Die österreichische Geodatenpolitik - Bedeutung, Status und weitere Entwicklung

Die österreichische Geodatenpolitik - Bedeutung, Status und weitere Entwicklung

Die Verfügbarkeit von öffentlichen Geodaten und Geoinformationen als unabdingbare Infrastrukturfür politische Entscheidungen, effektives Verwaltungshandeln, erfolgreiche Unternehmensführung und Mehrwertschöpfung sowie für den persönlichen Nutzen des Bürgers ist durch nationale Vorsorge sicherzustellen. Die effiziente Erfüllung dieser öffentlichen Aufgabe ist durch koordiniertes Vorgehen der beteiligten Dienststellen aller Gebietskörperschaften zu gewährleisten. Größter volkswirtschaftlicher Nutzen entsteht, wenn diese Geodaten allen öffentlichen und kommerziellen Anwendernzu möglichst günstigen Konditionen frei zugänglich gemacht werden und der sich rasch entwickelndeGeodatenmarkt dadurch stimuliert wird. Die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen zur Bereitstellung einer derartigen Geodateninfrastruktur ist Aufgabe der politisch Verantwortlichen. Seitens der öffentlichen Verwaltungen ist das Bewusstsein zu entwickeln, dass die vielen derzeit noch bestehenden Insellösungen bei der Führung und Nutzung von raumbezogenen Daten aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit in Gesamtsysteme zu integrieren sind.

 

Einleitung
Wenn wir von Geodaten oder Geoinformationen sprechen, so meinen wir die – zumeist in öffentlichem Interesse – erstellten Daten und Informationen, die in irgendeiner Art und Weise einen Orts- oder Raumbezug besitzen.
Geodaten werden in den meisten Fällen von den öffentlichen Verwaltungen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung erstellt oder beauftragt und jeweils flächendeckend geführt, unabhängig von lokalen oder temporären wirtschaftlichen Interessen. Beispielhaft zählen hierzu die staatlichen Landkarten, der Grundstückskataster, Flächenwidmungs- und Bebauungspläne, Daten über Gefahrenzonen, Deponien, Schutzgebiete oder die Umweltsituation. Auch Informationen über das Auftreten von Seuchen, die Verteilung von Verkehrsunfällen sowie die Standorte wichtiger Infrastruktureinrichtungen wie Apotheken, Schwimmbäder oder Schulen gehören dazu.
Der Begriff „Geodatenpolitik“ wurde Ende der 90er Jahre im BEV – Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen – geboren. Er gilt als Überbegriff für alle entsprechenden gesetzlichen, organisatorischen, wirtschaftlichen und technischen Rahmenbedingungen eines Staates mit dem Ziel, die Bereitstellung der im öffentlichen Interesse liegenden Geodaten sowie deren Nutzungsmöglichkeiten sicherzustellen. „Nationale Geodateninfrastruktur“ oder „National Spatial Data Infrastructure“ sind die dazu international gebräuchlichen Begriffe, was gleichzeitig die internationale Dimension dieser Thematik unterstreicht.

Bedeutung der öffentlichen Geodaten
Die vielfach zitierte Feststellung, dass etwa 80 Prozent der Entscheidungen in den Verwaltungen orts- oder raumbezogen sind, macht die Unverzichtbarkeit von Geodaten bzw. von Geoinformation deutlich. Ohne diese Datenbestände wären die meisten öffentlichen Leistungen und Basisdienste nicht möglich. Geodaten stellen somit eine wesentliche Voraussetzung für ein reibungsloses Funktionieren des privaten und öffentlichen Lebens dar. Geodaten und Geoinformationen sind demnach staatliche Infrastruktur, die von den Gebietskörperschaften auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene bereitgestellt werden muss.
Die wirtschaftliche Bedeutung der öffentlichen Geodaten ist heute in Fachkreisen unbestritten. Nicht klar ist offensichtlich, obwohl dies zahlreiche Studien und Expertenmeinungen beweisen, dass diese Art von öffentlicher Infrastrukturleistung im Allgemeinen nicht unmittelbar refinanzierbar ist: kostendeckende Preisbildung bei der Abgabe dieser Daten verursacht zu hohe Preise für die Daten und Nutzungslizenzen, sodass eine kommerzielle Verwertung der öffentlichen Geodaten in vielen Fällen verhindert wird.
Der volkswirtschaftliche Nutzen dieses wertvollen Datenschatzes liegt vielmehr in der Maximierung der Anwendungen im öffentlichen, unternehmerischen und privaten Bereich. Verbesserung von Bürgerservice und Behördenverfahren, erhöhte Innovation und vor allem verstärkte Wirtschaftsleistungen sind durch leichten Zugang und marktfördernde Nutzungskonditionen zu erzielen. Neben der indirekten Refinanzierung der Aufwendungen für öffentliche Geodaten in Form von erhöhtem Steueraufkommen ist damit die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in diesen Branchen möglich. Weiters spielt im internationalen Vergleich die jeweilige nationale Geodateninfrastruktur eine wichtige Rolle bei der Auswahl von Wirtschaftsstandorten.
Da jedoch die Festlegung geeigneter „Spielregeln“ für den Umgang mit dem Wirtschaftsgut „Geodaten“ zu einem wesentlichen Teil von der politischen Willensbildung abhängt, ist die Forderung nach volkswirtschaftlich sinnvollen Rahmenbedingungen vorrangig an die verantwortlichen Politiker zu richten.

Chronologie der Geodatenpolitik
Um zweckmäßige politische Entscheidungen zu erreichen, startete das BEV bereits unter Wirtschaftsminister Dr. Farnleitner die Initiative „Geodatenpolitik“. Das daraus entstandene, weit reichende BEV-Konzept „Geodatenpolitik in Österreich“ wurde danach von Minister Dr. Bartenstein grundsätzlich gebilligt. In weiterer Folge beauftragte Minister Bartenstein das BEV, mit den anderen Gebietskörperschaften in diesbezügliche Gespräche einzutreten. Dies führte zu einer Arbeitsgruppe der Länder, in die Vertreter des BEV teilweise eingebunden wurden. Ergebnis dieser Arbeitsgruppe ist das bekannte „Konzept für eine österreichische Geodatenpolitik“ der Länder, dem die Landeshauptmännerkonferenz im Herbst 2002 zustimmte.
Auf Grund der vorgezogenen NR-Wahlen verzögerte sich jedoch die geplante Beschlussfassung auf Bundesebene. Dadurch konnte die beabsichtigte Konstituierung einer Verhandlungsplattform mit bevollmächtigten Vertretern aller Gebietskörperschaften vorerst nicht stattfinden.
Auf Basis eines Beschlusses des Ministerrates im April 2003 erteilte Bundesminister Dr. Bartenstein dem Leiter des BEV, Präsident Hochwartner, im Juni 2003 den Auftrag, die Leitung der Koordinierungsstelle für Geoinformation zu übernehmen und deren Geschäftsstelle im BEV einzurichten. Außerdem ist ein Beirat einzuberufen, um neben den Ländern, Städten und Gemeinden vor allem die Wirtschaft, die freien Berufe sowie die Interessen- und Berufsverbände in die Gestaltung der Geodatenpolitik einzubeziehen. Vorrangige Aufgabe der Koordinierungsstelle für Geoinformation ist es, jene Maßnahmen zu entwickeln und vorzubereiten, die die Erreichung der Ziele der österreichischen Geodatenpolitik sicherstellen. Mittlerweile hat die Koordinierungsstelle ihre Tätigkeit aufgenommen und arbeitet derzeit intensiv an der Entwicklung eines abgestimmten Standpunktes des Bundes zum Thema Geodatenpolitik.
In Übereinstimmung mit den Ländern sowie dem Städte- und Gemeindebund trat die Koordinierungsstelle für Geoinformation dafür ein, einen Unterausschuss „Geodatenpolitik“ bei der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) als Verhandlungsgremium der Gebietskörperschaften einzurichten. Die konstituierende Sitzung wurde für 27. Jänner 2004 anberaumt.

Geodatenpolitik hat verschiedene Facetten
Die vielfach geäußerte Ansicht, Geodatenpolitik hätte in erster Linie die (kostenlose) Datenab- und weitergabe innerhalb der öffentlichen Verwaltung zum Ziel, greift viel zu kurz. Vielmehr sind von den Zielsetzungen der Geodatenpolitik zumindest vier Themenbereiche massiv betroffen (siehe Abbildung):

- die Bereitstellung der staatlichen Geoinformations-Infrastruktur

- die Optimierung von Prozessen und ggf. Strukturen in den öffentlichen Verwaltungen (Verwaltungsreform)

- die Stärkung der (Geoinformations-) Wirtschaft

- die Einbindung der Geoinformationen in das E-Government

Prinzip der „verteilten Datenhaltung“
Eine funktionierende Geoinformations-Infrastruktur stellt sicher, dass die von Bund, Ländern und Gemeinden benötigten raumbezogenen Daten und Informationen samt den dazu erforderlichen Anwendungen einfach und effektiv zur Verfügung stehen. Selbstverständlich sollten dabei Flächendeckung, ausreichende Genauigkeit und Aktualität (= Qualität) sowie langfristige Versorgungssicherheit gegeben sein. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit sowie der Authentizität der Geoinformationen ist es unumgänglich, jeweils eine öffentliche Stelle zu bestimmen, die eine bestimmte Art von Geodaten verantwortlich erhebt, führt und für andere Bedarfsträger bereithält. Damit sollten die heute bestehenden – zum Teil historisch gewachsenen – Mehrgleisigkeiten abgeschafft werden. Neben den damit verbundenen direkten Einsparungsmöglichkeiten (Verwaltungsreform bzw. Prozessoptimierung) soll durch diese Maßnahme in Zukunft verhindert werden, dass nicht aktuelle oder von „irgendwoher“ bezogene Geodaten für Entscheidungsfindungen herangezogen werden. Man denke nur an die dramatischen Konsequenzen bei der Verwendung nicht aktueller Daten im Falle einer Krisensituation. Dieses Prinzip der „verteilten Datenhaltung“ setzt geeignete Metadaten, also Informationen über die Geodaten, ebenso voraus wie die Einhaltung von zuvor verbindlich definierten Datenmodellen und Standards.

Zugänglichkeit
In Verbindung mit den öffentlichen Geodaten können Geoinformationsdienste, die im allgemeinen öffentlichen Interesse sind, sowohl den Bürgern als auch anderen öffentlichen Dienststellen zur Verfügung gestellt werden. Diese Dienstleistungen sollen speziell im Rahmen von E-Government angesprochen werden können. Dies sollte insbesondere die Bürgerservicestellen der Städte und Gemeinden in die Lage versetzen, ihre Bürger optimal zu versorgen.
Neben der Beschleunigung von Verwaltungsverfahren und Serviceleistungen zum Wohle der Bürger sollte damit auch eine wesentliche Entlastung der Dienststellen von fachfremden Tätigkeiten verbunden sein. Fachabteilungen in Bund, Ländern und Städten sowie Gemeinden müssen sich nicht mehr mit komplexen Geodaten, deren Bedeutung, Genauigkeit und (oft fraglichen) Tauglichkeit für ein bestimmtes Problem herumschlagen, sondern erhalten auf einfache Weise die benötigten Daten und Informationen. Und auch die Frage, ob es sich um vertrauenswürdige Datenbestände handelt, sollte nicht mehr gestellt werden müssen, was vor allem bezüglich möglicher Rechtsfolgen von Bedeutung ist.

Rolle der Privatwirtschaft
Die Wirtschaft, d. h. private Unternehmen sowie Konsulenten und Ingenieurbüros, sollten sowohl durch Auftragserteilungen bei der Bereitstellung der Geoinformations-Infrastruktur beteiligt als auch durch marktfördernde Preise und Nutzungskonditionen für öffentliche Geodaten gestärkt werden. In einigen Fällen sind auch beiderseits vorteilhafte Kooperationen in Form von Public-Private-Partnership-Modellen denkbar, wobei jedoch sichergestellt sein muss, dass die damit verbundene öffentliche Dienstleistung im direkten Einfluss der Verwaltung verbleibt.
Durch intensive Beteiligung an der Entwicklung internationaler, speziell europäischer Richtlinien und Standards werden einerseits die österreichischen Interessen gewahrt und andererseits die rechtzeitige Anpassung der heimischen Geoinformationslandschaft an das europäische Umfeld gesichert. Die Schaffung einer einheitlichen, abgestimmten und durchgängig kompatiblen Geoinformations-Infrastruktur in Österreich ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.

Komplexität
Die Tatsache, dass durch die Initiative Geodatenpolitik vier große Themenbereiche (GI-Infrastruktur, Verwaltungsreform, E-Government und GI-Wirtschaft) betroffen sind, erklärt auch, warum Gespräche und Verhandlungen in diesem Zusammenhang sich oft recht schwierig gestalten. Denn während der Eine z. B. vor allem die Optimierung der Geodatenbeschaffung vor Augen hat, beschäftigt sich sein Gegenüber besonders mit der Neugestaltung von Prozessen und Strukturen in der Verwaltung, während andere wiederum die ökonomische Verwertung von Geoinformation oder deren Nutzbarmachung in E-Government-Dienstleistungen zum Ziel haben. Die naturgemäß vorhandenen unterschiedlichen Sichtweisen und Interessenlagen treten bei einem derartig komplexen Thema eben deutlich zu Tage.
Daher kommt speziell beim Thema Geodatenpolitik der offenen Kommunikation und der für alle Seiten vorteilhaften Kooperation besondere Bedeutung zu.

Herausforderungen der Geodatenpolitik speziell für die öffentlichen Verwaltungen
Zur Erreichung der Zielsetzungen der Geodatenpolitik stellen sich insbesondere für die öffentlichen Dienststellen einige Herausforderungen:

Bereitschaft zu Veränderungen
Die Forderung nach Neuordnung der Zuständigkeiten („eine verantwortliche Stelle für eine Art von Geodaten“) erfordert beispielsweise eine, die Gebietskörperschaften übergreifende Untersuchung bestehender Abläufe, durchgreifende Optimierung und in manchen Fällen damit einhergehende Änderungen in den Aufgaben und Strukturen von Dienststellen. Voraussetzung für die Realisierung dieser Forderung ist eine ernsthafte Bereitschaft zu Veränderungen. Wer die Beharrlichkeit von Organisationseinheiten in Bezug auf Veränderungen – insbesondere bei Reduktionen – kennt, weiß um die Schwierigkeit dieses Prozesses.
Als Beispiel, dass es dennoch gelingen kann, mögen die umfangreichen Reformen im BEV dienen. In mehreren Prozessen, die sowohl die Tätigkeiten als auch die Strukturen des BEV zum Teil massiv veränderten, wurde den neu entstandenen Anforderungen des Marktes sowie den sich ständig wandelnden Umfeldbedingungen Rechnung getragen. Unter anderem führte dies seit 1995 zu einer Reduktion des Personals von etwa 2.000 auf nunmehr rund 1.300 Mitarbeiter. Voraussetzung dafür sind unter anderem die Konzentration auf die Kernaufgaben sowie die Optimierung der Verfahren. Weitere derartige Change-Prozesse sind im BEV derzeit im Laufen. Dass deren Realisierung in einer Institution wie dem BEV nicht einfach durchsetzbar ist, dürfte allgemein verständlich sein.

Integration oder Auflassung von Insellösungen
Nicht in eine gesamtösterreichische Lösung passende Strukturen, die in erster Linie partiellen Interessen dienen und grundsätzlich Mehraufwand verursachen, sind entweder zu integrieren oder mittelfristig abzustellen. Spätestens dann, wenn die internationalen Modelle die innerstaatliche konforme Ausrichtung verlangen, sind diese Schritte zu setzen, was zu diesem Zeitpunkt zweifellos einen wesentlich höheren Aufwand verursachen würde. Auch die diesbezügliche Einsicht ist speziell bei den Betreibern von solchen Insellösungen als höchst unwahrscheinlich einzuschätzen.

Verteilte Datenführung und ASP-Lösungen
Das Prinzip der verteilten Datenführung, d. h. Geodaten werden nur an der einen dafür zuständigen Stelle geführt und zur Verwendung bereit gestellt, führt besonders in Kombination mit dem Einsatz so genannter „Application Service Providing“-Lösungen (ASP-Lösungen) zu enormen Einsparungen und zu rasch verfügbaren Informationen. ASP-Lösungen sind Anwendungsprogramme, die bei Bedarf Daten unterschiedlicher Stellen und an verschiedenen Orten direkt ansprechen und gemeinsam zum gewünschten Ergebnis verarbeiten. Nicht einmal das Anwendungsprogramm selbst muss am Computer des Anwenders vorhanden sein, es genügt die Verbindung über Standleitungen oder das Internet. Die Vorteile dieser Methode liegen auf der Hand: der Anwender, z. B. in einem Gemeindeamt, muss sich nicht darum kümmern, welche Daten er von welchen Stellen organisieren muss; er benötigt kein weit reichendes Spezialwissen, um seine Aufgaben zu erfüllen, denn das alles nimmt ihm die speziell für seinen Bedarf konstruierte ASP-Lösung ab. Außerdem kann er sicher sein, immer die aktuellen Daten zu verwenden und braucht sich nicht um Updates kümmern oder darum, ob die verwendeten Daten auch authentisch und verlässlich sind. Einige derartige ASP-Lösungen für Geodaten sind derzeit bereits in Verwendung, weitere werden in den nächsten Monaten folgen.
Von besonderer Bedeutung sind diese ASP-Lösungen für die Informationsbereitstellung im Fall von Krisen und Katastropheneinsätzen. Meist werden in diesen Situationen unterschiedlichste Grundlagen, Daten und Informationen benötigt, leider ebenso oft passen diese Dinge nicht zusammen und erschweren dadurch die Hilfeleistungen. Ein gut durchdachtes Netzwerk an ASP-Lösungen, an die alle potenziell benötigten Datenbestände in Österreich angeschlossen sind, würde unschätzbare Dienste leisten.

Geeignete Nutzungsbedingungen und Preisgestaltung
Die heutige Situation, in der je nach Gebietskörperschaft oder Dienststelle verschiedene Modelle für die Berechnung von Preisen und Gebühren existieren und damit für den Interessenten ein nicht überschaubares Bild darbietet, muss grundlegend verändert werden.
Wie bereits eingangs erwähnt, sind Geodaten in der Regel nicht über Verkaufspreise und Lizenzgebühren refinanzierbar. Daher ist es zielführend und sinnvoll, die öffentlichen Geodaten so zur Verfügung zu stellen, dass ihre Verwendung möglichst stark gefördert wird. Innerhalb der öffentlichen Dienststellen wäre demnach eine niedrige Bepreisung förderlich, da dadurch das „Alles-Selbst-Machen“ jedenfalls unwirtschaftlich wird. Gleichzeitig könnte – da nicht völlig kostenlos – willkürlicher, d. h. nicht wirklich notwendiger Inanspruchnahme entgegengewirkt werden. Voraussetzung dafür ist allerdings die Nutzung der jeweils verfügbaren ASP-Lösungen, da erst damit viele der bedeutendsten Einsparungspotenziale erschlossen werden können.
Ob dieser Preisansatz auch für die Abgabe von öffentlichen Geodaten an die Wirtschaft sinnvoll wäre, ist noch zu untersuchen. Die Höhe der Preise sollte sich u. a. auch an jener in anderen europäischen Staaten orientieren. Aber es muss auch hier vorrangiges Ziel sein, die Verwendung dieser wertvollen Datenbestände zu fördern, was in den meisten Fällen die Erzielung von vollständiger Kostendeckung oder gar von Gewinnen praktisch ausschließt. Die Nutzungskonditionen sind jedenfalls möglichst einfach zu gestalten, um transparente und einfache Vorgangsweisen zu ermöglichen.
Für die Bürger sollten Geodaten, die im Rahmen einer Verwaltungshandlung benötigt werden, nicht gesondert verrechnet werden, da der Bürger die dafür erforderliche staatliche Infrastruktur durch seine Steuern mitfinanziert hat und er für das Verwaltungsverfahren ohnedies Gebühren entrichten muss.

Technische Lösungen
Natürlich ist es auch erforderlich, die technischen Einrichtungen herzustellen und herausfordernde technische Problemstellungen zu meistern, um Geodatenpolitik wahr werden zu lassen. Dies ist in der Maßnahmenentwicklung bei der Umsetzung mit entsprechend hoher Priorität zu berücksichtigen.
Abgestimmte Datenführungsmodelle, einheitliche Dateninhalte und -strukturen, kompatible Systeme, Meta-Informationssysteme und Portallösungen seien als Beispiele dafür genannt. Allerdings sind bereits heute viele der Problemstellungen in Arbeit oder sogar grundsätzlich gelöst. Die dazu erforderlichen finanziellen Ressourcen sollten dabei kein unüberwindbares Problem darstellen.

Geodatenpolitik – die nächsten Schritte
Die Realisierung der genannten Zielsetzungen benötigt als unerlässliche Voraussetzung eine politische Beschlussfassung auf allen Gebietskörperschaftsebenen, in der der eindeutige politische Wille, eine gesamtstaatliche Geoinformations-Infrastruktur aufzubauen und zu betreiben, ebenso dokumentiert ist wie die genannten Grundsätze.
Um dies zu erreichen, ist die Koordinierungsstelle für Geoinformation derzeit dabei, die Vorstellungen und Rahmenbedingungen des Bundes zu entwickeln. In gemeinsamen Gesprächen mit den anderen Gebietskörperschaften sowie den Sozialpartnern werden in dem bereits erwähnten Unterausschuss Geodatenpolitik der ÖROK die – möglicherweise gar nicht so unterschiedlichen – Standpunkte und Vorschläge aufeinander abgestimmt. Jedenfalls zu berücksichtigen werden die berechtigten Interessen der Wirtschaft sein, die in einem Gesamtkonzept Eingang finden müssen.
Nach einem umfassenden und verbindlichen politischen Commitment kann danach mit der Umsetzung begonnen werden – zum Nutzen aller Beteiligten und damit gleichzeitig zum Vorteil Österreichs.

Fehlende Grafiken finden Sie in der ÖGZ 2/04.

Literatur
BARR, R. (2002): When more is less. GEO:connexion, issue 7/2002, pg. 32.

GISSING, R. (2001): Definierte Geodatenpolitik – eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit. Österreichische Zeitschrift für Vermessung & Geoinformation, Heft 4/2001.

GISSING, R. (2003): geo-Government als Teil der österreichischen Geodatenpolitik. GeoGovernment – Öffentliche Geoinformations-Dienste zwischen Kommune und Europa, Wichmann Verlag, Heidelberg 2003.

IMAGI (2003): Geoinformation und moderner Staat. Informationsschrift, herausgegeben vom Bundesamt für Kartographie und Geodäsie.

KOGIS (2003): Umsetzungskonzept zur Strategie für Geoinformation beim Bund. Herausgegeben von der Geschäftsstelle Koordination GI+GIS (KOGIS).

PIRA INTERNATIONAL Ltd. (2000): Commercial exploitation of Europe’s public sector information. EC-Paper.

ROPER, Ch. (2002): Public sector information: resource or commodity? GEO: connexion, Issues 2–6/2002.

USGS (2001): The National Map. Draft of the U.S. Geological Survey.

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