Getränkesteuer - Abgabenverfahren zur Prüfung der Steuerüberwälzung
Dr. Peter Mühlberger (Finanzrechts- und Steueramt der Landeshauptstadt Linz)
Im Zusammenhang mit der Frage der Rückzahlung von Getränkesteuer für alkoholische Getränke ist eine wesentliche Entscheidung zugunsten der Städte und Gemeinden dahingehend gefallen, dass der Verfassungsgerichtshof eine Novelle zur Wiener Landesabgabenordnung über das im Zusammenhang mit der Rückzahlung von rechtswidrigen Abgaben und Steuern aufgenommene so genannte Bereicherungsverbot als verfassungskonform erkannt hatte; dieser Entscheidung wird Rechtsgültigkeit auch für analoge Bestimmungen in den Landesabgabenordnungen der übrigen Bundesländer zukommen. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der Thematik der Steuerüberwälzung anhand von Rechtsprechung, Rechtslehre und Erfahrungen der Wirtschaftsforschung und versucht, den Abgabenbehörden Vorschläge für die Administration bei der Prüfung der Steuerüberwälzung zu vermitteln.
1. Rückzahlungsverpflichtung – Bereicherungsverbot
1.1 Landesgesetzliche Regelung
Grundsätzlich muss festgehalten werden, dass nunmehr inzwischen sämtliche Landesgesetzgeber in allen Bundesländern ein so genanntes Bereicherungsverbot hinsichtlich gemeinschaftsrechtwidriger oder innerstaatlich rechtswidriger Abgaben in ihren Landesabgabenordnungen aufgenommen haben. So wurde auch beispielsweise in der O.ö. Landesabgabenordnung im Rahmen der O.ö. Landesabgabenordnungs-Novelle 2000, LGBl. Nr. 19/2000, i.d.F. LGBl.Nr. 59/2000, eine Bereicherungsregelung dahingehend vorgesehen, dass im Falle gemeinschaftsrechtswidriger oder innerstaatlich rechtswidriger Vorschriften die Verpflichtung besteht, eine durch Selbstberechnung festgesetzte Abgabe mit Bescheid neu festzusetzen oder einen Abgabenbescheid bescheidmäßig aufzuheben oder abzuändern, die Abgabenbehörde gleichzeitig damit auszusprechen hat, in welchem Umfang diese Abgabe nicht gutzuschreiben oder nicht zurückzuzahlen ist, weil „die Abgabe insoweit wirtschaftlich von einem anderen als dem Abgabepflichtigen getragen worden ist“.
1.2 EuGH-Rechtssprechung
Die grundsätzliche Rechtsfrage, inwieweit in einem solchen Fall der Erhebung einer gemeinschaftsrechtswidrigen oder innerstaatlich rechtswidrigen Abgabe die Rückzahlung dieser Abgabe an den Abgabenschuldner heransteht, hat den Europäischen Gerichtshof schon lange Zeit in einer Reihe von Entscheidungen beschäftigt.
1.2.1
So hat der EuGH in seiner Entscheidung vom 9.11.1983, Rs 199/82, erkannt, dass in einer auf die Freiheit des Wettbewerbs gründenden Marktwirtschaft die Beantwortung der Frage, ob und in welchem Umfang eine einem Importeur auferlegte Abgabenlast tatsächlich auf die weiteren Wirtschaftsstufen abgewälzt werden konnte, eine Ungewissheit bleibt, die allerdings nicht systematisch zulasten desjenigen gehen darf, der zur Zahlung der gemeinschaftsrechtswidrigen Abgabe herangezogen wurde – es kann demnach nicht automatisch angenommen werden, dass grundsätzlich von einer Steuerüberwälzung ausgegangen werden könnte. Anlass für diese Entscheidung war eine Verordnungsregelung über Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben, wonach kein Anspruch auf Erstattung der gezahlten Beträge bestünde und die Abwälzung der Belastung grundsätzlich vermutet wurde. Gleichzeitig hat jedoch der Gerichtshof klargestellt, dass es den nationalen Gerichten (Behörden) freisteht, gemäß ihrem nationalen Recht den Umstand zu berücksichtigen, dass ohne rechtlichen Grund erhobene Abgaben in die Preise einfließen und auf die Abnehmer überwälzt werden konnten.
Der Urteilstenor ist darin zu sehen, dass die Erstattung von gemeinschaftsrechtswidrig erhobenen Abgaben nicht von dem Nachweis des Abgabenschuldners bzw. Antragstellers abhängig zu machen ist, dass diese Abgaben nicht auf andere Personen überwälzt worden waren, und damit für die Erstattung Beweisregeln gelten, die die Ausübung dieses Rechts praktisch unmöglich machen.
1.2.2
In einem weiteren Erkenntnis vom 25.2.1988, Rs 331/85, setzte sich der EuGH neuerlich mit der Frage der Steuerüberwälzung und den dazu zu berücksichtigenden Beweisregeln auseinander. Er räumte ein, dass zwar indirekte Abgaben grundsätzlich nach nationalem Recht dazu bestimmt sind, auf den Endverbraucher abgewälzt zu werden und im Handel gewöhnlich auch ganz oder zum Teil abgewälzt werden, jedoch nicht generell davon ausgegangen werden kann, dass die Abgabe tatsächlich in jedem Fall abgewälzt wird. Je nach Marktstruktur ist es mehr oder weniger wahrscheinlich, dass eine Abwälzung vorgenommen wird, jedoch ändern sich die zahlreichen Faktoren, die die kaufmännische Strategie bestimmen, von Fall zu Fall, sodass es praktisch unmöglich ist, ihren jeweiligen tatsächlichen Einfluss auf die Abwälzung zu bestimmen.
Somit ist die Frage der Abwälzung oder Nichtabwälzung einer indirekten Abgabe in jedem Einzelfall eine Tatbestandsfrage, die in Zuständigkeit des nationalen Gerichts (Behörde) fällt, das jedoch in der Beweiswürdigung völlig frei ist – allerdings kann nicht angenommen werden, dass im Falle indirekter Abgaben eine generelle Vermutung der Abwälzung besteht und es dem Abgabepflichtigen obliegt, im Wege eines negativen Beweises das Gegenteil nachzuweisen. Außerdem stellte er in diesem Gerichtshoferkenntnis fest, dass nach der Urteilsverkündung die Abgabenbehörden wissen mussten, dass die strittige Abgabenschuldigkeit nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar war und sich niemand auf die Bestimmungen des Vertrages über Abgaben zollgleicher Wirkung berufen kann, um die vor der Urteilsverkündung strittigen Abgaben zurückzufordern, es sei denn, er hätte vor diesem Zeitpunkt Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt.
1.2.3
In einer weiteren EuGH-Entscheidung vom 14.1.1997, Rs C 192/95, standen ebenfalls die Rechtsfragen des so genannten Bereicherungsverbotes und die Beweislast der Steuerüberwälzung im Vordergrund. Danach ist ein Mitgliedstaat grundsätzlich verpflichtet, die unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen Abgaben zu erstatten, doch verlangt der Schutz der in diesem Bereich durch die Gemeinschaftsrechtsordnung garantierten Rechte die Erstattung von unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen Steuern, Gebühren und Abgaben dann nicht, wenn die zur Zahlung dieser Abgaben Herangezogenen (Steuerschuldnern) sie nachweislich tatsächlich auf Andere (Dritte, Konsumenten) abgewälzt haben. Unter solchen Umständen hat nämlich nicht der Abgabepflichtige (Abgabenschuldner) die Last der ohne Rechtsgrund erhobenen Abgaben getragen, sondern der Abnehmer (Konsument), auf den die Last abgewälzt worden ist – würde man daher dem Abgabepflichtigen den Abgabenbetrag rückerstatten, den er bereits beim Abnehmer (Konsumenten) erhoben hat, käme dies einer Doppelzahlung an ihn gleich, die als ungerechtfertigte Bereicherung beurteilt werden könnte, ohne dass damit die Folgen der Rechtswidrigkeit der Abgabe für den Konsumenten beseitigt wären. Im Zusammenhang mit der der Vorabentscheidung zugrunde liegenden Rechtscausa, der Auferlegung von Einfuhrzöllen, hatte jedoch der Gerichtshof warnend hingewiesen, dass mit derartigen Einfuhrzöllen der Preis von Erzeugnissen aus anderen Staaten der Gemeinschaft beträchtlich höher sein kann als jener der einheimischen Erzeugnisse, die von diesen Einfuhrzöllen ausgenommen sind, sodass die Importeure einen Nachteil erleiden. Die durch die EuGH-Entscheidung anlässlich der Erhebung von Einfuhrzöllen angesprochene Abweichung von den Grundprinzipien der Steuerüberwälzung ist rein fallspezifisch, schadensorientiert und ausschließlich im Konflikt zwischen Inland- und Auslandpreisen zu sehen und es kann ihr vor dem Hintergrund der vor allem inlandbezogenen Getränkeveräußerung, die zur EuGH-Vorabentscheidung vom 9.3.2000 und der daraus resultierenden, notwendigen Klärung der Steuerüberwälzung führte, keine Relevanz zukommen.
Zur Beweiswürdigung stellte der Gerichtshof fest, dass es Sache der nationalen Gerichte ist, im Lichte der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen, ob somit der Abgabepflichtige die Abgabelast ganz oder teilweise auf Andere abgewälzt hat und ob die Erstattung an den Abgabepflichtigen gegebenenfalls eine ungerechtfertigte Bereicherung darstellen würde.
1.2.4
Eine analoge Rechtsmeinung wird in der Vorabentscheidung des EuGH vom 9.2.1999, Rs C-343/96 vertreten, wonach es das Gemeinschaftsrecht nicht verbietet, dass ein nationales Rechtssystem die Erstattung von zu Unrecht erhobenen, gemeinschaftsrechtswidrigen oder innerstaatlich rechtswidrigen Abgaben ablehnt, wenn sie zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Anspruchsberechtigten führen würde – nichts schließt also aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts aus, dass die Gerichte gemäß ihrem nationalen Recht der Tatsache Rechnung tragen, dass zu Unrecht erhobene Abgaben „möglicherweise in den Warenpreis einbezogen und so auf die Abnehmer überwälzt worden sind“.
Nationale Rechtsvorschriften, die die Erstattung von unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen Steuern, Gebühren oder sonstigen Abgaben ausschließen, wenn nachgewiesen wird, dass der zur Zahlung dieser Abgaben Herangezogene sie tatsächlich auf andere Personen abgewälzt hat, sind daher grundsätzlich nicht als gemeinschaftswidrig anzusehen. Dagegen sind solche Beweisvorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar, die dazu führen, dass eine Erstattung der unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen Abgabe praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert wird. Dies gilt insbesondere für Vermutungen oder Beweisregeln, die dem Abgabepflichtigen die Beweislast auflegen, dass die zu Unrecht bezahlten Abgaben nicht auf andere Personen abgewälzt worden sind, oder für besondere Beschränkungen hinsichtlich der Form der zu erbringenden Beweise, wie es beim Ausschluss aller Beweismittel, außer dem Urkundenbeweis, etwa der Fall ist.
1.2.5
Der Europäische Gerichtshof anerkennt nationale Regelungen, wonach rechtswidrig erhobene Steuern und Abgaben in der Regel nicht zurückzuzahlen sind, wenn die Abgabenbehörde im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung nachweist, dass die Abgabenschuldner die Steuer (Abgabe) auf die Letztverbraucher – etwa durch Einbeziehung in den Warenverkaufspreis – überwälzt und damit (nach den Textierungen der einzelnen Landesabgabenordnungen) wirtschaftlich nicht getragen haben.
1.3 Österr. Rechtslehre und Rechtssprechung, wirtschaftliche Kriterien
Zur grundsätzlichen Frage der Steuerüberwälzung hat sich
- die herrschende Rechtslehre,
- die herrschende Rechtsprechung,
- die Wirtschaftsforschung,
in ausreichendem Umfang auseinander gesetzt.
1.3.1 Rechtslehre
Die Finanzwissenschaft machte bereits immer die Unterscheidung von direkten und indirekten Steuern von der Frage der Steuerüberwälzung abhängig. Danach wird bei indirekten Steuern, wie etwa Getränkesteuer, davon ausgegangen, dass der Steuerzahler die Steuerbelastung weiterwälzen kann und daher Steuerzahler (Abgabenschuldner) und Steuerträger (Konsument) in der Regel nicht ident sind (Doralt/Ruppe „Grundriss der österreichischen Steuerrechts“, Band I, 6. Auflage, Manz-Verlag Wien). Eine Steuer auf die entgeltliche Abgabe von Getränken an Letztverbraucher ist von der Belastungskonzeption her eine Verbrauchsteuer, weil offensichtlich durch Überwälzung der Getränkesteuer auf die Konsumenten die Letztverbraucher im Rahmen der Warenverkaufspreise auch diese steuerliche Belastung zu tragen haben („Verfassungsrechtliche Überlegungen“ zur Reform der Getränkesteuer von Univ.Prof.Dr. Ruppe, ÖStZ 1991).
Die Erforschung der Steuerwirkung führt bei den meisten Steuern, insbesondere den so genannten Marktsteuern und dazu zählt auch die Getränkesteuer, in einem marktwirtschaftlichen System zur Feststellung, dass derartige Steuern grundsätzlich in die unternehmerische Kalkulation eingehen – diese Steuern sind immer ein Kostenbestandteil, der am Markt von den Konsumenten wieder hereingebracht werden muss und auch wird. Für diese These spricht auch ein veröffentlichtes Merkblatt der Wirtschaftskammer zur Einführung der Mehrwertsteuer, wonach im Rahmen einer Kalkulation auch die Getränkesteuer als Kostenkalkulationsfaktor mit zu berücksichtigen ist; daraus ist schon rechtlich zu folgern, dass bereits anlässlich der Einführung der Mehrwertsteuer grundsätzlich von einer Überwälzung der Mehrwertsteuer, aber auch der Getränkesteuer, als indirekte Steuern auf die Letztverbraucher (Konsumenten) ausgegangen wurde. Zuletzt wurde auch anhand einer beispielhaft dargestellten Unternehmenskalkulation der Bundeswirtschaftskammer aus dem Jahre 2000 ersichtlich, dass bei der Preisgestaltung des so genannten Sollverkaufspreises jedenfalls der Solldeckungsbeitrag (Handelsspanne), die 10%-ige Umsatzsteuer, das 10,5%-ige Bedienungsgeld und schließlich die 10%-ige Getränkesteuer einzubeziehen sind; sohin stellt sich die Getränkesteuer als ein Teil der Kalkulationsfaktoren dar, welche in den Warenverkaufspreis einzubeziehen und als ausschließliche Durchlaufposten zu betrachten sind.
Auch bei allfälligen aus den Kostenfaktoren resultierenden Verlusten ist es nach herrschender Betriebswirtschaftslehre keinesfalls zulässig, etwa aus einer Verschlechterung der Ertragssituation heraus den Schluss den ziehen, dass es gerade Steuern, wie etwa die Getränkesteuer, gewesen seien, die der Unternehmer hätte tragen müssen und hätte nicht überwälzen können („Handwörterbuch des Steuerrechts unter Einschluss von betriebswirtschaftlicher Steuerlehre, Finanzrecht und Finanzwissenschaft“ vom deutschen wissenschaftlichen Steuerinstitut der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten, Ch. Beck’sche Verlagsbuchhandlung 1981).
Schlussfolgerung: Nach den Grundprinzipien eines marktwirtschaftlichen Systems werden indirekte Steuern, wie Getränkesteuer, im Rahmen der Kostenkalkulation mitberücksichtigt und als Durchlaufposten in den Warenverkaufspreis einbezogen; die Konsumenten haben die Steuerlast zu tragen.
1.3.2 Rechtssprechung
In seiner Entscheidung vom 29.11. 2000, B 1735/00-8 hat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde gegen die Bestimmungen der Wiener Landesabgabenordnung zum Bereicherungsverbot als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass es ihm durchaus bewusst ist, dass die Frage der Steuerüberwälzung unter Umständen mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist, jedoch grundsätzlich alle Argumente rechtlicher wie tatsächlicher Art zu beachten sind, die Rückschlüsse auf Überwälzungsvorgänge zulassen; unter diesem Aspekt können unter anderem sogar betriebsbezogene Kalkulationsunterlagen und objektiv nachvollziehbare, makroökonomische Analysen der Preisbildung im Bereich der Gastronomie und des Getränkehandels in Betracht kommen.
Das Höchstgericht unterscheidet im Zusammenhang mit der Frage der Steuerüberwälzung zwischen den direkten und indirekten Steuern, weil gerade diese rechtstheoretische Unterscheidung ein wesentliches Kriterium der Steuerüberwälzung auf die Konsumenten darstellt. Wenn Artikel 93 EGV eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuer, Verbrauchsabgaben und sonstigen indirekten Steuern fordert, soweit diese Harmonisierung für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes notwendig ist, unterliegt diese Beschränkung des Harmonisierungsauftrages bezüglich der indirekten Steuern offenbar der Vorstellung, dass gerade diese indirekten Steuern im besonderen Ausmaß zu steuerlichen Wettbewerbsverzerrungen führen können; dementsprechend beruhen die auf diesen Artikel aufbauenden sekundärrechtlichen Rechtsakte der Gemeinschaft, wie etwa die Mehrwertsteuerrichtlinie oder Verbrauchsteuerrichtlinie, auf der Vorstellung, dass bei den damit geregelten indirekten Steuern die Steuerbelastung im Preis auf die Verbraucher überwälzt wird. Der Verfassungsgerichtshof verweist dabei auf eine Entscheidung des EuGH zu Artikel 93 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie vom 8.6.1999, Rs C-338/97, wonach gerade bei indirekten Steuern die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen wird. Die Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Abgabe ist grundsätzlich von Kriterien abhängig zu machen, aus denen auf den beabsichtigten Steuerträger (Konsumenten) und damit auf typische Überwälzungsvorgänge geschlossen wird. In diesem Sinne wurde auch Artikel 3 Abs. 2 der Verbrauchersteuerrichtlinie erlassen, unter welchen Voraussetzungen die Mitgliedstaaten auf die verbrauchsteuerpflichtigen Waren andere indirekte Steuern erheben dürfen. Damit können Artikel 3 Abs. 2 der Verbrauchersteuerrichtlinie von vornherein nur Steuern unterliegen, die nach ihrer Ausgestaltung darauf angelegt sind, in den Preis von Waren einzugehen – ansonsten wäre auch der Vorlageantrag des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.12.1997, Zl. 97/16/ 0221 unverständlich gewesen.
Interessant ist im Zusammenhang mit der Frage der Steuerüberwälzung auch die dabei getroffene Aussage des Verfassungsgerichtshofes, dass im Falle einer Steuerüberwälzung und der dadurch erforderlichen Preiserhöhung dies möglicherweise zu einem Nachfragerückgang und damit zu einer Gewinneinbuße des Abgabepflichtigen führen könnte – selbst in diesem Fall ist deshalb ein Bereicherungsverbot sachlich gerechtfertigt, weil bei indirekten Steuern derartige Effekte mit der Technik der Steuererhebung untrennbar verbunden sind ; das Bereicherungsverbot ist daher auch unter diesem Gesichtspunkt zulässig.
Zur Frage der Beweisführung verweist das Höchstgericht darauf, dass das generell anwendbare Abgabenverfahrensrecht verbunden mit
- dem Grundsatz der Amtswegigkeit,
- der Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen im Verfahren,
- der Zulässigkeit aller Beweismittel,
zur Feststellung des Sachverhaltes der Steuerüberwälzung geeignet ist. Die deshalb nach dem Abgabenverfahrensrecht der Landesabgabenordnungen anzuwendenden Rechtsnormen geben keine spezielle Aussage zur Behauptungs- oder Feststellungslast bzw. den zulässigen Beweismitteln oder der Beweiswürdigung im Zusammenhang mit dem so genannten Bereicherungsverbot – maßgebend ist somit das allgemeine Verfahrensrecht. Deshalb sind alle Argumente rechtlicher und tatsächlicher Art, die Rückschlüsse auf die Steuerüberwälzungsvorgänge zulassen, zu berücksichtigen. Das Höchstgericht räumt aber ausdrücklich ein, dass im Einzelfall „die Tatsache der vorgenommenen Steuerüberwälzung nicht einwandfrei in dem Sinne nachgewiesen werden kann, dass dem Betrachter die feste Überzeugung von einem bestimmten Geschehensablauf vermittelt wird“ – die behördliche Beweislast wird damit entschärft.
Schlussfolgerung: Der Verfassungsgerichtshof vertritt unter Hinweis auf die Bedeutung der Verbrauchsteuerrichtlinie für die indirekten Steuern die Rechtsauffassung, dass die Getränkesteuer von ihrer Belastungskonzeption her dazu bestimmt ist, im Warenpreis auf die Verbraucher überwälzt zu werden; als behördlicher Nachweis hiefür kommen alle rechtlichen und faktischen Argumente, allenfalls auch betriebswirtschaftliche und makroökonomische Überlegungen in Betracht.
1.3.3 Wirtschaftsforschung
Auch eine vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung durchgeführte umfangreiche Studie zu Fragen der Überwälzung der Getränkesteuer vom November 2000 hat sich umfassend mit diesem Thema auseinandergesetzt. Diese Studie zeigt allerdings nur allgemeine Tendenzen und vor allem für das Hotel-, Gast- und Schankgewerbe auf; für den Handel waren nur sehr grobe Aussagen möglich, weil im Hinblick auf die lange Zeit unveränderten Getränkesteuersätze auf den vor allem alkoholischen Getränken die Erfahrungen der Auswirkungen von Steuersatzänderungen auf Nachfrage und Preise der alkoholischen Getränke fehlen.
Die Studie geht allerdings davon aus, dass die Steuerüberwälzung grundsätzlich von einer Reihe allgemeiner Voraussetzungen abhängig ist, wie etwa
- Preiselastizität der einzelnen Produkte und Leistungen
- Entwicklung des Preisniveaus und der Nachfrage,
- der jeweiligen Marktform (Monopol, vollkommener Markt)
- Wettbewerbsintensität zwischen einzelnen Unternehmen.
1.3.3.1 Die Preisauswirkungen aus der Getränkebesteuerung ergeben, dass
- im Gastgewerbe bei alkoholischen Getränken sowohl in der Bier- als auch in der Weinpreisentwicklung mehrere Preiserhöhungen festgestellt wurden, wobei jedoch, mit einer Ausnahme vom Jänner 1992 (Entfall der Alkoholabgabe, Erhöhung der Biersteuer), allfällige Preiserhöhungen keinesfalls mit der Getränkebesteuerung korrespondierten,
- # im Gastgewerbe bei nicht alkoholischen Getränken allfällige Preiserhöhungen in den Jahren 1993 und 1996 nicht von einer Änderung der Getränkebesteuerungsrechtslage abhängig waren und überdies die Senkung der Kaffeepreise 1988 oder die Senkung der Getränkesteuer im Jänner 1992 auf nicht alkoholische Getränke keinen Niederschlag im Preisverhalten des Gastgewerbes gefunden hatte,
- im Einzelhandel bei alkoholischen Getränken außerordentliche Preisbewegungen ebenfalls nicht mit Änderungen der Getränkesteuerrechtslage zusammenhängen, ausgenommen Einzelfälle (Supermärkte) anlässlich des Entfalls der alkoholischen Getränke im März 2000,
- im Einzelhandel bei nicht alkoholischen Getränken ebenfalls die Steuersenkung im Jänner 1992 (alkoholfreie Getränke von 10% auf 5%) keine Preissenkungen mit sich brachte.
Anmerkung: ORF-Aussendungen vom Jänner 2001 zeigen, dass die Konsumentenschützer zwar eine Preisreduktion bei alkoholischen Getränken entsprechend dem Preisgesetz fordern (im Preisgesetz ist die Verpflichtung zur Weitergabe von Steuersenkungen vorgesehen), jedoch andererseits sich die Gastronomie die Preise nicht definitiv vorschreiben lassen will (Registrierkassen müssten umprogrammiert, Getränkekarten neu gedruckt werden).
Zusammenfassend wurde in der Studie festgehalten, dass Änderungen der Getränkebesteuerungsrechtslage sich kaum mit der Preisentwicklung identifizieren lassen, während andere Faktoren, wie etwa Kostenentwicklungen oder Konkurrenzüberlegungen in der Preiskalkulation eine wichtige Rolle spielen. Die vereinzelt, vor allem im Großhandel vorgenommene Preissenkung bei den alkoholischen Getränken infolge der EuGH-Entscheidung vom 9.3.2000 kann jedoch als Indiz gewertet werden, dass
- die Getränkesteueraufhebung im Getränkepreis berücksichtigt wurde,
- Kostenfaktoren, wie Getränkesteuer, im hohen Ausmaß überwälzt wurden.
1.3.3.2
Zur Überwälzungswahrscheinlichkeit hat die Studie festgestellt, dass die Frage der Überwälzung von der Marktform (Monopol, Oligopol, vollkommender Markt) und der Elastizität (elastisch, unelastisch) abhängig ist. Zur Überwälzungswahrscheinlichkeit kann man daher davon ausgehen, dass
- bei preiselastischer Nachfrage die Überwälzung von Verbrauchsteuern durch Preiserhöhung nicht gelingt und damit mit Umsatzrückgängen zu rechnen ist, wogegen
- bei preisunelastischer Nachfrage, wie etwa bei den Getränken, Preissteigerungen aufgrund von Kostensteigerungen Umsatzanhebungen erlauben und damit die Überwälzung von solchen Steuern wahrscheinlich ist.
- Die Preiselastizität selbst ist abhängig vom
- einzelnen Getränkeprodukt,
- Gewerbetyp (Gastgewerbe, Einzelhandel),
- Besteuerungszeitpunkt (Haupt- oder Nebensaison),
- einzelbetrieblichen Aspekten (Wettbewerb).
- Das Preissetzungsverhalten ist bestimmt von
- Preiselastizität,
- Getränkeprodukten,
- regionalen Gesichtspunkten,
- Getränkequalität.
Der Getränkepreis ist im Gegensatz zum Nächtigungspreis unelastisch, sodass beim Getränkepreis eine hohe Überwälzungswahrscheinlichkeit angenommen werden kann. Die Überwälzungswahrscheinlichkeit ist vor allem besonders intensiv gegeben
- im Städte- und Wintertourismus,
- in Qualitätsbetrieben,
- in Regionen mit hoher Tourismusintensität,
- bei bestimmten Konsumenten (ausländische bzw. nicht heimische Touristen),
- bei hohen Rohaufschlägen (etwa über dem Ortsdurchschnitt),
- bei langfristig stabilen Steuersätzen (z.B. Getränkesteuer),
- bei hohen Getränkepreisen.
1.3.3.3
Zur Preiskalkulation wird bemerkt, dass die Bemessungsgrundlage der Getränkesteuer sich zusammensetzt aus
- Einstandspreis für das Getränk (Getränkeeinkaufspreis zuzüglich Beschaffungskosten [z.B. Fracht] abzüglich Begünstigungen [z.B. Rabatte]),
- dem Rohaufschlag als Prozentsatz des Einstandspreises.
Es ergibt sich im Zusammenhang mit der Getränkesteuer somit folgendes Kalkulationsschema
- Einstandspreis,
- Rohaufschlag,
- Getränkesteuerbasis
+ 10% Getränkesteuer
+ 10,5% Bedienungsgeld - Nettopreis
+ Umsatzsteuer - Verkaufspreis.
- Getränkesteuerbasis
Die rein subjektiv orientierte Preisgestaltung ist unter anderem auch von diversen produkt- und konkurrenzorientierten Kriterien abhängig, wie etwa
- der grundsätzlichen Marktsituation,
- der Preisgestaltung von Konkurrenzunternehmen,
- der eigenen Preisgestaltung zwecks Unterbietung von Konkurrenzunternehmen,
- den Sonderaktionen zur allgemeinen Kundenwerbung,
- den Sonderaktionen zur Absatzsteigerung bestimmter Produkte gewisser Lieferfirmen,
- den Sonderaktionen zum Absatz bisher schwer verkaufbarer Getränkeprodukte.
1.3.3.4 Schlussfolgerung
Die vorliegende WIFO-Studie gelangte zum Ergebnis, dass
- die Getränkebesteuerung und die Preisgestaltung nicht kongruent sind, d.h., dass Preiserhöhungen in der Regel nicht durch allfällige Steuererhöhungen bedingt sind,
- die Überwälzungswahrscheinlichkeit zwar geringfügig von betriebswirtschaftlichen (Rohaufschlägen) und makroökonomischen (Tourismusbereich) Faktoren abhängig, jedoch hinsichtlich der preisunelastischen Getränke in der Regel anzunehmen ist,
- bei der Preisgestaltung bei den Getränken im Rahmen der jeweiligen Produktkalkulation den Erfahrungswerten nach die Getränkesteuer als Kostenfaktor mitberücksichtigt wird,
- jedenfalls im Bereich des Hotel-, Gast- und Schankgewerbes von einer Überwälzung der Getränkesteuer in den Warenverkaufspreis ausgegangen werden kann.
2. Abgabenverfahren – Beweislast
2.1 Beweisführung
Zur behördlichen Beweislast hinsichtlich der Steuerüberwälzung ist von der landesgesetzlichen Regelung über das Bereicherungsverbot, etwa in Oberösterreich § 186a LAO, LGBl. Nr. 19/ 2000 i.d.F. Nr. 59/2000 auszugehen, wonach die Behörde auszusprechen hat, in welchem Umfang die Abgabe nicht gutzuschreiben oder nicht zurückzuzahlen ist, weil sie wirtschaftlich von einem Anderen als dem Abgabepflichtigen getragen worden ist. Die Behörde hat demnach zu beweisen, dass die Steuer vom Steuerschuldner nicht wirtschaftlich getragen, sondern auf die Steuerträger (Konsumenten) überwälzt worden war. Die nicht erfolgte Steuerüberwälzung ist daher einem wirtschaftlichen Tragen der Getränkesteuer durch den Steuerschuldner, die vorgenommene Steuerüberwälzung einem wirtschaftlichen Tragen der Getränkersteuer durch die Konsumenten gleichzusetzen.
Unter Beweis versteht man eine Tätigkeit, die dem Behördenorgan die Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit des in einem Offizialverfahren von Amts wegen festzustellenden Sachverhalts vermittelt (Stoll, „Bundesabgabenordnung – Kommentar, Orac-Verlag, Band II, Wien 1994); beweisen heißt, die Überzeugung vom Bestehen oder Nichtbestehen eines angenommenen Sachverhaltes herbeizuführen (VwGH-Erkenntnis vom 14.5.1991, Zl. 89/14/0195). Dabei stellt sich die Frage, welcher Grad der Gewissheit erreicht sein muss, um von einem Sachverhalt oder einer Tatsache überzeugt zu sein – die absolute Gewissheit kann von niemandem gefunden werden, da damit die menschliche Erkenntnisfähigkeit überfordert wäre (Stoll, „Bundesabgabenordnung – Kommentar“, Orac-Verlag, Band II, Wien 1994 sowie VfGH-Erkenntnis vom 29.11.2000, B 1735/00-8). Beim Beweis geht es also um die größtmögliche Wahrscheinlichkeit und die Überzeugung und damit das Bewirken einer subjektiven Gewissheit. Entscheidend ist, ob die objektiv erkennbaren und überprüfbaren Gegebenheiten, die im Ermittlungsverfahren festgestellt wurden, die Eigenschaften haben, dass sie beim erkennenden Organ die Überzeugung vom Zutreffen bestimmter Sachgegebenheiten herstellen können.
Während beim direkten (unmittelbaren) Beweis die fragliche Tatsache (Beweisthema) direkt, etwa anhand von Urkunden, festgestellt wird, werden beim Indizienbeweis (indirekter Beweis) Tatsachen bewiesen, die nicht Bestandteil des gesetzlichen Tatbestandes sind, aus denen aber unter Zuhilfenahme der Erfahrungswerte auf das Vorhandensein eines im gesetzlichen Tatbestand enthaltenen Tatbestandsmerkmales geschlossen werden kann. Indizienbeweis ist der indirekte Beweis eines Tatbestandsmerkmales durch den Beweis anderer tatbestandsfremder Tatsachen (Beweisanzeichen), bei deren Vorliegen auf das Vorhandensein der Tatsachen, die dem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal entsprechen, gefolgert werden kann. Schließlich hat die Abgabenbehörde gerade bei der Aufnahme von Indizienbeweisen nach den Bestimmungen der Landesabgabenordnungen (z.B. § 129 O.ö. LAO) und unter Berücksichtigung von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes, aber auch von nationalen Höchstgerichten, unter sorgfältiger Berücksichtigung des Abgabebeweisverfahrens nach freier Überzeugung (allgemeine Lebenserfahrung, logische Denkgesetze) zu beurteilen, ob eine Tatsache (z.B. Steuerüberwälzung) als erwiesen anzunehmen ist.
Im konkreten Fall bedeutet dies, dass als Rechtsvoraussetzung für die allfällige Rückzahlung oder Nichtrückzahlung gemeinschaftswidriger oder innerstaatlich rechtswidriger Abgaben das wirtschaftliche Tragen oder Nichttragen gesehen werden muss; Tatbestandsmerkmal für das behördliche Beweisverfahren ist demnach das wirtschaftliche Tragen und damit das Tatbestandsmerkmal der Steuerüberwälzung, wie sie vom Europäischen Gerichtshof in seiner ständigen Spruchpraxis und auch vom Verfassungsgerichtshof in jüngster Rechtsprechung angesprochen wird. Diese Steuerüberwälzung wird anhand diverser Beweisanzeichen erkannt, wobei nach sämtlichen Bestimmungen der Landesabgabenordnungen, wie etwa auch § 128 O.ö. LAO, als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht kommen kann, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes des wirtschaftlichen Tragens bzw. der Steuerüberwälzung geeignet und nach der Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
2.2 Indizienbeweise – Steuerüberwälzung
Der Behörde obliegt es daher, im Zusammenhang mit dem Beweisverfahren der Steuerüberwälzung eine Reihe von Ermittlungen durchzuführen, wie etwa
- Feststellung des Inhalts der Verkaufspreise (Preislisten),
- Feststellung des Inhalts der Abgabenerklärung,
- Feststellung der ortsüblichen Preise,
- Feststellung der durchschnittlichen Rohaufschläge,
- Feststellung von Produktkalkulationen,
- Feststellung makroökonomischer Verhältnisse.
2.2.1 Getränkepreise
Zu den Getränkepreisen wird bemerkt, dass der vereinbarte Getränkeverkaufspreis grundsätzlich auch Steuern, wie etwa Umsatzsteuer, aber auch Getränkesteuer enthält, wenn nichts anderes abweichendes vereinbart wurde bzw. abweichender Handelsbrauch es bestimmt (OGH vom 9.7.1992, 7 Ob 574/92) – eine abweichende Vereinbarung (Handelsbrauch) war hinsichtlich der Getränkesteuer nicht vorgelegen. Daraus ist zu schließen, dass ein vereinbarter Preis im Zweifel auch Steuern enthält (OGH vom 19.3.1975, 1 Ob 39/ 1975).
Neben diesem Grundprinzip der Bruttopreise und damit der Warenpreise inklusive Steuern (Getränkesteuer) sind auch nach § 9 Abs.1 des Preisauszeichnungsgesetzes BGBl.Nr. 146/92 i.d.F. BGBl.Nr. I, 125/98, die Preise einschließlich der Umsatzsteuer sowie aller sonstigen Abgaben und Zuschläge auszuzeichnen; bei dem nach dem Preisauszeichnungsgesetz ausgezeichneten Preisen handelt es sich daher grundsätzlich um Bruttopreise.
In diesem Zusammenhang hat auch das Höchstgericht festgestellt, dass für den Fall, dass den Konsumenten ein Preis verrechnet wird, der die Getränkesteuer enthält, die Getränkesteuer dann als Teil der Bemessungsgrundlage bei der Abgabenberechnung unberücksichtigt bleibt, wenn die Kunden bzw. Konsumenten auf die Einrechnung der Getränkesteuer in geeigneter Weise auf den Preislisten darauf aufmerksam gemacht wurden (VwGH-Erkenntnis vom 27.1.2000, Zl. 97/16/0190).
Bei diesen Preislisten (Getränkekarten, etc.) handelt es sich abgabenverfahrensrechtlich um verbindliche Aufzeichnungen im Sinne der Landesabgabenordnungen und größtenteils auch der Getränkesteuerordnungen der Städte und Gemeinden, welche eine bestimmte Zeit aufzubewahren sind; die Nichtvorlage derartiger Aufzeichnungen (Verweigerung, Nichtaufbewahrung, behaupteter Verlust) wirkt im Rahmen der freien Beweiswürdigung nachteilig für den Steuerschuldner.
Aus den Bruttopreisen in den Preislisten bzw. Getränkekarten ist daher ersichtlich, ob der Warenpreis, also der Getränkepreis, auch die Getränkesteuer mitenthält; wenn aber die Getränkesteuer im Bruttopreis und damit im Warenverkaufspreis beinhaltet ist, ist dies als Indiz zu werten, dass die Getränkesteuer auch auf den Konsumenten, der den Warenpreis und damit die Getränkesteuer entrichtet hat, überwälzt worden war.
2.2.2 Abgabenerklärung
Für die Getränkesteuerberechnung der einzelnen Warenprodukte aus dem Endabgabepreis (Brutto- oder Inklusivpreis) gelten grundsätzlich die so genannten Schlüsselzahlen.
Nach den materiellrechtlichen Getränkesteuerrechtsnormen der Städte und Gemeinden zählt die Getränkesteuer, die Umsatzsteuer sowie das Bedienungsgeld nicht zur Bemessungsgrundlage. Daher ist bei der Ermittlung der steuerrechtlichen Berechnungsgrundlage die Getränkesteuer in Abzug zu bringen.
Sinn dieser erschöpfenden Aufzählung der abziehbaren Bestandteile aus dem dem Letztverbraucher (Konsumenten) in Rechnung gestellten Warenpreis ist es, grundsätzlich solche Beträge aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden, die zwar durch den Steuerpflichtigen von den Konsumenten eingehoben wurden und die Konsumenten belasten, die jedoch in Wahrheit nicht dem Unternehmer (Steuerpflichtigen) zukommen (VwGH- Erkenntnis vom 19.2.1998, Zl. 95/16/ 0291).
In der Praxis erfolgt dieser Abzug der Getränkesteuer aus dem Warenverkaufspreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage dahingehend, dass in der Getränkesteuererklärung (Abgabenerklärung) solche Schlüsselzahlen verwendet werden, die auf eine Herausrechnung der jeweiligen Getränkesteuer, der Umsatzsteuer sowie eines eventuell geleisteten Bedienungsgeldes aus der Bemessungsgrundlage hinweisen.
Daraus ist genau nachvollziehbar, ob in einem konkreten Abgabenzeitraum Schlüsselzahlen für alkoholische Getränke inklusive Umsatzsteuer und natürlich auch inklusive Getränkesteuer zur Anwendung gekommen waren und daher die Getränkesteuer schon bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht berücksichtigt worden war.
Wenn die Getränkesteuer einerseits im Warenverkaufspreis beinhaltet ist, jedoch andererseits bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage, welcher lediglich der Einstandspreis und der Rohaufschlag zugrunde gelegt wird, nicht Berücksichtigung fand, kann man auch daraus folgern, dass die Getränkesteuer sicherlich vom Konsumenten eingehoben und daher nicht vom Steuerpflichtigen getragen worden sein konnte.
2.2.3 Preisgestaltung – Rohaufschlag
2.2.3 Preisgestaltung – Rohaufschlag Die vielfach äußerst subjektiv orientierte Preisgestaltung ist von anderen Faktoren abhängig als die Kostenkalkulationen nach objektiven Kriterien. Doch könnte die Behörde auch anhand der Preisgestaltung des jeweiligen Steuerschuldners sowie insbesondere seiner dabei zu berücksichtigenden Rohaufschläge schließen, inwieweit es sich um ortsübliche Preise bzw. vergleichbare Rohaufschläge handelt. In diesem Fall kann daher die Behörde folgern, dass hier der Steuerpflichtige Preise und damit auch Rohaufschläge berücksichtigte, die auch von anderen Unternehmen zur Anwendung kamen und man kann daher davon ausgehen, dass es sich um solche Preise und Rohaufschläge handelt, die, nach einer normalen Kalkulation geschlossen, in diesem Ausmaß vorgelegen waren, dass die Getränkesteuer sicherlich auf die Konsumenten überwälzt werden konnte.
Preise und Rohaufschläge im oder gar über den ortsüblichen Durchschnitt verstärken den Eindruck, dass hier selbst unter dem Gesichtspunkt der Preisgestaltung mit Sicherheit darauf geschlossen werden kann, dass der Steuerpflichtige die Getränkesteuer auch wirtschaftlich nicht getragen haben konnte, sondern sicher auf die Konsumenten überwälzt hatte.
2.2.4 Betriebswirtschaftliche Überlegungen
Im Rahmen der aus den Bestimmungen der sämtlichen Landesabgabenordnungen resultierenden gesetzlichen Mitwirkungspflicht der Steuerpflichtigen sind die für die Abgabenerhebung relevanten Buchunterlagen von Steuerpflichtigen vorzulegen (so etwa § 92 O.ö. LAO). Die Behörde ist grundsätzlich nicht verpflichtet, auf allgemein nicht näher konkretisierte oder belegte Behauptungen behördliche Ermittlungen zu führen (VwGH-Erkenntnis vom 25.1.1999, Zl. 93/17/0313), die Abgabenbehörde kann sich aber zur Sachaufklärung solcher Beweismittel bedienen, die sie zur Sachverhaltsermittlung notwendig, erfüllbar und zumutbar erachtet, zumal behördliche Ermittlungsarten im Kalkulationsbereich aus Gründen, die in der Sphäre des Steuerpflichtigen gelegen sind, für die Abgabenbehörde nicht möglich sind (VwGH-Erkenntnis vom 19.2.1992, Zl. 91/14/0216). Aus diesem Grund wäre es der Abgabenbehörde auch möglich, von den Steuerpflichtigen vorliegende Produktkalkulationen für sämtliche im strittigen Abgabenzeitraum angebotenen alkoholischen Getränke zu fordern; auch hier gilt analog zu den Preislisten eine Aufbewahrungspflicht.
Aus einer bereits ursprünglich vorhandenen und aufbewahrten Produktkalkulation für die einzelnen Getränkeprodukte kann jedenfalls auch nach betriebswirtschaftlichen Kriterien auf eine Steuerüberwälzung geschlossen werden; Mischkalkulationen, bei denen nicht nur alkoholische Getränke, sondern auch nichtalkoholische Getränke, Speisen und sonstige Verkaufsprodukte eines Supermarktes mitunter eingerechnet werden, lassen keinen Hinweis auf eine Selbsttragung der Getränkesteuer zu.
2.2.5 Makroökonomische Erwägungen
Schließlich werden auch die aus der obigen WIFO-Studie sich ergebenden makroökonomischen Gedanken und Schlussfolgerungen berücksichtigt werden können, wie
- Getränke sind grundsätzlich preisunelastische Produkte
- Stadt- und Saisontourismus erleichtert die Überwälzung,
- lang stabile Steuersätze sprechen für eine Steuerüberwälzung,
- im Hotel-, Gast- und Schankgewerbe ist von einer Steuerüberwälzung auszugehen.
2.2.6
Zusammenfassend ist rechtlich zu folgern, dass die Abgabenbehörde sämtliche im Abgabenverfahren aufgenommenen Indizienbeweise frei zu würdigen und schließlich ihre gewonnene Überzeugung einer Steuerüberwälzung bescheidmäßig in der abgabenbehördlichen Entscheidung über das Rückzahlungsbegehren zu dokumentieren hat.
3. Aussetzung des Abgabenverfahrens
3.1 Gesetzliche Aussetzung
Um die im Zusammenhang mit der Frage der Steuerüberwälzung zu erwartenden Massenverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu verhindern, ohne allerdings den Rechtsschutz selbst zu beeinträchtigen, wurde eine Novelle zum Verwaltungsgerichtshofgesetz vorbereitet. Grundgedanke besteht darin, dass dann, wenn vor dem Verwaltungsgerichtshof eine bestimmte Rechtsvorschrift betreffende Massenverfahren zu erwarten sind, seitens des Verwaltungsgerichtshofes dies im Bundesgesetzblatt verlautbart wird; in dieser Verlautbarung werden
- die generell anzuwendenden Rechtsvorschriften,
- die zu beurteilenden Rechtsfragen,
- die Bezeichnung der bereits anhängigen Beschwerden kundgemacht.
Dies hätte die Wirkung, dass letztinstanzliche Abgabenverwaltungsverfahren, in denen die betreffende Rechtsnorm anzuwenden ist, unterbrochen werden. Obwohl eine derartige Novelle zum Verwaltungsgerichtshofgesetz bereits Ende Dezember und in weiterer Folge Ende Jänner vorgesehen war, ist eine Beschlussfassung darüber bislang nicht zustande gekommen.
3.2 Behördliche Aussetzung
Sollte keine gesetzliche Aussetzung der Rechtsmittelverfahren erreicht werden können, bietet sich lediglich die rechtliche Möglichkeit einer behördlichen Verfahrensaussetzung vor der Abgabenbehörde an, um Massenverfahren und die aufgrund des Arbeitsaufwandes verbundene Gefahr von Devolutionsanträgen zu vermeiden.
3.2.1 Aussetzung vor Erstinstanz
Die Zulässigkeit einer diesbezüglichen Aussetzung des Abgabeverfahrens vor der Abgabebehörde erster Instanz ist grundsätzlich von den Rechtsnormen der Landesabgabenordnungen abhängig. Abgesehen davon scheint eine Entscheidung der Abgabenbehörde erster Instanz ohne Aussetzung grundsätzlich gerechtfertigt und zweckmäßig, um bislang nicht erledigte Festsetzungs- und Rückzahlungsanträge zur Vermeidung von Devolutionsanträgen behandeln zu können,
- nachträgliche Abgabenvorschreibungen, vor allem bei Nichtleistung der Getränkesteuer im Abgabenzeitraum bis 31.12.1999, vorzunehmen,
- Abgabenvorschreibungen der bis zum 9.3.2000 fälligen (entstandenen), jedoch nicht entrichteten Getränkesteuerschuldigkeiten für alkoholische Getränke zu tätigen,
- Abgabenvorschreibungen für zumeist im Abgabenzeitraum 9.3.2000 bis 31.12.2000 nicht entrichtete Getränkesteuer für nicht alkoholische Getränke erlassen zu können,
- Rückforderungsansprüche von Getränkesteuerpflichtigen, welche nach dem Einkauf versteuerten, vor allem hinsichtlich des Abgabenzeitraumes 1999 bzw. Jänner bis März 2000, abwickeln zu können.
3.2.2 Aussetzung vor Zweitinstanz
Verfahrensrechtlich bietet sich nach den Bestimmungen derLandesabgabenordnungen, z.B. § 210 O.ö.LAO die Möglichkeit an, im Wege eines behördlichen Abgabenbescheides eine Verfahrensaussetzung vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz zumindest im Abgabenrechtsmittelverfahren zu erreichen. So ist gemäß § 210 O.ö. Landesabgabenordnung vorgesehen, dass für den Fall, dass wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage eine Berufung oder sonst vor einem Gerichtshof oder einer Verwaltungsbehörde ein Verfahren, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung anhängig ist, die Entscheidung über die Berufung unter Mitteilung der dafür maßgebenden Gründe ausgesetzt wird, wenn nicht überwiegende Interessen der Partei entgegen stehen.
3.2.3 Voraussetzungen
Die Aussetzung des Berufungsverfahrens ist wohl im Ermessen der Berufungsbehörde gestellt, doch hat die Abgabenbehörde ihr Ermessen ausführlich zu begründen. Der Hinweis durch die Behörde auf ein bereits anhängiges Höchstgerichtsverfahren (Geschäftszahl ist anzugeben) einerseits und andererseits das Faktum, dass bei der Behörde eine Vielzahl von Abgabeverfahren in der selben Causa (Massenverfahren) anhängig sind, rechtfertigen jedenfalls eine derartige Verfahrensaussetzung vor der Rechtsmittelinstanz. Parteiinteressen stehen einer solchen Aussetzung des Rechtsmittelverfahrens nur dann entgegen, wenn den einzelnen Parteien ansonsten die Möglichkeit genommen würde, Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu richten und damit zum Anlassfall zu werden; ansonsten hätten es nämlich die Verwaltungsbehörden in der Hand, im Wege der Aussetzung der Rechtsmittelentscheidung die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes im Beschwerdeverfahren zu verhindern. Die Parteien haben allerdings ihrerseits ihr Interesse mit dem Hinweis auf ein mögliches Beschwerdeverfahren und auf die offensichtliche Verfassungs- oder Gesetzwidrigkeit von Rechtsnormen zu begründen; allgemeine wirtschaftliche Überlegungen oder der Hinweis auf die Vermeidung von Verfahrensverzögerungen reichen keinesfalls aus. Die Behörde ist wiederum im Rahmen ihrer Aussetzungsentscheidung verhalten, die Zweckmäßigkeitserwägungen (Vermeidung von Massenverfahren, generelle Rechtsfrage, anhängiges Beschwerdeverfahren) den Parteiinteressen gegenüber zu stellen.
3.2.4 Verfahrensfragen
Verfahrensrechtlich ist dermaßen vorzugehen, dass die Behörde den Parteien über die beabsichtigte Verfahrensaussetzung Parteiengehör zu gewähren hat. In der Folge hat die Behörde einen Aussetzungsbescheid zu erlassen und diesen entsprechend zu begründen (überwiegen der Zweckmäßigkeitsüberlegungen gegenüber den Parteiinteressen). Gleichzeitig hat die Behörde die Frist anzugeben, bis zu welchem Zeitpunkt (Entscheidung durch Höchstgericht in einer konkreten Beschwerdesache) diese Verfahrensaussetzung gelten soll. Nach Entscheidung des analogen Beschwerdeverfahrens hat die Behörde unverzüglich von Amts wegen das Rechtsmittelverfahren fortzuführen und innerhalb einer Frist von 6 Monaten zu Ende zu bringen, widrigenfalls Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden könnte.