EUREPGAP – neues „freiwilliges“ Kontrollsystem zwischen Produzenten und großen Handelsketten

EUREPGAP – neues „freiwilliges“ Kontrollsystem zwischen Produzenten und großen Handelsketten

EUREPGAP ist ein internationales Kontrollschema, dem sich landwirtschaftliche Produzenten zukünftig unterziehen müssen, um an den Handel liefern zu dürfen. Es sieht eine Harmonisierung von bereits bestehenden Anforderungen hinsichtlich Sicherheits-, Qualitäts- und Umweltaspekten vor. Anlass für die Entstehung dieses Kontrollsystems war ein massiver Vertrauensverlust beim Konsumenten aufgrund verschiedener Lebensmittelskandale. EUREPGAP betrifft die gesamte Produktionskette vom Produzenten bis zum Einzelhandel.

 

Die Entwicklung
Wie in vielen anderen Bereichen war auch die Lebensmittelindustrie in den letzten 10 bis 15 Jahren einer rasanten Globalisierung ausgesetzt. Viele der Produkte, die im Supermarkt verkauft werden, werden weltweit produziert. Aus dieser Situation heraus entstand der Wunsch vieler Verbraucher nach Kontrollen der Produktion von unabhängigen Dritten, die den Nachweis erbringen sollten, dass die angebotenen Lebensmittel in jeder Hinsicht sicher waren.
Zusätzlich zum Wunsch nach Lebensmittelsicherheit trat auch noch massiv die Frage auf, wie die Produktion der einzelnen Produkte in weit entfernten Ländern verläuft. Immer wieder tauchen in den Medien Berichte auf, dass es weltweit noch Produktionsmethoden gibt, die die Umwelt auf Dauer stark beeinträchtigen, bzw. unter ablehnenswerten sozialen Bedingungen durchgeführt werden. Viele Konsumenten lehnen solche Produktionsarten ab.
1997 begann EUREPGAP mit der Entwicklung von Standards für frisches Obst und Gemüse. Die Initiative wurde von einem Unternehmen aus der Agrochemie-Branche ergriffen. Dieses Unternehmen erbat von verschiedenen Retailern (= Einzelhändlern) Maßnahmen zu setzen, dass die Mehrheit der Hersteller von Obst und Gemüse sich den Forderungen des integrierten Pflanzenbaues unterziehen sollte. Ursache dafür war, dass sich im Pflanzenbereich immer mehr die Ausbildung von Resistenzen gegenüber Rückständen von Pflanzenschutzmitteln zeigte.
EUREP (Euro Retailer Produce Working Group) hat am 17. 11. 1999 in Paris im Rahmen einer Konferenz ihr Projekt zur Umsetzung branchenweiter guter Agrarpraxis (GAP) vorgestellt.

Was ist der Inhalt der EUREPGAP-Richtlinien?
Die EUREPGAP-Richtlinie definiert derzeit Mindeststandards für den Anbau von Obst, Gemüse und Blumen. Der eingeschlagene Weg ist eine Reaktion auf das zunehmende Interesse der Verbraucher für Lebensmittelsicherheit und Umweltfragen. Damit sollen die bereits bestehenden Anforderungen der Europäischen Einzelhändler hinsichtlich Sicherheits-, Qualitäts- und Umweltaspekten harmonisiert werden.
Die Anwendung dieser Richtlinie wird weitgehend positive Auswirkungen auf die gesamte Produktionskette von Lebensmitteln haben, da diese internationale Vereinheitlichung es den Produzenten erleichtert, ihre Handelskunden von der Einhaltung der geforderten Anbaustandards zu überzeugen.
Es wird erwartet, dass sich ein Großteil der wichtigsten Lieferanten (Produzenten) an Einzelhändler verpflichtet, die Anerkennung von EUREPGAP zu erwerben.
Wesentlich ist, dass sich die Produzenten verpflichten, die Basisanforderungen der von EUREPGAP herausgegebenen Richtlinien zu erfüllen und dies durch eine neutrale Kontrolle durch eine von EUREP anerkannte Kontrollstelle bestätigen zu lassen. Als Kontrollstelle kann jede unabhängige Organisation tätig werden, welche nach der Norm EN 45011 (Produktzertifizierung) anerkannt ist.

Wie wird kontrolliert?
Viele führende europäische Lebensmittelhandelsketten haben sich geeinigt, die in einer Checkliste erstellten Forderungen über die gute Agrarpraxis (GAP) zu akzeptieren und diese als Forderungskatalog an die Produzenten weiterzugeben.
Das sollte als Antwort gesehen werden, das gestiegene Interesse der Konsumenten und Fragen der Landwirtschaft sowie deren Einfluss auf die Nahrungsmittelsicherheit und Umweltqualität sicherzustellen.
Oberstes Ziel ist es, dass die landwirtschaftlichen Produzenten das teilweise verlorene Vertrauen der Verbraucher (vor allem hinsichtlich produktionstechnischer Vorgänge) wieder erlangen und zukünftig auch behalten.
Alle Produzenten, die sich diesen Richtlinien unterziehen, müssen darlegen, dass sie sich gegenüber folgenden Punkten besonders verpflichtet fühlen:

- Wahrung des Verbrauchervertrauens in Qualität und Sicherheit von Nahrungsmitteln

- Minimierung von negativen Einflüssen auf die Umwelt bei gleichzeitigem Schutz von Fauna und Flora

- Verminderung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln durch die Anwendung der Prinzipien des integrierten Pflanzenbaus

- Effizienzsteigerung bei der Nutzung natürlicher Ressourcen wie Boden, Wasser, Luft und Energie

- Verantwortliches Handeln hinsichtlich Gesundheit, Sicherheit, soziale Belange und der Ausbildung aller Beschäftigten

- Implementierung von Eigenkontrollsystemen im Sinne von HACCP

Dass ein solches Vorhaben selbstverständlich nur mit einem hohen Aufwand bei der vorgeschriebenen Dokumentation einhergeht, ist zusätzlich eine Voraussetzung. Anhand dieser Dokumentation kann die geforderte Transparenz der gesamten Tätigkeit nachweisbar gemacht werden.

Welche Kontrollen beinhaltet dieses Regelwerk?
Das von EUREPGAP veröffentlichte Regelwerk besteht aus folgenden Teilen:

- Protokoll
- Zertifizierungsprozess
- Checkliste
- Interpretation des Standards

Die genannte Checkliste ist ein umfangreiches Dokument, welches ausführliche Fragen zu folgenden Punkten behandelt:

- Rückverfolgbarkeit
- Aufzeichnungen
- Sorten und Unterlagen
- Standortgeschichte und -management
- Boden- und Substratmanagement
- Düngereinsatz
- Bewässerung
- Schutz des Erntegutes
- Erntemaßnahmen
- Nacherntebehandlungen
- Abfallmanagement, Recycling
- Gesundheit, Sicherheit und soziale Belange der Beschäftigten
- Umweltschutz
- Kundenreklamation
- Interne Audits

Die Erfüllung der Vorgaben dieser Checkliste unterteilt sich in 3 Beurteilungsgruppen:

- Empfehlungen, Erfüllung von „shoulds“
- 95% Erfüllung von „Minor must’s“
- 100% Erfüllung von „Major must’s“

Die Einteilung dieser Beurteilung ist von der Zentrale in Köln/D vorgegeben, wobei vorgesehen ist, jene Fragen, die derzeit als Empfehlungen gelten, in Zukunft den Punkten 2 bzw. 3 einzugliedern.

Wie ist die Organisation gegliedert?
Die Zentrale dieser Organisation ist im EHI (Europäischen Handelsinstitut) in Köln, einem privaten Forschungs- und Fortbildungsinstitut, niedergelassen.
EHI war ursprünglich als Sekretariat des EUREPGAP geplant, wurde aber im März 2001 in die FOODPLUS GesmbH umgewandelt.
FOODPLUS ist eine Tochtergesellschaft der EHI und agiert als globales Organ für EUREPGAP. Zusätzlich ist FOODPLUS GesmbH der rechtliche Halter des EUREPGAP-Standards.
Seit 2000 hat EUREPGAP Zertifizierungsstellen zugelassen, die Zertifikate unter dem EUREPGAP-Programm ausstellen dürfen. Die Zertifizierer müssen den geforderten Standard nach der Norm EN 45011 einhalten.
Die Zertifizierungen werden nach 3 unterschiedlichen Richtungen wie folgt durchgeführt:

- Zertifizierung von Einzelbetrieben
- Gruppenzertifizierung (Erzeuger- und Vermarktungsorganisationen)
- Benchmarking

Die Konsequenzen
Es liegt in der Natur der Sache, dass in vielen Fällen die Erfüllung dieser Richtlinie seitens der landwirtschaftlichen Produzenten nur zähneknirschend und mit Überwindung von innerem Widerstand zur Kenntnis genommen werden wird. In einigen Fällen werden auf den Landwirt auch innerbetriebliche Umstellungen zukommen bzw. werden umfangreiche Umbauten stattfinden müssen, die zum Teil sehr kostenaufwändig sein werden.
Es muss fairerweise aber auch festgestellt werden, dass viele der wesentlichen Forderungen, die im Zuge dieses Programms an den Landwirt gestellt werden, bereits in anderen Gesetzeswerken niedergeschrieben sind, aber häufig überlesen bzw. bewusst ignoriert wurden.
Zukünftig wird aber seitens der Produzenten darüber nachzudenken sein, dass in naher Zukunft die Einzelhändler die Bedingung stellen werden, dass nur dann Lieferungen angenommen werden, wenn die Vorgaben der EUREPGAP-Richtlinien erfüllt sind.

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