Korruption – Korruptionsbekämpfung Das Phänomen – einige wesentliche Merkmale – vom Dunkelfeld bis zur erfolgreichen Prävention

Korruption – Korruptionsbekämpfung Das Phänomen – einige wesentliche Merkmale – vom Dunkelfeld bis zur erfolgreichen Prävention

Immer wieder berichten Medien über diverse skandalöse Machenschaften in Verbindung mit Korruption, ja sogar im eigenen Land und in der Europäischen Kommission gibt es nun solche Fälle, die auch bei Gericht abgehandelt werden. Der einzelne Bürger muss letztlich staunend zur Kenntnis nehmen, dass am Ende nur geringe oder überhaupt keine Sanktionen ausgesprochen werden. Wer sich mit dem Thema Korruption beschäftigt, darf sich nicht auf das Strafgesetz beschränken.Die Sanktionen sind nur ein Teil der Bekämpfung. Es bedarf großer Anstrengungen, um das Phänomen Korruption als Ganzes zu erkennen, dazu zählen auch präventive Maßnahmen wie Sensibilisierung der Bediensteten, Wahrnehmung von Überwachungsaufgaben und Durchführung von Risikoanalysen. Wird über Korruptionsbekämpfung erst nachgedacht, wenn die Vorkommnisse eingetreten sind, dann ist es sicher zu spät. Bei korrupten Vorgängen profitieren nur ganz wenige Mitbürger auf Kosten vieler anderer. Korruption ruiniert letzten Endes unseren Staat. Verlierer sind wir alle, daher muss Korruption geächtet werden.

 

Wir leben heute in einer Zeit der organisatorischen Umstrukturierung ganzer Branchen, der Globalisierung der Märkte und mit vielen Neuerungen auf dem technologischen Sektor. Das Wirtschaftsleben von „früher“ ist nur mehr in manchen Randbereichen anzutreffen. Ebenso hat sich aber auch das moralische Umfeld des Wirtschaftslebens verändert, ablesbar ist dies an den zahlreichen Korruptions-, Untreue-, Veruntreuungs- und Bestechungsaffären.
Was bis vor kurzem noch in Österreich für fast undenkbar gehalten wurde, ist nun eingetreten und öffentlich geworden. Immer wieder sind wir Zeitzeugen von Gerichtsverfahren, wo verdächtigen Personen korruptes Verhalten vorgeworfen wird. In diesem Zusammenhang finden dann auch Diskussionen zum Themenkomplex Korruption statt, zumeist ausgelöst durch die Tagespresse, aber auch durch Beiträge in ausgewählten Fachpublikationen und von sonstigen Fachexperten.
Dem interessierten Leser dieser Berichte und Beobachter wird sodann klar, bei den häufigsten Korruptionsfällen handelt es sich einmal mehr um Bestechung oder um Bestochenwerden. Die selbsternannten Experten wussten schon immer, die Korruption gibt es auch bei uns und dagegen könne man eben nichts machen, dies wäre nun einmal so. Stimmt dieses Vorurteil wirklich?
Dieser Einstellung muss entschieden entgegengetreten werden. Korruption untergräbt nicht nur die Integrität einer Gesellschaft, sie hemmt die soziale und wirtschaftliche Entwicklung und verstärkt zusätzlich die Armut. Korruption unterhöhlt die Qualität des öffentlichen Dienstes und bringt letztlich die Demokratie in Gefahr. Anstelle von fairem Wettbewerb über Qualität und Preis führt dies zu einem Wettbewerb der Bestechung und Bestechlichkeit. Korruption ist daher in jeder Form abzulehnen, weder zu dulden noch zu fördern.
Vereinfacht ausgedrückt kann man unter Korruption jenen Sumpf verstehen, in dem Politiker, Beamte und andere Amtsträger ihre Stellung bzw. ihre Befugnisse missbrauchen, um sich persönliche Vorteile zu verschaffen.
Ohne den Begriff historisch näher zu betrachten, versteht man unter korrumpieren seit jeher mit Geld bestechen, es wird jedoch auch etwas Verwerfliches, ein zuschande machen, einfach ein „Sittenverfall“ damit verbunden.

Medien und Korruptionsfälle
Die Medien erfüllen eine wichtige Rolle bei Korruptionsvorfällen. Sie zeigen die Thematik auf und halten sie lebendig. Auf der anderen Seite nützen manche Medien die Gelegenheit, die öffentlichen Bediensteten (manchmal auch zurecht) an den Pranger zu stellen. Sehr rasch wird auch skandalisiert und eben gleich die ganze Verwaltung als korrupt bezeichnet.
Auf der anderen Seite kann aber auch festgestellt werden, dass dieser Teil unserer Wirtschaft, also Bestechung und Bestechlichkeit, als nichts mehr Aufregendes wahrgenommen und eher als „Kavaliersdelikt“ abgetan wird.
Für diese Wahrnehmung sind zumindest zwei Gründe zu nennen:

- Erstens, weil den im Wirtschaftsleben Kundigen durchaus bekannt ist, dass Vorteilsgewährungen in der Wirtschaft schon als fixer Bestandteil von Marketingüberlegungen angesehen werden.

- Zweitens, weil diese zutage tretenden Verfehlungen von den interessierten Bürgern zumeist nicht als solche wahrgenommen werden. Der Täter, falls dieser überhaupt namentlich bekannt werden sollte, gilt dann eben als „cleverer Bursche“, der den Behördenapparat überlistet hat.
Betrachtet man solche Medienberichte kritisch, dann ist in unserer Gesellschaft eine unzureichende Ächtung der Korruption festzustellen.

Dunkelfeld – häufige Strafrechtsverletzungen
Neben diesem eigenartigen Widerspruch, oftmalige Skandalisierung und sodann auch Bezeichnung als Kavaliersdelikt, wird auch sehr oft von einem bedeutenden Dunkelfeld gesprochen.
Ob es sich hier um einen unbedeutend kleinen oder einen relativ großen Teilbereich der Wirtschaft handelt, kann nicht eindeutig gesagt werden. Es gibt in Österreich dazu keine offizielle Statistik und die bekannt gewordenen Fälle sind nur jene, welche im Rahmen der Anzeigelegung und strafrechtlichen Verfolgung so bekannt werden. In der Tat gibt es mehr Vorfälle, als bei Gericht abgehandelt werden.
Als gesichert kann angenommen werden, dass diese „Sparte“ nicht so schnell aussterben wird und in der Zukunft sowohl die Ermittlungsstellen im Unternehmen selbst als auch die zuständigen Behörden noch einige Zeit beschäftigen wird.
Korruption ist keine neue oder moderne Erscheinung, sondern eine seit vielen Jahrhunderten bekannte Verbrechensform. Dieses Phänomen hat unmittelbare Auswirkungen auf die politische Kultur, auf das Verhältnis zu den staatlichen Einrichtungen und den Mechanismen der Marktwirtschaft. Bei einigen unserer Nachbarländer ist die dort vorhandene Korruption zu einem gravierenden Problem gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklung geworden.
Bei Gerichtsverfahren mit korruptiven Handlungen finden häufig folgende Strafrechtsbestimmungen Anwendung:

- §.302.StGB – Missbrauch der Amtsgewalt
- §.304.StGB – Geschenkannahme durch Beamte
- §.305.StGB – Geschenkannahme durch leitende Angestellte eines öffentlichen Unternehmens
- §.306.StGB – Geschenkannahme durch Sachverständige
- §.307.StGB – Bestechung
- §.308.StGB – Verbotene Intervention
- §.310.StGB – Verletzung des Amtsgeheimnisses
- §.313 StGB – Strafbare Handlungen unter Ausnützung einer Amtsstellung

In diesem Zusammenhang sind weitere Strafrechtsverletzungen wie Untreue § 153 StGB, § 153a StGB Geschenkannahme durch Machthaber, Urkundenfälschung § 223 StGB und auch Urkundenunterdrückung § 229 StGB, anzutreffen.
Aus der polizeilichen Kriminalstatistik über geklärte Kriminalfälle aus den letzten 4 Jahren ist auszugsweise Folgendes zu ersehen:
Im Zeitvergleich ist besonders ein Rückgang des Deliktes § 302 StGB (Missbrauch der Amtsgewalt) festzustellen und eine auffällige Steigerung der Delikte § 304 StGB (Geschenkannahme durch Beamte) und § 307 StGB (Bestechung) von 2001 auf 2002 durch besondere Vorfälle zu erkennen.

Gefährdungsbereiche in der öffentlichen Verwaltung
Im Bereich der öffentlichen Wirtschaft ist vor allem die unzureichende, mitunter völlig fehlende Sensibilität der Verwaltungsbediensteten für geschäftliches Interesse und Geschäftsziele in der Privatwirtschaft als korruptionsbegünstigender Faktor anzuführen.
Die Praxis zeigt, dass Verwaltungsbedienstete oft nur deshalb in die Fänge der Korruption geraten, weil sie die Absichten der im ständigen Wettbewerb stehenden Einflussnehmer nicht oder nicht rechtzeitig erkennen.
Dies gilt selbstverständlich auch für Kontakte, die sich im privaten Bereich ergeben.
So werden Korruptionshandlungen nicht selten als „Kontaktpflege“, als „Dankeschön für gute Zusammenarbeit“ oder auch unter die Rubrik „Bürgernähe“ eingeordnet. Der damit einhergehende Zustand der Erpressbarkeit wird nicht erkannt oder oft erst dann bemerkt, wenn der Einflussnehmer die erwartete Gegenleistung einfordert. Dann ist es meist schon zu spät, um auszusteigen.
Für korruptive Einflussnahmen sind prinzipiell alle Verwaltungsressorts und Bedienstete als potentiell gefährdet einzustufen. Jede öffentliche Verwaltung, auch wenn sie bestens geführt wird, hat Schwachstellen, die die Korruption begünstigen.
Von einer erhöhten Gefährdung ist dann auszugehen, wenn Bedienstete im Rahmen ihrer Tätigkeit sensible Daten verwalten, ständig Außenkontakte wahrzunehmen haben oder über den Einsatz öffentlicher Mittel (mit) entscheiden. Beispielhaft wird angeführt:

- Umgang mit personenbezogenen oder sonstigen geheimhaltungsbedürftigen Daten,

- Ausstellung behördlicher Genehmigungen und Konzessionen (einschließlich Befreiungen von Auflagen),

- Kontrolltätigkeit mit häufigen Außenkontakten wie Kontrollen zur Einhaltung von erteilten Auflagen,

- Vergabe bzw. Verteilung öffentlicher Aufträge (Hoch- und Tiefbau, Aufträge für diverse Dienstleistungen, sonstige Bereiche wie Logistik, Beschaffung etc.),

- Vergabe von Fördermitteln, von Subventionen (Wirtschafts- und Wohnungsförderung).

Die Verhaltensweisen von Arbeitern, Angestellten und auch Beamten der allgemeinen öffentlichen Verwaltung sind vielschichtig und auch wenn diese korrupt erscheinen mögen, sind diese nicht immer eindeutig strafgesetzlich zuzuordnen bzw. abzuurteilen. Denn nicht alles, was verwerflich ist, ist auch strafbar.
Das Feld von Grauzonen zwischen strafbaren und sozial-ethisch verwerflichen Korruptionshandlungen ist weit. Die einzelnen Symptome sind schwer zu beurteilen.

Korruptives Handeln – Stufenleiter
Die Abgrenzungsproblematik zwischen vertretbarem und nicht mehr vertretbarem, korruptem oder korrumpierendem Handeln kann anhand einer Stufenleiter gesehen werden. Der stufenweise Übergang vom moralisch vertretbaren zum korrupten Verhalten lässt sich wie folgt darstellen. Die Handlungsweise ist entweder

1. vorbildlich,

2. offen und eindeutig,

3. ethisch geboten oder gerade noch vertretbar (eine Grenzsituation liegt vor).

Andererseits ist dann die Handlungsweise

4. nicht mehr vertretbar, da die Schwelle zum Strafdelikt überschritten wurde,

5. die Schwelle ist klar überschritten und als letzte Stufe,

6. die Handlung ist strafbar.

Nur wer für die Problematik sensibilisiert ist, kann letztlich die Indikatoren der Korruption richtig einschätzen und beurteilen. Von ebensolcher Bedeutung ist das Erkennen des Vorfeldes der Korruption.

Das „Vorfeld“ der Korruption
Der Begriff Korruption beschränkt sich nicht nur auf die strafrechtlich relevanten Tathandlungen, sondern umfasst meist ein sehr weites Vorfeld, die in ethisch-moralisch verwerflichen Handlungen sichtbar werden.
Wird beispielsweise eine Straße nicht aus ökonomischer Notwendigkeit, sondern aufgrund von Profitinteressen eines bestimmten Unternehmers gebaut bzw. saniert, obwohl dies noch nicht nötig war und bedankt sich danach dieser Unternehmer für den erhaltenen Auftrag mit einer mehr oder weniger kleinen „Aufmerksamkeit“ beim zuständigen Beamten der Stadt, wird das Phänomen Korruption schnell deutlich.
Das vorhin genannte Beispiel ist wegen der einfachen und überschaubaren Abhängigkeiten sehr plausibel und auch logisch nachvollziehbar. In unserer sehr komplexen Wirtschaftsstruktur sind die korruptiven Verhaltensweisen jedoch nicht immer so klar oder eindeutig ersichtlich, besonders wenn legale und illegale Praktiken miteinander vermischt werden. Die modernen Ausprägungen der Korruption können z. B. von Unternehmen ausgehen, die in einer breiten Netzwerkbildung eine Langzeitbegünstigung organisieren und in einer Grauzone zwischen Legalität und krimineller Heimlichkeit ablaufen. Viele Beispiele sind dafür bekannt.
Ob letztlich die Aufmerksamkeit bedeutend oder unbedeutend war, ist subjektiv verschieden und hängt sehr vom Wohlstand des Gebers als auch von der Bedürftigkeit des Nehmers ab.

Der Mensch als verwaltungsinterne Schwachstelle
Die Korruption und damit auch die korruptionsbegünstigenden Faktoren sind nicht nur vielfältig, sondern sehr häufig auch in engem Zusammenhang mit den Tätermotiven selbst zu sehen.
Zumeist sind korruptionsbestimmende Faktoren eine Folge von Missmanagement und der damit einhergehenden Mängel in der Aufbau- und Ablauforganisation einer Behörde. Die eigentliche Schwachstelle ist jedoch der Mensch als Ausführender. Folgende Problembereiche können hier genannt werden:

- persönliche Probleme (z. B. Sucht, Schuldendruck),
- Frust, Unzufriedenheit mit dem Vorgesetzten bzw. Dienstgeber,
- fehlende Anerkennung, Übergehen bei Beförderungen,
- fehlende Identifikation mit der Behörde, Jobdenken,
- subjektiv empfundene Unterbezahlung,
- dienstliche Überforderung,
- Geltungsbedürfnis, Prestigedenken.

Die Formen der Korruption
Korrupte Handlungen können spontan, also aus der Situation heraus, aber auch planmäßig und langfristig begangen werden.
Der spontane Bestechungsversuch aus aktuellem Anlass wird auch als situative oder kleine Korruption, die langfristig planmäßige Korruption als strukturelle, große Korruption mit weitverzweigten Beziehungsnetzen verstanden.
Die Erfahrung zeigt uns, dass eine spontane Korruptionshandlung überwiegend im Rahmen der täglichen Verwaltungsarbeit vorkommt, wie z. B. beim Dienst am Schalter, bei vorzunehmenden Kontrollen etc.
Handelt es sich jedoch um komplexere Vorgänge, wie z. B. Abwicklung des behördlichen Beschaffungswesen oder um das Führen von Genehmigungsverfahren, dann wird zumeist planmäßig vorgegangen.
Die in diesen Verfahren tätigen Beamten stehen potentiell immer im Visier der Antragsteller. Sie werden durch Gewährung von diversen Vorteilen auf die spätere korruptive Tathandlung eingestimmt, also regelrecht „angefüttert“.
Es kommt auch vor, dass dann aus eigenem Antrieb heraus „Gegenleistungen“ erbracht werden. Dies soll jedoch nicht die Absicht gewesen sein.
Es besteht daher die Gefahr, dass Amtsträger durch gezielte „Aufmerksamkeiten“ und deren stetige Wertsteigerung auf Dauer abhängig und zugleich erpressbar werden.

Korruption und Organisierte Kriminalität
Wer sich mit dem Phänomen Korruption näher auseinander setzt, also die hauptsächlichen Erscheinungsformen, Ursachen, Auswirkungen, Tätermotive etc. untersucht, kommt nicht umhin, dies in Zusammenhang mit dem schillernden Begriff der „Organisierten Kriminalität“ zu sehen.
Das Klima, in dem sich zunehmend die Korruption verbreitet, ist erfahrungsgemäß auch ein guter Nährboden für das organisierte Verbrechen. Es gibt viele Gründe für die Behauptung, dass aktive und passive Bestechung die Schleusentore der Organisierten Kriminalität (OK) sind. Der dabei entwickelte Schmiergeld-Strom ist das Öl und gleichzeitig der Lebensnerv der Organisierten Kriminalität.
Die potentiellen Straftäter versuchen Politik, Verwaltung, Justiz, Medien und Unternehmen zu durchdringen und für ihre Zwecke der illegalen Profitmaximierung einzuspannen.
Als typische Erscheinungsformen der OK gelten heute:
Drogen-, Waffen- und Menschenhandel, Schutzgelderpressung, Kapital-, Versicherungs- und Submissionsbetrug, aber auch die organisierte Umweltkriminalität. Der Bau und der Betrieb von Bordellen, Spielhallen und Gaststätten, die Verschiebung gestohlener Kraftfahrzeuge, sind eng mit der Bestechung von Entscheidungsträgern in Verwaltung und Politik durch Mitglieder der Organisierten Kriminalität verbunden.
Bei den vielen Erscheinungsformen spielt die Korruption eine äußerst wichtige Rolle.
Manchmal wird die Meinung vertreten, Korruption gibt es nur – wenn überhaupt – vereinzelt und dann nur in den unteren Rängen der Organisation. Jene Personen, die dieser Meinung sind, finden sodann auch viele Gründe für die Vernachlässigung des Kontrollapparates. Diese Einstellung ist ein grober Fehler, denn damit wird andererseits der Korruption der Weg erst recht geebnet.
Unbestritten ist, Kriminalität in Unternehmen ist so alt wie die wirtschaftliche Betätigung der Menschheit überhaupt und eben untrennbar mit dem allgemeinen wirtschaftlichen Leben verbunden.

Neue Herausforderung für Ermittlungsbehörden
Die vielen Möglichkeiten und die Komplexität des wirtschaftlichen Handels, insbesondere ab Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, verursacht auch durch die Globalisierung der Handelsbeziehungen, brachte im gleichen Zug für Personen mit krimineller Energie eine Vielzahl neuer mannigfaltiger Betätigungsfelder. Begünstigt wird dies durch die zunehmende Kaufkraft und den technischen Fortschritt.
Dementsprechend sind auch die fachlichen Anforderungen sowie der zeitliche und kapazitätsmäßige Aufwand zur Bekämpfung dieser kriminellen Handlungen gestiegen.
Eine erfolgreiche Tätigkeit für die Ermittlungsstellen in den zuständigen Kontrolleinheiten wie Rechnungshöfen, Kontrollämtern oder der Internen Revision ist schon lange keine leichte Sache mehr, sondern wird mitunter zu einer anspruchsvollen und ernst zu nehmenden akademischen Herausforderung. Dies gilt im gleichen Maße ebenso für die zuständigen Ermittlungsbehörden wie Staatsanwaltschaft, Untersuchungsgericht, Polizei, Finanz bzw. Zoll.

Anonyme Schreiben und ihre Aussagekraft
Im Regelfall werden korruptive Tathandlungen nicht durch namentlich gezeichnete Anzeigen bei der Sicherheitsdienststelle bekannt, sondern vielmehr durch so manche anonyme Hinweise.
Warum die überwiegende Zahl von Korruptionsvorfällen auf diese Art und Weise bekannt wird, scheint einleuchtend zu sein, wenn man die Hintergründe beleuchtet. Oft kommt es vor, dass die Bürokollegen am Arbeitsplatz das korrupte Verhalten selbst oder die eigenartigen Praktiken des involvierten Kollegen (Täters) bald merken, aber aus kollegialen Gründen sich nicht als Anzeiger zur Verfügung stellen wollen.
Diese anonymen Hinweise bilden dann die eigentliche Basis für weitere Überlegungen, dies sollten die Verantwortlichen im öffentlichen Dienst aber auch in der Privatwirtschaft ernst nehmen, wenn Korruption wirklich verhindert werden soll. Andererseits werden im kriminalpolizeilichen Bereich mit anonymen Hinweisen die Ersterhebungen eingeleitet.
Der Verfasser solcher Schreiben zeichnet sich zumeist durch sehr gute Detailkenntnisse aus und nennt auch die organisatorischen Abläufe beim Namen, zeigt die Lücken auf oder nennt gleich die Beteiligten im Kreislauf illegaler Manipulationen bzw. dieser so entstandenen Vetternwirtschaft.
Aus der Sicht einer ernst zu nehmenden Verhütung von Korruption wäre es ein kapitaler Fehler, wenn entschieden wird, diese Informationen zu ignorieren oder die verdächtige Person damit direkt zu konfrontieren.
Mit aller notwendigen Diskretion ist hier – mitunter ist Eile nicht angebracht – vorzugehen.
Natürlich ist auch der Fall denkbar, dass mit dem anonymen Hinweis missliebige Kollegen angeschwärzt und in Verruf gebracht werden sollen oder können. Dieser Fall hat sich in den letzten Jahren jedoch noch nicht bestätigt.
Relativ selten ist das Aufdecken eines Korruptionsfalles durch eine im üblichen Zeitplan ablaufende Revisionsprüfung. Beobachtet werden konnte weiters, dass der mitteilungsbedürftige (anonyme) Anzeiger seine Schreiben bei verschiedenen Stellen einbringt.

Beispiele anonymer Anzeigen
Anonyme Mitteilungen lauten z.B.:

- In einer Behörde würde der zuständige Leiter für Wohnungsvergabe und -sanierungen sich von einer Baufirma einen mehrwöchigen Urlaub in Schottland finanzieren lassen.

- Der Leiter eines Krankenhauses würde die Abrechnungsverpflichtungen nicht ordnungsgemäß vornehmen. Dieser Mangel wäre im Hause bekannt, aber aufgrund von politischen Interventionen hätte dieser keine Konsequenzen zu befürchten und versieht auch trotz alledem seinen Dienst.

- Der Bürgermeister, der gleichzeitig im Zivilberuf eine Dienstleistungsfirma betreibt, würde bei der Vergabe von Bauvorhaben immer wieder seine eigene Klientel bevorzugen.

Ursachen und Auswirkungen der Korruption
Aufgedeckte Manipulationen, insbesondere bei der Vergabe staatlicher Aufträge, haben in letzter Zeit zunehmend die öffentliche Verwaltung in die Kritik gebracht.
Der Bürger zweifelt an der Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung insgesamt, er erkennt ein bisher nicht für möglich gehaltenes Ausmaß der Korruption bei den öffentlich Bediensteten. Der Bürger befürchtet zurecht auch beträchtliche Schäden zu Lasten des Steuerzahlers.
Die Korruptionsverflechtungen sind nur schwer aufzubrechen. Es gibt keine Opfer im klassischen Sinne, das korrupte System der Selbstbereicherung funktioniert ungestört über viele Jahre, weil alle Beteiligten, Täter und Nutznießer, die Ausbeuter des Staates sind.
Die Geheimhaltung, also die Abschottung nach außen, ist nahezu perfekt.

Materieller – immaterieller Schaden
Die Folgen und Auswirkungen der Korruption schlagen sich schon kurzfristig in hohem materiellen Schaden nieder.
Auch wenn Korruptionsdelikte zum Zeitpunkt der Tat gegen den Staat bzw. gegen die Gemeinde gerichtet sind, so muss letztlich immer der Bürger für diese „Finanzierungskosten“ der Korruption durch höhere Steuern und Abgaben aufkommen.
Eine integere, gewissenhaft arbeitende Verwaltung bewahrt den Bürger also letztlich auch vor einer zu großen staatlichen Abgabenlast.
Neben dem materiellen Schaden ist aber auch der immaterielle Schaden der Korruption nicht gering zu schätzen.
Hier ist vor allem die Rufschädigung der betroffenen Behörde anzuführen.
Nach einem aufgedeckten Fall von Korruption steht in aller Regel nicht nur der als korrupt entlarvte Bedienstete, sondern auch sein dienstliches Umfeld oder gar die gesamte Behörde und somit auch die Leitung des Behördenapparats berechtigt im Visier der Kritik.
Korruptionsgefährdete Ressorts gelten auch in anderen Behörden selbst dann als anrüchig, wenn die Aufgaben sonst gewissenhaft und ohne Beanstandungen erledigt werden.
So leiden auch Unbeteiligte unter den Folgen der Korruption.

Zur Problematik beim Bekanntwerden von Korruptionsfällen
Es ist nicht leicht, die meistens unter dem Siegel der Verschwiegenheit ablaufenden Korruptionshandlungen schnell und klar zu erkennen.
Weil dies so ist, haben diejenigen, die auf Korruptionsfälle innerhalb ihrer Behörden hinweisen, mit besonderen Reaktionen zu rechnen.

- Die eine Gruppe, die sich korrekt und ordentlich verhält, spendet dem „Aufdecker“ Applaus, er wird bewundert, ist es ihm doch gelungen, den meist schon seit einiger Zeit geäußerten Verdacht endlich beim Namen zu nennen.

- Die anderen bringen dem „Aufdecker“ verständlicherweise Verachtung entgegen und nützen alle rechtlichen Mittel, um diesen Kritiker mundtot zu machen.

Es wäre daher nur notwendig, um dieser Problematik entgegenzuwirken, eine Einrichtung oder Institution zu schaffen, die jene schützt, die auf die ablaufenden korruptiven Handlungen aufmerksam machen.
Ohne diesen besonderen Schutz laufen diese Personen Gefahr, ihren Arbeitsplatz zu verlieren.
Der, der auf Korruption aufmerksam macht, benötigt daher Schutz!
Sehr anschaulich wurde vor einigen Jahren in den Medien der Fall des ehemaligen Finanzkontrollors der EU-Kommission Paul van Buitenen dargestellt.
Er machte auf die Misswirtschaft in der Kommission aufmerksam und wurde in der Folge vom Dienst suspendiert. Das war jedoch noch nicht alles, die Kommission leitete ein Disziplinarverfahren ein und beschuldigte diesen Beamten des Verrats von Dienstgeheimnissen. Die Zeit hat auch hier einiges verändert. Die Verantwortlichen haben inzwischen erkannt, dass man den „Aufdecker“ in der Erstphase nicht richtig behandelt hat. Van Buitenen wurde bereits rehabilitiert.
Bei der Begehung von Korruptionsdelikten haben die Beamten neben den strafrechtlichen Sanktionen auch mit disziplinarrechtlichen Maßnahmen zu rechnen, was im äußersten Fall bis zur Entfernung aus dem Dienst führen kann.

Prävention – Bekämpfung der Korruption
Korruptionsprävention verlangt ein behutsames Vorgehen. Wer sich bei der Bekämpfung der Korruption auf die strafgesetzlichen Bestimmungen beschränkt, der hat wohl die Problematik nicht ganz erkannt. Die Bekämpfung kann und muss von mehreren Seiten erfolgen, durch Präventionsmaßnahmen genauso wie durch Repression.
Eine Antikorruptionsstrategie kann nur funktionieren, wenn sie kurz- und mittelfristig auf die Strafverfolgungsbehörden sowie langfristig auf ethisch-moralische Maßnahmen der Politik, Verwaltung und Wirtschaft setzen kann. Es ist notwendig, dass sich über selbstkritische Reflexion ein Problembewusstsein und eine Sensibilität dafür entwickelt.
Diese Strategie findet seit wenigen Jahren auch im Rahmen der EU durch die Einrichtung des Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) seinen Platz, ebenso wurde im Europarat Anfang 1999 eine „Criminal Law Convention on Corruption“ verabschiedet.
Neben diesen „offiziellen“ Organisationen sind auch andere überregionale Institutionen tätig, wie z. B. die internationale Organisation Transparency International (TI).
Diese Organisation ist eine global tätige, politisch und finanziell unabhängige Nicht-Regierungs-Organisation, die sich bereits in mehr als 60 Ländern etabliert hat. TI verfolgt einen ganzheitlichen, auf strukturelle Reformen setzenden Ansatz zur Bekämpfung der Korruption. Hauptaufgabe ist, die verdeckten Strukturen der Korruption aufzuzeigen und damit zu deren Prävention und Ächtung beizutragen.
Eine Korruptionsvorbeugung hat im Zuge einer Sensibilisierung und Aufklärung aller Bediensteten nicht nur Risikobereiche zu analysieren, sondern auch Nebentätigkeiten zu prüfen, die Annahme von Belohnungen und Geschenken und auch die verschiedenen Arten des Sponsoring zu regeln.

Indikatoren für Korruption bzw. Korruptionsverdacht
Für korruptive Einflussnahmen sind eigentlich alle Verwaltungsressorts und Bedienstete, allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur öffentlichen Verwaltung, als potentiell gefährdet einzustufen.
Nur wer für die Korruptionsrisiken sensibilisiert ist, kann die Warnsignale bzw. Indikatoren richtig einschätzen und beurteilen.
Korruption ist beim Geber als auch beim Nehmer Vertrauenssache und überdies ist bei beiden Beteiligten der Unrechtsbewusstsein – wie die Erfahrungen zeigen – im Laufe der Jahre auf der Strecke geblieben.
Die Kenntnis einschlägiger Indikatoren soll die Verantwortlichen in die Lage versetzen, Korruption und andere Manipulationen möglichst frühzeitig zu erkennen.

Zwei Arten von Indikatoren werden unterschieden:

- neutrale,
wie z. B. Nebentätigkeiten mit kritischer Nähe zur dienstlichen Tätigkeit oder Einräumen von unüblichen Sonderkonditionen beim Einkauf, oder plötzlicher, nicht nachvollziehbarer Meinungswandel (z. B. Eintreten für ein Projekt, welches zuvor abgelehnt wurde), und

- spezifische,
wie z. B. Verzicht auf Kontrollen oder Überprüfungen, obwohl ein entsprechender Anlass besteht, wiederholte Wahrnehmung von Außenterminen ohne plausible Erklärung des dienstlichen Bezugs, wiederholte Bevorzugung oder Begünstigung bestimmter Bieter bzw. Auftragnehmer im Vergabeverfahren.

Es wird in der Literatur nicht bestritten, dass eine effiziente strafrechtliche Korruptionsbekämpfung einen gewaltigen präventiven Effekt hat, allerdings kann dieser nach der Tat eintreten.
Die unangenehmen Folgen der Tat können nicht mehr rückgängig gemacht werden.
Einen wesentlichen Aspekt stellt auch die laufende Schulung der Mitarbeiter dar, wobei diesbezüglich eine stärkere Einbindung von Fachleuten, die über korruptive Vorgehensweisen ausreichend informiert sind, sinnvoll wäre.

Literaturhinweise:
Poerting, Peter/Vahlenkamp, Werner: Behördeninterne Strategien gegen Korruption – Leitfaden zur Korruptionsvorbeugung, Bundeskriminalamt Wiesbaden, Deutschland, 1998

Eigen, Peter: Der Kampf gegen die internationale Korruption, Die Kriminalpolizei 4/2001

Bannenberg, Britta: Korruption in Deutschland und ihre strafrechtliche Kontrolle, Luchterhand 2002

Salomon, Helmut: Vortragsunterlagen zum Thema Korruptionsprävention (unveröffentlicht)

Fehlende Tabellen sind in der ÖGZ 01/04 ersichtlich.

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