FAG 2024 unter Dach und Fach

FAG 2024 unter Dach und Fach

Ein Fazit von Oliver Puchner, Österreichischer Städtebund und Karoline Mitterer, KDZ-Zentrum für Verwaltungsforschung

 

Mit November 2023 konnten die Verhandlungen zum Finanzausgleichsgesetz 2024 zum Abschluss gebracht werden. Trotz schwieriger Ausgangsbedingungen konnte aus Städtesicht schlussendlich doch noch Einiges erreicht werden. Auch wenn eine Anpassung des vertikalen Schlüssels nicht gelungen ist, sind die Implementierung des Zukunftsfonds, eine Aufstockung der Finanzzuweisungen des Bundes – etwa für den ÖPNV – sowie Zusatzmittel für den Gesundheitsbereich als Anerkennung auch der kommunalen Leistungserbringung zu werten.

Zum Finanzausgleich

Der Finanzausgleich regelt die konkreten finanziellen Beziehungen zwischen dem Bund, den Ländern sowie den Städten und Gemeinden. Aufbauend auf dem Finanzverfassungsgesetz (F-VG 1948) ist dies vor allem das jeweils gültige Finanzausgleichsgesetz (nunmehr FAG 2024), aber darüber hinaus auch wichtige 15a-Vereinbarungen und Regelungen in anderen Materiengesetzen (etwa Pflegefondsgesetz etc.).

Von den großen Massensteuern, den sog. Gemeinschaftlichen Bundesabgaben (Umsatzsteuer, Lohn- und Einkommensteuer, KöSt. etc.), erhalten derzeit der Bund 67,934 %, die Länder 20,217 % und die Gemeinden 11,849 % (§11 Abs. 1 FAG 2024). Dieser fixe Aufteilungsschlüssel zwischen den Ebenen wird als „vertikaler Schlüssel“ bezeichnet.

Neben der Verteilung der Steuereinnahmen regelt das FAG u. a. auch die Kostentragung für die Landeslehrer:innen, die Berechtigung für eigene Abgaben der Länder und Gemeinden und Zweckzuschüsse des Bundes für bestimmte Themen, wie etwa strukturschwache Gemeinden, Eisenbahnkreuzungen, öffentlichen Verkehr etc.

Rechtstechnisch ist das FAG ein einfaches Bundesgesetz, kann also theoretisch jederzeit vom Bundesgesetzgeber beschlossen werden. Es ist aber gelebte Praxis, dass es zuvor eine politische Vereinbarung, ein Paktum zwischen Bund, Ländern sowie Städtebund und Gemeindebund gibt. Der Verfassungsgerichtshof bezieht sich durchaus auf das Paktum und gibt ihm damit eine andere als bloß politische Qualität. Zwischen dem politischen Auftakt am 19.12.2022 und der feierlichen Unterzeichnung am 21.11.2023 gab es in den drei Arbeitsgruppen (Kernthemen, Gesundheit, Pflege) zahlreiche Runden auf beamteter Ebene und einige politische Runden (in unterschiedlicher Zusammensetzung) mit den Bundesministern Rauch und Brunner.

Gesamteinschätzung

Angesichts der hohen Ausgabendynamik in den Bereichen Gesundheit, Pflege und Bildung[1] forderten die Länder und Gemeinden eine Anpassung des vertikalen Schlüssels zu ihren Gunsten. So betrug das Ausgabenwachstum von 2001 bis 2019 beim Bund 55,3 Prozent; bei den Ländern, Städten und Gemeinden 78,2 Prozent. Dennoch konnte keine Anpassung des vertikalen Schlüssels erreicht werden.

Das am 21.11.2023 unterzeichnete Paket mit einer Gesamtsumme von 2,4 Mrd. Euro zugunsten der Länder und Gemeinden (bei der große Teile auch ab 2025 valorisiert werden sollen) ist dennoch im Vergleich zu den ersten Angeboten des Bundes aus dem Sommer (900 Mio. Euro) oder gar dem vorangegangenen Finanzausgleich positiv zu bewerten.

Die Forderung der Veränderung des vertikalen Schlüssels bleibt jedoch für die nächsten Finanzausgleichsverhandlungen aufrecht. Denn bereits jetzt ist ersichtlich, dass sich insbesondere bei den Städten und Gemeinden in den nächsten Jahren eine nur schwer zu schließende Finanzierungslücke öffnet. Die Gründe hierfür sind in zahlreichen Maßnahmen des Bundes in den letzten Jahren zu finden, welche zu einer stark reduzierten Einnahmendynamik im Bereich der gemeinschaftlichen Bundesabgaben führten. Zu nennen sind beispielhaft das Konjunkturstärkungsgesetz, die ökosoziale Steuerreform und die Abschaffung der kalten Progression.

Zukunftsfonds § 23 FAG

Da der Bund unter keinen Umständen zu einer Schlüsseländerung bereit war, schlug er im Gegenzug einen sogenannten Zukunftsfonds vor, der mit jährlich 1,1 Mrd. Euro dotiert ist und ab 2025 auch valorisiert werden wird.

Mit diesem Topf sollen einvernehmlich paktierte Ziele in den Bereichen Elementarpädagogik, Klima/Umwelt und Wohnen/Sanierung erreicht werden. Die Zielerreichung soll am Ende der FAG-Periode überprüft werden. Dabei handelt es sich nicht um einen eigenen Fonds, sondern um eine Finanzzuweisung (geregelt in §23 FAG 2024).

Im Bereich Kinderbetreuung erhalten die Gemeinden einen fixen Anteil am Zukunftsfonds. Zur Frage, in welchem Ausmaß und nach welchen Kriterien Mittel, insbesondere in den Bereichen Wohnen und Klima, an die Gemeinden weitergegeben werden, gibt das FAG keine Auskunft. Es wird hier also Gespräche zwischen den Landesgruppen und dem Land bedürfen.

Finanzzuweisungen des Bundes

Die Finanzzuweisung für den Öffentlichen Verkehr in §24 (zuvor §23) wurde um 30 Mio. Euro aufgestockt. Ebenfalls erhöht wurden die Mittel für die Gemeinden zur Stärkung des Haushaltes. Dies betrifft einerseits eine Aufstockung der Finanzzuweisung an Gemeinden für Gesundheit, Pflege und Klima in §25 (alt §24) im Ausmaß von 46 Mio. über die normale Verteilung der Ertragsanteile, andererseits die Aufstockung des Strukturfonds in §26 (alt ebenfalls §24) um 60 Mio. Euro.

Sondervorschuss 2024 auf Ertragsanteile

Aufgrund der seit 2023 stark angespannten finanziellen Lage der Gemeinden gewährt der Bund einen einmaligen Sonder-Vorschuss auf die Ertragsanteile der Gemeinden im Ausmaß von 300 Mio. Euro, welcher in den Jahren 2025 bis 2027 wieder zurückgezahlt werden muss. Hier wird sich zeigen, inwieweit sich die Gemeinden die Rückzahlung dann auch leisten können.

Gesundheit

Der mit Abstand schwierigste Bereich war die Arbeitsgruppe zur Gesundheit, da einerseits hohe Summen im Raum stehen und andererseits komplexe rechtliche Anpassungen unter Einbeziehung der Sozialversicherung diskutiert wurden.

In den Runden, aber auch in den Medien schwingt hier (wie auch in den anderen Bereichen, etwa der Bildung) stets der Vorwurf mit, dass insbesondere die Länder Effizienzpotenziale heben sollten. Und gerade der Gesundheitsbereich ist sicher ein Beispiel für komplexe Zuständigkeits- und Finanzierungsstrukturen. Allerdings zeigen Auswertungen der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG), dass etwa die Bettenzahl in den Spitälern vor Corona deutlich rückläufig war, was im Rückblick auf Reserven für Pandemien durchaus hinterfragt werden kann.

Für die einschlägigen Rechtsmaterien, wie Ärztegesetz, ASVG, KaKuG etc., die etwa die Arbeitszeiten der Ärzt:innen, die Befugnisse des Pflegepersonals, die bürokratischen Lasten, die Leistungsversprechen an die Patient:innen etc. regeln, ist der Bund zuständig2.

Die problematische Schnittstelle zwischen stationärem und niedergelassenem Bereich ist sicher die mit Abstand größte Herausforderung im österreichischen Gesundheitsbereich. Vorstellungen, wonach die Kompetenz für die Krankenhäuser zur Sozialversicherung wandert (oder umgekehrt), sind durchaus spannend, aber sicher keine Thematik, die Finanzausgleichsverhandlungen lösen könnten.

Die nun getroffene Vereinbarung sieht vor allem eine Unterstützung des spitalsambulanten Bereichs mit 550 Mio. Euro p.a. und die jährliche Valorisierung (wie im Pflegefonds) vor. Dazu sind auch der Sozialversicherung für zusätzliche Mittel für den niedergelassenen Bereich zugesichert worden.

Pflege

Die Beibehaltung des Pflegefonds wurde beschlossen. Im Laufe der Gespräche wurden verschiedenste Modelle der Dotierung und der laufenden Valorisierung diskutiert.

Das nun vereinbarte Modell sieht die Aufstockung des Pflegefonds auf 1,1 Mrd. Euro und eine jährliche Valorisierung in der Höhe der Inflation lt. Mittelfristprognose des WIFO von plus 2 Prozentpunkten vor. Die scheinbare Aufstockung des Fonds auf 1,1 Mrd. Euro3 ergibt sich aus der Einrechnung bestehender Zuschüsse des Bundes, die nun aber von Ländern und Gemeinden mitfinanziert werden.

Kinderbetreuung

Nach der Ankündigung des Bundeskanzlers für ein Ausbauprogramm der Kinderbetreuung im Ausmaß von 4,5 Mrd. Euro bis 2030 wurde ein wesentlicher Teil des Zukunftsfonds (500 Mio. Euro) für die Kinderbetreuung zweckgewidmet. Um angesichts der äußerst angespannten Finanzierbarkeit der Kinderbetreuung in den Gemeinden die Planbarkeit zu erhöhen, konnte auf Betreiben des Österreichischen Städtebundes sowie des Gemeindebundes ein fixer Anteil von 50 Prozent an diesen Mitteln erreicht werden. Die Verteilung innerhalb des jeweiligen Landestopfes (gebildet über die Volkszahl) auf die einzelnen Gemeinden erfolgt im Verhältnis von 50% nach der Volkszahl und 50% gemäß abgestuften Bevölkerungsschlüssel.

Klimaschutz und Klimawandelanpassung

Zur zentralen Herausforderung Klimaschutz und Klimawandelanpassung konnten keine großen Fortschritte erzielt werden. So sah der Bund bis dato nur die Debatte über die Aufteilung möglicher Zertifikatszukäufe, Sanktionszahlungen und Pilotprojekte zum Green Budgeting vor. Die grundlegende Klärung der Finanzierungslast für Maßnahmen im Bereich Klimaschutz und Klimawandelanpassung wurde damit in die Zukunft verschoben. Auch die zu erstellende Arbeitsgruppe soll sich nur mit einem Modell einer verursachergerechten Aufteilung der Kosten beschäftigen und nicht mit der Frage der grundsätzlichen Finanzierbarkeit der Maßnahmen, um Strafzahlungen zu verhindern. Insbesondere die Finanzierbarkeit der im Zukunftsfonds vorankerten dreiprozentigen Sanierungsrate bei öffentlichen Gebäuden sowie der Ausbaubedarfe und Dekarbonisierungsvorgaben im Bereich des ÖPNV ist damit weiterhin ungelöst.

Weiterer Zeitplan

Das Paktum zum FAG wurde am 22.11.2023 im Ministerrat präsentiert und es erfolgt nun die parlamentarische Umsetzung.

Im Paktum wurden auch weiterführende Arbeitsgruppen und Projekte festgehalten, wie die Reform der Grundsteuer und eine Neuregelung im Bereich der Assistenzpädagog:innen. Darüber hinaus soll in einer Arbeitsgruppe auch die künftige Finanzierbarkeit des ÖPNRV behandelt werden.

Weiterführende Informationen finden Sie auf der Website des Österreichischen Städtebundes unter: www.staedtebund.gv.at/fag2024.

Fußnoten:

1 Zum zentralen Stellenwert des öffentlichen Verkehrs siehe auch das Positionspapier des Städtebundes.

2 Auch im Bildungsbereich regelt der Bund den Lehrplan und die pädagogische Ausbildung, legt Klassenschülerhöchstzahlen fest und führt die Gehaltsverhandlungen; d. h. in beiden Bereichen ist der Bund als Gesetzgeber bezüglich Reformen selbst gefordert.

3 2021 betrugen die gesamten Pflegeausgaben von Ländern und Gemeinden 2,71 Mrd., was etwa 50 % der gesamten Pflegeausgaben ausmacht. Der Pflegefonds deckt also nur einen kleinen Teil ab.

4 Dieses Projekt wird allerdings über die sogenannte Aufbau- und Resilienzfazilität der EU (RRF) gefördert.

[1] https://www.bmf.gv.at/themen/budget/publikationen/langfristige-budgetprognose.html

(Schluss, 07.12.2023)

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