Verkehrslärmrecht auf dem Prüfstand Rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen

Verkehrslärmrecht auf dem Prüfstand Rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen

Lärm ist die Umweltbelastung, von der sich die Bevölkerung wegen ihrer direkten Wahrnehmbarkeit am meisten betroffen fühlt. Die Hauptquelle der Lärmbelastung in Österreich ist der Verkehr, wobei der Straßenverkehr als Hauptlärmerreger dominiert. Bewohner von Wohnungen mit „sehr starker“ oder „starker“ Lärmstörung nennen zu etwa 80% den Verkehr allgemein und zu rund 70% Kraftfahrzeuge im Besonderen als Lärmquelle.1

 

Warum eigentlich werden an Betriebslärm andere Maßstäbe gelegt als an Verkehrslärm, an Nachbarschaftslärm andere als an Fluglärm? In den Gesetzen und Verordnungen, die sich bzw. sofern sie sich mit Lärm befassen2, findet sich eine Vielfalt von Beurteilungsverfahren und Grenzwerten. Durch diesen Dschungel muss sich ein Betroffener erst einmal hindurchkämpfen. Und am Ende stellt er dann mitunter fest, dass ausgerechnet die Lärmbelastung vor der eigenen Haustür auf eine Gesetzeslücke trifft.3
Wie der folgende Überblick zeigt, ist das österreichische Verkehrslärmschutzrecht zwar überaus vielfältig, weitgehend quellenbezogen strukturiert und auf zahlreiche Rechtsmaterien verteilt. Prägendes Element ist aber nicht eine Gesamtbetrachtung des Lärms, sondern die Segmentierung der Lärmquellen, die nur bereichsweise den Anlagenbezug überschreitet. An keiner Stelle des einschlägigen Regelwerkes sind eine Pflicht zur Bewertung des Gesamtlärms und ein taugliches Instrument zur Erfüllung dieser Pflicht zu finden.

Nachtfluglärm verstößt gegen Menschenrechte
Am 2. 10. 2001 verkündete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg im Fall der Kläger Hatton und andere gegen das Vereinigte Königreich von Großbritannien eine bedeutsame Entscheidung. Der Gerichtshof entschied mit fünf gegen zwei Stimmen, dass nächtlicher Fluglärm gegen Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoße.
Artikel 8 EMRK fordert die Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und des Briefverkehrs („the right to respect for his private and family life, his home and his correspondence“). Der Gerichtshof sieht in der Nachtbelastung in Heathrow eine Verletzung von Artikel 8 EMRK. Und mit sechs gegen einer Stimme, dass ebenfalls ein Verstoß gegen Artikel 13 EMRK vorliege. Im Grunde ist Artikel 13 so etwas wie ein Auffangtatbestand, der bei einer Verletzung von Artikel 8 den Staat in die Pflicht nimmt.
Das Recht auf Achtung der Wohnung ergibt sich in Österreich aus Artikel 9 Staatsgrundgesetz, dem Hausrechtsgesetz 1862 und Artikel 8 EMRK. Dieses Recht erfasst alle Räumlichkeiten des privaten Lebensbereiches; ebenso einen Zweitwohnsitz und einen eingezäunten Garten. Öffentlich zugängliche Räume, Betriebsräume und Büros sind nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs nicht erfasst.4
Nach der Rechtsprechung des EGMR ist der Schutzbereich des Grundrechts auf Achtung der Wohnung weit auszulegen. Auch gravierende Immissionen (zum Beispiel Fluglärm) können einen solchen (störenden) Eingriff darstellen. Aufgrund der hohen Fluglärmbelastung in Wien könnte Artikel 8 EMRK auch hierzulande anwendbar sein, da die Qualität des Privatlebens der Anrainer durch den die Nachtruhe störenden Lärm von Schwechat beeinträchtigt wird.
Unter dem Begriff des Privatlebens werden insbesondere die wesentlichen Ausdrucksformen der menschlichen Persönlichkeit, die körperliche und geistige Integrität, das Recht, die Gestaltung des Privatlebens dem Blick der Öffentlichkeit und des Staates zu entziehen, vor allem aber auch die Intimsphäre geschützt.5 Vor dem Hintergrund dieses Begriffsverständnisses des in Artikel 8 Absatz 1 EMRK genannten Privatlebens liegt es auf der Hand, dass auch das Recht auf Nachtruhe dem Schutzbereich des Artikels 8 Absatz 1 EMRK unterliegt.
Im Übrigen kann nach dem EGMR eine schwere Umweltbeeinträchtigung das Wohlbefinden von Personen beeinträchtigen und sie in einer Weise am Genuss des Wohnens hindern, dass ihr Privat- und Familienleben beeinträchtigt ist, auch wenn ihre Gesundheit nicht ernstlich gefährdet ist.6 Aus dieser Rechtsprechung ist die Pflicht zur Herstellung eines ausgewogenen Gleichgewichts zwischen dem Interesse am wirtschaftlichen Wohl der Allgemeinheit und dem wirksamen Genuss des Rechts der fluglärmleidenden Bevölkerung auf Achtung ihrer Wohnungen und ihres Privat- und Familienlebens ableitbar.7

Open sky über Österreich?
Keine Frage, das Urteil des EGMR zur Nachtflugregelung am Flughafen Heathrow hat über den konkreten Einzelfall hinaus auch für die Bewertung der (Nacht-)Fluglärmsituation in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention Bedeutung. Die grundsätzliche Aussage des GH hinsichtlich der Eingriffsqualität erheblicher nächtlicher Lärmbelastung in Artikel 8 Absatz 1 EGMR kann auf alle Flughäfen übertragen werden, an welchen ähnliche Bedingungen herrschen.
Da unter dem – im Verfahren vor dem EGMR allein maßgeblichen – hohen Maximalpegel der Einzelschallereignisse auch in Österreich eine sehr große Zahl von im weiteren Umfeld von Flughäfen lebenden Menschen leiden, dürfte aufgrund des Urteils des Gerichtshofes nicht daran zu zweifeln sein, dass auch Österreich ein Eingriff in die Rechte der betroffenen Menschen aus Artikel 8 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention vorzuwerfen ist.8 Ebenso wenig wie im Vereinten Königreich existieren in Österreich derzeit hinreichende Untersuchungen, aus denen sich ergäbe, dass diese nächtlichen Fluglärmimmissionen nicht dazu führten, dass die betroffenen Menschen in ihrem Schlaf beeinträchtigt werden. Ungeachtet dessen spricht aufgrund jüngerer Erkenntnisse sehr viel dafür, dass eine Beeinträchtigung des Schlafes bereits bei erheblich geringeren Maximalpegeln und Lärmhäufigkeiten festzustellen ist, als dies bisher angenommen wurde.9
Es ist ferner fraglich, ob Österreich hinreichend durch eigene Untersuchungen geprüft hat, welche Bedeutung für das wirtschaftliche Wohl des Landes der Nachtflugbetrieb an den einzelnen Flughäfen in dem jeweiligen Umfang hat und ob dies in konkreten volkswirtschaftlichen Zahlen ausgedrückt werden kann. Zu betonen ist an dieser Stelle, dass es für eine Rechtfertigung eines Eingriffes gemäß Artikel 8 Absatz 2 EMRK nicht ausreichend ist, dass die Nachtflüge für den konkreten Flughafenbetreiber oder einzelne Fluggesellschaften von großer Bedeutung sind, sondern es vielmehr auf einen Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Wohl des Mitgliedstaates ankommt.10
Ob die Beeinträchtigung der Anwohner der einzelnen österreichischen Flughäfen in ihrem Recht aus Artikel 8 Absatz 1 EMRK von Österreich – jedenfalls im gegenwärtig festzustellenden Umfang – gerechtfertigt werden kann, erscheint daher fraglich. Noch dazu, wo Fluglärm hierzulande in Gesetzgebung und Rechtsprechung so gut wie keine Beachtung findet. Während etwa in Deutschland Gesetze über die Beschränkung des Fluglärmes eingeführt wurden, gibt es eine solche Vorschrift – und damit auch verbindliche Lärmschutzzonen – in Österreich nicht.11

Luftverkehr – internationale Vorschriften und regionale Probleme
Luftverkehrslärm ist streng genommen ein regionales Problem.12 Der signifikante Lärm geht von startenden und landenden Flugzeugen aus. Betroffen sind die Anrainer von Flughäfen – und hier besonders die in An- und Abflugschneisen lebende Bevölkerung.13 Die Reduzierung des Triebwerklärms zur Bewältigung dieses Problems ist hingegen wegen der internationalen Verflechtung des Luftverkehrs eine multinationale Aufgabe.
Der Bürger ist bei der Abwehr von Fluglärm auf sich allein gestellt. Nur mit Hilfe zivilrechtlicher Ansprüche nach den §§ 364 ff des ABGB kann der Nachbar vom Eigentümer des Flughafens Ersatz verlangen, wenn der von dort ausgehende Lärm „das nach örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreitet und die ortsübliche Benutzung der Grundstücke wesentlich beeinträchtigt“.14
Bei der Vergrößerung von Flughäfen oder der Verlängerung von Landepisten wird zu Lasten der Bürger auf die Abhaltung einer Umweltverträglichkeitsprüfung häufig „vergessen“ oder diese als nicht notwendig erachtet.15 Bürger, die innerhalb der Sicherheitszone des Flughafens wohnen und daher benachrichtigt werden müssten, werden häufig um ihre Rechte gebracht.16
In der Öffentlichkeit erfahren Initiativen gegen Fluglärm selten hohe Beachtung. Das positive Image des Flughafens, das Weltoffenheit, Transparenz, Freizeit, Urlaub, Sonne suggeriert, überdeckt die Schattenseiten des Betriebes. Tatsächlich kontrastiert dieses Positivimage mit einem realen Negativverhalten. Insbesondere wenn ein enges Netzwerk zwischen den Flughafenbetreibern, der örtlichen Politik, den Behörden und den Gutachtern besteht.
Wenn etwa Bürgermeister von Flughafengemeinden in Aufsichtsräten der Flughafenbetriebe sitzen, stellt sich die Frage nach Befangenheit und Unvereinbarkeit.17 Denn sie sind damit gesetzlich verpflichtet, alles zu unterlassen, was die Erträge des Flughafenunternehmens schmälern könnte. Sogar wenn sie wollten, dürften sie in dieser Position nicht lärmhemmende Maßnahmen fordern, die den Bürgern ihrer Gemeinde nützen, aber ihrer Gesellschaft schaden würden.
Vor Kritik sind aber auch Behördenvertreter nicht gefeit. Nicht selten sitzen sie ebenfalls in Aufsichtsorganen des Flughafens und haben maßgeblichen Einfluss darauf, wie die Behörde die Parteistellung der Bürger interpretiert. So wurde die Parteistellung von Bürgern aberkannt, weil sie nicht in der Sicherheitszone, sondern unter der Sicherheitszone des Flughafens wohnen. Der Lärm ist der gleiche, ob man in oder unter der Sicherheitszone wohnt.18
Im Gegensatz zum positiven Image der Transparenz und Weltoffenheit steht auch die weitverbreitete Taktik des „Niederprozessierens“19. Die Nachbarrechte werden erst dann zugestanden, wenn es nach Jahren vom Verwaltungsgerichtshof so entschieden wird. Informationen werden erst dann weitergegeben, wenn die letztinstanzliche Entscheidung ergangen ist, wonach Bescheide herausgegeben werden müssen. Berechtigte Ansprüche der Nachbarn werden bis zuletzt verzögert. Bei der Wahl der Mittel ist man nicht wählerisch. Ein Wohngebiet wird zum Beispiel als „Industriegebiet“ erklärt, für den Lärm der startenden und landenden Flugzeuge sei der Flughafen nicht verantwortlich, für die Einflugschneisen könne der Flughafen nichts dafür, der Lärm kilometerweit entfernter Straßen sei höher als der Fluglärm und Ähnliches.
Auch in der Informationspolitik kontrastiert das Verhalten der Flughafenbetreiber durchaus mit dem Positivimage. Bescheide werden den Nachbarn nicht herausgegeben20, Informationen über die Einflugschneisen oder die Flugzahlen sind unvollständig oder unrichtig, Informationen werden erst dann gegeben, wenn es nicht mehr anders geht. Das könnte aber jetzt anders werden. Eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2002 sieht Informations-, Anhörungs- und Beschwerderecht für Nachbarn bei lärmbedingten Betriebseinschränkungen auf Flughäfen vor.21
Gleichzeitig genießt der Flugverkehr wesentliche Privilegien, die die Nachbarn von Flughäfen und Flughafengeschädigten nicht haben. So ist Flugbenzin in der EU – anders als in den USA – noch immer nicht besteuert, Flugtickets sind USt-befreit, Flughäfen werden von den Grundabgaben befreit. Im Genehmigungsverfahren geht die Behörde den Flughafenbetreibern zur Hand und schränkt den Kreis der beteiligten Nachbarn solange ein, bis der VwGH korrigierend eingreift.
Längst überfällig wäre die Erlassung eines Fluglärmgesetzes, welches verbindliche Grenzen für die Fluglärmbelastung festlegt.22 Es sind emissionsabhängige Landegebühren einzuführen. Lärmende und schadstoffverbreitende Flugzeuge sollen zur Kasse gebeten werden. Die Kostenwahrheit für den Flugverkehr ist einzuführen. Der Umweltverbrauch, die Gesundheitsschäden der Nachbarn sind den Betreibern anzulasten. Die Subvention der Treibstoffe ist zu beenden, die USt-Befreiung für Flugtickets und die Grundsteuerbefreiung für Flughäfen ist zu Gunsten der öffentlichen Budgets zu beenden. Im Genehmigungsverfahren sind zumindest die Informationspflichten der Nachbarn und die Parteistellung der Nachbarn einzuführen.23
Der Immobilienmarkt liefert einen praxisnahen Bewertungsmaßstab für die finanziellen Schäden, die durch Lärm entstehen. Verkehrslärm bewirkt eine Wertminderung von Immobilien.24 Ab etwa 30 dB(A) führt jede weitere Zunahme des Lärms um 1 dB(A) zu einer Entwertung zwischen 0,5 und 1,7%. Die Kosten durch Verkehrslärm in Österreich liegen bei € 1,2 Milliarden pro Jahr. Eine Bekämpfung des Fluglärms ist damit nicht nur aus gesundheitlicher und umweltpolitischer, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht unbedingt notwendig.

Halbes (Nacht-)Fahrverbot auf Österreichs Straßen
Durch die Ölkrise 1973 erlangten Umweltschutz und Energiesparen zunehmend an Bedeutung; bei verschiedenen Anlässen wurde sogar in Österreich das Schweizer Modell, 28-t-Limit und Nachtfahrverbot, erwähnt.25 Demgegenüber war ebenso bei verschiedenen Anlässen die Autobahnmaut Gegenstand von Erörterungen. Bis zum EU-Beitritt 1994 bestand die Möglichkeit, das Schweizer Modell als Vorbild umzusetzen – offenbar mangelte es aber am Problembewusstsein (oder ernsthaften Willen), und zwar auch bei den Beitrittsverhandlungen.26
In der Schweiz gilt das Nachtfahrverbot bereits seit 1932. Das Straßenverkehrsgesetz schreibt vor: „Der Bundesrat verfügt ein Nacht- und Sonntagsfahrverbot für schwere Motorwagen zur Güterbeförderung und bestimmt die Ausnahmen.“ Die zugehörige Verordnung legt die Sperrzeit von 22 bis 5 Uhr fest. Betroffen sind insbesondere LKW (über 3,5 beziehungsweise 5 Tonnen; ausgenommen Fahrzeuge zum Personentransport und landwirtschaftliche Fahrzeuge).
Anders in Österreich27: Die Straßenverkehrsordnung sieht zwar auch ein Fahrverbot für Lastkraftwagen vor, aber grundsätzlich nur beschränkt auf Wochenenden und Feiertage. Von diesem Verbot sind – wie in der Schweiz der Transport leichtverderblicher Produkte (Milch) – ausgenommen.28 Darüber hinaus gilt das Fahrverbot in der Alpenrepublik auch nicht für den kombinierten Verkehr (im Umkreis von 65 km von den Be- und Entladebahnhöfen). Zwar wurde mit 1. 1. 1995 das Fahrverbot durch ein generelles Fahrverbot ab 7,5 Tonnen zwischen 22 und 5 Uhr verschärft, doch zugleich auch gelockert, denn lärmarme Kraftfahrzeuge sind davon ausgenommen.29 Für diese gilt 60 km/h als Geschwindigkeitsbeschränkung, wenn nicht per Verordnung ausnahmsweise schneller gefahren werden darf.
Von dem generellen Fahrverbot kann auch im Einzelfall eine „Ausnahmebewilligung“ erteilt werden.30 Wer diese bekommt, liegt im behördlichen Ermessen. Im Allgemeinen rechtfertigt ein volkswirtschaftliches Interesse eine Bewilligung; aber auch bei „persönlichem oder wirtschaftlichem Interesse“ kann das Verkehrsverbot (für maximal zwei Jahre) aufgehoben werden, wenn es die „Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs“ zulässt. Wirtschaftliche Interessen sind etwa das Anmieten eines Abstellplatzes oder die Benützung von Taxis sowie der drohende Wettbewerbsnachteil.31
Um den Verkehr auf bestimmten Straßen zu verbieten oder zu beschränken, müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Hierbei hat die Behörde sowohl bei der Konkretisierung der Ziele (etwa Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs; Lage oder Widmung eines Gebietes) als auch bei der Auswahl geeigneter Mittel (zum Beispiel Einbahnstraßen, Geschwindigkeitslimits, Ortsumfahrungen) die Wahl unter mehreren Alternativen.32 Allerdings darf die Verkehrsbeschränkung nicht unverhältnismäßig das Recht auf die freie Benützung der Straße verletzen. Fehlende oder mangelnde Interessenabwägungen hierzu haben wiederholt zur Aufhebung von (Nacht-)Fahrverboten auf Straßen durch den Verfassungsgerichtshof geführt (zum Beispiel Loferer Straße).33 Im Übrigen darf ein allgemeines Fahrverbot nur erlassen werden, wenn dadurch der Verkehr „in größeren bestehenden Ortsteilen“ nicht unmöglich wird.34
Zur Lärmvermeidung kann die Behörde auch per Verordnung für bestimmte Straßen(strecken), Gebiete oder Fahrzeugarten (Kfz über 5 Tonnen) dauernde oder befristete Verkehrsbeschränkungen oder -verbote erlassen. Ebenso kann zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm eine Routenbindung oder Hupverbote festgelegt werden. Schließlich kann durch Erklärung von Straßen zu Autobahnen, Autostraßen oder Vorrangstraßen der Durchzugsverkehr gefördert werden.35
Einen neuen Weg zur Verfolgung transitpolitischer Ziele hat Tirol eingeschlagen. Aufgrund des Nachtfahrverbots auf der Inntalautobahn dürfen Lastkraftwagen über 7,5 Tonnen zwischen Kundl und Hall nächtens (22 bis 5 Uhr) nur noch mit Ausnahmegenehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde fahren. Das generelle Verbot gilt seit 2002 von 1. Oktober bis 31. März. Diese (umstrittene) Maßnahme ist nicht auf die StVO gestützt, sondern Inhalt einer Durchführungsverordnung des Landeshauptmanns zum Immissionsschutzgesetz-Luft. Erstmals wurde damit ein Nachtfahrverbot nicht auf das Straßenverkehrsrecht, sondern auf ein Luftreinhaltungsgesetz gestützt.
Das Immissionsschutzgesetz-Luft regelt Grenzwerte für die Belastung durch Schadstoffe – nicht für Lärm.36 Wird an einer Messstelle eine Überschreitung registriert, ist zunächst zu erheben, welche Emissionsquellen dafür verantwortlich waren, und in der Folge sind in einem Maßnahmenplan jene Anordnungen zu treffen, die zur Einhaltung des Grenzwertes erforderlich sind.37
Die Überschreitung von zwei Halbstundengrenzwerten für Stickstoffdioxid am Nachmittag des 1. 12. 1999 an einer autobahnnahen Messstelle nahm Tirol zum Anlass, das Nachtfahrverbot zu erlassen. Ob aber damit weniger Lärm und Schadstoffe die Folge sind, ist fraglich. Ein Nachtfahrverbot für LKW ab 7,5 Tonnen führt dazu, dass der Verkehr auf Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen oder auf die Tageszeit ausweicht. Damit bleiben die Emissionsmengen im günstigsten Fall konstant, wegen des erhöhten Staurisikos tagsüber können sie freilich auch ansteigen.

Verfassungs- und europarechtliche Grenzen für Fahrverbote
Über Verkehrsbeschränkungen und -verbote – gleich aufgrund welcher Rechtsgrundlage – schwebt immer das Damoklesschwert des Verfassungsrechts und EU-Rechts. So stellt sich die Frage, ob nicht als Alternative zum Fahrverbot im Sinne eines gelinderen Mittels eine Geschwindigkeitsbegrenzung in Betracht käme. Weiter sind Fahrverbote am Grundsatz der Opfersymmetrie zu beurteilen, demzufolge die Reduktionslasten gerecht zu verteilen sind, denn etwa nicht nur Schwertransporter verursachen Lärm. Auch die bundesweite Einheitlichkeit des Wirtschaftsgebietes ist zu berücksichtigen; eine Behinderung des West-Ost-Warenaustauschs ist unzulässig. Zudem darf durch Verkehrsmaßnahmen nicht der freie Warenverkehr verletzt werden.38

Straßenprojekte: „Auf die Wirtschaftlichkeit und den Umweltschutz ist Bedacht zu nehmen“
Was die Planung, den Bau und die Erhaltung von Straßen anlangt, hängt der Schutz vor Lärm von der Art der Straße ab. Im Wesentlichen ist zwischen Bundesstraßen (Bundesstraßengesetz) einerseits und Landes- sowie Gemeindestraßen (Landesstraßengesetze) andererseits zu unterscheiden. Autobahnen, Schnellstraßen und größere Bundesstraßenvorhaben unterliegen zudem dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G).39
Vor dem (Aus-)Bau einer Bundesstraße ist der Straßenverlauf durch Verordnung zu bestimmen. Unter bestimmten Voraussetzungen hat der Erlassung der Trassenverordnung eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G voranzugehen. Nach dem Bundesstraßengesetz sind bei der Trassenfestlegung die Wirtschaftlichkeit und die „Umweltverträglichkeit nach den Erfordernissen des Verkehrs“ zu berücksichtigen. Bei der eigentlichen Entscheidung hat die Behörde aber Planungsermessen. Kommt das UVP-G zur Anwendung, ist dieses Ermessen eingeschränkt – und Bürgerinitiativen haben auch Parteistellung.40
Nachbarn haben bei der Planung und beim Bau von Bundesstraßen kein subjektives Recht.41 Dafür sorgt der Gesetzgeber vor, dass Nachbarn durch den Einbau von Lärmschutzfenstern nicht „durch den zu erwartenden Verkehr auf der Bundesstraße“ unzumutbar beeinträchtigt werden. Anderenfalls – also bei unzumutbarer Beeinträchtigung – kommt die Einlösung des Grundstücks durch den Bund in Betracht. Der Schutz der Nachbarn nach dem Bundesstraßengesetz erstreckt sich auch auf bestehende Bundesstraßen.
Demgegenüber ist in den meisten Ländern für den Bau von Landesstraßen kein eigenständiges behördliches Verfahren zur Festlegung des Trassenverlaufs vorgesehen.42 Die Kriterien – wie Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit – für die Zulässigkeit eines Straßenprojekts ähneln aber denen des Bundesstraßengesetzes. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G kommt bei Landesstraßen nicht in Frage; unter Umständen kommt allerdings eine unmittelbare Anwendung der UVP-Richtlinie in Betracht.

Mietminderung wegen Verkehrslärm
Der Lärmschutz ist vielen Gemeinden seit jeher leider kein Anliegen. Das wichtigste Bestreben der Raumplanung scheint es zu sein, die möglichst gewinnträchtige Vermarktung von landwirtschaftlichen Flächen oder von Industriebrache voranzubringen. Allzu deutlich wird häufig sichtbar, dass der Lärmschutz wenig bis nichts kosten soll und dass die kommunalen Entscheidungsträger offensichtlich ruhig wohnen und deshalb kein Verständnis für die lärmgeplagten Bürger aufbringen wollen.
Mit der Ignoranz gegenüber Lärmopfern dürfte aber bald Schluss sein. Das Amtsgericht Erfurt traf eine Entscheidung, die zeigt, dass nicht beachtete Lärmschutzgesichtspunkte die Gemeinde teuer zu stehen kommen können.43 Diese hatte einfach eine bisher ruhige Wohnstraße zu einer Hauptverkehrsstraße mit Schwerlastverkehr umfunktioniert und dazu noch eine Verkehrssignalanlage eingerichtet. Ein Mieter wollte diese Lärmbelastung nicht entschädigungslos hinnehmen, klagte gegen den Vermieter und erreichte eine Mietminderung in Höhe von 13,5%. Das Gericht stellte fest, dass der Vermieter seinerseits die Möglichkeit habe, die Stadt auf Schadensersatz zu verklagen.
Auch in Österreich haben Mieter das Recht auf störungsfreie Nutzung von Mietwohnungen.44 Mieter können nicht nur gegen den Verursacher von Lärm zivilrechtlich vorgehen, sondern auch gegen den Vermieter als ihren Vertragspartner. Der Vermieter ist verpflichtet, Störungen durch andere Mieter zu unterbinden. Notfalls muss er sogar kündigen. Unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen durch andere Mieter oder aus der Umgebung einer Wohnung können unter Umständen zur Mietminderung berechtigen.45
Lärmbelästigungen aufgrund geänderter Verkehrsführung nach einem Straßenumbau muss meines Erachtens ein Mieter nicht entschädigungslos hinnehmen. War die Straße zur Wohnung des Mieters ursprünglich nur von Anwohnern befahren worden und wurde später der Verkehr einschließlich Schwerlastern auf diese Straße umgeleitet, so kann Mietzinsminderung begehrt werden. Ob aber auch in Österreich der Vermieter mit Erfolg Schadensersatz von der Behörde verlangen kann, ist offen.

Schutz vor Straßenlärm nach geltendem Bundesrecht
- Anforderungen an Fahrzeuge
– § 4 Kraftfahrgesetz:
Kein übermäßiger Lärm durch Bauart und Ausrüstung von Kfz und Anhänger

– § 12 Kraftfahrgesetz:
Vorrichtungen zur Lärmverhütung und Auspuffanlagen

– § 56 Kraftfahrgesetz:
Besondere Überprüfung von Kfz bei Bedenken wegen übermäßigem Lärm

– § 57a Kraftfahrgesetz:
Wiederkehrende Überprüfung, ob Kfz nicht übermäßig Lärm verursacht

– § 58 Kraftfahrgesetz:
Lärmüberprüfung an Ort und Stelle

– § 102 Kraftfahrgesetz:
Pflicht des Kfz-Lenkers, ungebührlichen Lärm zu vermeiden

– § 8 Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung (KDV): Grenzwerte für Betriebsgeräusche von Kfz

– § 8b KDV:
Grenzwerte für lärmarme Kfz

– § 58 KDV:
Höchste zulässige Fahrgeschwindigkeit

- Defizite
– Langsames Ersetzen älterer und (aufgrund großzügigerer Grenzwerte) lauterer Kfz

– Lärmprüfung (vor allem von Motorrädern) unter unrealistischen Bedingungen

– Unterschätzung von Reifen- und Fahrbahngeräuschen

– Fehlen von Inspektionen für im Verkehr befindliche Kfz

- Lärmschutz bei der Planung von Straßen
– §§ 23a ff UVP-G:
Umweltverträglichkeitsprüfung für bestimmte Bundesstraßen: Lärmschutz ist keine Aufgabe nach dem UVP-G

– § 4 Bundesstraßengesetz (BStG):
Bestimmung des Straßenverlaufs und Ausbau von Straßen anhand der Wirtschaftlichkeit und des Umweltschutzes

– § 7a BStG:
Schutz der Nachbarn vor Lärm durch „geeignete Maßnahmen“ (zum Beispiel Lärmschutzfenster)

– § 12 BStG:
Erklärung eines Gebietes für den späteren Bau der Bundesstraße zum Bundesstraßenplanungsgebiet

- Defizite
– Keine definierten Anforderungen an Ausweisung eines Bundesstraßenplanungsgebietes

– Keine kommunale Verkehrsentwicklungsplanung

– Unspezifische Vorgaben für Raumordnungsprogramme

– Fehlen eines bundesweiten Verkehrslärmimmissionskatasters

- Lärmschutz bei bestehenden Straßen
– § 20 StVO:
Tempolimits im Ortsgebiet zur Fernhaltung von Lärmbelästigungen

– § 42 StVO:
Generelles Fahrverbot für Lkw an Wochenenden und Feiertagen – Ausnahmen insbesondere für kombinierten Verkehr und lärmarme Lkw

– § 43 StVO:
Dauernde oder befristete Verkehrsverbote für bestimmte Straßen(abschnitte) etwa durch Tempo-, Gewichts- oder Maßlimits – Ziel-Mittel-Verordnungen (wie Routenbindung und Verkehrsverbote) zum Schutz vor Lärm

– § 45 StVO:
Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen und -verboten in Einzelfällen

- Defizite
– Keine Lärmschutzansprüche entgegen der Planung, wenn nicht vorhersehbare Lärmwirkungen eintreten

Gebt der Schiene eine Chance
Das über 150 Jahre alte technische Grundsystem der „eisernen Bahn“ hat seine Leistungsfähigkeit bis in den Bereich höchster Geschwindigkeiten unter Beweis gestellt. Das stählerne Rad auf der stählernen Schiene bietet bezüglich Sicherheit und Energieverbrauch auch im Zeitalter der Magnetschwebetechnik unbestreitbare Vorteile. Doch eben hier, an der Nahtstelle von Rad und Schiene, entsteht das für die Eisenbahnen typische Rollgeräusch.46 Der durch den Eisenbahnbetrieb entstehende Lärm stellt heute an den rasch und in dichter Zugsfolge befahrenen Strecken, insbesondere bei großem Güterverkehrsanteil, effektiv ein Problem dar.47
Eine generelle Regelung zum Schutz vor Schienenverkehrslärm gibt es in Österreich nicht. Lediglich beim Neubau oder einer wesentlichen Änderung eines Schienenweges (zum Beispiel wenn der Schienenweg um ein durchgehendes Gleis baulich erweitert wird) sind in der Schienenverkehrslärm-Immissionsschutzverordnung48 zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen Immissionsgrenzwerte festgelegt (Lärmvorsorge). Für Lärmschutz an bestehenden Schienenwegen (Lärmsanierung) sind hingegen keine verbindlichen Regelungen vorhanden. Lärmschutzmaßnahmen werden hier allenfalls als freiwillige Leistung des Bundes auf der Grundlage haushaltsrechtlicher Regelungen gewährt.
Überschreitet die errechnete Belastung die festgelegten Grenzwerte, sind Schallschutzmaßnahmen (wie etwa Schallschutzwände, -wälle oder -fenster) erforderlich. Bauliche Schallschutzmaßnahmen am Schienenweg haben Vorrang. Wenn allerdings die Kosten für diese Schutzmaßnahmen außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck stehen, sind Schallschutzmaßnahmen an den betroffenen Gebäuden als letzte Möglichkeit vorzusehen.
Bei Hochleistungsstrecken49 erfordern Neubau und oft auch erhebliche bauliche Eingriffe die Erlassung einer Trassenverordnung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz.50 In diesem Verfahren können die von der Planfeststellung betroffenen Personen (als Bürgerinitiativen) ihre Rechte und Interessen geltend machen.51 Dabei sind Einwendungsfristen zu beachten. Anders beim Bau sonstiger Eisenbahnstrecken: hier hat der Nachbar zwar formell auch Parteistellung, doch Lärm kann er im Verfahren nicht einwenden.

Kein Mitspracherecht im eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren
Lärm begründet keine Parteistellung im eisenbahnrechtlichen Sinn.52 Deswegen kann von Parteien im eisenbahnrechtlichen Verfahren auch keine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte abgeleitet werden. Die Behörde hat nur von Amts wegen die Frage der Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Personen durch ein Eisenbahnvorhaben zu klären.53 Wer sich gegen Lärm schützen will, muss klagen (etwa nach § 364a ABGB).54
Und wie sieht es auf der Emissionsseite aus? Gesetzlich verbindliche Emissionsgrenzwerte sind in Europa derzeit nur in Österreich vorhanden. Diese sind relativ unübersichtlich in der Schienenfahrzeuglärm-Zulässigkeitsverordnung55 fixiert. Unterschieden werden hierbei vier Zustände: einerseits Außenlärm im Stand und in Fahrt, andererseits Innenlärm im Stand und in Fahrt. Dazu kommt eine starke Aufgliederung nach Fahrzeugtypen.56
Zudem wurde – anders als im Straßenverkehr – bereits zu Beginn der Neunzigerjahre ein Lärmkataster für alle stark belasteten Eisenbahnbestandstrecken in Österreich erstellt. Als stark belastet gilt dabei eine Strecke, wenn zu erwarten ist, dass die Grenzwerte der Schienenfahrzeug-Lärmzulässigkeitsverordnung überschritten sind. In der Folge wurde eine Dringlichkeitsreihung der Lärmsanierungsmaßnahmen auf Basis des Eisenbahnlärmkatasters durchgeführt und mit der Umsetzung begonnen. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, dass praktisch nur mehr die Schallemission betrachtet werden muss, wenn man wissen will, ob sich die Immissionssituation verbessert oder verschlechtert hat.57

Resümee
Verkehrslärmbetroffene haben in Österreich in der Regel keinerlei subjektive Rechte zur Verwirklichung berechtigter Schutzinteressen. Dies gilt sowohl für die Straße wie auch für die Schiene und den Luftverkehr. Das Bundesstraßengesetz sieht lediglich eine Verpflichtung des Straßenhalters vor, entsprechende Lärmschutzmaßnahmen an bestehenden als auch an zu errichtenden Bundesstraßen zu ergreifen, schließt aber ausdrücklich aus, dass dadurch subjektiv öffentliche Rechte begründet würden. Selbiges gilt aufgrund der Schienenlärm-Immissionsschutzverordnung allerdings nur für den Neubau und die Erweiterung von Bahnstrecken; Anrainer von bestehenden Schienenstrecken sowie Anrainer von Flughäfen verfügen dagegen über keinerlei verwaltungsrechtlich geschützte Position. In allen diesen Fällen scheidet regelmäßig auch die Geltendmachung von Ansprüchen vor den Zivilgerichten aus.
Eine Revision der veralteten österreichischen Rechtslage ist daher überfällig.58 Ein Recht der Betroffenen auf Lärmschutz ist nicht mehr aufschiebbar – oder muss erst der EGMR bemüht werden? Wie in der Gewerbeordnung für Betriebsanlagen sollte auch im Verkehrsrecht ein auf wirtschaftlich zumutbare Schutzmaßnahmen klagbarer Rechtsanspruch verankert werden. Zumindest sollten aber die eisenbahnrechtlichen und die Flughäfen und Landesstraßen betreffenden Bestimmungen an den Standard des Bundesstraßengesetzes herangeführt werden.
Überdies gerät Österreich zunehmend unter Regelungsdruck. Wie die EU-Umweltverträglichkeitsrichtlinie bereitet auch die Umsetzung der EU-Umgebungslärmrichtlinie aufgrund der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung Schwierigkeiten. Unter anderem muss Österreich Mechanismen zur besseren und vor allem verbindlichen Koordination zwischen den Verkehrswegeplanungen und der örtlichen sowie überörtlichen Raumplanung entwickeln. Bis dato waren Lärmprobleme oft genug das Ergebnis unkoordinierter Vorgangsweisen zwischen beiden Bereichen. So wurden Flächen im Einzugsbereich von bestehenden oder geplanten Verkehrsflächen trotz vorhersehbarer Lärmbelastung durch die örtliche Raumplanung als Wohngebiete gewidmet. Die praktischen Schwierigkeiten erklären sich daraus, dass die Verkehrswegeplanung (Bundesstraßen, Eisenbahn, Flugverkehr) hauptsächlich in der Zuständigkeit des Bundes liegt, während die Bundesländer ausschließlich für die Raumplanung zuständig sind. Allein das Erfordernis einer verbindlichen Koordination könnte hierbei Abhilfe schaffen.

Plädoyer für ein einheitliches (Verkehrs-)Lärmrecht
Die Straßenverkehrsordnung und das Bundesstraßengesetz sind in Sachen Lärm veraltet, das Eisenbahnrecht bei weitem nicht ausreichend, ein Fluglärmgesetz fehlt überhaupt. Dies wäre eine gute Gelegenheit, endlich ein neues, allgemeines Gesetz zum Schutz vor Lärm zu schaffen – ein Verkehrslärmschutzgesetz. Ein Gesetz, in dem übergreifend ein Gesamtkonzept zum Lärmschutz und zur Lärmminderung vorgegeben wird. Wegen der Komplexität und der großen Bedeutung des Themas Lärm sollte es auf jeden Fall neben den geltenden Vorschriften bestehen und nicht darin integriert werden. Das Umweltministerium sollte mit der Federführung beauftragt werden, weil erstens nicht nur für verkehrsbedingten Lärm Regelungen geschaffen werden müssen und weil zweitens bei einer Ansiedlung in einem anderen Ministerium Interessenkollisionen nicht auszuschließen sind: Wenn man neue Verkehrswege plant, könnte man leicht in Versuchung geraten, am Lärmschutz zu sparen.59
Ein übergreifendes Lärmschutzgesetz bietet eine Reihe von Vorteilen und Chancen: Als Gesamtkonzept zur Lärmminderung könnte der Rahmen für Grenzwerte, Beurteilungen, Kosten, Zuständigkeiten usw. abgesteckt werden. Es könnten Ruheschutzzonen geschaffen und diese unabhängig von Partikularinteressen ökologisch begründet werden. Und es könnten endlich Lärmquellen in ihrer Beurteilung vergleichbarer gemacht werden.
Mit der Festlegung von einheitlichen Grenzwerten, die aktuell und mittelfristig auch realisierbar sein sollten, könnte eine gerechtere Lastenverteilung erfolgen. Gleichzeitig müssten aber auch Zielvorgaben für die Zukunft im Sinne einer Verbesserung gemacht werden (in der Schweiz lief beispielsweise die 15-jährige Frist zur Sanierung aller Anlagen 2002 ab). Nur so kann der notwendige Druck erzeugt werden, in die Verringerung der Geräuschbelastung zu investieren.
Für die Belastung vor Ort kann es so endlich auch zu einer klaren Regelung bei der Summation der Einzelbelastungen kommen. Der Betroffene erlebt schließlich die Gesamtlast und unterscheidet nicht zwischen den verschiedenen Lärmarten. Die Lärmschutzkosten könnte man auf alle Beteiligten gerechter verteilen. Ein solches Gesetz brächte klare Zuständigkeiten und eine bessere Durchschaubarkeit für die Betroffenen.
Als wichtiger Aspekt sollte hier auch die Umsetzung von EU-Richtlinien in der nationalen Gesetzgebung nicht vergessen werden. Die EU-Umgebungslärmrichtlinie zeigt die Notwendigkeit klarer rechtlicher Rahmenbedingung auf; bis zum 18. 7. 2004 (!) ist die Richtlinie ins österreichische Recht umzusetzen. Der Querschnittscharakter von Umgebungslärm sowie die Verpflichtung zur Schaffung von Lärmkarten und die Durchführung von Aktionsplänen erfordern eine zentrale Federführung zur reibungslosen Umsetzung.
Schließlich wird die Zahl der Lkw- und Pkw-Fahrten aus den östlichen Nachbarländern in Österreich im Zuge der EU-Erweiterung rasant ansteigen. Eine Liberalisierung des Lkw-Verkehrs, wie von der Europäischen Union vorgesehen, bringt noch dazu eine Verlagerung von der Schiene auf die Straße.
Warum eigentlich nicht endlich ein Gesamtkonzept zur Lärmbekämpfung? Stehen dem zu viele Interessen entgegen? Hohe Kosten und Auflagen für den Lärmschutz führen in Wirtschaft und Verwaltung eher zu einer minimalistischen Haltung. Unterlassene Maßnahmen zur Vermeidung von und zum Schutz vor Lärm bringen vielleicht kurzfristig Vorteile – mittelfristig (zum Beispiel Staukosten) und langfristig aber überwiegen die Nachteile: erhöhtes Gesundheitsrisiko (insbesondere in Bezug auf Herz- und Kreislauferkrankungen), bevölkerungspolitisch unerwünschte Umschichtungen der Sozialstruktur und Wertverluste bei Immobilien. Worauf warten wir also noch? Ist das gescheiterte Ökopunktesystem nicht Mahnmal genug – muss der Druck auf Politiker noch mehr erhöht werden? Die Zeit für eine Kodifikation des Lärmrechts ist jedenfalls reif.

Fußnoten:
1 Das Lärmempfinden ist aber sehr subjektiv und von der Art des Geräusches, der Situation und der persönlichen Einstellung abhängig. Dauernde Lärmbelastung kann Gesundheitsschäden hervorrufen (insbesondere Schlafstörungen und Konzentrationsschwächen, Stress, Bluthochdruck und erhöhtes Herzinfarktrisiko). Daher werden auch strenge Grenzwerte für eine Dauerbelastung „empfohlen“: 55 dB(A) am Tag und 45 dB(A) in der Nacht. Diese werden an stark befahrenen Straßen aber oft weit überschritten.

2 Lärm ist primär ein städtisches Problem, wobei jedoch einzuräumen ist, dass er auch in ländlichen Gebieten störend wirken kann. Gerade deshalb, weil es in ländlichen Gebieten im Allgemeinen ruhiger ist, sind neue Lärmquellen dort eher wahrzunehmen und umso störender. Offenbar gehen immer mehr Zonen der Ruhe verloren. Daher sollte eines der Ziele der künftigen Lärmschutzpolitik sein, zu verhindern, dass immer mehr solcher Ruhezonen verschwinden. Darüber hinaus müssen die Auswirkungen von Lärm auf empfindliche Ökosysteme bedacht werden, insbesondere in Gebieten, die ausdrücklich als Naturschutzgebiete ausgewiesen sind.

3 Beispielsweise dann, wenn der Verkehr auf der Straße stark zugenommen hat, die Straße aber immer schon vorhanden war. Fluglärm, Schienenlärm oder Straßenlärm – dem Anlieger ist die Quelle eher gleichgültig. Er will wissen, welche Rechte er hat, welche Schutzmaßnahmen oder welche Abhilfe es gibt und an wen er sich wenden kann.

4 VfSlg 12.135; VfSlg 11.650.

5 VfGH 14. 10. 1999, G 91/98, G 115/98.

6 EGMR 9. 12. 1994, 41/1993/436/515.

7 Beachtenswert ist auch die Auffassung des deutschen BVerfG (BVerfGE 56, 54, 74 ff; s auch SRU, Tz 34 f): demnach ist der Schutzbereich von Art 2 Abs. 2 Satz 1 GG (Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit) grundsätzlich weit zu fassen; er sei nicht auf körperliche Eingriffe beschränkt, erfasse vielmehr auch Eingriffe mit vergleichbarer Wirkung. Die Gesundheitsdefinition der WHO wird vom BVerfG nicht übernommen. Das BVerfG geht davon aus, dass die aus Art 2 Abs. 2 Satz 1 GG herleitbare Schutzpflicht auch die Pflicht zur Bekämpfung von gesundheitsgefährdenden Auswirkungen des Fluglärms umfasst. Bei der Erfüllung dieser Schutzpflicht kommt dem Gesetzgeber nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 77, 170, 214 f; 88, 203) ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu.

8 Nimmt die Anzahl der nächtlichen Flugbewegungen massiv zu, wächst meist der Protest in der Bevölkerung gegen die Fluglärmbelastung. Das sind keine guten Voraussetzungen für einen Flughafenausbau. Was tun Behörden in einem solchen Fall? Sie machen die Anrainer beispielsweise durch passiven Lärmschutz „mundtot“. Nach dessen Installation sind Einwände gegen eine neue Startbahn ebenso hinfällig wie Reglementierungen des (Nacht-) Flugverkehrs. Ob eine solche „zwangsweise Verbarrikadierung“ der betroffenen Menschen die Lösung des Problems sein kann, erscheint fraglich.

9 Grundsätzlich dürfte es vom Recht aus Art 8 Abs 1 EMRK auch umfasst sein, bei nicht geschlossenem Fenster ausreichend Ruhe zum Schlafen zu finden. Insbesondere hat der EGMR auf den zum Teil vorgebrachten Vortrag der Beschwerdeführer im Verfahren gegen die Situation in London-Heathrow, gerade bei geöffnetem Fenster nicht schlafen zu können, nicht zum Anlass genommen, die Beschwerdeführer auf die Ausschöpfung eigener Möglichkeiten der Lärmdämmung zu verweisen. Es bestehen erhebliche Zweifel daran, dass eine Reduzierung der Lärmeinwirkung nicht nur flankierend, sondern ausschließlich durch Modifikation und Umbau der Wohnungen der Betroffenen eine zumutbare Lösung des Problems sein kann.

10 Die unterschiedlichen Rechtslagen – und damit Lebensqualitäten – könnten insbesondere im Lärmsektor immer mehr durch Richtlinien abgebaut werden. Die Richtlinie 2002/30/EG über Regeln und Verfahren für lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf Flughäfen der Gemeinschaft schafft etwa einen gemeinsamen Rahmen von Regeln und Verfahren für Betriebsbeschränkungen auf Gemeinschaftsflughäfen als Teil eines ausgewogenen Lärmschutzansatzes. Dazu gehören die Beurteilung der Lärmauswirkungen auf einem Flughafen und die Prüfung der möglichen Abhilfemaßnahmen sowie die Wahl von Lärmminderungsmaßnahmen, die einen maximalen Umweltnutzen bei möglichst geringen Kosten gewährleisten.

11 Die Flughafenentgeltregelungen in der Gemeinschaft sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich. In Österreich und Deutschland etwa umfasst die Entgeltregelung eine Umweltkomponente, die von der Lärmbelastung durch das Luftfahrzeug abhängt. Vgl. auch den Vorschlag für eine Richtlinie über Flughafengebühren [KOM (1997) 154 endg].

12 Lärm von Flugzeugen und Hubschraubern beim Start, bei der Landung oder während des Fluges wird als Fluglärm bezeichnet. Triebwerksprobeläufe, das Rollen im Bereich der Flugsteige und bis zur Start- und Landebahn, Bewegungen von Straßenfahrzeugen (Tankfahrzeuge, Busse etc.) auf dem Flugplatzgelände werden als Bodenlärm bezeichnet und nicht dem Fluglärm zugeordnet. Auch der Lärm durch den Zubringer- und Lieferverkehr und auf den Parkplätzen wird nicht zum Fluglärm gerechnet. Wie der Bodenlärm ist dieser Bestandteil des Gewerbelärms. Auch der Lärm von Modellflugzeugen ist kein Fluglärm.

13 Abschreckendes Beispiel ist der Fluglärm über Zürich – nunmehr soll ein Mediationsverfahren die Diskussion versachlichen (vgl. NZZ 25. 9. 2003).

14 Allenfalls kommt auch § 19 LuftVG zum Tragen: Der Grund dieser Gefährdungshaftung gebietet, durch möglichst extensive Auslegung des Unfallsbegriffes auch die modernen Schadensfolgen der Luftfahrt, insbesondere solche aus dem Fluglärm, dem Luftfahrzeughalter zuzurechnen, soweit nur der Schaden adäquat – kausal verursacht und mit der für den Unfallbegriff typischen Plötzlichkeit eingetreten ist. Anders als bei §§ 364 f ABGB kommt es hierbei u. a. auf die Plötzlichkeit an (z. B. überraschend landender Lastenhelikopter verursacht Schäden in einer Vogelfarm – so OGH 25. 8. 1992, 1 Ob 23/92). Ob aber die Plötzlichkeit nur innerhalb des Flugbetriebes oder – wie heute zunehmend – allein beim Geschädigten (etwa durch Erschrecken) realisiert wird, ist unerheblich.

15 Nach Anhang 1 Z 14 (Spalte 1) ist a) der Neubau von Flugplätzen und Hubschrauberlandeplätzen (sofern sie „nicht überwiegend“ Rettungseinsätzen dienen, b) die Neuerrichtung von Pisten über 2100 m und c) die bestimmte Änderungen (Ausbau) von Flugplätzen UVP-pflichtig.

16 „Große Interessenskonflikte“ (§ 16 Abs. 2 UVP-G) können nunmehr durch Mediationsverfahren entschärft werden – das Verfahren ist aber zum einen keine Garantie für einen Konsens, zum anderen keine Infragestellung der (grundsätzlichen) Frage nach dem „ob“ eines Projekts.

17 Vgl. § 95 iVm 70 AktG.

18 Allerdings korrigiert die Rechtsprechung manchmal auch ein zu enges Begriffsverständnis: Rechtsgrundlage für die Genehmigung von Betriebszeiten sind das Luftfahrtsgesetz und die Zivilflugplatz-Betriebsordnung. Voraussetzung ist die Gewährleistung eines sicheren und wirtschaftlichen Betriebes. Die Gewährleistung eines „sicheren“ Betriebes beinhaltet auch den Schutz vor gesundheitsgefährdenden Immissionen. Die Sicherheit der Luftfahrt umfasst nämlich auch die Abwehr der der Allgemeinheit aus dem Luftverkehr drohenden Gefahren. Hierbei ist eine Abwägung beziehungsweise ein Interessenausgleich zwischen Sicherheit und Wirtschaftlichkeit nicht möglich, weil beide Kriterien vorliegen müssen. Zudem kommt es bei der hier geforderten „Sicherheit“ sowohl auf die Verkehrserfordernisse als auch auf die Verkehrssicherheit an; bei der Verkehrssicherheit sind jedenfalls die Auswirkung von Fluglärm zu berücksichtigen (VwGH 20. 3. 2002, 99/03/0251).

19 Heikel ist auch die Frage der Verantwortung der Betreiber von Flughäfen (wie auch anderen Verkehrsnetzen) für die Verhinderung von Lärmbelästigung. Sollen neben den Herstellern der Verkehrsmittel auch die Betreiber der Verkehrsnetze eine Verantwortung für Lärmschutzmaßnahmen haben und die damit verbundenen Kosten tragen?

20 Das Umweltinformationsgesetz sieht zwar einen freien Zugang zu Umweltdaten vor, doch Bescheide sind damit nicht gemeint; diese sind vielmehr regelmäßig streng gehütete Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.

21 Mit der Richtlinie 2002/49/EG zur Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm, einer für alle Verkehrsträger geltenden horizontalen Maßnahme, wird ein gemeinsames Konzept für die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm eingeführt. Es dient der Verfolgung lärmbedingter Umweltprobleme in Ballungsräumen und in der Nähe von Hauptverkehrseinrichtungen, einschließlich Flughäfen, sowie der Informierung der Öffentlichkeit über Umweltlärm und seine Auswirkungen und verlangt von den zuständigen Behörden Aktionspläne, um erforderlichenfalls Umweltlärm zu verhüten und zu reduzieren oder bei geringem Umweltlärm den Stand zu wahren. Insbesondere sieht die Richtlinie 2002/49/EG auch einen gemeinsamen Lärmindex sowie eine gemeinsame Methodik zur Lärmberechnung und -messung im Umfeld von Flughäfen vor.

22 Da der Entwurf zu einem Fluglärmgesetz 1994 im Widerstreit der Interessen versandete, werden Richtlinien des Österreichischen Arbeitsrings für Lärmbekämpfung angewendet. Die unverbindlichen Richtlinien enthalten Berechnungsverfahren für die Schalleinwirkung und die Ableitung der Fluglärmschutzzonen und bieten Grundlagen für die Raumplanung. Lärm-Grenzwerte sind in der Zivilluftfahrt-Lärmzulässigkeits-Verordnung festgeschrieben.

23 Darüber hinaus bedarf es in der Frage des Fluglärms weiterhin Schritte auf dem Weg zu strengeren Emissionsgrenzwerten und eines Beitrags zur Festlegung gemeinsamer Rahmenbedingungen für die Flächennutzung. Als ökonomischer Anreiz ist insbesondere die Staffelung der Flughafengebühren je nach Lärmpegel der Flugzeugtypen zu nennen. In einzelnen Mitgliedstaaten, vor allem aber in den USA, hat man mit dieser Maßnahme positive Erfahrungen gemacht. Durch eine Rahmenrichtlinie zur Gebührenstaffelung könnte vermieden werden, dass Flughäfen durch den Verzicht auf eine solche Gebührenstaffelung Wettbewerbsvorteile für sich in Anspruch nehmen. Ob aber Flughafengebühren allein zur Behandlung von Lärmproblemen ausreichen, die durch die stetige Zunahme des Luftverkehrs verursacht werden, ist fraglich.

24 Zu den Lärmkosten vgl. näher Kind, Lärmrecht, 37 ff.

25 Als Straßenverkehrslärm wird gemeinläufig Lärm von Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen (Autobahnen, Bundes-, Landes-, Gemeindestraßen und öffentlichen Parkplätzen) bezeichnet. Geräusche von Kfz auf Betriebs- oder Werksgeländen, im Anlieferbereich von Verkaufseinrichtungen (etwa Supermärkten) einschließlich auf den dazugehörenden Parkplätzen, zählen nicht zum Straßenverkehrslärm. Dieser Lärm ist Bestandteil des Gewerbelärms; Regelungen zum Gewerbelärm enthält die GewO.

26 Auch Fahrverbote unterliegen dem Wandel der Zeit. Wie die Gewichte bei der Interessenabwägung zu verteilen sind, ist letztlich der Beurteilung des VfGH vorbehalten. Die Gewichte sind der StVO nicht im Detail zu entnehmen und können sich – bei gleichem Gesetzeswortlaut – im Lauf der Zeit auch verschieben: man kann etwa bezweifeln, ob Ladegutbeschränkungen zur Senkung der LKW-Frequenz schon in den 60er Jahren von der StVO gedeckt angesehen worden wären. Aus dem Gesetzestext nicht zu beantworten ist zum Beispiel auch, ob sommerliche Verkehrsbeschränkungen zur Reduktion von Ozon-Vorläufersubstanzen gesetzmäßig wären oder Fahrverbote auf bestimmten Straßen für PKW mit weniger als drei Insassen (zur Erhöhung der Flüssigkeit des Verkehrs zu den Tagesverkehrsspitzen).

27 Das Nadelöhr Brennerautobahn ist ein gutes Beispiel für den österreichischen Weg in Sachen Verkehrspolitik. Vor Einführung des Nachtfahrverbots (1989) fuhren auf der Brennerroute jede Nacht 900 bis 950 Lastwagen. Nachher waren es noch 200 bis 350. Die positiven Auswirkungen des Nachtfahrverbotes – Schallpegelminderung um 4 bis 5 Dezibel und schlagartige Verdoppelung des Kombiverkehrs der Brenner-Bahn (Nachtsprung) – haben jedoch allmählich wieder nachgelassen. Aufgrund des allgemeinen Verkehrswachstums und wegen der Vergrößerung des Anteils von Lastwagen, die dem Kriterium „lärmarm“ entsprechen, stieg die nächtliche Verkehrsbelastung durch LKWs seither wieder massiv an. Erst seit 1996, als die Maut in der Nacht doppelt so hoch angesetzt wurde wie tagsüber, ging die Zahl der Nachtfahrten wieder um zwei Drittel zurück.

28 § 42 Abs. 1 StVO.

29 § 42 Abs. 6 lit c StVO.

30 Vgl. § 45 StVO.

31 Vgl. VwGH 5. 9. 1997, 97/02/0170.

32 Vgl. § 43 Abs. 1 lit b und Abs. 2 StVO.

33 VfSlg 11.493/1987; vgl. auch VfSlg 8086/1977 (Brenner Bundesstraße).

34 § 43 Abs. 7 StVO – vgl. VfGH 19. 12. 1972, G 4/71 u. a. und VwGH 30. 3. 1978, 2259/76.

35 § 43 Abs. 3 StVO – vgl. auch VwGH 12. 10. 1984, 84/02/0016, 0017.

36 VGl § 3 Abs. 1 iVm Anhang 1 IG-L.

37 §§ 7 ff und §§ 10 ff IG-L.

38 Bekanntlich hat der Europäische Gerichtshof Österreich zur Aussetzung des sektoralen Fahrverbots in Tirol aufgefordert. Dass das Bundesland Tirol sein Fahrverbot für bestimmte Güter auf einem Abschnitt der Inntalautobahn (sektorales Fahrverbot) bis 30. 4. 2004 aussetzen muss, geht aus einer am 2. 10. 2003 veröffentlichten einstweiligen Verfügung des EuGH hervor. Die am Verfahren Beteiligten, also im Wesentlichen die EU-Kommission und das Land Österreich, werden aufgefordert, „sich auf Maßnahmen zu verständigen, die geeignet sind, die widerstreitenden Interessen miteinander in Einklang zu bringen“, so die Entscheidung. Falls es kein Einvernehmen gibt, will der EuGH bis spätestens 6. 2. 2004 einschlägige Informationen vorgelegt erhalten. Auf deren Grundlage könne dann die heute erlassene Anordnung verlängert, aufgehoben oder geändert werden.

39 Anhang 1 Z 9 UVG-G.

40 Zuletzt hob der VfGH die Trassenverordnung zur B 301 – Wiener Südrand-Straße nicht als gesetzwidrig auf. _Mit zwei, vom 22. (V 53/01) und 26. 6. 2002 (V 73/01) datierten Erkenntnissen wies der Verfassungsgerichtshof die von zehn Bürgerinitiativen, mehreren betroffenen Grundeigentümern sowie von der Wiener Umweltanwaltschaft gestellten Anträge ab. Mit diesen war begehrt worden, die Rechtsgrundlage für den (bereits begonnenen) Bau der B 301 Wiener Südrand-Straße (jetzt: „S 1 Wiener Außenring-Schnellstraße“) aufzuheben. Der Gerichtshof verwarf die Bedenken gegen die Trassenverordnung (BGBl II 352/2000), die vor allem die Umweltverträglichkeit der geplanten Straße in Zweifel zogen. Er war der Auffassung, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung, die der Trassenverordnung voranging, dem Gesetz entsprach; schwerwiegende Umweltbelastungen, welche die Straße unzulässig machen würden, können vermieden werden: Voraussetzung dafür sind zahlreiche, das Straßenprojekt begleitende Maßnahmen, Vorschreibungen und Auflagen, die als Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung außerhalb der Trassenverordnung – sei es im Wege der Selbstbindung des Bundes, sei es durch Überbindung auf einen anderen Straßenbauträger (wie hier der ÖSAG) – verbindlich festzusetzen sind.

41 Die Regelungen des § 7a BStG 1971 idF 1983/63 stellen auf den Schutz aller in derselben Weise betroffenen Nachbarn und nicht nur derer ab, die – was von Zufälligkeiten abhängen kann – projektbedingt enteignet werden (VwSlg 13.273 A/1990).

42 So bezieht sich beispielsweise § 37 Abs. 1 lit c Tir LStG 1989 auf Beeinträchtigungen von angrenzenden Grundstücken durch den Bestand der Straße sowie Gefährdungen oder Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den Verkehr auf der Straße oder durch Erhaltungsarbeiten an der Straße. Dieses Kriterium des § 37 Abs. 1 Tir LStG 1989 bezieht sich jedenfalls nicht auf Beeinträchtigungen durch das Straßenbauvorhaben gegenüber den von dem Projekt unmittelbar betroffenen Grundeigentümern. Für derartige Grundeigentümer sieht § 43 Abs. 1 Tir LStG 1989 vielmehr vor, dass im straßenbaurechtlichen Verfahren eine Änderung des Bauvorhabens hinsichtlich der Straßentrasse und der technischen Ausgestaltung der Straße beantragt werden kann (VwGH 26. 4. 2002, 2000/06/0044). Im Zusammenhang mit dem Vlbg LStG 1969 meint der VwGH (26. 4. 2002, 2000/06/0060), dass durch die Gewährung eines geringeren Abstandes zu einer öffentlichen Straße keine Rechte eines Nachbarn im Sinne des Vlbg BauG 1972 verletzt werden. Aus § 36 Abs. 1 und 2 Vlbg LStG 1969 kann kein Nachbarrecht des Eigentümers eines Grundstückes abgeleitet werden, das im weiteren Straßenverlauf an einer Straße gelegen ist, zu der für das Nachbargrundstück ein geringerer Abstand für das Bauvorhaben zur Straße hin gewährt wurde. Anders hingegen in Niederösterreich: Aus den Bestimmungen des § 6 Abs. 1, 3, 5 und 6 NÖ LStG ergibt sich, dass die Anrainer legitimiert sind, im straßenbaurechtlichen Bewilligungsverfahren ihre Interessen zu wahren, auch wenn diese in ihrer Art gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt sind (vgl. VwGH 17. 12. 1996, 94/05/0034, und vom 22. 9. 1998, 98/05/0162). Eigentümer einer an eine Straße grenzenden Liegenschaft können daher im straßenrechtlichen Baubewilligungsverfahren nach § 6 NÖ LStG auch Fragen der Standsicherheit ihrer Bauwerke geltend machen (VwGH 20. 4. 2001, 99/05/0080). Im Übrigen ergibt sich aus der Zusammenschau der Bestimmungen des § 6 Abs. 1 NÖ LStG und des § 6a Abs. 1 NÖ LStG, dass der Gesetzgeber den näher umschriebenen Schutz der Nachbarn nur beim Bau von Landeshauptstraßen und Landesstraßen, nicht aber bei Gemeindestraßen vorgesehen hat. Auf die Umweltverträglichkeit hat aber die Behörde auch bei der Neuanlage, Umgestaltung und Umlegung von Gemeindestraßen Bedacht zu nehmen, ohne dass die Nachbarn ein diesbezügliches Mitspracherecht beanspruchen könnten (VwGH 22. 9. 1998, 98/05/0162).

43 Az. 222 C 1033/99.

44 Die Mietzinsminderung bzw. -befreiung aber darauf zu stützen, dass die Lärmeinwirkung durch den LKW-Verkehr auf einer vom Bestandobjekt etwa 100 m entfernten Bundesstraße den bedungenen Gebrauch der angemieteten Wohnung verhindere, lässt der OGH (11. 6. 2002, 1 Ob 89/02y) nicht ohne weiteres gelten. Voraussetzung hierzu wäre, dass dieser Lärm eine wesentliche Beeinträchtigung des Beklagten im bedungenen Gebrauch des Bestandgegenstands darstellt (vgl. SZ 63/220; EvBl 1983/171). Der Mieter wird diese Lärmentwicklung jedenfalls in Kauf nehmen müssen, wenn mangels anderer Vereinbarung eine „mittlere Brauchbarkeit“ des Bestandobjekts zu Grunde zu legen ist und anzunehmen ist (MietSlg 39.112), dass er von vornherein davon Bescheid wusste, dass LKW auf der Bundesstraße (hier: zum Steinbruch) zu- oder von diesem abfahren, und er in Kenntnis dessen den Bestandvertrag mit der vereinbarten Mietzinshöhe abschloss. Selbst eine Steigerung des Verkehrsaufkommens (etwa durch extensive Nutzung eines damals schon vorhandenen Steinbruchs) – wäre nach Ansicht des Höchstgerichts vorhersehbar und gehört demzufolge zum „allgemeinen Lebensrisiko“ eines Mieters (MietSlg 51.127). Maßgeblich ist schließlich auch, dass der Vermieter zum Einschreiten gegen die Halter der die Bundesstraße benutzenden LKW und den damit verbundenen Lärm nicht verpflichtet werden kann, weil an solchen Straßen Gemeingebrauch besteht und daher ein Vorgehen des Vermieters gegen den durch die Benützung der Bundesstraße entstehenden Lärm von vornherein aussichtslos gewesen wäre.

45 Grundlegend dazu die Entscheidung 1 Ob 113/02b: Danach ist der Bestandnehmer für die Dauer und im Ausmaß der Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts von der Entrichtung des Zinses befreit, wenn es schon bei der Übergabe so mangelhaft war oder erst während der Bestandzeit ohne Verschulden des Bestandnehmers derart mangelhaft wurde, dass es zum bedungenen Gebrauch nicht taugt. Es handle sich dabei um einen Gewährleistungsanspruch eigener Art, der in Anpassung an die Besonderheiten von Dauerschuldverhältnissen unabhängig von den Fristen des § 933 ABGB geltend gemacht werden könne, ein Verschulden des Bestandgebers am Auftreten des Mangels nicht voraussetze und schon kraft Gesetzes eintrete. Der Bestandnehmer könne die Zinsbefreiung bzw. -minderung aber auch in Anspruch nehmen, wenn zwar die Bestandsache selbst nicht mangelhaft ist, der Bestandgeber ihm indes den bedungenen Gebrauch entweder überhaupt nicht oder doch nicht in vollem Ausmaß verschafft oder ihn im bedungenen Gebrauch stört. Somit setze die Zinsbefreiung bzw. -minderung entweder einen Mangel des Bestandgegenstands selbst oder ein vom Bestandgeber gesetztes oder ein ihm zumindest zurechenbares Verhalten voraus, wodurch der bedungene Gebrauch der Bestandsache – aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen – gehindert oder beeinträchtigt wird; sie erstrecke sich vom Beginn der Gebrauchsbeeinträchtigung bis zu deren Beseitigung (vgl. jüngst OGH 24. 2. 2002, 1 Ob 306/02k).

46 Nur zeitweise auftretender, den (sonstigen) Störpegel weit überschreitender Lärm einer Eisenbahn kann nicht als Grund dafür angeführt werden, der Lärm der geplanten Betriebsanlage sei nicht unzumutbar (VwGH 21. 3. 1962, 1666/60).

47 Schienenverkehrslärm ist in der Regel Lärm von Fahrzeugen auf Schienenwegen (Schienenwege der Eisenbahnen und Straßenbahnen, auch Rangier- und Umschlagbahnhöfe). Lärm von Schienenfahrzeugen auf Betriebs- oder Werksgeländen zählt nicht zum Schienenverkehr. Dieser Lärm ist Bestandteil des Gewerbelärms (GewO).

48 BGBl 1993/415.

49 Mit der Erklärung zu einer Hochleistungsstrecke wird die Anwendbarkeit des Hochleistungsstreckengesetzes auf die betreffende Eisenbahnstrecke bewirkt. Die Hochleistungsstreckenverordnung bildet mithin lediglich die Rechtsgrundlage für weitere, auf das Hochleistungsstreckengesetz gestützte und auf Hochleistungsstrecken im Sinne des Hochleistungsstreckengesetzes bezogene Rechtsakte.

50 Zur Rechtslage vor dem UVP-G vgl. VfSlg 13.912 („Lainzer Tunnel“): Betroffene Grundeigentümer haben die Möglichkeit, für eine Bebauung ihrer im Hochleistungsstrecken-Baugebiet gelegenen Grundstücke oder Grundstücksteile um eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz Hochleistungsstreckengesetz anzusuchen, sofern keine zivilrechtliche Einigung zustande kommt (siehe VfSlg 8059/1977 zur entsprechenden Vorschrift des § 15 Abs. 1 BStG 1971). Gelangen die betroffenen Grundeigentümer aber zu einer Einigung mit dem Eisenbahnunternehmen, sind sie in ihrer Rechtsstellung durch die Trassenverordnung jedenfalls schon insoweit nicht (länger) betroffen. Wird der Antrag auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung aber abgewiesen, so steht es den Liegenschaftseigentümern als Antragstellern jedenfalls frei, gegen diesen Bescheid Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu erheben.

51 VfSlg 16.242: Parteistellung im Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren und damit auch die Antragslegitimation vor dem Verfassungsgerichtshof besitzt nie ein Verein, sondern stets nur eine mindestens 200 Personen umfassende Gruppe physischer Personen, die eine Stellungnahme durch Eintragung in eine Unterschriftenliste unterstützen. Die ausreichende Mitgliederzahl eines Vereins genügt nicht zur Begründung der Antragslegitimation.

52 Der eisenbahnrechtliche Baugenehmigungsbescheid gründet unmittelbar auf den Bestimmungen des Eisenbahngesetzes 1957. Die Hochleistungsstreckenverordnung bildet keine rechtliche Voraussetzung des eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsbescheides. Das eisenbahnrechtliche Baugenehmigungsverfahren gemäß §§ 32 ff des Eisenbahngesetzes 1957 ist jedenfalls kraft Eisenbahngesetz 1957 ohne vorgängige Erlassung einer Verordnung über den Verlauf der Eisenbahntrasse durchzuführen (VfSlg 14.387).

53 VwGH 25. 6. 2002, 2000/03/0149. § 19 Eisenbahngesetz schließt einen Ausgleichsanspruch wegen Lärmeinwirkungen der Eisenbahn nicht aus. Die von Koziol (Österreichisches Haftpflichtrecht II, 254) vertretene Ansicht, die Beeinträchtigung durch Lärm der Eisenbahn berechtige nicht zur Erhebung eines Ersatzanspruches, wird vom OGH (4. 11. 1981, 6 Ob 668/81) nicht geteilt.

54 VwGH 14. 11. 2001, 99/03/0303. Einwendungen, mit denen Immissionen, insbesondere Lärm, geltend gemacht werden, haben keine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte zum Inhalt, weil sie nicht auf eine aus öffentlich-rechtlichen Regelungen erwachsene Rechtsstellung abgestellt sind, sondern – allenfalls – zivilrechtliche Ansprüche etwa nach § 364a ABGB betreffen (VwGH 8. 11. 1995, 95/03/0017).

55 BGBl 1993/414.

56 Für Schienenfahrzeuge hat die Europäische Union mit den Richtlinien 96/48/EG über die Interoperabilität des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems sowie die Richtlinie 2001/16/EG über die Interoperabilität des konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystems lärmtechnische Standards verfügt. Die Europäische Union wird vorwiegend beim Schienenverkehr für Fahrzeuge im grenzüberschreitenden Verkehr aktiv. Von dem produktbezogenen Ansatz abgesehen gibt es beim Schienenverkehr gegenwärtig keine Kontrollen auf Gemeinschaftsebene. Das Fehlen gemeinsamer Geräuschgrenzwerte kann aber unter Umständen zu Verzerrungen im Binnenmarkt führen. Unterschiedliche Geräuschemissionswerte in den Mitgliedstaaten sind darüber hinaus kaum zu rechtfertigen und mit dem Gemeinschaftsprogramm nicht vereinbar.

57 Die Richtlinie 2002/49/EG sieht Lärmkarten vor, die Informationen über die aktuelle oder voraussichtliche Lärmsituation anhand eines Lärmindexes mit Beschreibung der Überschreitung der relevanten geltenden Grenzwerte, der Anzahl der betroffenen Personen in einem bestimmten Gebiet und der Anzahl der Wohnungen, die in einem bestimmten Gebiet bestimmten Werten eines Lärmindexes ausgesetzt sind, darstellen sollen. Für bestimmte Gebiete, die von besonderer Bedeutung sind, sollen strategische Lärmkarten ausgearbeitet werden, da sich hiermit die Daten gewinnen lassen, die für eine Darstellung der in den betreffenden Gebieten wahrgenommenen Lärmpegel erforderlich sind. In Aktionsplänen (bis zum 18. 7. 2008) sollen für diese Gebiete, die von besonderer Bedeutung sind, Prioritäten gesetzt werden. Zudem sollen bis zum 30. 6. 2007 strategische Lärmkarten für sämtliche Ballungsräume mit mehr als 250.000 Einwohnern sowie für sämtliche Hauptverkehrsstraßen mit einem Verkehrsaufkommen von über sechs Millionen Kfz pro Jahr, Haupteisenbahnstrecken mit einem Verkehrsaufkommen von über 60.000 Zügen pro Jahr und Großflughäfen in ihrem Hoheitsgebiet ausgearbeitet werden und gegebenenfalls einer Genehmigung unterworfen werden. Bis zum 30. 6. 2012 und danach alle fünf Jahre sollen strategische Lärmkarten für sämtliche Ballungsräume sowie für sämtliche Hauptverkehrsstraßen und Haupteisenbahnstrecken in den Mitgliedstaaten erstellt werden.

58 Ob Lärm durch Straßen-, Schienen- oder Flugverkehr – stets scheint der Lärm eine „vergessene Emission“ zu sein. Und dort, wo der Gesetzgeber vor Lärm schützt, werden bescheidene Minderungserfolge wieder durch Zunahme des Verkehrs kompensiert. Die Gesetzgebung ist aber auch kein Allheilmittel, um den Verkehrslärm in den Griff zu bekommen; hierfür sind vielmehr eine Kontrolle des Verkehrswachstums wie auch technische Minderungen erforderlich.

59 Vorbild für eine konsistente Gesetzgebung zum Schutz vor Lärm ist die Schweiz: Lärm von Straßen, Eisenbahnanlagen und Flugplätzen unterliegt in der Schweiz der Lärmschutz-Verordnung (LSV). Spezifische Emissionsgrenzwerte gelten für Motor-, Luft-, Wasser- und Schienenfahrzeuge. Für den Flugverkehr auf den Landesflughäfen sind auf Bundesebene derzeit Grenzwert-Festsetzungen in Vorbereitung. Die LSV will in erster Priorität Lärm an der Quelle verhindern oder vermindern (Verringerung des Verkehrsvolumens, Flüsterasphalt, weniger breite Reifen, Temporeduktion). An zweiter Stelle steht die Bekämpfung des Lärms auf dem Ausbreitungsweg – zum Beispiel mit Lärmschutzwänden. Die LSV lässt Lärmschutzwände jedoch nicht zu, wenn das Ortsbild gestört wird oder Denkmalschutzgründe dagegen sprechen. Eine letzte Möglichkeit bilden daher Ersatzmaßnahmen wie Schallschutzfenster. Der materielle Anspruch auf Lärmschutz ist bei den Eidgenossen im Grundsatz unbestritten; das Konzept der Lärmbekämpfung wird nicht in Frage gestellt. Dort, wo die für die Raum- und Nutzungsplanung wirksamen Lärmschutzbestimmungen vollzogen werden, entfalten sie eine nachhaltige Wirkung für eine Siedlungsentwicklung mit größerer Lebensqualität.

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