69. Städtetag: Ludwig bei Eröffnung „Sinnlos, an Städten vorbei zu regieren“

69. Städtetag: Ludwig bei Eröffnung „Sinnlos, an Städten vorbei zu regieren“

Utl.: 69. Österreichischen Städtetag in der Freistadt Rust feierlich eröffnet

 

Bei der feierlichen Eröffnung des 69. Städtetages 2019 in Rust, bei der sowohl Bundespräsident also auch Minister aufgrund der Angelobung der neuen MinisterInnen der Übergangsregierung auf Bundesebene ihre Teilnahme abgesagt hatten, standen das Vertrauen in die Politik und die europäischen Grundwerte im Mittelpunkt der Reden.

„Freiheit, Gleichheit, Rechtstaatlichkeit, Menschenrechte, einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören, sind Grundwerte, die nicht leichtfertigt verspielt werden dürfen“, warnte Städtebund-Präsident Bürgermeister Michael Ludwig. In Bezug auf die Privatisierung der Daseinsvorsorge sagte er, es gehe darum, diese „für die Zukunft abzusichern und nicht unser Wasser an russische Oligarchen zu verkaufen“.

Kritisch äußerte sich Ludwig über die Zusammenarbeit der Städte und Gemeinden mit dem Bund: „Das Gespräch zu suchen und mit der Bundesregierung auf Augenhöhe verhandeln zu können, das haben wir vermisst in den letzten Monaten“, sagte Ludwig. Er verwies auf ein Schreiben des Österreichischen Städtebundes an die Regierung, indem für die zu erwartenden Mindereinnahmen durch die geplante Steuerreform rund eine Milliarde betragen würden, „dafür erwarten wir eine Kompensation“, so Ludwig. Eine entsprechende Antwort sei ausgeblieben, ob und wie diese Steuerreform nun kommt, sei nun nach der Auflösung der bisherigen Regierung ohnehin ungewiss.

Er kritisierte die Verordnung des Innenministeriums die Entschädigung für Asylwerber für Hilfstätigkeiten auf 1,5-Euro pro Stunde zu beschränken. „Spielen wir nicht Arme gegen noch Ärmere aus, das ist unwürdig in einem Land wie Österreich“, sagte Ludwig.

Zuletzt appellierte er an die künftige Bundesregierung, „reden Sie mit uns, es hat keinen Sinn an den Städten vorbei zu regieren. Das Ergebnis wird am Ende ein besseres sein“, so Ludwig.

Burgendlands Landeschef Doskozil gegen Zentralismus in Österreich und für Subsidiarität in EU

Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil brach in seiner Rede eine Lanze für Föderalismus und das Subsidiaritätsprinzip in der EU. „Man kann nicht alle Städte, Gemeinden und Länder über einen Kamm scheren“, argumentierte der Burgenländische Landeschef. Die Aufgabe der Politik auf Landes- und Stadtebene sei es, die besten Lösungen für die Menschen vor Ort zu finden. Länder und Städte müssten „Steuermittel zum Wohle der Menschen einsetzten, nicht mit dem Bund in Konkurrenz um Geld stehen“. Länder und Kommunen seien gut beraten von Brüssel oder der Bund „selbstbestimmt einzufordern, was die Menschen im Land, in den Gemeinden oder Städten brauchen“.

Gemeindebund-Chef Alfred Riedl strich die Solidarität und den Zusammenhalt zwischen den Städten und Gemeinden hervor. Er warnte die Übergangsregierung vor „teuren Beschlüssen im Nationalrat, die nachrangige Gebietskörperschaften belasten würden“. In Hinblick auf die anstehende EU-Wahl am Sonntag wünschte sich Riedl die Wahl von Vertreterinnen und Vertretern, „die die Anliegen der Städte und Gemeinden verstehen und kennen und eine starke Stimme der Kommunen in der EU sind“.

Karl-Heinz Lambertz, Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen verglich die EU mit einem Schiff auf hoher See bei starkem Wellengang. Damit die Reise sicher fortgesetzt werden könne, müsse sich die Erkenntnis in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union durchsetzen, dass „die EU nicht das oft ferne Brüssel ist, sondern überall da, wo die Menschen leben“. Das zu vermitteln, sei die Aufgabe der Regionen und Kommunen, die am nächsten bei den Menschen und ihren Anliegen sind. Wie Doskozil forderte er eine neue Form der Subsidiarität in der EU, die den Zusammenhalt in den Vordergrund stellt. Die Ideen aus Brüssel müssten vor Ort umsetzbar sein, bei EU-Entscheidungen müssten jene Themen Priorität haben, die Menschen in den Kommunen bewegen. Die Daseinsvorsorge werde von der EU oft „gegängelt statt gefördert“.

Zwtl.: Festrednerin Zehnpfennig: Idee Europa bezwingt Populismus

Abschließend sprach Barbara Zehnpfennig, Politikwissenschafterin an der Uni Passau in ihrem Festreferat „Europa – unser Schicksal“ über die Herausforderungen der EU vor dem Hintergrund von erstarkendem Nationalismus und Rechtspopulismus. Populisten würden vermeintlich einfache Lösungen für komplexe Probleme präsentieren. Am Beispiel des „Brexit“ zeige sich, wie „skrupellose Politiker Gefühle von Menschen instrumentalisiert haben“. Mit dem Streuen von Vorurteilen, falschen Fakten und unrealistischen Versprechen hätten sie erfolgreich Stimmung gegen die EU gemacht. Populismus sei ein „Warnsignal“, dem eine pro-europäische Politik die der Union zu Grunde liegende Idee einer gemeinsamen Geschichte, einer gemeinsamen Zukunft und insbesondere einer europäischen Identität entgegengesetzt werden müsse. Um Populisten den Nährboden zu entziehen, dürften Politikerinnen und Politiker nicht auf die „Wut-Welle“ aufspringen, die derzeit vor allem Rechtspopulisten trage, sondern Herausforderungen und Probleme bei Migration und Zusammenleben analysieren und ein Gesamtkonzept für Zuwanderung und Integration auf europäischer Ebene entwickeln – und das nicht den Kommunen überlassen. Die EU müsse einen Mittelweg zwischen „Nationalismus und verordnetem Multikulti“ finden: Das sei nur durch eine Diskussion über die gemeinsame kulturelle Identität Europas möglich, bei der die Errungenschaften der EU hervorgekehrt und eindeutig benannt werden müssten.

(Forts.) sas/ato

Das genaue Programm finden Sie hier:
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