Feinstaub: Südtirol setzt auf Fahrverbote

Feinstaub: Südtirol setzt auf Fahrverbote

Bei der Tagung des Umweltausschusses am 6. November in Klagenfurt stand das Thema „Feinstaub“ im Mittelpunkt. Dabei wurde vor allem die Situation in Südtirol vorgestellt, wo bereits seit mehreren Jahren sehr ambitionierte Maßnahmen getroffen werden.

In Südtirol gibt es speziell im Winter Grenzwert-überschreitungen bei den Luftschadstoffen NO2 und PM10. Als Ursachen für die Feinstaubbelastung gelten laut Luigi Minach, Landesagentur für Umwelt Südtirol, Inversionswetterlagen mit Windstille in den alpinen Tallagen, verkehrsbedingte und lokale Emissionen durch Industrie, Heizungen oder Baustellen sowie lokale und großräumige Transportphänomene.

Gemäß Emissionskataster 2004 sind der Verkehr zu 39% und Heizungen zu 32% die Quellen für PM10 in Südtirol. In Städten wie Bozen ist die Hauptquelle für Feinstaub der Verkehr (58%), Heizungen sind zu 10% verantwortlich.

Betrachtet man sich die Einteilung Südtirols in Luftqualitätsgebiete so erkennt man laut Minach, dass in den Gebieten in denen die Grenzwerte überschritten sind, rund 45% der Bevölkerung leben.

Dabei werden meist jeweils 2 Messstationen (eine verkehrsexponiert, die andere eine Hintergrundmessstation) als Bezugspunkt für den Aktionsplan herangezogen. Gerechnet wird mit dem Mittelwert der beiden Stationen.

Die Luftdaten werden im Internet publiziert. Kommt es zu einer Überschreitung in der Zone oder an der Messstation wird dies farblich getrennt gekennzeichnet.

Fahrverbote in Ballungsräumen
Als Gegenmaßnahme wurden bis dato in Ballungsräumen Fahrverbote verhängt. So gab es im Jahr 2005/2006 Fahrverbote mit alternierenden Kenntafeln von Mittwoch bis Donnerstag in der Zeit von 8:00 bis 18:00 Uhr. Es zeigte sich jedoch, dass ausgedehnte Fahrverbote wesentlich effektiver sind, so konnte z. B. in Meran eine Reduktion der PM10-Konzentration um 34% festgestellt werden.

Der Vierjahresplan für saubere Luft
Seit 2006 gibt es in Südtirol ein Gesamtkonzept mit dem alle Feinstaubquellen berücksichtigt werden sollen. Man hat erkannt, dass flächendeckende Maßnahmen nach dem Verursacherprinzip für Verkehr, Hausbrand, Industrie, Mobilität oder Baustellen nötig sind. So kam zur Gründung einer technischen Koordinationsstelle bei der Landesumweltagentur. Dabei nehmen das Land, die Gemeinden Bozen, Meran, Brixen, Bruneck sowie Burggrafenamt und auch die Wirtschaftsverbände teil. Im Rahmen dieses Gesamtkonzeptes definiert jede Gemeinde eine sogenannte Umweltzone, in welchen verkehrseinschränkende Maßnahmen Anwendung finden. Darüber hinaus gibt es verkehrsberuhigte Zonen, wo nur noch schadstoffarme Fahrzeuge fahren dürfen.

Langfristig vorbeugende Maßnahmen werden von den einzelnen Gemeinden beschlossen, der Aktionsplan (Notmaßnahme) wird von der Landesregierung beschlossen.

Im Rahmen eines Vierjahresplanes für saubere Luft sehen vorbeugende Maßnahmen anfangs Fahrverbote für Euro 0 und Zweitaktmotorräder ohne Kat vor, nur Fahrzeuge mit Kat dürfen fahren (siehe Tabelle 1). In der Endstufe (Zeitraum 1.Nov. 2009 – 31. März 2010) herrschen Fahrverbote für Euro 0, Euro 1, Zweitaktmotorräder und alle Dieselfahrzeuge ohne Partikelfilter. Es können nur Fahrzeuge ab Euro 2 fahren, LKW der Kategorie Euro 4 und 5, sowie PKW der Kategorie Euro 5 und Gasfahrzeuge sind von den Beschränkungen nicht betroffen.

Der Aktionsplan gilt seit November 2006 und legt 4 Aktionsgebiete und deren Luftmessstationen fest. Die Aktionsgebiete sind Bozen, Meran, Brixen und Bruneck. Der Aktionsplan gilt für alle Gebiete, in denen eine Überschreitung des Jahresschwellwertes festgestellt worden ist. Die Verkehrsbeschränkungen des Aktionsplanes werden dann umgesetzt, wenn die jeweiligen Messstationen eine Überschreitung des Tagesmittelwertes von 50 µg/m³ für PM10 an 5 aufeinanderfolgenden Tagen feststellen. Diese Phase bleibt auch so lange in Kraft bis der Tagesmittelwert unter 50µg/m3 sinkt.

Im Aktionsplan sind 2 Phasen definiert. Die Maßnahmen der 1. Phase treten am 6. Tag in Kraft. Sollte die Überschreitung weitere 3 Tage andauern, treten am 9. Tag die Maßnahmen der 2. Phase in Kraft. So dürfen in der Phase 1 Benzinfahrzeuge ab Euro 2 und KFZ mit Partikelfilter fahren. In der 2. Phase dürfen nur noch Kraftfahrzeuge der 1. Phase fahren jedoch mit mindestens 2 Personen an Bord.

Um diesen Aktionsplan exekutieren zu können, gab es bei der Landesumweltagentur spezielle Schulungen für die Verkehrspolizei. Außerdem wurde eine Hotline, ein sogenanntes „grünes Telefon“ eingerichtet. Beim grünen Telefon kann man Informationen zum Aktionsplan kostenlos erfragen.

Verkehrsbeschränkungen auf Autobahnen
Mit 31. Oktober 2006 wurde eine Vereinbarung zwischen Nordtirol, dem Trentino und Südtirol unterzeichnet, welches Verkehrsbeschränkungen auch auf der Autobahn vorsieht. So gilt vom 1. November bis 30. April eines jeden Jahres ein zeitlich begrenztes Fahrverbot für Sattelkraftfahrzeuge über 7,5 Tonnen. Das Fahrverbot gilt nur für Fahrzeuge der Klassen Euro 0 und Euro 1. Die Verbote gelten auf dem Abschnitt der Brennerautobahn, auf dem Gebiet der autonomen Provinzen Bozen und Trient sowie auf einem Abschnitt der Inntalautobahn und auf einzelnen Straßenabschnitten, die in der Region Trentino Alto Adige – Südtirol als alternative Transitstrecken zur Autobahn benutzt werden können. Künftige Verkehrsbeschränkungen, die über die Fahrzeuge der Klasse Euro 0 und Euro 1 hinausgehen, können auf Grund von Untersuchungen und Messungen vorgesehen werden. Dabei muss jedoch eine Ausweichoption auf die Eisenbahn gewährleistet werden.

Verbot von Holzzweitheizanlagen
Ab November 2006 gilt bei in Kraft treten des Aktionsplanes auch ein Verbot von Holzzweitheizanlagen. Jedoch sind nur solche Wohnungen von dieser Maßnahme betroffen, die eine Alternative (z. B. Zentralheizung) zur Holzheizung besitzen.

Weitere Maßnahmen gegen Feinstaub
Weiters wird es strengere Kontrollen bezüglich der Hausmüllverbrennung geben. Straßenseitig wird weniger Splitt im Stadtgebiet eingesetzt und in Meran läuft jetzt ein Testversuch mit Calcium-Magnesium-Acetat. Im Transportbereich kommt es ab November 2006 zu einer Nachrüstung von Partikelfiltern bei Bussen. Im Rahmen eines mehrjährigen Programms werden Methanbusse angekauft und die Spesen für das Jahresabo der öffentlichen Verkehrsmittel für Besitzer von Fahrzeugen, die vom Fahrverbot betroffen sind, rückerstattet.

Im Verkehrs- und Heizungsbereich gibt es bereits Vorschläge für gemeinsame Maßnahmen im gesamten norditalienischen Raum. So sind Fahrverbote für Euro 0, Zweitaktmotorräder und Dieselfahrzeuge der Kategorie Euro 1 im Zeitraum Oktober bis März in der Zeit von 7 bis 10 Uhr und von 16 bis 19 Uhr vorgesehen. Eindeutiges Ziel für 2010 ist es, keine Dieselfahrzeuge ohne Partikelfilter mehr auf der Straße zu haben.

KAPA GS - Klagenfurts Anti-PM10-Aktionsprogramm
Laut Stadträtin Mathiaschitz-Tschabuschnig setzte man in Klagenfurt auf verschiedene Maßnahmen, wie z. B. die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs oder die Optimierung des Winterdienstes.

Die Hauptursachen für die PM10-Belastung in Klagenfurt sind zu ca. 45% der Verkehr, wobei 1/3 davon durch Dieselabgase erzeugt wird. 2/3 der verkehrsbedingten Belastung stammen vom Abrieb von Bremsen und Reifen und der Wiederaufwirbelung von Straßenstaub. Der Hausbrand ist zu ca. 20%, die Industrie zu 10% an der Feinstaubbelastung Klagenfurts beteiligt.

Der Feinstaubkleber CMA bewährt sich
Im Rahmen des Winterdienstes wurde letzten Winter erstmals mit Calcium-Magnesium-Acetat (CMA) gearbeitet. CMA ist ein 25%-ige organische Lösung, die biologisch abbaubar und bis –19°C anwendbar ist. CMA verursacht auch keine Korrosionsschäden. Diese in Skandinavien entwickelte Flüssigkeit bringt das Eis zum Schmelzen und bindet den Feinstaub auf dem Asphalt.

Im Zeitraum vom 7. Februar 2006 bis 14. April 2006 wurde jeden zweiten Tag eine Menge von 20g pro m² CMA aufgebracht.

Als Ergebnis konnte eine 30%-ige Reduktion der Wiederaufwirbelung erzielt werden. Anhand dieser Ergebnisse hat man sich entschlossen, in der heurigen Saison die gesamte Innenstadt mit Calcium-Magnesium-Acetat zu fahren.

Der einzige Nachteil waren bis dato die Kosten des CMA. Durch eine Produktion in Kärnten wir CMA in Zukunft aber wesentlich billiger sein als herkömmliches Streusalz.

Es konnten aber durch CMA 14 Tage Grenzwertüberschreitungen eingespart werden, sodass sich die Kosten mehr als rechnen. Im Vergleich dazu lassen sich durch eine 25%-ige Verkehrsreduktion 13,3 Überschreitungstage, durch eine 90%-ige Verbreitung von Partikelfiltern 12,2 Überschreitungstage und durch einen 50%-igen Anschlussgrad an die Fernwärme 11,4 Überschreitungstage einsparen. Die Kosten für diese Maßnahmen wären jedoch wesentlich teuerer als der Einsatz von CMA.

Um nun den derzeitigen Stand von ungefähr 80 Überschreitungen pro Jahr auf 30 Überschreitungen zu reduzieren ist ein Bündel von Maßnahmen nötig (Einsatz von CMA, Forcierung des Fernwärmenetzes, Einbau von Partikelfiltern in PKW und Busse und die Errichtung eines neuen Heizkraftwerkes). Zur Verkehrsreduktion sollen auch Park and Ride-Systeme beitragen, die die Bevölkerung motivieren sollen auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen.

Für die Zukunft wird auch die Errichtung von weiteren Auffangparkplätzen im Süden und Norden der Stadt erwogen. Bereits verwirklicht wurden Geschwindigkeitsbeschränkungen im Zeitraum 1. November bis 31. März. So darf auf den Ringstraßen 30 km/h und auf der Autobahn 100 km/h gefahren werden.

Städtebund-Linktipps:
www.provinz.bz.it/guteluft
www.feinstaubfrei.at

OEGZ

ÖGZ Download