Neuer EU-Haushalt: Mehr Flexibilität, Innovation und Sicherheit

Neuer EU-Haushalt: Mehr Flexibilität, Innovation und Sicherheit

 

Die Europäische Kommission stellt mit ihrer Mitteilung zum nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2028+ die Weichen für eine strategischere, flexiblere und leistungsorientiertere EU-Finanzierung. Angesichts geopolitischer Unsicherheiten, wirtschaftlicher Herausforderungen und sozialer Transformationen fordert die Europäische Kommission neue Finanzierungsschwerpunkte.

-) Finanzierungsschwerpunkte

Der zentrale Fokus liegt gemäß dem Draghi Report auf der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovation. Mit dem neuen Europäischen Wettbewerbsfähigkeitsfonds sollen strategische Technologien, Forschung und industrielle Innovationen gezielt gefördert werden. Besonders wichtig ist dabei die Schließung der Investitionslücke im Vergleich zu den USA und Asien, indem die EU bessere Rahmenbedingungen für Start-ups und Wachstumsunternehmen schafft.

Ein weiterer neuer Schwerpunkt ist die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Angesichts der aktuellen geopolitischen Lage soll die Zusammenarbeit in der Verteidigungsindustrie gestärkt werden. Zudem sollen Mittel für Krisenreaktionen und Sicherheit schneller mobilisiert werden können.

Die Migration- und Asylpolitik bleibt ebenfalls ein zentrales Thema. Die EU will die Umsetzung des neuen Pakts für Migration & Asyl finanziell absichern, um den Außengrenzschutz zu verbessern und irreguläre Migration effektiver zu steuern.

Auch die Kohäsions- und Strukturpolitik soll reformiert werden. Die Kommission plant eine Vereinfachung der Finanzierungsprogramme, um Investitionen schneller und effizienter dorthin zu lenken, wo sie am meisten gebraucht werden. Gleichzeitig soll ein stärkerer Fokus auf soziale Kohäsion und Arbeitsmarktförderung gelegt werden.

Die Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Landwirtschaft spielen weiterhin eine große Rolle, sollen jedoch an die aktuellen Herausforderungen angepasst werden und somit sicherlich eine geringere Rolle spielen. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) soll nachhaltiger und resilienter werden, während neue Finanzierungsmodelle für klimaneutrale Technologien und Energieunabhängigkeit geschaffen werden. Angesichts steigender Klima- und Wetterrisiken plant die EU zudem eine bessere Absicherung gegen Naturkatastrophen und extreme Wetterereignisse.

Die geopolitische Lage erfordert zudem eine neue Finanzstrategie für die EU-Erweiterung. Die Kommission plant verstärkte finanzielle Unterstützung für die Westbalkan-Staaten, die Ukraine, Moldau und Georgien, um deren Beitrittsperspektiven zu stärken. Gleichzeitig sollen Investitionen im Rahmen der Global Gateway Initiative gezielt auf strategische Partnerländer ausgerichtet werden.

-) Modernisierung der EU-Finanzen

Um diese neuen Prioritäten zu finanzieren, schlägt die Kommission eine Modernisierung der EU-Finanzen vor. Besonders wichtig ist die Einführung neuer Eigenmittel, um die Rückzahlung der NextGeneration EU-Schulden ab 2028 zu sichern. Geplante Einnahmequellen sind unter anderem der Emissionshandel (ETS), der CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) und neue Steuermodelle auf Unternehmensgewinne. Zudem soll der EU-Haushalt flexibler gestaltet werden, um schneller auf Krisen reagieren zu können.

-) Neue Finanzierungsregeln in Diskussion

Ein wesentlicher Vorschlag betrifft die leistungsorientierte Finanzierung. Die Europäische Kommission will künftig noch stärker auf Ergebnisorientierung setzen, sodass Mittel nicht nur nach Ausgaben, sondern nach konkreten Zielerreichungen vergeben werden. Programme wie die Aufbau- und Resilienzfazilität (Stichwort: Österreichischer Aufbau- und Resilienzplan) oder die Ukraine-Fazilität dienen als Vorbild für diesen Ansatz. Damit sollen die EU Ausgaben besser auf die politischen Ziele der EU abgestimmt werden.

Ein weiterer wichtiger Schritt ist die dynamischere Anpassung des EU-Haushalts. Während der bisherige MFR über sieben Jahre weitgehend festgelegt war, soll es künftig regelmäßige Überprüfungen und mehr Spielraum für Umschichtungen geben, um Mittel gezielt dorthin zu lenken, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Insgesamt soll der EU-Haushalt strategischer, anpassungsfähiger und effizienter werden.

Darüber hinaus ist geplant, die Flexibilität der Mittelvergabe und Anpassungsmöglichkeiten deutlich zu erhöhen. Bisher sind über 90 % der Mittel fest verplant, was die EU in Krisensituationen hemmt. Künftig soll es weniger programmgebundene Mittel und mehr Sonderinstrumente geben, um schneller auf neue Herausforderungen wie Krisen, Naturkatastrophen oder geopolitische Veränderungen reagieren zu können.

Zudem wird die Vereinfachung der Finanzierungsprogramme angestrebt, da die aktuelle Vielfalt mit über 50 Programmen oft zu komplex ist. Eine zentralisierte Anlaufstelle und klarere Strukturen sollen den Zugang erleichtern.

Dass die Wahrung der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit bei der Nutzung von EU-Mitteln eine grundlegende Voraussetzung ist, sollte außer Frage stehen. Die verstärkte Betonung dieses Prinzips sowie die klare Verpflichtung zum Schutz der finanziellen Interessen der EU lassen jedoch darauf schließen, dass die Europäische Kommission möglicherweise neue Mechanismen zur Sicherstellung der Einhaltung dieser Vorgaben in Betracht zieht.

-) Fazit

Während die neuen Finanzierungsschwerpunkte derzeit wenig Widerspruch ernten, sind die vorgeschlagenen neuen Eigenmittel und Finanzierungsregeln Gegenstand intensiver politischer Diskussionen. Die Städte und Gemeinden werden vor allem von den neuen Finanzierungsschwerpunkten betroffen sein. Mit der Fokussierung auf Regionen mit stärkerem Aufholbedarf ist hier wohl von einer Mittelkürzung auszugehen. Die vorgeschlagenen Finanzierungsregeln der Leistungsorientierung lassen eine höhere Bürokratisierung und Überprüfung erwarten. Die Regeln „Flexibilisierung und Dynamik“ stehen vermeintlich der Planungssicherheit entgegen, welche bei kommunalen Finanzierungen so dringend benötigt wird. Mit den neuen vorgeschlagenen Regeln wird sich die Europäische Kommission einen deutlich höheren Spielraum verschaffen und stärker als bisher die EU-Finanzen bestimmen. Andererseits unterstreicht die Kommission die Bedeutung von EU-Multi-Level-Governance, ortsbezogenem Ansatz und Partnerschaftsprinzip. D.h., die Umsetzung der EU-Prioritäten muss gemeinsam mit den Mitgliedstaaten, ihren Regionen und Kommunen erfolgen.

Bis Mai 2025 besteht nun die Möglichkeit, sich im Rahmen von Konsultationen mit Vorschlägen zum Mehrjährigen Finanzrahmen einzubringen.

Linz zur Mitteilung: „Der Weg zum nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen“:

Autor*innen: Thomas Prorok (KDZ-Geschäftsführer), Stephan Auer Stüger (Österreichischer Städtebund), Alexandra Schantl (KDZ)

(Schluss, 10.03.2025) Fotocredit: Dall-E

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