Nach dem Hochwasser bleibt der Müll
Nach dem Hochwasser bleibt der Müll
Warum es jetzt besonderes Augenmerk auf Mülltrennung und Abfallvermeidung braucht.
Mitte September kam es in Österreich mit einer sogenannten „Vb-ähnlichen“ Wetterlage, einem Tiefdruckgebiet mit sehr hohem Niederschlagspotential, zu einem massiven Hochwasserereignis. Betroffen waren Bereiche vom Salzburger Flachgau bis ins nördliche Burgenland und die Obersteiermark – wobei sich in Niederösterreich die am schwersten von Hochwasserschäden betroffenen Regionen befinden. Auch in den Nachbarländern Tschechien und Polen traten enorme, teilweise noch nie aufgezeichnete Regenmengen auf. Hochrechnung aus der Wirtschaftsforschung gehen für Österreich von einer Gesamtschadenssumme von EUR 1,3 Milliarden aus – wobei hier die privaten Haushalte (ca. EUR 700 Mio.) besonders betroffen sind.
Dies zeigt sich vor allem darin, dass ganze Einrichtungen von Häusern, Wohnungen, Kellern, Garagen und Gartenhäusern auf einen Schlag durch Wasser und Schlamm zerstört wurden. Neben den tragischen Bedingungen für die Betroffenen stellte dieser plötzliche Anfall an zehntausenden Tonnen zusätzlicher Abfälle auch die Gemeinden und kommunalen Abfallverbände vor enorme Herausforderungen. Abfallwirtschaftliche Infrastruktur wurde teilweise zerstört und vielfach waren auch die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die unmittelbar Betroffenen des Hochwassers – gleichzeitig galt es das Müllaufkommen rasch aus den Siedlungsbereichen zu entfernen. Durch intensive Koordination zwischen Gemeinden, Gemeindeverbänden und Behörden konnten innerhalb weniger Tage neue Sammelstellen eingerichtet, Container und Zwischenlager organisiert und in den meisten Bereichen eine ordnungsgemäße Müllabfuhr wiederhergestellt werden.
Besonderer Fokus in der Sammlung lag zudem auf der weitestgehend möglichen Trennung nach Abfallfraktionen: so wurden auch Hochwasserabfälle in Holz, Rest- und Sperrmüll, Elektrogeräte und Problemstoffe unterschieden um diese möglichst effizient, sicher und umweltgerecht zu entsorgen. Besonders Lithium-Akkus in den Abfällen stellten ein besonderes Risiko dar, denn diese können sich aufgrund von Beschädigungen oder Kurzschlüssen selbst entzünden. Ein solcher beschädigter Akku führte im Bezirk Tulln auch zum Brand eines Lagerplatzes für Hochwasser-Sperrmüll mit einer Fläche von rund 6000 m².
Auch die Müllverbrennungsanlage Dürnrohr, welche die thermische Verwertung von Rest- und Sperrmüll in Niederösterreich sicherstellt, war vom Hochwasser betroffen und musste den Betrieb einstellen. Daher wurde in Niederösterreich begonnen, den laufend anfallenden Restmüll zwischenzulagern. Um abfallwirtschaftliche Systeme nun nicht zu überlasten und auch das Aufarbeiten der zusätzlichen Mengen an Hochwasserabfällen zu gewährleisten, braucht es nunmehr zweierlei: richtige Abfalltrennung und Abfallvermeidung. Denn Analysen des Restmülls in Österreich zeigen, dass etwa 50 Prozent des Inhalts der Restmülltonnen in Österreich auch als Wertstoffe erfasst werden könnten – durch richtige Abfalltrennung könnte also etwa die Hälfte des laufend anfallenden Restmülls reduziert werden. Besonders im Bereich der biogenen Abfälle gibt es hier ein sehr großes Potential (über 30 Prozent). Durch das verlässliche Nutzen der Biotonne oder des eigenen Komposthaufens könnte ein wesentlicher Beitrag geleistet werden – zudem entstehen aus diesen Abfällen wieder hochwertige Komposte für Garten oder Landwirtschaft. Auch das richtige Trennen von Verpackungen z.B. Kunststoffverpackungen von Lebensmitteln, Getränkeflaschen, Dosen und Kartonagen ist wichtig, um Restabfallmengen zu reduzieren und gleichzeitig das Recycling dieser Stoffe zu ermöglichen.
Die perfekte Ergänzung zur richtigen Abfalltrennung ist zudem das Vermeiden von Abfällen, etwa durch das Reparieren von kaputten Geräten oder das Nutzen von Second-Hand-Plattformen für nicht mehr benötigte Produkte. Denn viel zu oft landen noch gebrauchsfähige Güter im Rest- oder Sperrmüll.
Durch diese Maßnahmen kann nicht nur ein Beitrag zur Entlastung der angespannten Entsorgungssituation geleistet werden – vielmehr trägt richtige Abfalltrennung und Abfallvermeidung zum Umwelt- und Klimaschutz bei und hält unsere Ressourcen länger im Kreislauf.
Autor:
DI Michael Bartmann
Bundeskoordinator
Arge Österreichischer Abfallwirtschaftsverbände
www.argeawv.at
Quellen:
Hochwasser verursachte 1,3 Mrd. Euro Schaden - WIFO
Das Hochwasserereignis im September 2024 in Österreich (bml.gv.at)
Presseaussendung_NUV_Hochwasser.pdf (umweltverbaende.at)
Fotocredit: Herbert Permoser
Der Artikel erscheint auch in der ÖGZ.
(Schluss, 15.10.2024)