Arbeitskreis der Kommunalarchivare am 26. und 27. März 2004 in Wels

Arbeitskreis der Kommunalarchivare am 26. und 27. März 2004 in Wels

Am 26./27. März tagte der Arbeitskreis der Kommunalarchivarinnen und Kommunalarchivare mit rund 50 TeilnehmerInnen unter dem Generalthema „Bewertung“ in der Stadt Wels.

 

In einem Einleitungsreferat stellte der Leiter des Welser Stadtarchivs, Günter Kalliauer, die konkreten Pläne für den neuen Archivbau in Wels vor. Basierend auf einer Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2002 wird der Herminenhof, eine ehemalige Deckenfabrik aus dem frühen 19. Jahrhundert, in den nächsten Jahren zu einem Musik- und Bildungszentrum ausgebaut. Der neu adaptierte Bau wird das Stadtarchiv, die städtische Mediathek (Volksbibliothek) und die Landesmusikschule beherbergen. Bei diesem Projekt ist es gelungen, Förderungen des Landes Oberös-terreich auch für die städtischen Kultureinrichtungen zu erzielen.
Harald Rhomberg, Archivar im Stadtarchiv Dornbirn, stellte Organisation und Inhalte der Dornbirner „Geschichtswerkstatt“, einer Vereinigung historischer Interessierter, dar. Ein besonderes Anliegen dieser Vereinigung, die vom Stadtarchiv und Heimatmuseumsverein getragen wird, stellt die „Geschichte von unten“ dar, die auf den Er-fahrungen einzelner Menschen aufbaut und eine Konzentration auf die Lokalgeschichte bedeutet. Zeitzeugen und die Methode der Oral History stehen bei dieser Art der Geschichtsbetrachtung im Mittelpunkt. Die Palette der Aktivitäten der Dorn-birner Geschichtswerkstatt reicht von diversen Veranstaltungen und Gesprächen über Ausstellungen und Publikationen bis zur Bildung von eigenen Sammlungen und Archiven. Dabei stellt die digitale Erfassung historischer Quellen und ihre Ausgabe als CD-ROM einen innovativen Schwerpunkt dar. Insgesamt ist es in Dornbirn gelungen, mit der Einrichtung und Förderung einer Geschichtswerkstatt eine neue Lobby für das Archiv entstehen zu lassen.
Dr. Wido Sieberer vom Stadtarchiv Kitzbühel stellte die Entstehung und Bestände seines Archivs in einem Referat vor. Das Stadtarchiv wurde erst 1995 – nach einer langen Phase der ehrenamtlichen Betreuung – hauptamtlich unter die Leitung eines Historikers gestellt, der allerdings seine Arbeitskraft zu 50 Prozent auch dem Stadt-museum widmen muss. Die Archivbestände bestehen aus dem Schriftgut der städtischen Verwaltung, das bis in das 19. Jahrhundert gut erhalten ist, diversen Nachlässen, einer Bibliothek sowie einem Foto- und Filmarchiv. Das Verwaltungsschriftgut des 20. Jahrhunderts ist hingegen nur sehr unvollständig überliefert.
Die stellvertretende Vorsitzende des Arbeitskreises, Dr. Brigitte Rigele, stellte die Bewertungsproblematik anhand eines sehr großen Archivs, nämlich des Wiener Stadt- und Landesarchivs, dar. Ausgehend von der riesigen Menge des Verwaltungsschriftgutes der letzten 40 Jahre, gilt für das Archiv der Grundsatz, dass nur fünf bis zehn Prozent der Aktenbestände erhalten werden sollen und der Rest vernichtet werden muss. Das Instrument für eine planmäßige Auswahl, welches Schriftgut als archivwürdig eingestuft wird, stellen die so genannten Skartierungspläne dar. Darin wird zwischen Archiv und Dienststelle festgelegt, welche Aktengruppen aufbewahrt und welche der Vernichtung anheimfallen. Alle fünf Jahre erfolgt eine Kontrolle der Skartierpläne auf ihre Aktualität. Die Voraussetzung für die Schaffung von Skartierplänen stellen die Aktenpläne der Verwaltung dar, die in Österreich im Wesentlichen noch heute auf den 1940 eingeführten „Einheitsplan für die Aktenverwaltung der Ostmark“ basieren. In der Diskussion wurde auf das Problem hingewiesen, dass kleinere Kommunen nicht oder nur unzureichend über eine hochwertige Aktenverwaltung verfügen, was die Bewertung und die Erstellung von Skartierplänen durch den Archivar nicht gerade erleichtert.
Mag. Manuela Maier, Archivarin in Spittal an der Drau, beschäftigte sich im Rahmen ihrer berufsbegleitenden Ausbildung zur Diplomarchivarin an der Fachhochschule Potsdam mit der Bewertungsdiskussion in Deutschland. Dabei steht die Frage im Zentrum der Betrachtung, ob sich die Bewertung nach dem (künftigen) Quellenbedarf der Geschichtsforschung richten oder die Transparenz des Verwaltungshandelns nachvollziehbar machen soll. Insgesamt ist klar, dass die Bewertung von Schriftgut immer ein Kind der Zeit sein und dementsprechend einem stetigen Wandel unterworfen sein wird. Dem Archivar kommt dabei die Rolle zu, stets ein waches Auge für diesen Wandel der Zeit aufzubringen.

Für die nächste Tagung, die im Frühjahr 2005 in Bregenz stattfinden wird, wurde das Thema „Umgang mit dem Archivgut – Aufbewahrung des Archivgutes“ gewählt.

AK Kommunalarchivare - Bewertung
AK Kommunalarchivare - Vortrag Maier
OEGZ

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