Kommunalsteuerstrafen – Anwendung der Landesabgabenordnungen

Kommunalsteuerstrafen – Anwendung der Landesabgabenordnungen

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem im November 2002 verkündeten Erkenntnis die Strafbestimmungen des Kommunalsteuergesetzes auch in der Euroversion aufgehoben. Anstelle der von der Bundesregierung beantragten Fristsetzung für das Außerkrafttreten wurden höchstgerichtlich die allgemeinen Strafbestimmungen der Landesabgabenordnungen für anwendbar erklärt. Ist diese neue „Zwischenlösung“ für Kommunalsteuerstrafen ausreichend?

1. Ausgangslage und Vorgeschichte
1.1 Die Aufhebung der Stammfassung
Der Verfassungsgerichtshof hat bereits im Juni 2002 zu Recht erkannt, dass § 15 des Bundesgesetzes, mit dem eine Kommunalsteuer erhoben wird (KommStG 1993, BGBl. Nr. 819), verfassungswidrig war und nicht mehr anzuwenden ist. Diese Entscheidung betraf die „Stammfassung“ der Strafbestimmungen im KommStG 1993, die ab Jänner 2002 bereits durch eine „Euroversion“ der geringfügig abgerundeten Strafbeträge ersetzt worden war.

1.2 Besprechung in der ÖGZ
Die ausführliche Besprechung dieser grundsätzlichen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Juni 2002, G 110, 111 u. a. Zlen incl. einer Darstellung der historischen Entwicklung erfolgte in der ÖGZ Nr. 10/2002 im Rahmen des Artikels „Jüngste Judikatur zum Kommunalsteuerrecht“ von Dr. Peter Mühlberger aus Linz. Um Wiederholungen zu vermeiden, werden diese Ausführungen als bekannt vorausgesetzt. Es darf jedoch – aus Gründen der Aktualität – an den letzten Absatz dieses Artikels angeknüpft werden. Darin äußerte Dr. Mühlberger die Befürchtung, dass im Falle einer Aufhebung der ab Jänner 2002 wirksamen „Euroversion“ der Strafbestimmungen bis zu einer entsprechenden Neuregelung durch die Bundesregierung keine weiteren Verwaltungsstrafverfahren mehr durchgeführt werden könnten.

2. Entscheidung über die Euroversion
2.1 Die Aufhebung der Euroversion
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 9. Oktober 2002, G 136/02 u. a. Zlen den § 15 des Bundesgesetzes, mit dem eine Kommunalsteuer erhoben wird (KommStG 1993), BGBl. Nr. 819, in der Fassung BGBl. I Nr. 144/2001, als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die als verfassungswidrig aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist.

Erwartungsgemäß hat der Verfassungsgerichtshof die Aufhebung damit begründet, dass sich die aufgehobene Bestimmung von der im Juni 2002 aufgehobenen Stammfassung nur dadurch unterscheidet, dass die in der Stammfassung enthaltenen Schillingbeträge durch abgerundete Eurobeträge ersetzt wurden und hat dementsprechend auf seine Entscheidungsgründe im Erkenntnis vom 20. Juni 2002 verwiesen.

2.2 Aussage des VfGH zur Strafbarkeit nach den Landesabgabenordnungen
Den umfangreichen Einwänden der Bundesregierung betreffend das Vorliegen von Prozesshindernissen (unzulässiger Austausch des Prüfungsgegenstandes) vermochte der Verfassungsgerichtshof nicht zu folgen.

Weiters hat die Bundesregierung beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art. 140 Abs. 5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr bestimmen, um mit den Ländern Einvernehmen über die künftige Gestaltung der Straftatbestände herstellen zu können. Der Verfassungsgerichtshof sah jedoch keine Veranlassung, diesem Antrag der Bundesregierung zu folgen und eine Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Bestimmung festzusetzen. Er ging dabei (wörtliches Zitat) „davon aus, daß die Aufhebung des § 15 KommStG 1993 in der Fassung BGBl. I Nr. 144/2001 zur Folge hat, daß bis zu einer allfälligen bundesgesetzlichen Neuregelung – da sich der Anwendungsbereich der einzelnen Abgabenordnungen der Länder durchwegs auch auf die Kommunalsteuer bezieht – die allgemeinen Strafbestimmungen der jeweiligen Landesabgabenordnungen anzuwenden sind.“

3. Anwendung der Landesabgabenordnungen auf Übertretungen des Kommunalsteuergesetzes
3.1 Anwendungsbereich der Landesabgabenordnungen
Die Landesabgabenordnungen (Abgabenverfahrensgesetz in Vorarlberg) regeln ihre Anwendbarkeit auf die Kommunalsteuer mit weitgehend einheitlichen, aber zum Teil auch unterschiedlichen Formulierungen. In der Regel wird im jeweiligen § 1 (Anwendungsbereich) bestimmt, dass die Landesabgabenordnung auch in Angelegenheiten bzw. für das Verfahren hinsichtlich der Kommunalsteuer gilt, soweit nicht bundesgesetzliche Vorschriften anzuwenden sind bzw. entgegenstehen. Nur in der burgenländischen und steiermärkischen Landesabgabenordnung wird die Kommunalsteuer nicht ausdrücklich genannt und eine sehr allgemeine Formulierung verwendet, bei der die Anwendung der Strafbestimmungen auf die Kommunalsteuer zweifelhaft sein könnte.

Auf Basis der zitierten Interpretation des Verfassungsgerichtshofes ist jedoch generell davon auszugehen, dass durch die Aufhebung der Strafbestimmungen im KommStG 1993 anstelle dieser „bundesgesetzlichen Vorschriften“ die allgemeinen Strafbestimmungen der jeweiligen Landesabgabenordnung auch für die Kommunalsteuer wirksam werden.

3.2 Wirksamkeit durch Kundmachung
Die vorsichtige Formulierung „wirksam werden“ wurde gewählt, da noch zu untersuchen ist, zu welchem Zeitpunkt dieser Übergang erfolgt und welche Bedeutung die zeitliche Konstellation auf die Übertretungen des KommStG 1993 hat.
Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, mit dem ein Bundesgesetz als verfassungswidrig aufgehoben wird, verpflichtet gemäß Art. 140 Abs. 5 B-VG den Bundeskanzler zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung. Die Aufhebung tritt nach dieser Verfassungsbestimmung am Tage der Kundmachung in Kraft, wenn nicht der Verfassungsgerichtshof für das Außerkrafttreten eine Frist bestimmt.

Im vorliegenden Erkenntnis vom 9. Oktober 2002 wurde keine Frist für das Außerkrafttreten festgesetzt; das Wirksamwerden der landesrechtlichen Strafbestimmungen erfolgt daher mit der Kundmachung dieses Erkenntnisses im Bundesgesetzblatt. Diese Kundmachung ist jedoch bis zum 15. November 2002 noch nicht erfolgt.

3.3 Wirkung auf Kommunalsteuer
Nach § 11 Abs. 2 KommStG 1993 ist die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauf folgenden Monats (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten.

Da mit einer Kundmachung des Erkenntnisses vom 9. Oktober 2002 erst Anfang Dezember 2002 zu rechnen ist, werden die allgemeinen Strafbestimmungen der Landesabgabenordnungen erstmalig auf die am 16. Dezember 2002 (Montag) fällige Kommunalsteuer für November anzuwenden sein.

4. Tatbestände der landesrechtlichen Strafbestimmungen ausreichend?
4.1 Verkürzung der Kommunalsteuer
Im aufgehobenen § 15 KommStG 1993 wurden im Abs. 1 in der Diktion eines Erfolgsdeliktes Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Kommunalsteuer verkürzt wird, pönalisiert. Obwohl der Begriff der Verkürzung im landesgesetzlichen Abgabenstrafrecht anerkannt war (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 25. April 1974, Zl. 68/74), entstanden beim Verfassungsgerichtshof gegen diese Diktion Bedenken unter dem Blickwinkel des Art. 18 B-VG. Es ist daher zu begrüßen, dass die Verkürzung (der Kommunalsteuer) in der Diktion der aufgehobenen Fassung in den Strafbestimmungen der Landesabgabenordnungen nicht zu finden ist.
Während einige Bundesländer (wie z. B. Vorarlberg und Oberösterreich) über Verkürzungstatbestände verfügen, die dem § 33 FinStrG vergleichbar sind, gibt es in anderen Bundesländern (wie z. B. Tirol und Wien) keine allgemeinen Verkürzungstatbestände in den Landesabgabenordnungen; es bleibt abzuwarten, ob in diesen Ländern ein Bedürfnis nach einer Einführung von neuen Verkürzungstatbeständen entstehen wird.

4.2 Tatbestände der Nichtzahlung
Nach dem aufgehobenen § 15 Abs. 2 KommStG 1993 war die bloße Versäumung eines Zahlungstermines (einer Fälligkeit) strafbar.

Gemäß § 251 Abs. 1 lit. a der Wiener Abgabenordnung – WAO macht sich einer Verwaltungsübertretung schuldig, wer Abgaben, die nicht bescheidmäßig festzusetzen sind, nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet, es sei denn, er gibt bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des Betrages und die Gründe der nicht zeitgerechten Abfuhr bekannt; im Übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermines für sich allein nicht strafbar.

Gegen eine derartige Regelung bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Textlich gleichartige Nichtzahlungstatbestände gibt es in den Landesabgabenordnungen von Burgenland, Tirol, Oberösterreich, Kärnten und Steiermark. In den anderen Landesabgabenordnungen ist die Nichtzahlung nur im Rahmen einer Verkürzung (Niederösterreich und Vorarlberg) oder überhaupt nicht strafbar (Salzburg).

5. Zusammenfassung und Ausblick
Die Aufhebung der Strafbestimmungen (Euroversion) im KommStG 1993 hat nicht unbedingt zu einer Regelungslücke geführt. Der Verfassungsgerichtshof geht im Erkenntnis vom 9. Oktober 2002 davon aus, dass „durchwegs“ die allgemeinen Strafbestimmungen der jeweiligen Landesabgabenordnung anzuwenden sind. Eine erste Analyse dieser Option lässt erhebliche länderweise Unterschiede beim Verkürzungstatbestand erkennen; beim Nichtzahlungstatbestand gibt es überwiegend gleichlautende Regelungen. Soweit vergleichbare Tatbestände nicht vorhanden sind (wie z. B. in Salzburg) wird es Sache des jeweiligen Bundeslandes sein, die entsprechenden Adaptierungen zu überprüfen.

Die mit dieser Option eingeleitete Diskussion wird sich vielleicht generell mit dem Stellenwert der Verwaltungsübertretungen im Abgabenstrafrecht beschäftigen.

Der zu erwartende Meinungsbildungsprozess auf der Ebene der Länder, Städte und Gemeinden bleibt abzuwarten.

OEGZ

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