Getränkesteuerfrage entschärft – trotzdem schwierige Finanzsituation 2004

Getränkesteuerfrage entschärft – trotzdem schwierige Finanzsituation 2004

Der „Katastrophenfall“ sofortige und vollständige Rückzahlung der Getränkesteuer ist nicht eingetreten. Der Verwaltungsgerichtshof hat die „Rückzahlungssperren“ der Landesabgabenordnungen „gehalten“. Allerdings sind nunmehr rund 50.000 Anträge mit einem Gesamtvolumen von etwa 1 Mrd. Euro als Einzelfälle zu prüfen. Da der Verwaltungsgerichtshof bereits gewisse Vorgaben gemacht hat, wird an einer Art „Leitfaden“ gearbeitet.Unabhängig von der Getränkesteuerfrage ist die finanzielle Situation der Gemeinden derzeit mehr als angespannt. Ob die Gemeinden 2003 ihre Rechnungsabschlüsse Maastricht-mäßig überhaupt noch ausgeglichen erstellen können, ist fraglich. Für 2004 ist mit einem beachtlichen Defizit zu rechnen.

 

„Katastrophenfall“ durch Getränkesteuerrückzahlung nicht eingetreten
Der „Katastrophenfall“ sofortige Getränkesteuerrückzahlung ist nicht eingetreten, die Städte und Gemeinden müssen sich jetzt allerdings in die Mühen des „Fegefeuers“ begeben, rund 50.000 Fälle mit einem Volumen von rund 1 Mrd. Euro hinsichtlich der Bereicherungsfrage aufzuarbeiten.
Hätte der Verwaltungsgerichtshof die Landesabgabenregelungen über die Bereicherungsprüfung aufgehoben, wäre schlagartig eine Rückzahlung von größenordnungsmäßig 1 Mrd. Euro innerhalb von 6 Monaten fällig geworden. Nun aber haben diese Regelungen vor dem Verwaltungsgerichtshof „gehalten“ (keine Anlassfallgesetzgebung; die unterschiedliche Behandlung von Fällen vor dem EuGH und dem Verfassungsgerichtshof ist gerechtfertigt), aber es sind alle Fälle, in denen Steuerpflichtige ein Rechtsmittel ergriffen haben, auf Bereicherung im Einzelfall zu prüfen. Genauer gesagt bedeutet dies, dass zu prüfen ist,

- ob und in welchem Umfang die Getränkesteuer auf die Konsumenten (Kunden, Gäste) weitergewälzt wurde und

- ob trotz Weiterwälzung unter Umständen eine Geschäftsbeeinträchtigung dadurch stattfand, dass – wegen des durch die Getränkesteuer höheren Preises – weniger alkoholische Getränke gekauft wurden (Elastizität der Nachfrage).

Typenbildung und/oder Checkliste erforderlich
Derzeit wird daran gearbeitet, wie eine solche Beurteilung überhaupt erfolgen könnte. Seitens des Österreichischen Städtebundes wird die Ausarbeitung einer solchen Checkliste bzw. Typologie durch den Bund begrüßt. Der Expertengruppe werden Unterlagen aus der Praxis zur Verfügung gestellt.

Getränkesteuer war ökonomisch nicht nur negativ
Der Österreichische Städtebund fordert, dass bei den Prüfkriterien auch die wirtschaftliche Struktur der Region, die örtliche Kaufkraft oder die Betriebstype und Ausstattung von Handel und Gastronomie zu berücksichtigen sind. Ferner erscheint bedeutsam, dass die Getränkesteuer für den Ausbau der örtlichen Infrastruktur durch die Gemeinden geradezu lebenswichtig war und eine wichtige finanzielle Grundlage für die positive Weiterentwicklung der Städte und der Gastronomie gebildet hat (Beispiele: Festspiele, Innenstadtsanierungen, Events, Ausbau der Tourismus-Infrastruktur). Es wäre widersinnig, wenn z. B. die Gastronomie in den Innenstädten, die von Festspielen, Events, Fußgeherzonen oder dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs massiv profitiert hat, auch noch Getränkesteuerrückzahlungen erhalten würde.

Meinung der Österreicher zur Getränkesteuerrückzahlung
Die Meinung der Österreicher zur Getränkesteuerrückzahlung ist ganz klar: IFES-Erhebungen – zuletzt aus dem Frühjahr 2003 – zeigen, dass nur ein geringer Prozentsatz (13%) daran glaubt, dass die Unternehmer die Getränkesteuer aus dem Gewinn bezahlt hätten. Nur 6% der Bevölkerung gibt an, dass sie mehr alkoholische Getränke gekauft hätten, wenn es die Getränkesteuer nicht gegeben hätte.

Finanzsituation 2004
Gemeindefinanzen werden immer stärker ausgehöhlt
Wissenschaftliche Arbeiten zeigen, dass die Gemeinden auf finanziellem Gebiet seit einigen Jahren richtig „ausgehungert“ werden.

- Ihr Anteil am Abgabenertrag aller Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) ist seit Mitte der 90er Jahre von 18 auf 17% zurückgegangen. Gewinner ist der Bund. Für die Gemeinden bedeutet das einen jährlichen Verlust von über 500 Mio. Euro und eine massive Tendenz zur Zentralisierung.

- Die Gemeinden werden gleichzeitig immer mehr durch Umlagenzahlungen an die Länder belastet. Diese Zahlungen sind von 1995 bis 2001 von 90 Mio. auf rund 700 Mio. Euro gestiegen.

- Trotzdem haben die Gemeinden ihr Maastricht-Ziel bis 2002 (Null-Defizit) immer eingehalten (2002: plus 258 Mio. Euro (ohne Wien) oder rund 40 Euro/Einwohner).

- Allerdings wurde dies mit einem Rückgang der Investitionen um rund 500 Mio. Euro erkauft. Gemessen am BIP sind die kommunalen Investitionen seit Mitte der 90er Jahre von 1,4 auf 1,0% gesunken.

2004 – Absturz der Investitionen, Maastricht-Ergebnis erstmals negativ
Für 2004 zeichnet sich aufgrund einer Umfrage bei den 20 größeren Städten, die erfahrungsgemäß für alle Gemeinden durchaus repräsentativ ist, eine weitere massive Verschlechterung der Finanzsituation ab:

- Ertragsanteile: 2003 sind sie um 2,8% zurückgefallen. Für 2004 wir es erst im Laufe des Jänner realistische Schätzungen geben.

- Die gemeindeeigenen Abgaben steigen nur um 1 bis 2%.

- Die Gebühren sind praktisch stabil.

- Die Umlagen an die Länder, insbesondere für Krankenanstalten und Soziales, steigen allerdings um 5–10%.

- Demgegenüber werden die Investitionen 2004 mit minus 15% geradezu „abstürzen“.

- Das Maastricht-Ergebnis, das vermutlich bereits 2003 nicht mehr positiv sein dürfte, wird sich 2004 voraussichtlich auf bis zu einige hundert Millionen Euro ins Defizit drehen.

Insgesamt wahrlich keine guten Voraussetzungen für einen positiven Wirtschaftsimpuls!

Keine Einsicht beim Bund
Das Problem ist, dass der Bund sämtlichen Vorbringen, positiver auf die Finanzsituation der Gemeinden einzugehen, de facto ohne Reaktion gegenübersteht, alles auf die Finanzausgleichsverhandlungen verschiebt und nicht die Notwendigkeit akzeptiert, dass die Gemeinden die Leistungen für ihre Bürger hochqualitativ und verlässlich erbringen müssen. Als einziger Lichtblick besteht die Hoffnung auf eine baldige Konjunkturerholung.

Steuerreform und Finanzausgleich
Weiters wurde in den im Dezember 2003 geführten Gesprächen im Koordinationskomitee nach dem Stabilitätspakt vereinbart, dass nach Festlegung der Eckpunkte der Steuerreform im 1. Quartal 2004 die Finanzausgleichsverhandlungen mit den FAG-Partnern begonnen werden. Bei einem Entlastungsvolumen von 2,5 Mrd. Euro wären die Gemeinden aufgrund ihrer Anteilsprozentsätze mit rund 330 Mio. Euro oder 5% ihrer Ertragsanteile betroffen. Es liegt keine Zusage der Städte und Gemeinden vor, sich an den Kosten der Steuerreform – wie vom Bund gewünscht – zu beteiligen.

Österreich-Konvent und Gemeinden
Die Beratungen im Österreich-Konvent schreiten zügig voran. Der Städtebund ist in folgenden Ausschüssen vertreten:

- Ausschuss 1 – Staatsaufgaben und Staatsziele
- Ausschuss 3 – Staatliche Institutionen
- Ausschuss 6 – Reform der Verwaltung sowie
- Ausschuss 10 – Finanzverfassung

Ausschuss 1 – Daseinsvorsorge als neues Staatsziel
Die für den Städtebund wichtige Frage der Verankerung der Daseinsvorsorge in der Bundesverfassung wurde anhand von konkreten Textvorschlägen, die vom Städtebund eingebracht wurden, ausführlichst beraten. Es ist davon auszugehen, dass die Frage der Daseinsvorsorge ein Bestandteil des bis Ende Jänner zu erstellenden Ausschussberichtes sein wird.

Gemeindebereich im B-VG (Art. 115 ff.)
Die Vorsitzenden der Ausschüsse 3 und 6 haben sich darauf verstanden, dass der Gemeindebereich primär im Ausschuss 3 – Staatliche Institutionen – beraten werden wird. Dies soll im Laufe des Jänner erfolgen.
Der Österreichische Städtebund hat Vorschläge erstattet, die unter anderem Folgendes vorsehen:

- Stärkung der rechtlichen Stellung der Städte ab 10.000 Einwohner.

- Flexiblere Regelungen für die interkommunale Zusammenarbeit sowie

- Eröffnung eines größeren Spielraums für die Erlassung von ortspolizeilichen Verordnungen.

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