Abfallausschuss: Nein zum Mülltourismus

Abfallausschuss: Nein zum Mülltourismus

Garantiert Wettbewerb unter den Sammelsystemen höchste Qualität zum geringsten Preis oder nur mehr Verwaltungsaufwand? Dieser Frage stellten sich die Teilnehmer der 81. Sitzung des Fachausschusses für Abfallwirtschaft und Städtereinigung, die am 16. und 17. November 2006 in Korneuburg stattfand. Vertreter verschiedener Systembetreiber im Leichtverpackungsbereich berichteten über ihre Bestrebungen, als Verpackungssysteme auch im Haushaltsbereich tätig werden zu wollen. Da der Aufbau einer eigenen Sammelinfrastruktur aus logistischen und ökologischen Gründen bzw. Kostengründen vorerst nicht geplant ist, möchten die neuen Systeme ihre Sammelquoten nur durch jenen Leichtverpackungsanteil erfüllen, der sich im Haushaltsrestmüll befindet. In Müllsortierungsanlagen soll aus dem Restmüll der Leichtverpackungsanteil aussortiert und in weiterer Folge der stofflichen Verwertung zugeführt werden. Mit ihrer Tätigkeit möchten diese Systeme jedenfalls bereits 2007 beginnen.

Wertschöpfung in Österreich gefährdet
Wesentliche Bedenken des Städtebundes konnten in der Diskussion mit den künftigen Systembetreibern nicht ausgeräumt werden. Weder ist die Aussortierung der Leichtverpackungen aus dem Restmüll mit der für die stoffliche Verwertung erforderlichen Qualität jetzt oder kurz- bis mittelfristig in Österreich oder Europa technisch möglich, noch würde die stoffliche Verwertung in Österreich erfolgen. Für diesen Fraktionsanteil ist daher ein Anstieg des „Mülltourismus“ bei gleichzeitiger Verringerung der Wertschöpfung für den Standort Österreich zu erwarten. Hinzu kommt, dass flächendeckend nur jener Anteil über den Restmüll angekauft werden soll, der energetisch verwertet wird. Jener Anteil, der stofflich verwertbar sein würde, wird aber nur dort angekauft, wo er leicht und in großer Menge aus dem Restmüll aussortiert werden könnte. Auch wird ein über den Preis ausgetragener Wettbewerb der Systeme nicht zwangsläufig zu einem Anstieg des Lizenzierungsanteiles führen, sondern höchstwahrscheinlich nur zu einer Aufteilung der bisherigen Lizenzmengen auf die neuen und alten Systembetreiber. Der Abfallwirtschaftsausschuss des Städtebundes forderte daher eine Klarstellung der technischen Umsetzbarkeit und der rechtlichen Voraussetzungen bzw. Konsequenzen für die Kommunen, sobald mehrere Systeme im Haushaltsbereich tätig werden.

Erfahrungen bei Elektroaltgeräten nutzen
Dass nicht der Wettbewerb den Markt regelt, sondern manchmal auch Marktplayer den Wettbewerb, zeigt die Praxis der Elektroaltgeräte-Sammlung in Österreich. Während der Großteil der Kommunen es im Zuge von bundeslandweiten Lösungen geschafft hat, für ihre Sammel- und Sortiertätigkeit im EAG-Bereich den ihnen daraus entstehenden Aufwand abgegolten zu erhalten, verweigern sich die Systembetreiber gänzlich Gesprächen mit den Städten und Gemeinden in Kärnten und in der Steiermark. Diesen verbleibt somit als einziger Ausweg nur die Veranlassung der Abholung über die ELEKTROALTGERÄTE KOORDINIERUNGSSTELLE GmbH (EAK), die jedoch – bedingt durch die Aufgabenüberbindung der Systembetreiber an Sub- und Subsubunternehmer – oftmals als nur sehr problematisch zu bezeichnen ist (lange Wartefristen, unterschiedliche Fuhrunternehmen, unterschiedliche Qualität der Wechselcontainer, lange Wartezeit auf Kostenabgeltung).

Georg Fürnsinn, Umweltministerium, der über die aktuellen Novellen zur EAG-VO berichtete, nahm diese mehr als nur administrativen Mängel mit Interesse zu Kenntnis. Einen weiteren Novellierungsbedarf der EAG-VO sieht er zur Erreichung von Umweltzielen (Bleireduktion im Zusammenhang mit der Sammlung von Bleikristalllustern) und um die Meldung über die erfolgte Abholung von Elektroaltgeräten zeitlich näher zur tatsächlichen Abholung zu bringen. Der Jahresausgleich zwischen vorgeschriebener Erfassungsquote der Systeme und der tatsächlichen Sammelmenge soll gemäß eines Entwurfes der EAG-VO-Novelle, bis 2008 befristet, von 110% auf 125% erhöht werden (dies dient zur Vermeidung einer allfälligen Übererfüllung und in Folge des Verlustes der Anrechnung von Sammelmengen).

EU-weiter Informationsaustausch auf kommunaler Ebene: EAG-Sammlung in Flandern
Über die Umsetzung der Elektroaltgeräterichtlinie in Flandern berichtete Christof Delatter, Vereniging Van Flaamse Steden en Gemeenten (VVSG). Die VVSG erstellte ein bedienungsfreundliches Rechenmodell, das die in den Kommunen durch die Altgeräte-Sammlung entstehenden Kosten transparent darstellt. Die Vortragsunterlagen dazu sind, auf der Website des Städtebundes unter „Ausschüsse“, „Fachausschuss für Abfallwirtschaft“, im Login-Bereich einsehbar.

„Visionäre“ Umsetzung der Deponieverordnung
Der Städtebund setzt sich schon seit Jahren dafür ein, dass bei Einhaltung der geforderten Deponiestandards auch technisch alternative Lösungen im Zuge der Umsetzung der Deponie-Richtlinie und der Deponieentscheidung der EU berücksichtigt werden und gleichermaßen ökonomisch wie auch ökologisch sinnvolle Standards, wie der Weiterbetrieb von Abfallbehandlungsanlagen an (ehemaligen) Deponiestandorten auch künftig möglich sein soll. Zur Wahrung seiner Interessen auf diesem Gebiet wurde im Städtebund bereits vor Jahren eine eigene Arbeitsgruppe des Abfallwirtschaftsausschusses eingerichtet, die die kommunalbetriebenen Deponien sowohl hinsichtlich ihrer technischen Standards sowie die Folgen einer Änderung der Betriebsgenehmigungen aus rechtlicher Sicht betrachtet hat und das österreichweit durch eine möglicherweise überschießende Interpretation der Deponie-RL und der Deponieentscheidung der EU verloren gehende Deponievolumen erhob. Karl Reiselhuber, Wien, berichtete in diesem Zusammenhang über die ausführliche Stellungnahme des Städtebundes zu einem ersten inoffiziellen Entwurf der neuen Deponieverordnung. Die durch unabhängige und international anerkannte Experten bestätigten fundierten Bedenken wurden mit dem Umweltminiserium nunmehr diskutiert. Über den Verlauf der Gespräche wird in der nächsten Abfallwirtschaftsausschusssitzung berichtet werden können.

Energetische Nutzung von Leichtverpackungen
Um die Auswirkungen der aktuellen Bescheidvorgaben auf die Erfassung von Leichtverpackungen darzustellen, wurde von der ARGEV, dem Österreichischen Städtebund und der ARGE Österreichischer Abfall-Wirtschaftsverbände eine gemeinsame Studie in Auftrag gegeben. Gemäß Bescheid des Umweltministeriums hat die ARGEV ab 2006 95% der lizenzierten Menge an Verpackungen zu erfassen. Dieser Erfassungsgrad gilt für Kunststoffverpackungen und Materialverbunde aus dem Haushaltsbereich. Die Studie soll daher erheben, welche Verpflichtungen sich aus den Bescheidvorgaben für die ARGEV ergeben, welche Leichtverpackungsmengen einzeln zugekauft werden können, um die Mindest-Erfassungsquoten zu erreichen und welchen Einfluss die Schüttdichte der Leichtverpackungen auf die Sammel- und Transportkosten im Restmüll hat. Ferner wurde der Einfluss der Leichtverpackungen auf den Heizwert von Restabfällen erhoben.

Die Studienauftraggeber (ARGE Österreichischer Abfall-Wirtschaftsverbände, Städtebund und ARGEV) kamen überein, das Studienergebnis abzuwarten.

Auf Basis der Studie, deren Endfassung voraussichtlich Anfang 2007 vorliegt,
soll für die Abgeltung der durch die Mitsammlung des energetisch nutzbaren Leichtverpackungsanteils im Restmüll eine österreichweit gerechte Aufteilung der Zukaufsmenge in den Sammelregionen angestrebt werden. Dadurch soll vermieden werden, dass nur in einer einzigen oder nur in wenigen Regionen Leichtverpackungen aus dem Restmüll zugekauft werden können. Die Mitglieder des Ausschusses stimmten dieser Vorgangsweise ausdrücklich zu.

Tabelle (siehe Beilage)

Winterdienst und Straßenerhaltung – Aktivitäten der Forschungsgesellschaft Straße*Schiene*Verkehr – FSV / Kooperation mit dem Städtebund
Die Forschungsgesellschaft Straße*Schiene*Verkehr erstellt auch zu den speziellen Themen Winterdienst bzw. Straßenerhaltung Richtlinien. Diese sind jedoch generell gehalten und berücksichtigen städtespezifische Gegebenheiten noch nicht im gewünschten Ausmaß. Martin Car, Geschäftsführer der FSV, bot daher eine verstärkte Zusammenarbeit des FSV mit dem Städtebund an. Dieses Angebot wurde von den Mitgliedern des Abfallwirtschafts- und Städtereinigungsausschusses gerne angenommen. Im Rahmen der Arbeitsgruppe Winterdienst werden daher gemeinsam mit der FSV Richtlinien erarbeitet, die den ordentlichen Winterdienst im Ortsgebiet beschreiben. Diese sollen aus technischer Sicht erstellt werden und als Grundlage für eine auch rechtlich und vor der Judikative haltbare Tätigkeitsbeschreibung einer sorgfältig und ordnungsgemäß handelnden kommunalen Straßenerhaltung dienen, damit künftighin eine Absicherung gegenüber unberechtigten Schadenersatzansprüche gegeben sein kann.

„Wildes“ Plakatieren – ein Problem
Eine Rundfrage bei den Ausschussmitgliedern ergab, dass das wilde Plakatieren nach wie vor ein massives Problem in den Städten darstellt. Genauso verhält es sich mit Flugblättern, Gratiszeitungen und sonstigen Werbematerialen. Da dieses Problem seitens der zuständigen Bundesstellen als nicht vordringlich angesehen wird, empfahl der Abfallwirtschaftsausschuss, eine entsprechende Gesetzesänderung beispielsweise im Mediengesetz bei der künftigen Regierung einzufordern. Hier könnte unter Umständen helfen, dass auf derartigem Werbematerial der Verantwortliche namentlich angeführt sein muss. Dann könnte man an diesen auch für Reinigung und Entfernung mit Schadensersatzforderungen herantreten.

Abfallausschuss 1106 - Tabelle
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