Getränkesteuerausgleich - in vieler Hinsicht "schmerzlich"

Ein Artikel von Bertram Hüttner in der ÖGZ 5/2000

Der Ministerrat hat am 11. April 2000 eine "Punktation betreffend eine Ersatzlösung für die Getränkesteuer" zur Kenntnis genommen und sich mit dem Inhalt der geplanten Maßnahmen einverstanden erklärt. Leider entspricht diese "Punktation" durchaus nicht dem, was sich die Gemeinden erwartet hatten, und nicht einmal bei dem, womit sich der Ministerrat einverstanden erklärt hat, war bei Redaktionsschluss klar, ob es auch im Parlament die erforderliche Mehrheit finden wird. Daher der pessimistische Titel dieses Artikels.

Wie ist es zu dieser, milde formuliert, unbefriedigenden Situation gekommen?

Ungeliebte Getränkesteuer

Angefangen hat es damit, dass sich bei den Untertanen Herzog Rudolfs IV. des Stifters immer größerer Unmut ob des jährlichen Münzverrufs verbreitete, der Ausgabe neuer Münzen gegen Einlösung der alten zum Materialwert, die dem Herzog als Münzherrn beachtliche Einnahmen verschaffte. Am 30. März 1359 kam es zu einer Ersatzregelung: Der Herzog verzichtete hinfürder auf den Münzverruf und belastete dafür alle in öffentlichen Gasthäusern ausgeschenkten Getränke mit einer 10-prozentigen Abgabe, dem so genannten Ungeld.

Die Geschichte der Getränkesteuer ist so bunt wie das Leben, und allein die letzten 20 Jahre geben beredtes Zeugnis, wie heftig die Bemühungen stets waren, sich der Steuerpflicht zu entledigen. Schließlich sollte das EU-Recht den Hebel bieten, die Steuer aus den Angeln zu heben. Teilweise ist das auch gelungen, wenngleich das am 9. März 2000 ergangene Urteil des Europäischen Gerichtshofs einer Klarstellung bedarf. Ihm ist nämlich keineswegs zu entnehmen, dass die Getränkesteuer an sich dem Gemeinschaftsrecht zuwiderlaufe, denn sie ist mit keinen Formalitäten beim Grenzübergang verbunden und zählt nicht zu jenen Abgaben, die dem Funktionieren des Binnenmarktes entgegenstehen.

Der EuGH hat ausdrücklich festgestellt, dass die österreichische Steuer auf alkoholfreie Getränke und Speiseeis mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei, und das Verbot der Beibehaltung der von den alkoholischen Getränken erhobenen Getränkesteuer trägt nicht inhaltlichen, sondern nur formalen Charakter: Die zusätzliche Besteuerung alkoholischer Getränke muss entweder das für die Verbrauchsteuern oder das für die Mehrwertsteuer geltende Steuerrecht beachten, und das war bei der österreichischen Getränkesteuer nicht der Fall.

Die Konsequenzen aus dem EuGH-Urteil

Auch wenn die Bedenken nur formaler Natur waren, Tatsache ist: Die Getränkesteuer auf alkoholische Getränke darf seit dem 9. März 2000 nicht mehr erhoben werden, und da nach den Schätzungen drei Viertel des gesamten Getränkesteueraufkommens - 1998 rund 5,6 Mrd. S - auf die Besteuerung alkoholischer Getränke entfallen, entsteht den Gemeinden dadurch ein Verlust in der Größenordnung von 4,2 bis 4,5 Mrd. S jährlich. Gar nicht zu reden vom Problem der eventuellen Rückzahlung für den Zeitraum ab 1. Jänner 1995, dem ersten Tag der EU-Mitgliedschaft Österreichs.

Damit ist aber der Anwendungsfall jener Bestimmung gegeben, die über Initiative des Österreichischen Städtebundes und des Österreichischen Gemeindebundes gerade im Hinblick auf die anhängigen Verfahren in den Österreichischen Stabilitätspakt aufgenommen wurde: Dessen Art 4 Abs. 5 lit. b legt fest, dass der Bund, so sich der Ertrag einer ausschließlichen Abgabe durch ein Urteil eines Höchstgerichtes vermindert, über geeignete Vorschläge der betroffenen Gebietskörperschaften rechtliche Rahmenbedingungen für einen möglichst weit gehenden Ersatz schaffen wird.

 

Es wurde auch umgehend reagiert: Nach einem ersten "Gipfel" im Finanzministerium noch am 9. März fanden am 10. März erste Gespräche im Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes und anschließend im Finanzministerium statt, am 15. März folgte ein erster politischer Schlagabtausch beim Bundesminister für Finanzen, am 28. März ein zweiter, mit intensiven Gesprächen auf Beamtenebene zwischendurch.

An dieser Stelle verdient eines hervorgehoben zu werden: Für die Erstattung eines geeigneten Vorschlages waren die Gemeindebünde in entscheidendem Maße auf das Fachwissen und die Datensammlungen der Beamten des Finanzministeriums angewiesen, und sie haben Unterstützung in einer Intensität gefunden, die als beispielhaft bezeichnet werden muss, weil sie nicht nur im sachlichen Bereich, sondern wegen des enormen Zeitdrucks auch ohne Ansehung von Dienststunden und Wochenendruhe erfolgt ist. Der ihnen dafür in der politischen Runde ausgesprochene Dank war daher keine formale Floskel.

Das Ringen um eine Ersatzlösung

Die beiden zur Erstattung eines geeigneten Vorschlages aufgerufenen Gemeindebünde sind davon ausgegangen, dass erstens in die erforderliche Neuregelung die gesamte bisherige Getränkesteuer einfließen und sich zweitens die Neuregelung wieder auf die Besteuerung von Getränken beschränken sollte, allerdings mit einer dem Gemeinschaftsrecht entsprechenden Form der Erhebung.

Hier bot sich in erster Linie an, eine neue, vom Bund erhobene Getränkesteuer in Form einer mehrwertsteuerähnlichen, auf allen Wirtschaftsstufen erhobenen und mit dem Recht auf Vorsteuerabzug ausgestatteten Abgabe zu schaffen, mit Beibehaltung der bisherigen Steuersätze und auch der Bemessungsgrundlage.

Diese Konstruktion würde keine Verschiebung in den Preisrelationen bewirken und Aufkommensneutralität gewährleisten, die Dynamik bliebe erhalten, und sowohl für die Gemeinden als auch für die Steuerpflichtigen käme es zu einer administrativen Vereinfachung.

Am 15. März wurde dieser Vorschlag vom Minister als nicht mehrheitsfähig qualifiziert, die Gemeindebünde sollten über die Möglichkeiten einer so genannten Verbrauchsteuerlösung beraten, also über eine Anhebung von Bier-, Alkohol- und Schaumweinsteuer und die Einführung einer Weinsteuer. Was auch geschah, wobei allerdings sehr rasch und schon allein von den Volumina her die Grenzen einer solchen Lösung zu Tage traten. Die erwähnten drei Abgaben erbrachten 1999 insgesamt nur 3,5 Mrd.. S, und selbst bei einer Verdoppelung würde noch eine Lücke von 1 Mrd.. S klaffen, die mit einer Weinsteuer von 4 S je Liter geschlossen werden müsste. Abgesehen davon sind der Nachteile einer solchen Lösung viele: starke Verschiebungen in der Steuerbelastung von der Gastronomie zum Handel, geringe Dynamik des Steueraufkommens wegen der Mengenbezogenheit, Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Getränkesteuer auf alkoholfreie Getränke und Speiseeis, vermehrter Verwaltungsaufwand wegen der Steuerpflicht von rund 30.000 Weinbauern.

Am 28. März haben die Gemeindebünde daher neuerlich ihre Präferenz für die mehrwertsteuerähnliche Getränkesteuer zum Ausdruck gebracht und eine von ihnen ausgearbeitete Quellensteuerregelung nur als zweitrangige Alternative angeboten.

Es ist hier nicht der Ort, über den Gang der beiden Verhandlungen zu berichten, über den Vorwurf der "Fantasielosigkeit", über den Vorschlag, die Gemeinden sollten gefälligst sparen, das Resümee ist aber kurz gezogen: Ein Njet zu beiden Vorschlägen der Gemeindebünde, wobei das Erfordernis laut Stabilitätspakt, dass es sich um "geeignete" Vorschläge handeln müsse, nicht nach sachlichen, sondern rein interessengruppenbezogenen Kriterien interpretiert wurde.

Der Gegenvorschlag des Finanzministers ging dahin, den Gemeinden rund 4,4 Mrd.. S an Ausgleich zum Teil durch wertabhängige, zum Teil aber auch mengenabhängige Abgaben zu verschaffen, im Gegenzug sollten die Gemeinden jedoch auf die Einhebung der Getränkesteuer auf alkoholfreie Getränke und Speiseeis verzichten.

Städtebund und Gemeindebund haben in einem gemeinsamen Schreiben am 31. März "dringend um ergänzende Verhandlungen mit dem Ziel eines möglichst vollen Ersatzes" ersucht. In weitere Gespräche war der Österreichische Städtebund jedoch nicht mehr eingebunden.

Die vorgesehene Ersatzlösung

Nach letzten Informationen sollen den Gemeinden, auf ein volles Jahr bezogen, 4,5 Mrd.. S (für 2000 1,5 Mrd.. S) als Getränkesteuerausgleich in Form einer Anhebung ihrer Beteiligung an der Umsatzsteuer zufließen (ab September 2000), mit Aufteilung nach dem Durchschnitt des Getränkesteueraufkommens 1993 bis 1997.

Als Gegenfinanzierung für den Bund sind vorgesehen:

  • 890 Mio. S - Erhöhung der Biersteuer um knapp 50 %
  • 460 Mio. S - Erhöhung der Alkoholsteuer um knapp 40 %
  • 1.600 Mio. S - USt-Satz von 14 % für Restaurationsumsätze
  • 730 Mio. S - Wegfall des ermäßigten USt-Satzes für Aufgussgetränke
  • 500 Mio. S - Wegfall des ermäßigten USt-Satzes für "trockenen" Kaffee und Tee
  • sind zusammen 4.180 Mio. S

Diese Maßnahmen sollen bereits mit 1. Juni 2000 in Kraft treten, der erhöhte Satz für Aufgussgetränke allerdings erst mit 1. Jänner 2000. Die Ermächtigung an die Gemeinden zur Ausschreibung einer Getränkesteuer auf alkoholfreie Getränke und Speiseeis läuft mit Jahresende 2000 aus.

Werbesteuer

Als besonderen Leckerbissen enthält der Vortrag an den Ministerrat auch den Vorschlag für ein neues Bundes-Werbesteuergesetz, mit Reduzierung der Steuersätze für Anzeigen und Ankündigungen auf 5 vH, allerdings ohne die ursprünglich vorgesehene Kompensation durch Einbeziehung der Prospektwerbung. Die neue Werbesteuer soll zu einer gemeinschaftlichen Bundesabgabe mit einer 4-Prozent-Beteiligung des Bundes werden, die Aufteilung auf Länder und Gemeinden bleibt einer späteren Regelung vorbehalten, bis dahin bleibt das Geld beim Bund (!).

Der Kampf hinter den Kulissen tobt, und wie immer der Ausgang ist, ein richtiges Happyend für die Gemeinden wird es wohl nicht sein - zu groß sind die Verluste!

Rückzahlungsproblematik

Die Frage der Rückzahlungsproblematik wird derzeit in einer Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern des Gemeindebundes, des Städtebundes, des Bundeskanzleramtes - Verfassungsdienst sowie des Finanzministeriums und der Gemeindereferate der Länder erörtert. Das Bundeskanzleramt - Verfassungsdienst ist der Auffassung, dass die Landesabgabenordnungen betreffend das Bereicherungsverbot als rechtlich abgesichert betrachtet werden können. Hinsichtlich der Frage, welche Initiativen als "Rechtsbehelf" qualifiziert werden können, ist vorgesehen, entsprechende Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof heranzutragen.

OEGZ

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