Finanzausgleich 2008 – ein erster Überblick

Finanzausgleich 2008 – ein erster Überblick

In zwei nächtlichen politischen Verhandlungsrunden ist es sehr rasch gelungen, ein Paktum für den Finanzausgleich 2008 zu finalisieren und die Weichen für die nächsten Jahre zu stellen. Aus Sicht der Städte und Gemeinden kann von Teilerfolgen gesprochen werden. Vor allem ist es in der letzten Verhandlungsrunde noch gelungen, zusätzliche 16 Millionen Euro für finanzschwache Städte ab 10.000 Einwohner zu sichern.

 

Der folgende Beitrag dient dazu, in einem ersten Schritt die wesentlichen Eckpunkte des Paktums darzustellen. In der nächsten Ausgabe der ÖGZ werden einzelne Bereiche detaillierter behandelt.

Dauer der FAG-Periode
Der neue Finanzausgleich soll zukünftig für 6 Jahre gelten, wobei sich die FAG-Periode in zwei Etappen (2008 bis 2010 und 2011 bis 2013) gliedern wird und nach 3 Jahren wesentliche Änderungen eintreten werden.

Konsolidierungsbeitrag – 1. Etappe
Der Konsolidierungsbeitrag von derzeit 311 Millionen Euro für die Länder p. a. und 106 Millionen Euro für die Gemeinden p. a. wird in zwei Etappen abgeschafft.
In der ersten Etappe (ab 2008) wird der Konsolidierungsbeitrag der Länder und Gemeinden um je 50% gesenkt. Es wurde vereinbart, dass diese Mittel nach den allgemeinen Verteilungsschlüsseln verteilt werden – der Gemeindeanteil somit nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel. Dies wirkt sich für die Gemeinden wie in Tabelle 1 dargestellt aus.

Bildung – Landeslehrer
Für die Gemeinden zwar nicht von unmittelbarer Bedeutung soll der Vollständigkeit halber aber dennoch darauf hingewiesen werden, dass die Länder für Strukturprobleme im Bildungsbereich (Sonderpädagogischer Förderbedarf und ländlicher Raum) zusätzliche Mittel für den Personalaufwand in der Höhe von 12 Millionen Euro bzw. 13 Millionen (2. Etappe) Euro erhalten. Damit werden die im § 4 Abs. 8 FAG 05 bisher für diese Zwecke gewährten Mittel aufgestockt, und zwar in der 1. Etappe um jährlich 12 Millionen Euro und in der 2. Etappe um 13 Millionen Euro. Weiters wurde im Paktum festgehalten, dass die Länder einen Beitrag zum Ausbau der Kinderbetreuung und der Sprachförderung von insgesamt 20 Millionen Euro leisten werden und der Bund Mittel in der selben Höhe zur Verfügung stellen wird. Die genaue Umsetzung wird im Rahmen einer Art.-15a-Vereinbarung erfolgen. Da die Gemeinden nicht Vertragspartner einer derartigen Vereinbarung sein können, wird von Seiten des Österreichischen Städtebundes ein besonderes Augenmerk darauf gelegt werden müssen, welche Folgebelastungen dadurch für die Städte und Gemeinden eintreten könnten, und gegebenenfalls müssen entsprechende Verhandlungen mit dem Bund bzw. den Ländern geführt werden.

Gesundheitsfinanzierung
Auf Basis der von den Landesgesundheitsreferentinnen und -referenten bereits ausgearbeiteten Art.-15a-Vereinbarung stellt der Bund zusätzlich 100 Millionen Euro p. a. für die Gesundheitsfinanzierung zur Verfügung. Ferner werden die um die 100 Millionen Euro aufgestockten Bundesanteile (Umsatzsteueranteile und Fixanteile) mit der Entwicklung der Ertragsanteile dynamisiert. Aus Basis der letzten Steuerschätzung werden die Ertragsanteile durchschnittlich um 4% p. a. wachsen.
Von den 100 Millionen Euro werden in Form eines Vorwegabzuges 20 Millionen Euro für die sogenannte Patientenausgleichsregelung zur Verfügung gestellt. Davon erhält Tirol 14 Millionen Euro, die verbleibenden 6 Millionen Euro werden auf Oberösterreich, Salzburg und Niederösterreich zu je 2 Millionen Euro verteilt. Die verbleibenden 80 Millionen Euro werden je zur Hälfte nach dem Bevölkerungsschlüssel und dem letzten LKF-Verteilungsschlüssel aufgeteilt.
Die Städte und Gemeinden sind, sofern sie nicht Träger einer eigenen Krankenanstalt sind, nicht unmittelbar von dieser Einigung betroffen, jedoch sollten diese Mittel den finanziellen Handlungsspielraum der Länder erweitern und gemeinsam mit der Art.-15a-Vereinbarung für die Finanzierung des Gesundheitswesens die Dynamik im Gesundheitsbereich bremsen, was mittel- bis langfristig auf die Umlagendynamik durchschlagen müsste.

Bevölkerungsstatistik
Ab dem Jahr 2009 wird zur Ermittlung der Bevölkerungszahl die Bevölkerungsstatistik angewendet. Die Basisdaten der Bevölkerungsstatistik sind die Daten des Zentralen Melderegisters, die von der Statistik Austria bereinigt werden. Die Bevölkerungsstatistik kann laut Auskunft der Statistik Austria ab dem Jahr 2009 jährlich Einwohnerzahlen liefern, die an die Qualität einer Volkszählung bzw. Registerzählung heranreichen, sodass es sich um „Daten des öffentlichen Vertrauens“ handelt.
Es wurde vereinbart, wenn die Statis¬tik Austria bestätigt, dass valide Daten vorliegen, in der 1. Etappe bis inkl. 2010 die Bevölkerungsstatistik mit Stichtag 31. Oktober 2008 und ab der 2. Etappe die Bevölkerungsstatistik jährlich auf Basis des jeweils vorletzten Jahres angewendet wird.

Umzusetzende Maßnahmen ab bzw. in der 1. Etappe
Bedarfsorientierte Mindestsicherung

Auf Basis der nachstehenden Eckpunkte soll zwischen Bund und Ländern eine Art.-15a-B-VG-Vereinbarung abgeschlossen werden:
- Übersteigen die Mehrkosten im 1. Jahr (2009) österreichweit 50 Millionen Euro oder in einem einzelnen Bundesland 30 Millionen Euro, tritt die Vereinbarung am 31. Dezember 2010 automatisch außer Kraft und ist neu zu verhandeln.
- Die Mindestsicherung wird ab 1. Jänner 2009 analog zu den Ausgleichszulagenbezieherinnen und -beziehern 726 Euro brutto bzw. 690 Euro netto/Monat, 14-mal/Jahr, betragen.
- Für Kinder gibt es einen je nach Anzahl gestaffelten Zuschlag.
- In der Mindestsicherung sind 25% (so¬mit 201,25 Euro/Monat) als Selbstbehalt für Unterkunft enthalten.
- Für über die Mindestsicherung hinausgehenden Aufwand, z. B. höhere Wohnkosten oder Sonderbedarf, können Sonderzahlungen vorgesehen werden, auf die es jedoch keinen Rechtsanspruch geben soll.
- Ein Regress von Eltern gegenüber ihren Kindern und volljährigen Kindern gegenüber ihren Eltern wurde ausgeschlossen.
- Die Sozialhilfebezieherinnen und -bezieher werden in die Krankenversicherung einbezogen. Der Beitragssatz wird 101 Euro/Person/Monat betragen.
- Es wird eine Clearingstelle eingerichtet, die die Arbeitsfähigkeit zu beurteilen hat. Damit wird verhindert, dass das AMS Personen als arbeitsunfähig qualifiziert und damit zu Lasten der Länder eine Verschiebung von der Notstandshilfe in die Sozialhilfe vornimmt.
- Offen und damit noch zu verhandeln sind einzelne grundsätzlich angestrebte Punkte, wie z. B. die Einrichtung eines One-Stop-Shops beim AMS, Modelle für die Vermögensanrechnung sowie den befristeten Freibetrag für wieder in den Erwerbsprozess einsteigende Bezieherinnen/Bezieher und die Anrechnung einer fiktiven Miete im Falle eines Eigenheims.
- Der Bund wird, wie im Regierungsprogramm vorgesehen, die Nettoersatzrate für die Notstandshilfe um gesamt 80 Millionen Euro p. a. anheben. Gleichzeitig wurde klargestellt, dass eine Richtsatzergänzung (die Notstandshilfe ist niedriger als die Mindestsicherung) der Sozialhilfe und damit dem Kompetenzbereich der Länder zuzuordnen ist.

Pflege
Für die mit 1. Jänner 2008 beginnende gemeinsame Finanzierung der 24-Stunden-Pflege wurde dem Paktum eine Art.-15a-B-VG-Vereinbarung beigelegt, die folgende Eckpunkte enthält:
- Die Kostenteilung erfolgt im Verhältnis 60 Bund : 40 Länder. Überschreiten die tatsächlichen Kosten die Deckelung von 40 Millionen Euro p. a., tritt die Vereinbarung nach 3 Jahren (am 31. Dezember 2010) automatisch außer Kraft. Wird der Deckel nicht überschritten, bleibt die Vereinbarung für weitere 3 Jahre gültig. Damit wird die Verhandlungsposition der Länder im Falle einer Überschreitung des Deckels erheblich gestärkt.
- Die Förderung beträgt 800 Euro/Monat im Fall von unselbständig beschäftigten Pflegekräften und 225 Euro/Monat im Fall von selbständigen Pflegekräften. Von diesen Sätzen können die Vertragspartner einvernehmlich abgehen. Dadurch wird die Möglichkeit eröffnet, eine eventuelle Valorisierung der Beträge ohne „Aufschnüren“ der Art.-15a-B-VG-Vereinbarung vornehmen zu können.
- Vermögen kann berücksichtigt werden. Ausgenommen von der Anrechnung sind Eigenheime, die dem Wohnbedürfnis dienen, und ein Barwert von 5.000 Euro.
- Die Verfahren werden von Bund und Ländern in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich (Bundes- bzw. Landespflegegeldbezieherinnen und -bezieher) durchgeführt. Davon kann jedoch im Einvernehmen zwischen dem Bund und dem einzelnen Bundesland abgegangen werden.
Für die Städte und Gemeinden als wesentliche Akteure in beiden Bereichen bedeuten die nunmehr vorgesehenen Regelungen über die Deckelung bzw. Pflicht zur Evaluierung und Befristung einen gewissen Schutz, jedoch können die tatsächlichen Kosten erst im Rahmen der Umsetzung abgeschätzt werden.
Begrüßt wird im Zusammenhang mit der bedarfsorientierten Mindestsicherung die Einbeziehung der Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger in die Krankenversicherung, dadurch können Einsparungen erzielt werden.

Abschaffung Konsolidierungsbeitrag – 2. Etappe
In der 2. Etappe (ab 2011) der FAG-Periode entfällt der gesamte Konsolidierungsbeitrag der Gemeinden und Länder. Wobei die Länder von der 2. Etappe nur in einem Ausmaß von 100 Millionen Euro profitieren, da 50 Millionen Euro die Gemeinden zur Kompensation der Abflachung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels (siehe abgestufter Bevölkerungsschlüssel) erhalten. Die Gemeinden haben somit ab dem 4. Jahr insgesamt 156 Millionen Euro zur Verfügung (Tabellen 2 und 3).

Mittel für finanzschwache Städte über 10.000 Einwohner
Ein wesentlicher Verhandlungserfolg ist dem Österreichischen Städtebund in der letzten Verhandlungsrunde am 10. Oktober 2007 gelungen. Es wurde vereinbart, dass für finanzschwache Städte über 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner in der 2. Etappe zusätzlich insgesamt 16 Millionen Euro p. a. zur Verfügung gestellt werden. Hauptargument dafür war, dass insbesondere diese Städte primär von Aufgabenübertragungen betroffen sind und in der Vergangenheit waren und auch den größten Anteil der Umlagenbelastung zu tragen haben. Diese Mittel werden wie folgt finanziert:
- Vorwegabzug in der Höhe von 10 Millionen Euro im Rahmen des § 21 FAG,
- Mittel des Bundes in der Höhe von 2 Millionen Euro,
- Mittel des Landes Wiens in der Höhe von 2 Millionen Euro,
- Mittel der Länder ohne Wien in der Höhe von 2 Millionen Euro im Wege der Gemeindebedarfszuweisungsmittel.
Die genaue Verteilung wird noch beraten. Wesentliche Kriterien für den Verteilungsschlüssel sollten der Aufgabenbereich, die Umlagenbelastung und der Finanzierungssaldo sein. Eine ausschließliche Anknüpfung an die Finanzkraft würde keinen Fortschritt darstellen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass im Paktum eine Arbeitsgruppe zur grundsätzlichen Reform des Finanzausgleichs eingerichtet wurde. Der Verteilungsschlüssel für die 16 Millionen Euro könnte einen ersten Schritt in die Aufgabenorientierung darstellen.

Abgestufter Bevölkerungsschlüssel
In der 2. Etappe wird der abgestufte Bevölkerungsschlüssel erneut abgeflacht. Es wurde vereinbart, dass die Mindereinnahmen für Gemeinden über 10.000 Einwohner aus der Abflachung durch die zusätzlichen Mittel aus der Abschaffung des Konsolidierungsbeitrages ab dem 4. Jahr mit 100 Millionen Euro kompensiert werden. Die Abflachung wird daher so gestaltet werden, dass eine Finanzmasse von 100 Millionen Euro von den Gemeinden über 10.000 Einwohner zu den kleineren Gemeinden verschoben wird. Die Berechnungen hinsichtlich der Abflachung werden auf Basis der Bevölkerungszahl und des Aufkommens an Ertragsanteilen im Jahr 2010 berechnet. Erste Berechnungen ha¬ben ergeben, dass der unterste Vervielfacher von derzeit 11/2 auf etwa 121/34 angehoben wird.
Im Paktum wurde festgehalten, dass die Kompensation für jede Verlierergemeinde vollständig und im Vergleich zur letzten Abflachung im FAG 2005 dynamisiert zu erfolgen hat.

Transfers – Umwandlung in Ertraganteile
Alle wesentlichen Transfers der Länder und Gemeinden (Bedarfszuweisung zum Haushaltsausgleich, Bedarfszuweisung für Ausgliederungen und Schuldenreduzierung bzw. Bedarfszuweisung an Spielbankgemeinden) werden aufkommensneutral in Ertragsanteile umgewandelt und gemäß dem einheitlichen Schlüssel verteilt. Die konkreten Berechnungen erfolgen im Rahmen der technischen Umsetzung auf Beamtenebene. Im Paktum wurde festgehalten, dass die Auswirkungen auf die Landesumlage neutralisiert werden und die Umrechnung vollständig und dynamisiert zu erfolgen hat und zu keinen Verlierern führen darf. Wesentlich für Städte und Gemeinden wird es in diesem Zusammenhang sein, die wesentlichen Auswirkungen auf den sekundären und tertiären Finanzausgleich zu berechnen und ausgeglichen zu bekommen.

Stabilitätspakt
Es wird ein neuer Stabilitätspakt 2008 für die Dauer von ebenfalls 6 Jahren mit den Werten gemäß dem Regierungsprogramm vereinbart (Tabelle 4).

Verwaltungsreform
Die politische Vereinbarung zur Verwaltungsreform II vom 15. November 2005 wird wie folgt abgeändert:
- Aktivitätsaufwand: Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich weiterhin dazu, die Kostendynamik im Aktivitätsaufwand einzubremsen. Die Länder und Gemeinden halten die vereinbarten Ziele aus dem Jahr 2005 aufrecht, der Bund hat sich zum Ziel gesetzt, in Zukunft nur jede 2. Pensionierung nachzubesetzen.
- Familienlastenausgleichsfonds-Selbstträgerschaft: Derzeit leisten die Länder und Gemeinden über 2.000 Einwohner im Rahmen der Selbstträgerschaft die Familienbeihilfe an ihre Bediensteten selbst und zahlen keinen Dienstgeberbeitrag an den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF). Vereinbart ist nunmehr, dass erstmals mit 1. Juni 2008 die Auszahlung der Familienbeihilfe durch den Bund erfolgt und gleichzeitig Länder und Gemeinden dienstgeberbeitragpflichtig werden. Dadurch entsteht ein Mehraufwand für die Gemeinden abhängig von der Zahl der Bediensteten. Der Bund hat im Paktum zugesagt, dass dieser Mehraufwand dadurch kompensiert wird, dass der Beitrag gemäß § 9 FAG (2) Z 1 FAG zum FLAF abgeschafft wird und der Rest des Mehraufwandes durch Reduktion des Abgeltungsbetrages von momentan 690 Millionen Euro ausgeglichen wird. Dadurch erfolgt eine Erhöhung die Ertragsanteile der Länder und Gemeinden, die in Summe ihrem Mehraufwand entspricht. Problematisch ist, dass der Dienstgeberbeitrag von der Lohnsumme bzw. der Gehaltssumme abhängig ist.

Zusammenfassung
Gemessen am Forderungsprogramm des Österreichischen Städtebundes besteht zwar aufgrund des Verhandlungsergebnisses kein Grund zur Euphorie, jedoch stellt die Abschaffung des Konsolidierungsbeitrages bzw. auch die zusätzlichen Mittel für finanzschwache Städte ab 10.000 Einwohner eine gewisse Weichenstellung für zukünftige Entwicklungen dar.
Auch die Vereinbarung hinsichtlich der Deckelung im Bereich der bedarfsorientierten Mindestsicherung und Pflege bzw. die Evaluierungsbestimmungen stellen einen gewissen Schutz vor der Kostenfalle für die Städte und Gemeinden dar. Wesentlich für den Österreichischen Städtebund wird es gerade in diesem Zusammenhang sein, auch in Zukunft einen Schwerpunkt auf die Diskussion der Transferverflechtungen insbesondere zwischen Ländern und Gemeinden zu legen.

OEGZ

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