Städtebund-Geschäftsleitung: Bund muss Verantwortung für Städte übernehmen

Städtebund-Geschäftsleitung: Bund muss Verantwortung für Städte übernehmen

Investitionen in Öffis, Klimaschutz und Personal über FAG absichern

 

Am heutigen Mittwoch, 12. April 2023 hat eine Sitzung der Geschäftsleitung des Österreichischen Städtebundes stattgefunden. Im Vordergrund standen dabei die laufenden Verhandlungen zum neuen Finanzausgleich ab 2024, aber auch Themen wie der Ausbau und Umbau des öffentlichen Verkehrs auf saubere Energie und fehlendes Personal – auch in den Städten und Gemeinden. Wichtig war der Geschäftsleitung des Österreichischen Städtebundes und Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger zu betonen, dass die laufenden Verhandlungen über einen neuen Finanzausgleich ab 2024 „endlich in die Gänge kommen müssen“.

Dazu Weninger: „Es ist essentiell die öffentlichen Leistungen der Städte abzusichern. Die Städte haben derzeit aufgrund der hohen Inflation, des Fachkräftemangels und des Klimawandels viele Herausforderungen auf einmal zu stemmen und brauchen daher zusätzliche Mittel, um langfristig planen und Projekte nachhaltig umsetzen zu können. Diese Investitionen müssen im Rahmen der aktuell laufenden Verhandlungen zum FAG ab dem Jahr 2024 abgesichert werden. Es muss von Seiten des Bundes ein Bekenntnis für die Leistungen der Daseinsvorsorge über mehrere Jahre geben“. Der Städtebund fordert seit Langem eine neue vertikale Verteilung der Mittel – zugunsten der Städte und Gemeinden“.

Städtebund-Generalsekretär Thoms Weninger betont auch, dass die Städte und Gemeinden den akuten Fachkräftemangel zu spüren bekommen, vor allem in den Bereichen Elementarpädagogik und Pflegedienstleistungen. WKÖ-Präsident Harald Mahrer bezifferte den Personalmangel kürzlich mit 569.000 offenen Stellen im Jahr 2040. Weninger sagt: „Oberstes Ziel des Österreichischen Städtebundes und seiner Mitgliedstädte und -gemeinden ist es, die kommunalen Leistungen in bewährter Form aufrecht zu erhalten und bedarfsgerecht auszubauen. Die Menschen verlassen sich auf das Angebot der Städte, wie den öffentlichen Bus, die Müllabfuhr, den Kindergarten sowie Pflege- und Freizeiteinrichtungen – und das zu Recht“.

Städtebund-Ludwig zu Klimawandel: „Städte sind Vorreiter im Klimaschutz““

Erst kürzlich hat der Weltklimarat in Bezug auf den Klimawandel einen besorgniserregenden Bericht veröffentlicht. Demnach sei das 1,5 Grad Ziel nicht mehr zu erreichen und in 80 Jahren könnte es um 5 Grad wärmer sein. Die Vorboten sind bereits in Form von Starkregen, Murenabgängen und starken Hitzewellen sowie Trockenheit zu sehen.

Dazu Städtebund-Präsident Michael Ludwig: „All das zeigt, dass wir jetzt handeln müssen. Die Städte haben bereits Vieles getan, sie sind Vorreiter im Klimaschutz. Um den öffentlichen Verkehr in den Städten und Gemeinden auszubauen, braucht es unter anderem einen Investitionsschub im Sinne einer neuen vertikalen Verteilung der Mittel im Zuge der laufenden FAG-Verhandlungen. Außerdem sind diverse rechtliche Rahmenbedingungen anzupassen, sodass Städte und Gemeinden die Herausforderungen im Bereich Klimawandelanpassungen und im Verkehrsbereich meistern können. Was es jetzt vor allem braucht, sind Investitionen, auch um künftige Strafzahlungen zu vermeiden“.

Konkret fordert der Österreichische Städtebund einen Klimaschutzfonds, damit die Städte Klimaschutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Klimawandelanpassung setzen können. Eine wesentliche Klimaschutzmaßnahme auf Bundesebene wäre laut Städtebund die Schaffung einer tragbaren Finanzierungsgrundlage für den Öffentlichen Verkehr. Hier warten die Städte schon seit Jahrzehnten auf eine Reform des ÖPRNV-Gesetzes und nehmen die FAG-Verhandlungen zum Anlass, konkrete Vorschläge vorzulegen. So fordert der Österreichische Städtebund eine Umgestaltung der Finanzierungsquellen für den öffentlichen Verkehr - weg von einer unzureichenden, vergangenheitsbezogenen Ausgestaltung hin zu einer gesicherten, valorisierten Finanzierungsgrundlage, die auch Angebotsausweitungen ermöglicht und (Erst-)Investitionen, die für die Dekarbonisierung und den Angebotsausbau benötigt werden, verlässlich, planbar und ausreichend zur Verfügung stellt.

 

Die Forderungen des Österreichischen Städtebundes im Zuge der FAG-Verhandlungen im Detail

  • Keine Änderung der sogenannten vertikalen Verteilung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben zu Gunsten der Gemeinden (und Länder). Die kürzlich präsentierte Langfristprognose des WIFO im Auftrag des BMF zeigt deutlich, dass insbesondere die von Ländern und Gemeinden zu tragenden Bereiche wie Pflege, Gesundheit und Bildung in den kommenden Jahren und Jahrzehnten weit überdurchschnittlich steigen werden.
  • Klimaschutz und Klimawandelanpassung generell– ausreichende Fördermittel etwa in Form eines Klimaschutzfonds (vgl.: gemeinschaftliche Finanzierung der Siedlungswasserwirtschaft) – rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen schaffen und Kompetenzen entflechten
  • Verbesserung der Rahmenbedingungen beim Klimaschutz im Verkehr:
    Der Sektor Verkehr ist für ein Drittel aller Treibhausgas-Emissionen in Österreich verantwortlich und der am stärksten steigende Sektor (+58 Prozent Personenverkehr 1990-2021). Gemäß des „Mobilitätsmasterplan des Bundes“ müssen die Verkehrsleistungen im ÖPNV bis 2030 verdoppelt werden. Damit könnten mehr als 50 Prozent des Minderungsziels im Verkehr erreicht werden. Im Falle der Verfehlung der Klimaziele schätzte der Rechnungshof mit Kosten für den Ankauf von Emissionszertifikaten von 9,214 Mrd. Euro. Dieses Geld sollte nach Ansicht der Städte heute schon vorausschauend in Österreich investiert werden, um es gar nicht so weit kommen zu lassen, dass die Klimaziele verfehlt werden:
    • Allein in den großen Landeshauptstädten[1] werden nach Erhebungen des Städtebundes bis 2025 Investitionsbedarfe für Flottenerneuerung, Angebotsausweitungen und Kapazitätsausweitungen in Höhe von ca. 1,9 Mrd. Euro ausgemacht. Nach ersten Schätzungen ist mit Investitionsbedarfen von ca. 3,84 Mrd. Euro für den Zeitraum 2026-2030 zu rechnen. Bei diesen Zahlen sind jedoch Kostenrisiken, wie der nötige Neubau von Betriebshöfen für die Umstellung der Busflotten auf elektrische Antriebe sowie überproportionale Kostensteigerungen aufgrund der Inflation noch nicht hinterlegt.

Die Städte brauchen heute dringend Planungssicherheit und ausreichend finanzielle Mittel, um die Angebote des öffentlichen Verkehrs in Hinblick auf die Mobilitätswende ertüchtigen zu können.

  1. In einem ersten Schritt fordern die Städte eine Verdopplung der Bundes-Mittel für den ÖV (§ 23 FAG 2017) und eine Neuverteilung der Mittel anhand von Struktur- (Einwohner*innen, Fläche) und Erfolgsparametern. 
  2. Langfristig benötigen die Städte Planungssicherheit (auch bei Angebotsausweitungen) und eine verlässliche Höhe für ÖV-Finanzierungen. Diese muss zwingend rechtlich in einem eigenen Gesetz zur ÖPNV-Finanzierung abgebildet werden, da ansonsten die Städte nicht in der Lage sind, heute anstehende Entscheidungen in Angriff zu nehmen.Dabei sollen objektive Maßstäbe für die Höhe der Zuweisungen an Städte (und Länder) sowie klare Adressaten und Ansprüche genannt und Kriterien für die Förderung von Investitionen festgelegt werden. Das Gesetz soll zwei Säulen umfassen und Betriebskosten sowie Investitionen (in Form eines Fonds für große Infrastrukturvorhaben in Anlehnung an den Agglomerationsfonds in der Schweiz) adressieren.
  • Um die Klimaziele im Radverkehr (13 Prozent im Jahr 2030) zu erreichen, werden jährlich ca. 800 Mio. Euro benötigt. Das Förderprogramm des Bundes wurde zuletzt zwar massiv erhöht, beläuft sich derzeit aber auch lediglich auf 60 Mio. Euro/Jahr.
  • Um Rad- und Fußverkehr im Ortsgebiet attraktiver und sicherer machen zu können, fordern die Städte mehr rechtliche Handhabe bei der Verhängung von Tempolimits, Geschwindigkeitskontrollen sowie automatisierten Ein- und Durchfahrtskontrollen.
  • Reform der Grundsteuer: Derzeit herrscht eine unterdurchschnittliche Aufkommensentwicklung; zudem ist die Grundsteuer derzeit nicht verfassungskonform und die Schere zwischen Wertentwicklung sowie der Höhe der Abgabe wird von Jahr zu Jahr größer. Die künftige Grundsteuer soll daher möglichst unbürokratisch sein.

Über den Österreichischen Städtebund

Der Österreichische Städtebund ist die in der Verfassung verankerte Interessenvertretung und eine starke Stimme für Städte und größere Gemeinden in Österreich. Aktuell sind es 258 Mitgliedsgemeinden. 5,5 Millionen Menschen leben in Österreich in Städten. Auch 71 Prozent der Arbeitsplätze befinden sich in Städten.

Die Geschäftsleitung ist das leitende Organ des Österreichischen Städtebundes und wird für die Dauer von zwei Jahren vom Österreichischen Städtetag gewählt. Derzeit gehören der Geschäftsleitung 22 stimmberechtigte Personen an. Mit ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen haben die vier größten im Nationalrat vertretenen Parteien auch in der Geschäftsleitung des Österreichischen Städtebundes Sitz und Stimme. Aktueller Präsident des Österreichischen Städtebundes ist der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig, als Generalsekretär fungiert Thomas Weninger.  

Save the date: 72. Städtetag in Bad Ischl von 31. Mai bis 2. Juni; www.staedtetag.at #staedtetag2023 (Schluss, 12.04.2023)


[1] Wien, Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck, Klagenfurt

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