Städtepartnerschaften als Element der Europa-Idee

Städtepartnerschaften als Element der Europa-Idee

Städte- und Gemeindepartnerschaften bieten eine ausgezeichnete Möglichkeit, um die europäische Integration auch auf lokaler Ebene voranzutreiben. Von Anbeginn der Europäischen Gemeinschaft an haben die Städte und Gemeinden eine aktive Rolle bei der Integration Europas gespielt.

 

Städte und Gemeinden erhalten innerhalb der Europäischen Union mehr und mehr Aufgaben übertragen, die es zu lösen gilt. Um hier nicht in Gefahr zu laufen, von der Entwicklung in anderen Bereichen „überrannt“ zu werden, gewinnt das gegenseitige Kennenlernen und ein gemeinsamer Informationsaustausch über aktuelle europäische Themen auf Ebene der Gemeinden zunehmend an Bedeutung. Die intensiviert voranschreitende Globalisierung führt andererseits zu einer stärkeren Regionalisierung.
Schon seit vielen Jahren (1989) unterstützt die Europäische Union den Austausch von Bürgerinnen und Bürgern. Jedes Jahr werden die besten Projekte der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen Kommunen mit einem „Goldenen Stern der Partnerschaft“ ausgezeichnet. Viele der Städte- und Gemeindepartnerschaften wurden in den ersten Jahrzehnten nach der Gründung der damaligen EWG vor allem deshalb initiiert, um die tiefen emotionalen Gräben, die der Krieg zwischen den Menschen in Europa hinterlassen hatte, zu überwinden und friedliche Beziehungen zwischen den Bürgerinnen und Bürgern Europas zu begründen. Heute hat sich die Bedeutung von interkommunalen Partnerschaften gewandelt. Immer mehr steht die gemeinsame projektbezogene Zusammenarbeit zwischen den Partnern im Vordergrund.

2005: Ansuchen um EU-Unterstützung
Genau aus diesen Gründen – und um bestehende Partnerschaften mit „mehr Leben zu füllen“ – entschloss sich die Landesgruppe Steiermark gemeinsam mit der Landesgruppe Kärnten des Österreichischen Städtebundes sowie einem europäischen Partnerverband – dem Slowenischen Städte- und Gemeindebund – im Jahr 2005 bei der Europäischen Kommission um Unterstützung zur Durchführung einer „Informationskampagne zur Förderung von Städtepartnerschaften“ anzusuchen. Im März 2006 wurde das Kooperationsprojekt schließlich als eines von zwei Projekten europaweit ausgewählt, und es konnte mit der Umsetzung begonnen werden.
Im Zuge dieser „Informationskampagne“ sollten in einer Art „Know-how-Transfer“ Inhalte und Erfahrungen aus bestehenden Städtepartnerschaften zunächst erfasst und neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit (gemeinsam) entwickelt werden, um am Ende möglichst vielen kommunalen Verantwortungsträgern praktische Informationen über das Förderprogramm der Europäischen Kommission mit dem Titel „Towntwinning“ zur Verfügung zu stellen.

Kampagne basiert auf gemeinsamer Studie
Den Auftakt bildete eine eintägige, breit angelegte Informationsveranstaltung, auf der bereits erfolgreich abgeschlossene bzw. noch laufende Partnerschaftsprojekte zwischen den Regionen Steiermark und Kärnten bzw. Slowenien vorgestellt wurden. Bei dieser Veranstaltung waren rund 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer anwesend.
Nach dieser Informationsveranstaltung folgten einzelne Workshops, die sich mit praktischen Fragestellungen von Partnerschaftsprojekten beschäftigten.
In Graz fand am 23. Juni 2006 der erste Workshop mit dem Thema „Von der Partnerurkunde zur vertiefenden Projektarbeit – Erarbeitung neuer Inhalte städtepartnerschaftlicher Arbeit sowie rechtliche Rahmenbedingungen“ statt. Als Ausgangsbasis für die Kampagne diente eine eigene Studie zum Thema „Partnerschaftliche Arbeit – Chancen und Risiken“, welche unter den Städten und Gemeinden in den betroffenen Regionen durchgeführt wurde.

Vorteile und Hemmnisse
Als Vorteile von Städtepartnerschaften werden demnach vor allem das gegenseitige Kennenlernen, der Erfahrungs- und Wissensaustausch sowie die Chance zur Weiterentwicklung in der eigenen Gemeinde gesehen. Kooperationen finden meist in den Bereichen Kultur, Bildung, Sport und Tourismus statt und werden hauptsächlich von Vertretern aus Politik sowie von Bildungseinrichtungen und Vereinen wahrgenommen (siehe Grafik).
Als größte Schwierigkeit von intensiver Partnerschaftsarbeit über die Grenzen hinweg sehen die Befragten den entstehenden Kosten- und Zeitaufwand, bedingt durch oft große Entfernungen zwischen den Partnerstädten/-gemeinden.
Darauf aufbauend wurden folgende Möglichkeiten für eine vertiefende Arbeit in diesem Workshop gemeinsam erarbeitet:

- Besonders Schulen und Vereine sind geeignete Promotoren für eine Partnerschaft nach außen und Garanten für das Gelingen von Projekten.

- Sogenannte „Erneuerungsurkunden“ von Partnerschaftsurkunden können vor allem bei länger zurückliegenden Partnerschaftsabkommen (aus der Zeit eines geteilten Europa) zu einer Art „Neustart“ für eine Anpassung an geänderten Rahmenbedingungen sowie Vertiefung führen.

- Partnerurkunden sind keinesfalls Garantiererklärungen für eine intensive Zusammenarbeit, jedoch vor allem in osteuropäischen Staaten oft gewünscht und für eine Unterstützung durch die Europäische Kommission unerlässlich.

- Vor allem bei komplexen gemeinsamen Projekten sollte eine gemeinsame Arbeitssprache „auf einer Ebene“ vereinbart werden. Durch die neu gewonnene Identität ist das heute meist Englisch.

Förderprogramm für Städte und Gemeinden
Zwei nachfolgende Workshops in den Städten Ferlach und Ptuj informierten im September dieses Jahres Partnerschaftsverantwortliche in den Städten und Gemeinden schließlich genau über das Programm „Towntwinning“ – eines der ältesten und doch vergleichsweise wenig bekannten Förderprogramme der Europäischen Kommission. Als Experte konnte dafür Georg Müllner mit seinem Verein „Auxilium“ (und selbst Evaluator in Brüssel) gewonnen werden. An dieser Stelle kann und soll nicht gezielt auf die Inhalte und Anforderungen dieses Programms eingegangen werden – weiterführende Informationen finden Interessierte auf der Website des Steirischen Städtebundes www.steirischer.staedtebund.at unter der Rubrik „Europa“ sowie auf der Homepage der Europäischen Kommission: eacea.ec.europa.eu/static/en/citizenship/towntwinning/.
Zweifelsohne können durch die Inanspruchnahme des Towntwinning-Programms die durch Städtepartnerschaften entstehenden Kosten sehr stark abgefedert werden.

Ziel für 2007 bis 2013: mehr Geld aus Brüssel
Die drei kommunalen Interessenvertretungen erwarten sich durch diese Kampagne für die nächste Programmplanungsperiode nun auch mehr Projektanträge zur Förderung von Städtepartnerschaften bei der Europäischen Kommission. Stehen doch für die nächsten sechs Jahre jährlich rund 36 Millionen Euro innerhalb der EU für die Förderungen z. B. gemeinsamer Partnerschaftsbesuche zur Verfügung.
Um diesem Ansinnen Nachdruck zur verleihen, haben sich die Landesgruppen Steiermark und Kärnten des Österreichischen Städtebundes sowie der Slowenische Städte- und Gemeindebund dazu entschlossen, mit gutem Beispiel für grenzüberschreitende Kooperationen voranzugehen, und unterzeichneten im Rahmen der Informationskampagne ein gemeinsames Absichtspapier, um grenzüberschreitende Projekte zwischen Städten und Gemeinden in der Zukunft verstärkt zu fördern.
Zusammenfassend kann ein überaus positives Resümee aus Sicht der drei Interessenvertretungen über diese Informationskampagne gezogen werden. In der rund fünf Monate dauernden Kampagne wurden in etwa 570 steirische und Kärntner Gemeinden sowie alle 193 Städte und Gemeinden Sloweniens umfassend über das Thema Städtepartnerschaften und die Unterstützungsmöglichkeiten der Europäischen Union informiert. In den einzelnen Veranstaltungen konnten sich mehr als 200 Gemeindevertreterinnen und -vertreter „Tipps und Tricks“ im Umgang mit der oft zitierten „Brüsseler Bürokratie“ holen. An dieser Stelle sei auch den beiden Mitarbeiterinnen Claudia Klatil (Landesgruppe Kärnten) und Saˇsa Kek (Slowenischer Städte- und Gemeindebund) für ihre Unterstützung und Mithilfe gedankt.
Was als Auftakt zu einer vertiefenden gemeinsamen Zusammenarbeit dreier kommunaler Interessenvertretungen 2004 in Kärnten begann, hat seine Fortsetzung 2006 in einem gemeinsamen Projekt gefunden und wird auch in Zukunft seine Weiterführung in einer engen Kooperation finden.

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