Neuer Schwung bei der Integration von MigrantInnen in Niederösterreich

Neuer Schwung bei der Integration von MigrantInnen in Niederösterreich

Es gibt Themen im Zusammenhang mit gesellschaftspolitischen Herausforderungen, die so emotionalisierend sind, dass am liebsten viele versuchen, ihnen mit einer Art Tabuisierung zu begegnen – obwohl allen gleichzeitig bewusst ist, dass der Themenbereich tagtäglich viele Menschen berührt. Tabuisierung von anstehenden Themen führt aber in der Folge zu „unkontrollierbaren“ Fantasien, Wertekämpfen und bloß situativen Lösungen, von denen wiederum viele sehr positiv sein können, andere unter Umständen an die Grenzen der Verletzung von Menschenrechten gehen.

 

Das Themenfeld „Integration von MigrantInnen“ gehört zu diesen Themen – obwohl sie in der gelebten gesellschaftspolitischen Praxis tagtäglich erfolgt bzw. erfolgen muss.
Das Land Niederösterreich befasst sich nun schon seit über zehn Jahren mit dem Thema Integration von MigrantInnen – auch wenn darüber bis vor Kurzem nur sehr verhalten in der Öffentlichkeit kommuniziert wurde. Wesentliches Standbein bei der Entwicklung zukunftsweisender Konzepte im Zusammenhang mit Integrationsfragen war von Beginn an die NÖ Landesakademie in St. Pölten als Zukunftsakademie des Landes. So übernahm sie unter anderem die Ausbildung der interkulturellen MitarbeiterInnen, führte Prozesse zur Leitbildentwicklung zur Integration von MigrantInnen in Niederösterreichs Städten durch und wickelte zuletzt das Projekt „Leitbild zur Integration von MigrantInnen in Niederösterreich“ federführend durch. Eine Plattform „Interkulturelle Kompetenz und Pädagogik“ bietet Weiterbildungen unter anderem für MitarbeiterInnen in den Kommunen, im Pflegebereich und im Bildungswesen an. Die weiter unten beschriebene „Fachstelle für Integration“ berät in erster Linie Gemeinden und fördert Spracherwerb und interkulturelle Projekte in den Regionen Niederösterreichs.
Niederösterreich versteht sich als pluralistische Gesellschaft, die sich im Rahmen der Menschenrechte als gemeinsamer – auch ethischer – Bezugsrahmen im Rahmen der Religionsfreiheit und der rechtlichen Rahmenbedingungen unseres demokratischen Staates bewegt und entwickelt.
Anliegen der politischen EntscheidungsträgerInnen in Niederösterreich ist
- Lebensqualität im Sinne von „Guat
Z’ammleben“,
- Vielfalt des Denkens als Chance für Innovation und Weiterentwicklung der in Niederösterreich lebenden Gesellschaft.
- Alle Menschen in Niederösterreich sollen sich „wohlfühlen“ im Rahmen eines konstruktiven, einander zuhörenden Dialogs zwischen den unterschiedlichen Interessen- und Wertegruppen. Dieser Dialog soll Basis für ein Aufeinanderzugehen im Sinne eines gegenseitigen Forderns und Förderns sein.
„Alle Menschen“ in Niederösterreich heißt im vorliegenden Zusammenhang insbesondere die Summe aus der „Vielfalt der Interessengruppen der Aufnahmegesellschaft“ und aus der Vielfalt der Interessengruppen aus jenem gesellschaftlichen Teil, der unter dem Begriff „MigrantInnen“ zusammengefasst wird. Dabei geht es nicht vorrangig um Integration von „Randgruppen“, sondern um die gemeinsame Zukunft der im Land lebenden BürgerInnen. Unter dem Begriff MigrantInnen sind alle in Niederösterreich lebenden Menschen zu verstehen, die – aus welchem Rechtstitel auch immer – ein Aufenthaltsrecht in Österreich haben. In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass viele Menschen mit migrantischem Hintergrund bereits die österreichische Staats¬bürgerschaft haben.
Die Arbeit in Integrationsprozessen soll
- zu keiner Zwangsharmonisierung unterschiedlicher Zugänge zu Kommunikation, Kulturen und Werten führen;
- religiöse Themen als Themen in einer säkularen Gesellschaft mit dem Recht der Religionsfreiheit behandeln und jeden Missbrauch von Religion für politische Aktivitäten als solchen aufzeigen;
- vorhandene Äußerungen und Themenpapiere von Interessengruppen mit einbeziehen.
Der Begriff „Integration“ bezieht sich in diesem Kontext auf die verschiedenen Herausforderungen des Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher nationalkultureller und regionaler Herkunft in Niederösterreich. Diese Herausforderungen stellen sich einerseits auf der gesamtgesellschaftlichen, politisch-rechtlichen Ebene (Makroebene), andererseits für staatliche und private Strukturen, wie Verwaltungen und Unternehmen (Mesoebene), sowie auf der individuellen Ebene, zum Beispiel in der Kommunikation zwischen Nachbarn (Mikroebene). Alle diese Ebenen wurden im partizipativen Prozess der Leitbildentwicklung berücksichtigt.
Ein gemeinsames Verständnis des Begriffs Integration durch Repräsentanten verschiedener Stakeholder zu erarbeiten, ist auch die Zielsetzung dieses partizipativen Ansatzes und orientierte sich dabei an einem dynamischen Zugang zu Integration. Auszugehen ist dabei von folgenden Grundlagen: Integration passiert nicht von selbst. Vielmehr ist realpolitisch davon auszugehen, dass dort, wo unterschiedliche Lebensentwürfe und -erfahrungen zusammentreffen, Widerstände, Konflikte und Ängste auftreten. Denn: Integration bedeutet Veränderung für alle Beteiligten. Ein konstruktiver Umgang mit Veränderung und soziokultureller Vielfalt kann aber schrittweise erlernt werden. Integration wird daher in Niederösterreich als kontinuierlicher gesellschaftlicher Entwicklungs- und Lernprozess verstanden.

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