Forderungen des Österreichischen Städtebundes - An die Europapolitik 2009 – 2014
Forderungen des Österreichischen Städtebundes - An die Europapolitik 2009 – 2014
Es gilt die Bedeutung der Kommunen stärker ins Bewusstsein zu rufen. Viele der europaweiten Herausforderungen sind zuerst in den Städten und Gemeinden zu spüren. Die sozialen Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise, der demografische Wandel, Fragen der Integration und Migration, sowie der klimaverträgliche Umbau unserer Gesellschaft werden vor Ort real.
Städte und Gemeinden bilden die Kernzellen unseres demokratischen Gemeinwesens. Hier ist Demokratie nicht nur ein abstrakter Begriff, hier wird sie für den einzelnen Bürger unmittelbar erfahr- und erlebbar. Verfahrensabläufe und Entscheidungsprozesse vollziehen sich in einer Gemeinde so transparent und nachvollziehbar, wie sonst wohl auf keiner anderen Ebene der politischen Willensbildung.
Dem oft kritisierten Mangel an Transparenz politischer Entscheidungsfindung, gerade auf europäischer Ebene, kann auf der Ebene der Kommunen am effektivsten begegnet werden. Die Kommunen sind der zentrale Ort für die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger an den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Sie sind auch für die Mitglieder des Europäischen Parlaments jene Ebene, wo sie den stärksten direkten Zugang zu den Menschen finden. Gewähren sie den Städten Flexibilität und schützen sie die Entscheidungsfreiheit der Kommunen! WIRTSCHAFTS- und FINANZKRISE Die Kommunen sind verstärktem Druck ausgesetzt. Die Nachfrage nach kommunalen Dienstleistungen ist gestiegen und die kommunalen Finanzen angespannt. Forderungen
- Stärkung und Absicherung des finanziellen Handlungsspielraumes der Kommunen durch Zugang für die Kommunen zu Finanzmitteln auf nationaler und auf europäischer Ebene,
- flexibler Ansatz bei den Strukturfonds und anderen europäischen Programmen für Kommunen,
- Berücksichtigung der Kommunen bei der Formulierung und Umsetzung von Maßnahmen im Umgang mit der Krise unter Wahrung des kommunalen Entwicklungsinteresses und der kommunalen Planungshoheit.
Europa verliert seine bisherige „kommunale“ Blindheit Der EU-Reformvertrag stärkt die Rolle der Kommunen in der EU und verbessert ihre Mitwirkungsmöglichkeiten. Ebenso findet sich ein Ansatz zur Korrektur des reinen Binnenmarktmodells. Diese Vertragsänderung war für die Kommunen dringend notwendig. Die Anerkennung der Kommunen als vollwertige Partner in Europa war längst überfällig und durch die zunehmende Europäisierung der kommunalen Selbstverwaltungstätigkeit, der Vorschriftendichte auf nationaler und europäischer Ebene, seit langem gewünscht. Im Reformvertrag wird erstmals auf europäischer Ebene die kommunale Selbstverwaltung demokratischer und entscheidungsfreier Kommunen anerkannt. Das Subsidiaritätsprinzip wird auf kommunale und regionale Gebietskörperschaften ausgedehnt. Die vermehrte Einbindung, Konsultation und Absicherung der Kommunen durch das Protokoll zur Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit garantiert. Eine verbesserte Konsultation der Kommunen mit der europäischen Ebene mittels ihrer repräsentativen Verbände ermöglicht. Eine erweiterte Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitskontrolle ist explizit unter Einschluss der Kommunen, Länder und nationalen Parlamente vorgesehen. Zusätzlich räumt das Protokoll 26 über die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (Daseinsvorsorge) den kommunalen Behörden bei der Erbringung dieser Dienstleistungen einen weiten Ermessensspielraum ein. Forderungen
- konsequente Anwendung der genannten kommunalen Errungenschaften des Vertrags d.h. den kommunalen Bedürfnissen ist bei der Erarbeitung von Gesetzgebungsvorschlägen Rechnung zu tragen,
- wirksame Gesetzesfolgenabschätzung, in wirtschaftlicher, finanzieller, sozialer und politischer Hinsicht sowie im Hinblick auf die tatsächliche Leistbarkeit bei der Umsetzung in den Kommunen vor Ort.
Die Energieversorgung der Endverbraucher findet heute im Wettbewerb statt. Die sichere Versorgung mit preisgünstiger Energie ist für die Kommunen und ihre Bürger von existenzieller Bedeutung. Wir appellieren an die Europäische Union, die kommunale Verantwortung zu sichern und zu stärken und die Kommunen in den europäischen Entscheidungsfindungsprozess einzubinden. Wien/ Brüssel im Oktober 2009