Die neuen KDZ-Praxisplaner: Mittelfristige Planungen im Sozialhilfebereich

Die neuen KDZ-Praxisplaner: Mittelfristige Planungen im Sozialhilfebereich

Die Bedeutung des Sozialhilfebereiches für die Gemeinden steigt stetig und bedarf aufgrund der steigenden Belastungen einer näheren Betrachtung. Gleichzeitig wird die Notwendigkeit einer kommunalen Seniorenpolitik immer deutlicher und spiegelt sich bereits in zahlreichen Umsetzungsbeispielen der österreichischen Gemeinden wider. Das KDZ hat zwei Planungsinstrumente in den Bereichen Sozialhilfeumlage und Senioren- und Pflegeheime entwickelt und stellt diese auf einer neuen Internet-Plattform www.praxisplaner.at zur Verfügung.

 

Mit Unterstützung des Österreichischen Städtebundes und der Bank Austria ist es dem KDZ möglich, jährlich ein Projekt im Rahmen der „KDZ-Praxisplaner“ umzusetzen. Hierbei werden für die österreichischen Städte und Gemeinden relevante und aktuelle Themen aufgegriffen und praktisch aufgearbeitet. Insbesondere stehen hier anwenderorientierte Planungsinstrumente auf Excel-Basis zur Verfügung, welche den VertreterInnen der Städte und Gemeinden ermöglichen, eine mittelfristige Planung in wichtigen kommunalen Aufgabenbereichen zu erstellen.
Die diesjährigen neu erstellten Praxisplaner beschäftigen sich mit zwei zentralen Elementen im Sozialhilfebereich. Einerseits führt die steigende Dynamik der Sozialhilfeumlage zu immer knapperen Budgets, andererseits betreiben einige Gemeinden und Städte auch selbst Senioren- und Pflegeheime. Im Bereich der Umlagen gilt es, die Auswirkungen der Umlagenentwicklung auf die Gemeindefinanzen mittelfristig einzuschätzen. Bei den Senioren- und Pflegeheimen bedarf es einer Kombination aus Leistungs- und Finanzplanung, um die zukünftige Entwicklung einschätzen zu können.

Sozialhilfeumlage verringert finanzielle Spielräume
Betrachtet man den Sozialhilfebereich, zeigt sich, dass sich dieser in den letzten Jahren sehr dynamisch entwickelt hat (siehe Abbildung 1). Die Belastung der Gemeinden im Umlagenbereich ist dabei stark – um durchschnittlich 6% p. a. – gestiegen und weist damit eine deutlich dynamischere Entwicklung auf als andere wesentliche Einnahmen- und Ausgabenbereiche.
Dies führt dazu, dass durch die steigende Transferbelastung der finanzielle Spielraum einer Gemeinde eingeengt wird, sodass diese Finanzmittel für andere Ausgabenbereiche der Gemeinde nicht mehr zur Verfügung stehen.
Ein Großteil der österreichischen Gemeinden erbringt keine direkten Leistungen im Bereich der Sozialhilfe, sondern ist „nur“ durch die Sozialhilfeumlage belastet. Viele Gemeinden erbringen jedoch selbstständig Leistungen – wie insbesondere im stationären und teilstationären Bereich, wodurch zusätzliche Belastungen entstehen. Die Sozialhilfeumlage stellt einen Kostenbeitrag der Gemeinde zu den Sozialhilfeausgaben der Länder dar.

Komplexes Zusammenspiel bei der Finanzierung
Dabei sind die Gemeinden ausschließlich Zahler, haben jedoch keinen Einfluss auf die erbrachten Leistungen und können nicht in die Planung oder Umsetzung der Sozialhilfe der Länder eingreifen. Die Vorschreibungen der Länder im Umlagenbereich stellen daher einen für die Gemeinden immer bedeutenderen Bereich dar, welcher jedoch nicht beeinflusst werden kann. Betreibt eine Gemeinde zusätzlich selbstständig Einrichtungen der Sozialhilfe, entstehen zusätzliche Kosten, welche jedoch zu einem großen Teil durch die pflegebedürftigen Personen und die Länder abgegolten werden.
Grundsätzlich stellt das System der Sozialhilfe ein äußerst komplexes Zusammenspiel verschiedenster Kompetenzüberschneidungen und Finanzierungsverflechtungen dar, welches nur sehr schwer zu entwirren ist. Dabei kann die Sozialhilfe i. w. S. grundsätzlich in die Bereiche der Sozialhilfe i. e. S., den Pflegebereich, die Jugendwohlfahrt und die Behindertenhilfe unterteilt werden.

Initiativen der kommunalen Seniorenpolitik
Durch die steigende Anzahl an SeniorInnen aufgrund der aktuellen demografischen Entwicklung gewinnt auch die kommunale Seniorenpolitik immer mehr an Bedeutung (siehe Abbildung 2). So verdoppelten sich in den letzten 20 Jahren die über 95-Jährigen, und auch die Altersgruppe ab 85 Jahren zeigte starke Steigerungsraten. Von 2010 bis 2030 wachsen die Personen von 60 bis 89 Jahren zwischen 40 und 50% an, während es bei den 90- bis 94-Jährigen sogar zu Steigerungen von 158% kommen wird.
Aufgrund der demografischen Entwicklung und der Tatsache, dass Menschen tendenziell immer älter werden und daher auch noch eine relativ lange Zeit nach Ende ihrer Berufstätigkeit leben, hat sich dabei eine Gruppe in der Gesellschaft entwickelt, die, nach Antritt ihres Ruhestandes, durchaus noch immer dazu in der Lage ist, einen aktiven gesellschaftlichen Beitrag in der Gemeinde zu leisten. Ein Engagement in Projekten der Gemeinde kann die Lebensqualität in den Gemeinden und der sich engagierenden SeniorInnen selbst erhöhen. Zusätzlich wird der Zeitpunkt der Pflege hinausgeschoben, wodurch es zu Einsparungseffekten im Sozialhilfebereich kommen kann.
Die Seniorenpolitik ist dabei eine Querschnittsmaterie, welche sich auf die verschiedensten Politikfelder wie Soziales, Wohnen, Infrastrukturleistungen etc. auswirkt. Als die wichtigsten Handlungsfelder der kommunalen Seniorenpolitik können demnach die folgenden genannt werden:1
• Aktive BürgerInnen und Partizipation
• Wohnen, Infrastruktur und Lebensführung
• Mobilität und Verkehrsentwicklung
• Bildung
• Aktiv altern
• Aktive Gesundheitspolitik durch lokale Gesundheitsförderung und Prävention
• Pflege und Betreuung
• Komplementäre Dienste
• Ältere MigrantInnen
• Generationenübergreifende Aktivitäten
• Arbeit und Wirtschaft
Auf einer neu eingerichteten Online-Plattform www.praxisplaner.at bietet das KDZ den österreichischen Städten und Gemeinden die Möglichkeit eines interaktiven Austausches von Erfahrungen in Projekten in den oben angeführten Handlungsfeldern der kommunalen Seniorenpolitik.

Die Zukunft planen
Schließlich stellt sich die Frage der mittelfristigen Entwicklung dieses sehr wichtigen Bereiches. Da aufgrund der demografischen Entwicklungen und auch den politischen Diskussionen von weiteren kräftigen Ausgabensteigerungen auszugehen ist, steigt die Notwendigkeit von Planungsinstrumenten in diesen Bereichen, damit eine Gemeinde die Auswirkungen auf die finanzielle Gesamtsituation einschätzen kann.
Geht man hier auf die Suche nach bestehenden Instrumenten, wird man nur sehr bedingt fündig. So bestehen im deutschsprachigen Raum Planungsinstrumente für demografische Entwicklungen oder auch für den Sozialbereich. Weiters gibt es auch erste Hilfestellung bei der Erstellung eines Seniorenleitbildes oder eines strategischen Ansatzes zur Seniorenpolitik. Konkrete Instrumente zur Einschätzung der finanziellen Auswirkungen dieser wichtigen Bereiche fehlen jedoch.
Aus diesem Grund zeigt sich die Notwendigkeit, in diesem Bereich Planungsinstrumente zu entwickeln, welche der Gemeinde eine mittelfristige Planung ermöglichen. Besondere Notwendigkeit zeigt sich dabei in den Bereichen der Sozialhilfeumlage und bei den Senioren- und Pflegeheimen, da es hier zu besonders starken Belastungen der Gemeinden kommt.

Auswirkungen auf Gemeindefinanzen einschätzen können
Aufgrund steigender Ausgaben im Sozial- und Gesundheitswesen ist eine steigende Umlagenbelastung der Gemeinden zu erwarten. Insbesondere bei der Sozialhilfeumlage und der Krankenanstaltenumlage sind in den nächsten Jahren massive Zuwächse zu erwarten. Der neu entwickelte KDZ-Praxisplaner Sozialhilfe-, Krankenanstalten- und Landesumlage unterstützt bei der mittelfristigen Planung der Entwicklung der Sozialhilfe-, Krankenanstalten- und Landesumlage und verdeutlicht deren Auswirkungen auf den Gemeindehaushalt.
Auf Basis von Vergangenheitswerten aus den Voranschlags- und Rechnungsquerschnitten kann mithilfe des Praxisplaners entweder eine eigene mittelfristige Finanzplanung eingetragen oder automatisch generiert werden. Anhand dieser Werte wird ein mehrjähriger Kennzahlenvergleich wesentlicher Finanzkennzahlen mit Referenzwerten für Gemeinden unterschiedlicher Größenklassen ermöglicht. Schließlich besteht die Möglichkeit, für jede der drei betrachteten Umlagen Prognoseszenarien festzulegen. Auf Basis dieser Szenarien wird als zentrales Ergebnis des Praxisplaners die Auswirkung der unterschiedlichen Entwicklungen der jeweiligen Umlage auf den Gemeindehaushalt dargestellt (siehe Abbildung 3).

Planungsunterstützung für Senioren- und Pflegeheime
Die aktuellen demografischen Entwicklungen beeinflussen die Gemeinden in zahlreichen Aufgabenbereichen. In der Generation 65+ ist mit besonders hohem Bevölkerungswachstum zu rechnen. Dies dürfte schließlich dazu führen, dass die Nachfrage an Pflegeleistungen für Personen dieser Generation ebenso stark steigt, was letztlich auch Herausforderungen an die Finanzierung gemeindeeigener Einrichtungen stellt.
Der neu erstellte KDZ-Praxisplaner zur mittelfristigen Leistungs- und Finanzplanung im Bereich der Senioren- und Pflegeheime ist eine Planungsunterstützung für Gemeinden und Betreiber von Einrichtungen der stationären Altenpflege und -betreuung.
Mit diesem Planungstool auf Excel-Basis soll, ausgehend von aktuellen Leistungs- und Finanzdaten, eine strukturierte mittelfristige Planung des Leistungsangebots und der finanziellen Entwicklung der betrachteten Betreuungseinrichtungen unterstützt werden, die sich verändernde Einflussfaktoren aus der unmittelbaren Umwelt der Pflegeeinrichtungen berücksichtigt (z. B. Anzahl der zu betreuenden Personen, steigender Betreuungsaufwand, steigende Personalkosten, Veränderungen in der Einnahmenstruktur etc.).
Der Praxisplaner setzt sich dabei aus zwei Teilen zusammen.
In einem ersten Teil gilt es, den Status quo zu erfassen, indem Leistungs- und Finanzdaten zu den Einrichtungen eingegeben werden und eine automatische Kennzahlenberechnung erfolgt. In einem zweiten Teil erfolgt die mittelfristige Planungsrechnung, indem mithilfe unterschiedlicher Planungsparameter (z. B. Anzahl der betreuten Personen, Personalstand etc.) die zukünftigen Einnahmen und Kos¬ten berechnet werden.
Der Praxisplaner ist damit ein strategisches Instrument und gleichzeitig ein operatives Planungstool für Entscheidungsträger und Führungskräfte im Bereich der Senioren- und Pflegeheime, welches sowohl die finanzielle Entwicklung als auch die Leistungsentwicklung der jeweiligen Einrichtungen berücksichtigt.

Zugang zu den Praxisplanern
Zugang zur Plattform bieten wir sämtlichen KDZ-Mitgliedern, KDZ-Kunden, ÖStB-Mitgliedern und von der Bank Austria empfohlenen Gemeinden.
Bei Interesse sowie bezüglich Rückfragen wenden Sie sich bitte an Manuel Köfel,
Tel.: +43(0)1/892 34 92-38,
E-Mail: koefel@kdz.or.at.


1 Vgl. Biwald, Mitterer: Die älter werdende Stadt, 2006, S. 32 ff.
Vgl. Enste, Koeppe: Schwerpunkte in den Kommunen, 2006, S. 42 ff., und Bertelsmann-Stiftung:
www.sozialplanung-senioren.de
das-instrument/ii-sozialplanung-fuer-senioren-eine-planungshilfe (5. 6. 2009).
Vgl. KGSt, Management des demografischen Wandels, 2009, S. 40 ff.

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