Erwartete Auswirkungen der geplanten Steuerreform auf die Städte und Gemeinden*

Erwartete Auswirkungen der geplanten Steuerreform auf die Städte und Gemeinden*

Vorweg: Die Begeisterung der Bevölkerung über die geplante Steuerreform der Regierung hält sich in sehr engen Grenzen. Nur eine Minderheit erwartet sich davon eine spürbare Entlastung. Womit man hingegen rechnet, ist, dass in absehbarer Zeit ein Sparpaket und neue Steuerbelastungen auf uns zukommen werden. Dass nun infolge der Steuerreform auch die Gemeinden und Städte aufgrund ihrer Einnahmenausfälle an Leistungskürzungen, Einsparungen, Veräußerungen des kommunalen Eigentums und an Gebührenerhöhungen denken müssen, die die Bürger unmittelbar negativ tangieren, hält die Mehrzahl der Österreicherinnen und Österreicher für nicht akzeptabel.

 

Persönliche Erwartungen von der Steuerreform
Zum Erhebungszeitpunkt hatten bereits so gut wie alle Befragten über die kommende Steuerreform gehört oder gelesen (96%).
Für sich selbst bzw. für den eigenen Haushalt erwartet sich die Bevölkerung infolge der Steuerreform nicht allzu viel. An eine wirklich spürbare Entlastung glaubt so gut wie niemand (6%). 28 Prozent der Befragten rechnen mit einer „geringfügigen“ Entlastung, während 41 Prozent davon ausgehen, dass es für sie keine nennenswerten Änderungen geben wird. Immerhin ein Fünftel befürchtet sogar eine Mehrbelastung (21%). Diese Verteilung bildet sich mit nur geringen Abweichungen auch bei der Gruppe der Berufstätigen ab.

„Selbstfinanzierung“ der Steuerreform
Dass sich die geplante Steuerreform sozusagen selbst finanzieren wird, dass also zur Finanzierung derselben keine Abgabenerhöhungen und neue Gebühren auf die Bevölkerung zukommen werden, glaubt nur eine kleine Minderheit von 14 Prozent. Für die breite Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher (80%) sind die dementsprechenden Ankündigungen des Finanzministers jedenfalls nicht glaubwürdig (Frage 1).

Erwartete Folgen der Steuerreform
72 Prozent der Bevölkerung erwarten sich im Gefolge der Steuerreform die Einführung neuer Abgaben und Steuern. Ebenso viele (70%) rechnen damit, dass zur Finanzierung der Steuerreform in den nächsten Jahren ein Sparpaket mit Leistungskürzungen auf die Bevölkerung zukommen wird. Mehr als die Hälfte der Befragten geht auch davon aus, dass die Steuerreform eine deutliche Erhöhung des Budgetdefizits bewirken wird (Frage 2).
Viele rechnen sogar mit Mehrfachbelastungen: So befürchten etwa 55 Prozent, dass sowohl ein Sparpaket als auch neue Abgaben und Steuern infolge der Steuerreform kommen werden. Umgekehrt geht so gut wie niemand davon aus, dass die Steuerreform weder eine deutliche Erhöhung des Budgetdefizits noch neue Belastungen und Leistungskürzungen bringen wird (4%).

Steuerreform-Belastungen für die Städte und Gemeinden unzumutbar
So gut wie alle Befragten gehen davon aus, dass die damit verbundenen Budgetkürzungen allein an der Etappe 2005 in der Höhe von rund 330 Millionen Euro alleine für die Städte und Gemeinden für deren Finanzgebarung jedenfalls Probleme mit sich bringen werden. Lediglich 2 Prozent der Befragten glauben, dass die Kommunen dies relativ leicht verkraften könnten. 37 Prozent erwarten sich zumindest gewisse finanzielle Probleme für die Kommunen. Mehrheitlich (zu 55%) ist man sogar davon überzeugt, dass diese dadurch mit großen Budgetproblemen konfrontiert wären oder dass die Folgen für die Städte und Gemeinden katastrophal wären („große Probleme“: 41%; „das wäre katastrophal“: 14%).
Dass die Länder und Gemeinden rund ein Drittel der Kosten für die Steuerreform aufgrund ihrer damit verbundenen Steuerausfälle tragen müssen, hält somit eine breite Mehrheit der Bevölkerung für nicht tragbar. 70 Prozent der Befragten halten diese Budgetkürzungen für unzumutbar; lediglich ein Fünftel (22%) der Befragten meint, dass die Länder und Gemeinden damit durchaus leben können („weiß nicht“: 8%).
Diese Kostenüberwälzung wird von allen Bevölkerungsgruppen und in allen ausgewerteten Gemeindekategorien mehrheitlich abgelehnt (Frage 3).

Akzeptanz von Maßnahmen zum Ausgleich der verringerten Steuereinnahmen
Wenn die Kommunen infolge der Steuerreform massive Budgetkürzungen hinnehmen müssen, wären vielfach drastische Maßnahmen nötig, um diese Ausfälle auszugleichen. Auf die Frage, in welchen Bereichen man sich seitens der eigenen Wohngemeinde am ehesten Leistungskürzungen und Privatisierungsmaßnahmen vorstellen könnte, ergeben sich folgende Antwortverteilungen: Noch am ehesten wäre für die Bürger/innen der Verkauf von gemeindeeigenen Grundstücken (zu 51%) und Liegenschaften (z. B. Wohnhäuser: zu 45%) akzeptabel, aber auch dies wäre für knapp die Hälfte der Befragten ein Schritt in die falsche Richtung. Für rund drei von zehn Gemeindebewohner käme eventuell der Verkauf von Amtshäusern in Betracht. Für eine deutliche Mehrheit ist aber auch dies keine Option. Breiter Konsens besteht auch darüber, dass keine gemeindeeigenen Spitäler sowie Stadtwerke verkauft bzw. privatisiert werden sollen. Auch alle übrigen abgefragten Veräußerungen von kommunalen Einrichtungen kommen für die allermeisten Gemeindebürger nicht in Frage. Dies gilt insbesondere für einen Verkauf des gemeindeeigenen Kanalnetzes (dagegen: 77%) und des Wassernetzes sowie für den Verkauf von Schulen und Kindergärten (dagegen: jeweils rund 90%).
Eine starke Kürzung von Gemeindeleistungen kann sich ebenfalls nur eine kleine Minderheit vorstellen (17%). Für acht von zehn Befragten wäre dies nicht akzeptabel. Entschieden ablehnend stünde die Bevölkerung auch einer spürbaren Erhöhung von Gebühren und Abgaben seitens der eigenen Gemeinde gegenüber: 87 Prozent halten diese Form der Gegenfinanzierung der Steuerreform für inakzeptabel. Ähnlich hoch fällt die Ablehnung einer möglichen Einführung von neuen Abgaben und Gebühren aus („nicht akzeptabel“: 84%; Frage 4).
In Bezug auf mögliche Einsparungen wurde konkret erhoben, in welchen Bereichen man spürbare Leistungskürzungen seitens der eigenen Gemeinde für gerechtfertigt halten würde. Mehrheitliche Akzeptanz fände keine der abgefragten Maßnahmen. Knapp drei von zehn Befragten können sich vorstellen, dass die Investitionen in die lokale Infrastruktur (weiter) reduziert werden. Nur rund ein Viertel der Bevölkerung sieht beim Personal der Gemeindebediensteten Einsparungsmöglichkeiten; rund ebenso viele beim Straßenbau und bei der Straßenerhaltung.
Bei allen übrigen abgefragten Bereichen ist die Akzeptanz von Leistungskürzungen noch deutlich geringer: Lediglich 14 Prozent der Befragten können sich Einschnitte etwa bei der Sozialhilfe vorstellen. Bei den Kinderbetreuungseinrichtungen der Gemeinden, bei den Schulen, in der Gesundheitsversorgung sowie in Bezug auf die Leistungen für ältere Menschen kommen Leistungskürzungen für fast niemanden in Frage („gerechtfertigt“: zwischen 3 und 5%).
Insgesamt 43 Prozent aller Befragten halten bei keinem einzigen der abgefragten Bereiche spürbare Kürzungen seitens der Kommunen für gerechtfertigt.
Die Bevölkerung erwartet sich von den Städten und Gemeinden also keine Kürzungen, sondern umgekehrt zu viel höheren Anteilen, dass die derzeitige Infrastruktur weiter ausgebaut wird. Insgesamt 61 Prozent der Befragten sehen bei der öffentlichen Infrastruktur ihrer eigenen Gemeinde einen Nachholbedarf, wobei es hier keine gravierenden Unterschiede je nach Gemeindegröße gibt. Selbst in Wien votieren 54 Prozent für einen weiteren Ausbau der städtischen Angebote und Leistungen (Frage 5).
Konnten sich auf der einen Seite 23 Prozent der Befragten etwa Einsparungen beim Straßennetz vorstellen, so halten umgekehrt mehr als doppelt so viele (48%) einen Ausbau desselben in ihrer eigenen Gemeinde für wichtig. Ebenfalls knapp bzw. rund die Hälfte der Bevölkerung sieht einen Nachholbedarf in ihrer Gemeinde beim Ausbau der Schulen (45%), der Gemeindekindergärten (45%), bei der medizinischen Versorgung (46%) und im öffentlichen Nahverkehr (50%). 54 Prozent der Bevölkerung erwarten sich darüber hinaus mehr Angebote und Leistungen für die Senioren, etwa die Errichtung von Seniorenheimen. Vier von zehn Befragten sehen in ihrer Gemeinde auch einen Bedarf an zusätzlichen kulturellen Einrichtungen. Als ganz besonders wichtig erachtet man die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen in der eigenen Gemeinde: 82 Prozent der Befragten erwarten sich in diesem Bereich, der unmittelbar mit dem Investitionspotenzial der Kommunen zusammenhängt, vermehrte Anstrengungen und Geldmittel (Frage 6).

Beurteilung der Budget- und Abgabenpolitik
Die Bevölkerung ist mit der Budget- und Abgabenpolitik des Finanzministers bzw. der Bundesregierung alles andere als zufrieden. Lediglich 16 Prozent der Befragten geben hier die Noten 1 oder 2. Doppelt so hoch (34%) ist der Anteil jener, die die Einhebung und Verwaltung von Steuern, Gebühren und Abgaben seitens des Bundes dezidiert negativ bewerten (Noten 4 oder 5). Vier von zehn Befragten gaben die „mittlere“ Note 3.
Demgegenüber macht man sich von der Budget- und Abgabenpolitik der eigenen Landesregierung schon ein deutlich besseres Bild: 37 Prozent beurteilen dieselbe als (sehr) gut; 38 Prozent als „mittel“ und nur 15 Prozent als schlecht.
Noch deutlich positiver nehmen die Österreicherinnen und Österreicher die Verwaltung öffentlicher Gelder seitens ihrer eigenen Gemeinde wahr: Knapp die Hälfte der Befragten (47%) bezeichnet diese als (sehr) gut; 32 Prozent gaben die Note 3. Unzufriedenheit signalisiert auch hier nur eine kleine Minderheit von 14 Prozent.
Diese auf den drei genannten Ebenen sehr unterschiedliche Bewertung bildet sich tendenziell bei sämtlichen Bevölkerungsgruppen und bei allen Gemeindeklassen ab (Frage 7).
Angesichts der überaus ungünstigen Beurteilung der Verwaltung der öffentlichen Gelder auf Bundesebene sieht man auch beim Bund die größten Einsparmöglichkeiten. 71 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass auf dieser Ebene generell mehr eingespart werden könnte; knapp zwei Drittel (63%) meinen, dass auf Bundesebene auch im Personalbereich stärkere Einsparungen möglich sind (Frage 8).
Vergleichsweise viel geringer werden die Einsparoptionen bei den Ländern eingeschätzt. Nur 36 bis 37 Prozent der Befragten sehen hier größere Budget- und Personalreserven.
In Bezug auf die eigene Gemeinde gehen lediglich 22 bis 23 Prozent der Bevölkerung davon aus, dass es auf dieser Ebene größere Einsparmöglichkeiten bei den Ausgaben insgesamt gesehen sowie konkret im Personalbereich bzw. bei den Öffentlich Bediensteten gibt.
Dieser Auffassung, wonach die Gemeinden keine bzw. nur sehr begrenzte Sparpotenziale haben, liegt vielfach die Wahrnehmung zugrunde, dass die derzeitige Budgetsituation der eigenen Gemeinde ohnehin nicht besonders gut ist. Lediglich rund ein Viertel der Bewohner (27%) bezeichnet die finanzielle Lage der eigenen Gemeinde als eher gut; 43 Prozent geben hier die schon eher mäßige Note 3, während 27 Prozent dezidiert darauf hinweisen, dass ihre Wohngemeinde schon jetzt mit größeren Budgetproblemen konfrontiert ist.

Partielle Steuerhoheit der Länder und Gemeinden
Die Österreicherinnen und Österreicher halten es wie schon gesagt mehrheitlich für nicht akzeptabel, dass die Steuerreform zum Teil auf Kosten der Länder und Gemeinden finanziert wird, die dadurch finanzielle Einschnitte in Kauf nehmen müssen, wovon letztlich die Gemeindebürger selbst negativ betroffen sind.
Um künftig zu verhindern, dass die Länder und Gemeinden, deren Steuereinnahmen vom Bund abhängen, mit Steuerreform-Budgetverlusten infolge geringerer Einnahmen konfrontiert sind, würde es die Mehrheit der Bevölkerung begrüßen, den Ländern und Gemeinden eine partielle Steuerhoheit zu übertragen. 62 Prozent der Bevölkerung sprechen sich dafür aus, dass die Länder und Gemeinden in Hinkunft einen Teil der Steuern selbst festlegen und auch die alleinige Verfügungsgewalt über diese Gelder haben, so dass der Bund über diese Mittel nicht disponieren kann. Vorbehalte melden nur 23 Prozent der Befragten an (15% waren hier überfragt). Bezogen auf die Deklarierten, also auf jene, die eine Präferenz abgaben, halten knapp drei Viertel eine entsprechende Umschichtung der Steuerhoheit für sinnvoll.
Die mehrheitliche Befürwortung einer solchen Regelung bildet sich wiederum bei allen statistisch ausgewerteten Bevölkerungsgruppen sowie in allen Gemeindegrößenklassen und Bundesländern ab (Frage 9).

Fehlende Grafiken finden Sie in der ÖGZ 3/04.

Fußnoten:
* Das Institut für empirische Sozialforschung (IFES) führte im Auftrag des Österreichischen Städtebundes eine bundesweit repräsentative telefonische Befragung von 1.000 Personen ab 18 Jahren zum Thema „Erwartete Auswirkungen der geplanten Steuerreform auf die Städte und Gemeinden“ durch. Die Befragung erfolgte vom 27. bis 30. Jänner 2004. Im Mittelpunkt der Befragung standen folgende Themenaspekte: persönliche Erwartungen infolge der Steuerreform, die Glaubhaftigkeit einer Selbstfinanzierung derselben, erwartete Belastungsfolgen einer Steuerreform, Einstellung zur Mitfinanzierung der Steuerreform durch die Länder und Gemeinden, Beurteilung von Einsparmöglichkeiten und Akzeptanz von eventuellen Leistungskürzungen seitens der Kommunen.

OEGZ

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