Mittelfristige Entwicklung der Ertragsanteile der Länder und Gemeinden

Mittelfristige Entwicklung der Ertragsanteile der Länder und Gemeinden

Die Ertragsanteile 2005 entwickelten sich weit besser als ursprünglich angenommen. Diese Mehreinnahmen beruhen aber zum Teil auf einem Vorzieheffekt und gehen zu Lasten der Ertragsanteile im Jahr 2006, die im Vergleich zu dieser hohen Ausgangsbasis etwas geringer ausfallen sollten.

 

Wer über die Ertragsanteile spricht, ist gut beraten, zunächst den Gegenstand zu definieren: Die folgende Darstellung der Entwicklung der Ertragsanteile geht von den ungekürzten Anteilen der Länder und Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben ohne Spielbankabgabe aus, die vom Bund in den einzelnen Jahren weitergeleitet werden. Ungekürzt heißt, dass die Anteile für die Gemeinde-Bedarfszuweisungsmittel ebenso wenig abgezogen wurden wie die Landesumlage1.
Der Grund, dass die Spielbankabgabe nicht berücksichtigt wird, nennt sich Ausspielungsbesteuerungsänderungsgesetz (BGBl. I Nr. 105/2005). Mit diesem Bundesgesetz wurde die Spielbankabgabe rückwirkend mit 1. Jänner 1999 um größenordnungsmäßig 21 Mio. Euro p. a. gesenkt und gleichzeitig die Umsatzsteuer auf Glücksspielautomaten etwa im selben Ausmaß erhöht. Während die Anteile des Bundes an Mehr- und Mindereinnahmen bei beiden Abgaben etwa gleich hoch sind2, werden sie auf die Länder und Gemeinden nach unterschiedlichen Kriterien verteilt. Zum Ausgleich der Mindereinnahmen der Spielbankländer und -gemeinden wurde daher eine neue Bedarfszuweisung des Bundes an diese Länder und Gemeinden eingeführt (§ 23a FAG 2005), diese wird wiederum durch einen Abzug bei den Umsatzsteueranteilen der Länder und Gemeinden finanziert.
Insgesamt handelt es sich somit zwar um ein Nullsummenspiel, allerdings ist bei Zeitreihen die Umschichtung von Einnahmen der Länder und Gemeinden aus der Spielbankabgabe zu Einnahmen aus Bedarfszuweisungen zu beachten, um statistische Verzerrungen zu vermeiden. Eine Darstellung der Ertragsanteile ohne Spielbankabgabe umgeht dies aber.

Ertragsanteile im Jahr 2005
Die im Jahr 2005 vom Bund zu überweisenden Ertragsanteile entwickelten sich weit besser als ursprünglich budgetiert. Weil die Vorschüsse jeweils auf Basis des zweitvorangegangenen Monats berechnet werden, ist mit dem Abgabenaufkommen im Oktober bereits der (vorläufige) Erfolg für die Ertragsanteile des Jahres bekannt. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich die Anteile der Länder um 3,5%, die der Gemeinden um 3,3% erhöht.
Die länderweise Entwicklung zeigt aber ein durchaus differenziertes Bild:
Zu den dargestellten Steigerungen bei den Ertragsanteilen kommen noch die im Finanzausgleichsgesetz 2005 vorgesehenen Mehreinnahmen der Länder (112 Mio. Euro) und der Gemeinden (100 Mio. Euro), die bezogen auf die Ertragsanteile 2004 jeweils Mehreinnahmen von rd. 1,6% bedeuten. Die von Ländern und Gemeinden bei den Verhandlungen zum Finanzausgleichsgesetz 2005 geäußerte Befürchtung, dass die Steuerreform 2005 einen Einbruch ihrer Einnahmen mit sich bringen könnte, kann also mittlerweile als unbegründet angesehen werden.

Exkurs: Länderweise unterschiedliche Entwicklungen
Die länderweise unterschiedlichen Steigerungen bei den Ertragsanteilen 2005 im Vergleich zum Vorjahr haben zwei Ursachen:

- bei den Gemeinden: die Reform des abgestuften Bevölkerungsschlüssels, die zu einer Umschichtung der Ertragsanteile vor allem von Wien und Vorarlberg zu anderen Ländern geführt hat;

- sowohl bei den Ländern als auch bei den Gemeinden: unterschiedliche örtliche Aufkommen von Abgaben, soweit dieses Kriterium für die Verteilung verwendet wird (vor allem bei der Grunderwerbsteuer, bei den Ländern – bis einschließlich 2004 – bei der veranlagten Einkommensteuer).

Reform des abgestuften Bevölkerungsschlüssels
Mit dem FAG 2005 wurde der abgestufte Bevölkerungsschlüssel in der Form reformiert, dass die unterste Stufe von 11/3 auf 11/2 erhöht und im Gegenzug der Sockelbetrag abgeschafft wurde. Diese Änderung trägt an der länderweisen Entwicklung der Ertragsanteile in Vorarlberg mit –0,6 und in Wien mit –0,3 Prozentpunkten negativ, im Burgenland mit +0,9 Prozentpunkten3 und in der Steiermark mit +0,3 Prozentpunkten hingegen positiv bei.
Diese länderweisen Auswirkungen stellen allerdings nur die im jeweiligen Land saldierten Mehr- und Mindereinnahmen dar, die Auswirkung der Reform auf die einzelnen Gemeinden ist hingegen weit bedeutender. Da hier sowohl die Verteilung der Gemeindegrößen innerhalb des Landes als auch die Verteilung von Ertragsanteilen nach der Finanzkraft eine Rolle spielt, ist die Auswirkung für fast jede einzelne Gemeinde unterschiedlich.
Bei einer länderweisen Durchschnittsbetrachtung haben die Gemeinden der untersten Stufe mit Steigerungsraten von +1,0% (Burgenland) bis +3,3% (Salzburg) und +3,8% (Vorarlberg) profitiert, die anderen Länder liegen bei +2,2% bis +3,0%4. Bei den Gemeinden der oberen Stufen sind die Auswirkungen länder- und größenweise recht unterschiedlich, die Durchschnittswerte liegen bei –5,8% bei den Gemeinden mit 10.001 bis 20.000 Einwohnern, bei –4,1% im Bereich 20.001 bis 50.000 Einwohner und bei –2,8% bei den Gemeinden über 50.000 Einwohnern (ohne Wien)5.
Da es aber nicht oft genug betont werden kann: Die Mindereinnahmen der Gemeinden der oberen Stufen werden vom Bund mit zusätzlichen Bedarfszuweisungsmitteln i. H. v. 61 Mio. Euro p. a. ausgeglichen, darüber hinaus gewährt der Bund weitere 39 Mio. Euro p. a. je zur Hälfte den Gemeinden der untersten Stufe und den Gemeinden der darüber liegenden Stufen (§ 23 Abs. 3 FAG 2005)6.

Verteilung nach dem örtlichen Aufkommen
Wenngleich mit dem einheitlichen Schlüssel auch eine gleichmäßigere, an das Gesamtabgabenaufkommen gekoppelte Entwicklung erreicht werden wird, werden sich die Ertragsanteile der Gemeinden auch in Zukunft länderweise unterschiedlich entwickeln. Der einheitliche Schlüssel gilt nämlich nicht für die Grunderwerbsteuer, der hohe Anteil der Gemeinden an der Grunderwerbsteuer als „Quasi-Gemeindeabgabe“ und deren länderweise Verteilung nach dem örtlichen Aufkommen wurde bewusst beibehalten7. Bei einem Anteil von rd. 7,5% an den Ertragsanteilen der Gemeinden werden sich regionale Aufkommensentwicklungen bei der Grunderwerbsteuer somit weiterhin bei den Ertragsanteilen abbilden.
Eine Simulation zeigt das Ausmaß der möglichen Schwankungen: Ersetzt man bei unveränderter Höhe der Grunderwerbsteuer das örtliche Aufkommen der Monate November 2004 bis Oktober 2005 durch das örtliche Aufkommen November 2003 bis Oktober 2004, ändert sich die Entwicklung der Ertragsanteile 2005 gegenüber dem Vorjahr um bis zu 0,8 Prozentpunkte. Die größten Änderungen gäbe es bei Salzburg (+3,4% statt tatsächlich +4,2%), Kärnten (+3,5% statt +4,1%) und Burgenland (+4,0% statt 3,5%).
Anders ist die Situation bei den Ländern: Neben der Spielbankabgabe wird ab dem Jahr 2005 nur mehr die Erbschafts- und Schenkungssteuer nach dem örtlichen Aufkommen verteilt, das sind aber nur 0,4% der Länderanteile. Die manchmal erratischen Sprünge der Ertragsanteile der Länder, die durch die teilweise Verteilung der Kapitalertragsteuer II nach dem örtlichen Aufkommen an veranlagter Einkommensteuer entstanden sind, gehören der Vergangenheit an, die Zukunft bringt innerhalb der Volkszählungsintervalle konstante länderweise Steigerungen.

Ertragsanteile im Jahr 2006
Die ausgesprochen hohen Ertragsanteile-Vorschüsse 2005 haben neben der Höhe der Abgabeneinnahmen im Jahr 2005 auch folgende, vom finanzausgleichsrechtlichen Überweisungsrhythmus abhängige Ursachen:

- Die relativ hohen Steuereingänge im November und Dezember 2004 haben die im Jänner und Februar 2005 fälligen Ertragsanteile-Vorschüsse erhöht;

- die – auf Jahresbasis neutrale – Einführung neuer gemeinschaftlicher Bundesabgaben und die Umstellung auf einen einheitlichen Schlüssel führt zu einer gegenüber der alten Rechtslage unterschiedlichen Verteilung der Ertragsanteile-Vorschüsse auf die einzelnen Monate; die unterjährige Umstellung auf den neuen Schlüssel hat die Ertragsanteile-Vorschüsse der Länder und Gemeinden im Jahr 2005 ebenfalls erhöht;

- das FAG 2005 enthält gegenüber dem FAG 2001 weiterhin zusätzliche Vorschüsse im Dezember (bisher an der KeSt II, nunmehr an der Einkommensteuer insgesamt), wobei die Höhe dieser Vorschüsse trotz geringerer Beteiligung der Länder und Gemeinden an diesen Abgaben nicht verändert wurde.

Diese Punkte bringen in Summe mit sich, dass die Zwischenabrechnung im März 2006 über die Ertragsanteile des Jahres 2005 gering bzw. negativ sein wird. Die hohen Ertragsanteile des Jahres 2005 beruhen somit zum Teil auf einem Vorzieheffekt zu Lasten der Ertragsanteile des Jahres 2006.
Nach Einschätzung des Bundesministeriums für Finanzen beträgt dieser Vorzieheffekt bei den Ländern größenordnungsmäßig 0,6% ihrer Ertragsanteile, bei den Gemeinden rund 0,8% (wobei die Bezifferung dieses Effekts in erster Linie eine Definitionsfrage ist, sodass diese Werte nur zur Orientierung dienen sollen).
Da die endgültige Höhe der Zwischenabrechnung bekanntlich vor allem auch von den Abgabeneinnahmen des Bundes im November und Dezember 2005 abhängen wird, sind endgültige Aussagen über die Höhe der Zwischenabrechnung erst Anfang 2006 möglich. Nach derzeitiger Einschätzung werden sich die Ertragsanteile 2006 gegenüber 2005 wie folgt entwickeln8:
Soweit die Verteilung der Ertragsanteile vom örtlichen Aufkommen abhängt, geht diese Prognose für 2006 von einer länderweisen Verteilung aus, die auf dem länderweisen Aufkommen im Jahr 2005 – hier wiederum für die noch nicht bekannten Monate auf den Werten des Jahres 2004 – beruht. Das heißt mit anderen Worten: Ändert sich die örtliche Verteilung des Aufkommens an der Grunderwerbsteuer, ändert sich auch die Entwicklung der Ertragsanteile.

Vergleich Ertragsanteile 2005 und 2006 zu Annahmen bei Finanzausgleichsverhandlungen
Den Verhandlungen zum Finanzausgleichsgesetz 2005 lag eine Steuerprognose aus dem Juni 2004 zugrunde, bei der die Ertragsanteile 2005 mit 13.313 Mio. Euro und die Ertragsanteile 2006 mit 13.585 Mio. Euro geschätzt wurden, in Summe für diese beiden Jahre somit mit 26.898 Mio. Euro.
Auf Basis der aktuellen, oben genannten Werte betragen die Ertragsanteile in diesen beiden Jahren in Summe 27.330 Mio. Euro, somit um rund 430 Mio. Euro mehr. Dazu kommen noch Mehreinnahmen der Länder bei den Bedarfszuweisungsmitteln gemäß § 22 FAG 2005 zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichts von 340 Mio. Euro (davon 100 Mio. Euro p. a. als Ergebnis der FAG-Verhandlungen) sowie die vereinbarten Mehreinnahmen der Gemeinden bei den Bedarfszuweisungsmitteln um 100 Mio. Euro p. a.

Ertragsanteile in den Jahren 2007 und 2008
Nach aktueller Einschätzung werden sich die Ertragsanteile im Jahr 2007 gegenüber dem jeweiligen Vorjahr wie folgt entwickeln:
Soweit die Ertragsanteile länderweise nach dem örtlichen Aufkommen verteilt werden, liegen diesen Schätzungen für 2007 und 2008 dieselben länderweisen Anteile wie für 2006 zugrunde. Die unterschiedlichen Steigerungsraten im Jahr 2007 sind daher ausschließlich auf die Annahmen für die Zwischenabrechnungen zurückzuführen.

Fehlende Tabellen finden Sie in der ÖGZ 12/05!

Fußnoten:
1 Gemeinde-Bedarfszuweisungsmittel: 12,7%, Landesumlage: bis zu 7,8% der Ertragsanteile ohne Anteile an der Werbeabgabe und an der Spielbankabgabe, § 5 und § 11 Abs. 1 des Finanzausgleichsgesetzes 2005 (FAG 2005).

2 Die Anteile des Bundes an den Mehreinnahmen an der Umsatzsteuer betragen netto 71,363%, errechnet aus Ertragsanteilen von 73,204% zzgl. EU-Beitrag der Gemeinden von 0,166%, abz. Finanzzuweisungen gemäß § 20 Abs. 2, 3, 4 und 7 von insg. 0,572% (siehe die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Prozentsätze für die Verteilung der Ertragsanteile und für die Höhe von Finanzzuweisungen im Finanzausgleichsgesetz 2005, BGBl. II Nr. 301/2005), abz. der USt-abhängigen Bundesanteile für die Krankenanstaltenfinanzierung von 1,416% (§ 57 Abs. 1 Z 1 KAKuG) und schließlich auch abz. der 0,019% der rechtlich auf Förderverträgen beruhenden Anteile für die beiden Gemeindeverbände. Die Anteile des Bundes an den Mindereinnahmen aus der Spielbankabgabe betragen knapp 70%, weil hier fast ausschließlich der höhere Schlüssel des § 9 Abs. 8 FAG 2005 zum Tragen kommt.

3 Dass die Ertragsanteile der Gemeinden des Landes Burgenland dessen ungeachtet in Summe nur knapp überdurchschnittlich gestiegen sind, erklärt sich aus der Entwicklung der Grunderwerbsteuer – siehe dazu gleich im nächsten Abschnitt.

4 Die geringen Auswirkungen im Burgenland resultieren aus dem geringen Anteil der Städte, die Bedeutung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels war hier von vornherein kleiner. Plausibel wird dieser Effekt bei einem fiktiven Land, bei dem alle Gemeinden in der untersten Stufe liegen: Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel hätte dann in der Unterverteilung kein anderes Ergebnis als eine Verteilung nach der Einwohnerzahl. Der umgekehrte Effekt ergibt sich durch die relativ größere Anzahl von Bewohnern in Städten in Salzburg und Vorarlberg.

5 Dass die Reform innerhalb der „Verlierergemeinden“ bei den größeren Gemeinden geringere Auswirkungen hatte, ergibt sich daraus, dass der Entfall des Sockelbetrages für die kleineren Gemeinden relativ bedeutsamer war.

6 Siehe zu den Änderungen durch das FAG 2005: Anton Matzinger, der Finanzausgleich ab 2005, ÖGZ 1/2005, 11.

7 Neben diesen grundsätzlichen Überlegungen spielten wohl auch finanzielle Überlegungen für dieses dem Vorbringen der Gemeindebünde entsprechende Verhandlungsergebnis eine Rolle. Diese wurden durch die bisherige Entwicklung der Grunderwerbsteuer in den Monaten Jänner bis Oktober 2005 von +6,5% bestätigt.

8 Trotz des einheitlichen Schlüssels entwickeln sich die Ertragsanteile der Länder vorerst noch unterschiedlich, weil die Vorschüsse im Jahr 2005 noch überwiegend nach der alten Rechtslage verteilt wurden, was sich über die im März 2006 fällige Zwischenabrechnung letztmalig auch noch auf die Entwicklung 2007 gegenüber 2006 auswirken wird.

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