäre, so könnten die durch sie repräsentierten Gebietskörperschaften aus zwei wichtigen Gründen schweren Schaden nehmen.
- Persönliche Gründe
Es könnte die Gefahr bestehen, dass Entscheidungsträger das Instrument der Vergabe von öffentlichen Aufträgen und damit eine riesige nicht in ihrem Eigentum stehende Geldmenge zum Zwecke der unrechtmäßigen Bevorzugung Einzelner benützen. Selbst wenn den Gebietskörperschaften dadurch noch kein unmittelbarer Schaden entsteht, wie anschließend erläutert, so bestünde dadurch doch eine unzulässige weil unbegründete Bevorzugung von gewissen Auftragnehmern zu Lasten anderer gleich guter oder besserer und leistungsfähigerer Unternehmen - Ökonomische Gründe
Es könnte den Gebietskörperschaften (Bund, Ländern, Gemeinden und den mehrheitlich in deren Eigentum stehenden Gesellschaften) und damit letztlich dem Staat durch nicht marktkonforme Vertragsbedingungen sowie durch mangelhafte Leistungserbringung seitens der Warenlieferanten, nicht zuletzt wegen der vorher erwähnten unrechtmäßigen Bevorzugung durch deren Organe, schwerwiegender ökonomischer Schaden entstehen.
Vergaberegeln sind aus dem kommunalen Alltag nicht mehr wegzudenken. Viele kommunale Entscheidungen, wie z.B. die Anschaffung von neuer Software, der Abschluss von Beratungsverträgen, aber auch Fragen der Ausgliederung und kommunaler Kooperationen sind heutzutage unter Berücksichtigung von Vergaberegeln zu treffen. Weiterhin bestehen jedoch erhebliche Rechtsunsicherheiten, wie in Einzelfragen öffentliche Auftraggeber mit dem Vergaberecht umzugehen haben.