Das „E-Government-Gesetz“ – ein Überblick

Das „E-Government-Gesetz“ – ein Überblick

Das „E-Government-Gesetz“ trat mit 1. 3. 2004 in Kraft. Es schafft sichere rechtliche Rahmenbedingungen für Identifikation, Authentifizierung und Stellvertretung (Konzept Bürgerkarte), elektronische Datennachweise sowie den elektronischen Akt vom Antrag über die Akteneinsicht bis _zur Erledigung und Zustellung. Darauf können die organisatorischen und technischen Maßnahmen zur Umsetzung in den einzelnen Anwendungen nun aufbauen.

 

Umfassender Regelungsansatz
Was nach dem Beschluss des Österreichischen Nationalrates vom 29. Jänner 2004 als „E-Government-Gesetz“ in der Presse zitiert wurde und am 1. März 2004 in Kraft trat, heißt im Detail „Bundesgesetz, mit dem ein E-Government-Gesetz erlassen wird sowie das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Zustellgesetz, das Gebührengesetz 1957, das Meldegesetz 1991 und das Vereinsgesetz 2002 geändert werden“. Damit sind schon wesentliche inhaltliche Punkte angesprochen und der umfassende Ansatz deutlich gemacht.

Wir haben hier ein Bündelgesetz vorliegen, mit dem Regelungen in folgenden Bereichen getroffen werden:

- E-Government-Gesetz
– barrierefreier Zugang
– Identifikation, Authentifizierung, Vertretung (Konzept der Bürger-_ karte)
– elektronischer Datennachweis
– elektronische Aktenführung
– Verwaltungssignatur

- Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz
– Antrag
– Niederschrift
– Aktenvermerk
– Erledigung
– Postenlauf

- Zustellgesetz
– Anmeldung eines elektronischen Zustelldienstes
– Anmeldung bei einem elektronischen Zustelldienst
– Zustellung über einen elektronischen Zustelldienst

- Gebührengesetz
– Gebührenbefreiung bei elektronischen Eingaben mit der Bürgerkarte

- Meldegesetz
– direkte Eingaben ins ZMR (Zentrale Melderegister) auch durch Personenstandsbehörden und Evidenzstellen
– ZMR-Abfragen
– elektronische Meldeauskunft mit der Bürgerkarte

- Vereinsgesetz
– ZVR (Zentrales Vereinsregister) und Abfragen daraus

Warum braucht es überhaupt ein neues Gesetz, wo doch bereits durch das Verwaltungsreformgesetz 2001 vom November 2001 Regelungen zur Personenkennzeichnung und im Verfahrensrecht geschaffen worden sind? Der Grund liegt darin, dass die organisatorischen und technischen Konzepte mittlerweile in enger Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern, Städten und Gemeinden wie folgt weiterentwickelt wurden:

- statt Anbringen über E-Mail sollen überwiegend intelligente elektronische Formulare mit Benutzerführung eingesetzt werden,

- elektronische behördliche Erledigungen und Bestätigungen sollen auch elektronisch signiert werden,

- das abgeleitete Personenkennzeichen soll auch in der Wirtschaftsverwaltung und in der Privatwirtschaft eingesetzt werden können, um den Einsatzbereich und damit den Nutzen der Bürgerkarte zu erweitern,

- bei der Zustellung soll ein möglichst sicherer Weg für die Verständigung der Empfänger gefunden werden.

Das neue Gesetz ist also die Spitze eines Eisbergs:

- E-Government-Spezialregelungen

- generelle Regelungen für den IT-Einsatz (Datenschutzgesetz 2000, Signaturgesetz, …), zentrale Register, …

- organisatorisch-technische Konzepte für die Nutzung der neuen IT-Techniken.

Rechtliche Rahmen – keine Projekte
Mehr kann ein Bundesgesetz bei den angezogenen Kompetenztatbeständen (Datenschutz, einheitliche Regelungen für das Verwaltungsverfahren, Gebühren, Meldewesen, Vereinswesen) auch nicht leisten. Es schafft aber die Basis, dass zentrale Grundfunktionen für die Verwaltungsverfahren rechtlich abgesichert sind, um eingeführt werden zu können (Schutz der Investitionen).
Für die Verbesserung spezieller, vor allem behördenübergreifender Geschäftsprozesse müssen Projekte aufgesetzt und die Ergebnisse dann in Anwendungen und soweit notwendig in legistische Maßnahmen umgesetzt werden. Das neue Gesetz ist auch keine E-Government-Politik, es fördert nicht die unmittelbare Umsetzung konkreter Projekte und Anwendungen. Es stellt keine Mittel zur Verfügung. Das kann und muss durch die einzelnen Verwaltungseinheiten und in schon bewährter Kooperation zwischen diesen über das E-Cooperation-Board und die E-Government-Plattform erfolgen.
Doch nun zu den einzelnen Regelungen samt Hinweisen zum Auffinden der konkreten Gesetzesstellen. Die Darstellung will einen knappen Überblick über die neue Gesetzeslage vor allem für die Umsetzung in der Verwaltung geben. Sie geht nicht auf die zum Teil sehr kontroversiellen Diskussionen ein. Zur Vertiefung kann auf den Gesetzestext, die sehr umfangreichen Erläuternden Bemerkungen und den Bericht des Verfassungsausschusses – alle auf reference.e-government.gv.at, Bereich „E-Recht“ – verwiesen werden.

E-Government-Gesetz (E-Gov-G)
Ziele (§ 1)
Durch den rechtlichen Rahmen soll der rechtsverbindliche Verkehr mit öffentlichen Stellen gefördert werden. Gleichzeitig soll möglichen Gefahren gegengesteuert werden. Grundsätzlich besteht Wahlfreiheit bei der Form der Kommunikation, das heißt, die Verwaltung wird auch weiterhin mündliche und schriftliche Anbringen entgegennehmen und über die Post Erledigungen zustellen. Bei der Gestaltung des Informations- und Leistungsangebotes im Internet ist darauf Rücksicht zu nehmen, dass dies auch von Menschen mit Behinderungen genutzt werden kann (barrierefreier Zugang, WAI-Richtlinien).

Identifikation
Die Identität ist die Bezeichnung der Nämlichkeit einer Person durch Merkmale, wodurch sie sich von anderen unterscheidet, also z. B. Name, Geburtsdatum und Geburtsort, aber auch der Firmenname oder die Personalnummer in der Lohnverrechnung. Eindeutige Identität liegt vor, wenn eine unverwechselbare Unterscheidung gegeben ist. Bei der Wiederholungsidentität ist nur sichergestellt, dass die Wiedererkennung im Hinblick auf einen früheren Verfahrensschritt gegeben ist (§ 2 Z. 1–3).
Wie schon das Beispiel mit der Personalnummer zeigt, sind für das Speichern und Wiederauffinden in IT-Anwendungen eindeutige Schlüsselbegriffe notwendig, dies auch übergreifend, wenn – soweit zulässig – Daten aus anderen Anwendungen angefordert und zugeordnet werden sollen. Dabei sollen sich diese Schlüsselbegriffe auch über die Zeit nicht ändern.
Die typische Kombination aus dem Personalausweis mit Vorname, Familienname und Geburtsdatum hat nämlich einige Schwachstellen: Es gibt sogar im kleinen Österreich in einigen Fällen Gleichheit von Namen und Geburtsdatum und Namen können sich ändern (Heirat oder Namensänderung). Auch die elektronische Signatur hilft hier nicht weiter, da ein Zertifikat auslaufen oder widerrufen werden kann und eine Person mehrere Signaturen haben kann.
Als Lösung bietet sich in Österreich für natürliche Personen die ZMR-Zahl aus der Eintragung in das Zentrale Melderegister an. Sie bleibt unverändert. Für Personen ohne Wohnsitz in Österreich wird ein Ergänzungsregister geschaffen (§ 6 Abs. 4).
Für juristische Personen, die im Firmenbuch eingetragen sind, gibt es die Firmenbuchnummer, für Vereine die ZVR-Zahl aus dem im Aufbau befindlichen zentralen Vereinsregister. Für andere Rechtsträger insbesondere aus dem öffentlichen Bereich (Bund, Länder, Städte, Gemeinden, Gemeindeverbände, Agrargemeinschaften) wird ebenfalls ein Ergänzungsregister mit einer eindeutigen Kennung eingerichtet (§ 6 Abs. 4).

Authentifizierung
Authentifizierung ist der Vorgang zum Nachweis, dass eine Willenserklärung oder Handlung (z. B. Antrag, Zugriff zur Akteneinsicht, Abholen eines Dokuments vom Zustellserver) tatsächlich von dem angegebenen Urheber stammt (§ 2 Zi 5 und 6).
Beim persönlichen Erscheinen kann ein Ausweis verlangt werden. Bei schriftlichen Anbringen stellt man auf die Unterschrift ab und geht nur in Zweifelsfällen nach § 13 Abs. 2 AVG vor. Im elektronischen Verkehr über offene Netze bietet die elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz den Nachweis, dass eine Nachricht vom Inhaber des Zertifikates stammt und unverändert ist.

Identifikation + Datenschutz = bereichsspezifisches Personenkennzeichen (bPK) für natürliche Personen
Ein einheitliches Personenkennzeichen (Stammzahl) für die gesamte öffentliche Verwaltung – statt überall eigene Anmeldeverfahren mit eigener Identifikation – vereinfacht den Zugang und auch den Datentausch zwischen Anwendungen, widerspricht aber dem Ansatz des Datenschutzes, wonach zwischen einzelnen Bereichen (Aufgabengebieten) Grenzen bestehen sollen. Auch sollte diese Stammzahl nicht jedermann bekannt sein. Die ZMR-Zahl kommt daher nicht in Frage, da sie ja z. B. am Meldezettel aufscheint. Die Lösung ist

- Ableitung der Stammzahl aus der ZMR-Zahl so, dass diese nicht rückgerechnet werden kann,

- Speicherung der Stammzahl nur auf einem sicheren Medium (Bürgerkarte),

- Ableitung eines bereichsspezifischen Personenkennzeichens je Person und Bereich der Verwaltung so, dass dieses wiederum nicht in die Stammzahl rückführbar ist. Für mehrere Anwendungen in einem Verwaltungsbereich ist die Ableitung ident.
Aus der Abstimmung zum bisherigen § 13 Abs. 4a AVG (durch das neue Gesetz aufgehoben) besteht ein Katalog von 26 Verwaltungsbereichen, der von den Ländern, Städten und Gemeinden auch für die notwendige Verordnung nach § 9 vorgeschlagen wird.
Für die juristischen Personen bleibt es bei Firmenbuchnummer (FN), ZVR-Zahl oder Ergänzungszahl ohne weitere Ableitung, da Firmen und Vereine bereits heute diese auf ihren Geschäftspapieren führen müssen und der in Österreich gegebene Rechtsschutz der juristischen Person nicht in allen EU-Staaten gegeben ist.

Authentifizierung
Name, Geburtsdatum, Stammzahl und öffentlicher Schlüssel (nur für natürliche Personen) werden zu einem Personenbindungsdatensatz zusammengefasst, der von der Stammzahlregisterbehörde elektronisch signiert wird. Mit der Prüfung der Signatur der Eingabe anhand des öffentlichen Schlüssels steht damit auch die Identität fest.
Die Eintragung der Personenbindung auf der Bürgerkarte erfolgt durch die Stammzahlenregisterbehörde, in ihrem Auftrag durch andere Behörden oder sonstige geeignete Stellen (§ 4 Abs. 3). Dies wird in der Regel zusammen mit der Ausgabe der Karte und Registrierung für die Signatur erfolgen. Dafür sind entsprechende technische Voraussetzungen, Fachkenntnisse und Verlässlichkeit erforderlich. Solche Stellen können Gemeinden, Bezirksverwaltungsbehörden, aber auch Notare und Bankinstitute sein.

Stellvertretung (§ 5)
Es sind mehrere Fälle der Stellvertretung zu unterscheiden:

- Juristische Personen handeln durch ihre Organe, z. B. der Geschäftsführer für eine GmbH, Bürgermeister für die Gemeinde. Die Vertretungsbefugnis ist dabei im Register eingetragen und kann mit der Stammzahl für die juristische Person auf die Bürgerkarte des Vertretenden aufgebracht werden.

- Erteilte Vollmachten und gesetzliche Vertretung (z. B. Eltern für ihre minderjährigen Kinder) werden nach Nachweis vor einer Registrierungsstelle (§ 4 Abs. 3) über die Stammzahlenregisterbehörde auf der Bürgerkarte eingetragen.

- Berufsmäßige Parteienvertreter müssen sich nach § 10 AVG nur auf die ihnen erteilte Vollmacht berufen, diese aber nicht vorlegen. Nach § 5 Abs. 1 Z. 2 E-Gov-G müssen sie nur den Nachweis ihrer Berufsberechtigung elektronisch nachprüfbar auf der Bürgerkarte anmerken lassen (erfolgt aus dem Dokumentationsregister nach § 114 BAO).

- Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass bei Gemeinden und Bezirksverwaltungsbehörden besonders ermächtigte Bedienstete Anträge von Parteien aufnehmen, um deren bPK ergänzen und mit ihrer eigenen Bürgerkarte fertigen (§ 5 Abs. 3).
Dabei ist jeweils zu beachten, dass nur eine natürliche Person elektronisch signieren kann. Es braucht daher eine Verbindung zwischen der Stammzahl des Vertretenen und der Stammzahl des Vertretenden, signiert von der Stammzahlenregisterbehörde.

„Konzept Bürgerkarte“, Verwaltungssignatur
Die angeführten Regeln werden als das „Konzept Bürgerkarte“ bezeichnet. Konzept deswegen, weil die sichere elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz derzeit zwar nur mit Hilfe einer Chipkarte realisiert werden kann, für die Zukunft aber auch andere technisch mögliche und rechtlich zulässige Lösungen nicht ausgeschlossen werden sollen.
Die Anforderungen an die Chipkarte sind rein funktional festgelegt und können von jeder entsprechend ausgestatteten Karte erfüllt werden, so z. B. auch von den neuen ab Mitte 2004 zur Ausgabe gelangenden Bankomatkarten oder der Studentenkarte. Die in der Karte vorgesehenen Speicher und Funktionen (Schlüsselpaar für Signatur, Schlüsselpaar für Verschlüsselung, Personenbindungsdatensatz, eventuell Vollmachten) müssen durch Registrierung entsprechend frei geschaltet bzw. angelegt werden.
Für die Nutzung in konkreten Anwendungen wird es in Kürze 2 Programm-Module geben:

- Der Secure-Layer wird am PC des Antragstellers installiert. Er stellt einerseits die sichere Kommunikation mit der Chipkarte über den Kartenleser sicher und bietet andererseits den Anwendungsprogrammen genormte Schnittstellen, damit bei Änderungen der Sicherheitstechnologie kein Eingriff in die Anwendungen erforderlich wird. Der Secure-Layer wird mit der Bürgerkarte kostenlos abgegeben werden.

- Der MOA-ID (Modul für Online-Applikationen – Identifikation) ist ein Serverprogramm, das u. a. folgende Funktionen bietet
– Prüfung Authentizität
– Ableitung bPK

Wir haben damit ein Medium, mit dem sich Bürger und Wirtschaft gegenüber allen Behörden – soweit diese ihre Anwendungen angepasst haben – identifizieren können; wir haben ein offenes technisches Konzept, das zukünftige Entwicklungen zulässt; wir haben die notwendige rechtliche Absicherung; was noch fehlt ist die Verbreitung der Bürgerkarte. Dafür gibt es mehrere Ansätze: Öffnung großer Anwendungen (z. B. Finanz-Online), Marketing, Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und schließlich die Verwaltungssignatur.

Verwaltungssignatur – Handsignatur
Bis Ende 2007 können im Verkehr mit der Verwaltung auch Signaturen verwendet werden, die nicht in allen Punkten den Anforderungen für die sichere elektronische Signatur entsprechen, jedoch hinreichende Sicherheit bieten (§ 25). Dadurch kann für diese Übergangszeit auch eine Lösung unter Einsatz von Mobiltelefonen (Handysignatur) eingesetzt werden, bei der zum Signieren ein nur kurze Zeit gültiger Schlüssel generiert und per SMS zugesendet wird.

bPK für einen anderen Verwaltungsbereich
Für die Verwaltung bestehen durch das abgeleitete bereichsspezifische Personenkennzeichen Grenzen zwischen den Verwaltungsbereichen (anderes abgeleitetes Personenkennzeichen zu einer Person). Ein Antragsteller kann sich aber mit seiner Bürgerkarte nach Auswahl des Bereiches jeder Anwendung gegenüber gültig identifizieren.
Es gibt aber auch Fälle, in denen in einem Verfahren Daten an einen anderen Verwaltungsbereich beim selben Auftraggeber oder an eine andere Verwaltungseinheit weitergegeben werden bzw. Daten von dort abgefragt werden – auf Antrag des Betroffenen zu seinem Service oder aufgrund gesetzlicher Regelungen, z. B. von der Anwendung „Wirtschaftsförderung“ im Bereich „Wirtschaft und Tourismus“ an den Bereich „Rechnungswesen“ zur Auszahlung einer Förderung oder an den Bereich „Zustellung“. Dabei gibt es zwei Wege:

- Ableitung der bPK des anderen Bereiches aus der Stammzahl auf der Bürgerkarte im Anmeldungs- und Identifikations-Dialog,

- Ermittlung über die Stammzahlenregisterbehörde.

In beiden Fällen wird der Vorgang durch den MOA-ID software-technisch unterstützt. Die bPK für den anderen Verwaltungsbereich wird nur in verschlüsselter Form (Fremd-bPK) zur Verfügung gestellt und kann nur nach Übergabe im anderen Bereich entschlüsselt und dann verwendet werden (§ 13).

bPK ohne Bürgerkarte
Für zulässige Anwendungen kann die bPK auch ohne Verbindung zur Bürgerkarte des Betroffenen durch Anfrage bei der Stammzahlenregisterbehörde ermittelt werden (§§ 10 Abs. 2 und 13 Abs. 2). Damit können Anwendungen bereits so eingerichtet werden, dass Betroffene, wenn sie in Zukunft eine Bürgerkarte haben, mit dieser zugreifen können.

Identifikation für die Wirtschaft
Für die Möglichkeit einer sicheren Identifikation und Authentifizierung über die Bürgerkarte besteht auch im Wirtschaftsleben ein Bedarf (E-Commerce). Auch hier war eine Lösung unter Abwägung der Datenschutzinteressen zu finden: Das wirtschaftsbereichsspezifische Personenkennzeichen wird aus der Stammzahl des Kunden in Verbindung mit der Stammzahl des Unternehmens durch die Stammzahlenregisterbehörde abgeleitet. Es ist damit jeweils nur für die Beziehung von einem Kunden zu einem Unternehmen eindeutig und nicht rückführbar.

Elektronische Datennachweise (§§ 16–18)
Bestimmte Basisdaten zu den Personen, die E-Government nutzen, sollen aus zentralen Registern zur Verfügung gestellt werden, und zwar als elektronischer Nachweis, der einer Person auf Antrag ausgestellt wird, auf Abfrage über Ermächtigung einer Person oder von Amts wegen bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen.
Im E-Government-Gesetz direkt sind 2 Register geregelt:

- Das Dokumentationsregister nach § 114 BAO:
Es enthält die Art der selbständigen Tätigkeit und die Berufsberechtigung dazu.

- Personenstands- und Staatsbürgerschaftsdaten im Zentralen Melderegister (ZMR):
Name, Geburtsdatum, Geburtsort und Staatsbürgerschaft sind neben dem Wohnsitz im Zentralen Melderegister eingetragen. Wenn diese Eintragungen auf Antrag des Bürgers bei der Meldebehörde nach Vorlage entsprechender Urkunden nachgewiesen sind, kann dies im ZMR angemerkt und bei einer Abfrage oder Bestätigung angezeigt werden. Die Vorlage dieser Urkunden durch den Bürger kann dann entfallen.
Behörden und Notare können darüber hinaus über Informationen aus ihrem Zuständigkeitsbereich elektronische Nachweise an Betroffene ausstellen. Sie haben dies im Internet kundzumachen.

Elektronische Aktenführung (§§ 19–21)
Um Fälschungen auszuschließen, soll bei elektronischen Dokumenten, die von Behörden ausgestellt werden, sowohl die Herkunft als auch die Tatsache, dass das Dokument unverändert ist, nachprüfbar sein. Dies erfolgt durch die Amtssignatur. Sie besteht aus einer Bildmarke, dem Zertifikat der Behörde und dem eigentlichen Signaturwert zum konkreten Dokument.
Ausdrucke mit der Amtssignatur gelten als echt, wenn nach Einscannen die Signaturprüfung durchgeführt werden kann. Dazu sind die Bildmarke und die Prüfmechanismen im Internet kundzumachen.
Für die Vorlage elektronischer Akten wird klargestellt, dass der elektronische Akt das Original ist und daher vorzulegen ist. Dabei sind Standardformate zu verwenden, die die Lesbarkeit über einen längeren Zeitraum sicherstellen. Es ist Sache der empfangenden Behörde, sich gegebenenfalls über einen Zustelldienst entsprechende Ausdrucke oder Umsetzungen in andere Formate herstellen zu lassen.
Zur Frage dieser Standardformate und der Langzeitarchivierung von Dokumenten auch im Hinblick auf die Archive der Länder und des Bundes werden noch einige technische Konzepte auszuarbeiten sein.

Verwaltungsverfahren (AVG 1991)
Als Einstieg ein Überblick über den Ablauf eines Verwaltungsverfahrens (s. Grafik auf Seite 14).

Anbringen (§ 13)
Anbringen können auch in jeder technischen Form eingebracht werden, die die Behörde empfangen kann. Die Behörde kann die Adressen und die technischen Voraussetzungen durch Anschlag an der Amtstafel und im Internet kundmachen (§ 13 Abs. 1). Damit kann z. B. ausgeschlossen werden, dass Eingaben, die per E-Mail an einzelne Sachbearbeiter gehen, die länger abwesend sind, oder Datenformate enthalten, die nicht geöffnet werden können, als fristgerecht eingebracht gelten.
Der neu geschaffene Begriff der Kopie („unverfälschte Wiedergabe des Originals“) deckt auch für den ELAK eingescannte Dokumente ab.
Ein Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 4 kann nun auch dann erteilt werden, wenn der Inhalt aus technischen Gründen nicht vollständig erkennbar ist oder Identität und Authentizität zweifelhaft sind. Daraus ergibt sich klar, dass für elektronische Anbringen nicht unbedingt die Bürgerkarte erforderlich ist. Mit der Bürgerkarte sind aber Identität und Authentizität jedenfalls sichergestellt.
Für das direkte Einbringen mündlicher Anbringen gelten weiterhin die Stunden für den Parteienverkehr, für schriftliche Anbringen die Amtsstunden. Bei Anbringen in technischer Form außerhalb der Amtsstunden ergibt sich die Frage des Zeitpunktes des Einbringens (Wahrung einer Frist). Im Sinne der Rechtssicherheit für die Einschreiter sollte vor allem bei Online-Transaktionen eine entsprechende Bestätigung vorgesehen werden. Entscheidungsfristen beginnen allerdings erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden zu laufen. Einwendungen zum Gegenstand einer mündlichen Verhandlung müssen jedoch schriftlich am Vortag bis zum Ende der Amtsstunden oder mündlich bei der Verhandlung eingebracht werden (§ 42 Abs. 1).

Niederschriften (§ 14)
Niederschriften sind vom Leiter der Amtshandlung zu beurkunden (eigenhändige Unterschrift oder elektronische Signatur) und von den Parteien durch Unterschrift zu bestätigen. Die Unterschrift durch die Parteien ist nicht erforderlich, wenn mehr als 20 Personen beigezogen worden sind oder die Niederschrift elektronisch erstellt wurde und an Ort und Stelle nicht ausgedruckt werden kann.

Aktenvermerke (§ 16)
Aktenvermerke sind vom Leiter der Amtshandlung zu beurkunden (eigenhändige Unterschrift oder elektronische Signatur).

Akteneinsicht (§ 17)
Bei der elektronischen Akteneinsicht über das Internet muss der Einsichtswerber Identität und Authentizität elektronisch nachweisen. Auch hier ist die Bürgerkarte die erste Wahl.
Erledigungen (§ 18)
§ 18 Abs. 1 AVG stellt ausdrücklich die Ziele „einfach, rasch und kostengünstig“ voran.
Alle wesentlichen Fakten sind intern als Akt zu dokumentieren. Dabei hat der Genehmigungsberechtigte die Aktenstücke eigenhändig zu unterfertigen oder im ELAK elektronisch zu signieren. Bei diesem Vorgang ist keine sichere Signatur notwendig. Diese Funktion wird sicherlich in die am Markt erhältlichen Anwendungen aufgenommen werden.
Externe Erledigungen an die Parteien sind entweder vom Genehmigenden zu fertigen oder von der Kanzlei zu beglaubigen. Die Amtssignatur nach § 19 E-Gov-G ersetzt die Beglaubigung. Wenn bereits die interne Erledigung elektronisch signiert worden ist, ist sie damit bereits vom Genehmigenden unterfertigt.

Postenlauf (§ 33)
Wenn sich die Behörde für den Posteingang eines Zustelldienstes bedient, gilt ein Dokument mit dem Eingang beim Zustelldienst als rechtzeitig eingebracht. Dies ist in geeigneter Form nachzuweisen.

Zustellung
Allgemeine Regelungen zur Zustellung
Im Zustellgesetz wurden zahlreiche begriffliche Klarstellungen im Hinblick auf das Nebeneinander von Zustellung durch Post, Boten oder Gemeinden und elektronischer Zustellung getroffen.

- „Dokument“ statt Schriftstück umschließt auch elektronische Aufzeichnungen;

- „Abgabestelle“ für die Zustellung herkömmlicher Schriftstücke;

- „elektronische Zustelladresse“: vom Empfänger an den Zustelldienst oder in einem laufenden Verfahren bekannt gegeben (§ 2);

- Priorität für die elektronische Zustellung bei Führung eines ELAK (§ 4);

- Berücksichtigung längerer Abwesenheit (§ 4 Abs. 3);

- direkte Zustellung und Übernahmebestätigung im Online-Dialogverkehr (§ 4 Abs. 5);

- Behörde legt Empfänger, Adresse und Art der Zustellung als Zustellverfügung fest (§ 5).

Elektronische Zustellung
Was waren die Problembereiche bei der elektronischen Zustellung?

- Geheimhaltung im offenen Internet,
- kein Zustellnachweis bei Zustellung über E-Mail,
- bei verschiedenen behördlichen Zustellservern jeweils eigene Anmeldung und Änderungsmeldungen notwendig,
- Preisfindung und Abrechnung mit privaten Zustelldiensten,
- hinreichend sicheres Verfahren zur Verständigung von der Hinterlegung am Zustellserver.

Der III. Abschnitt über die elektronische Zustellung (§§ 28–37) wurde daher gänzlich neu gefasst. Mit den Zustelldiensten wurde eine offene Lösung geschaffen, die durch Konkurrenz am Markt günstige Bedingungen bringen soll.

Aufgaben eines elektronischen Zustelldienstes (§ 28)
- Verzeichnis der Personen, denen zugestellt werden soll
- Ersichtlichmachung von längeren Abwesenheiten
- Bereithaltung der zuzustellenden Dokumente (auch verschlüsselt)
- Verständigung der Empfänger
- Abholung mit Identifikation und Authentifizierung
- Aufzeichnungen über Versendung und Abholung
- Zustellnachweis an die Behörde

Zulassung, Preise, Aufsicht (§§ 29–31)
Private Zustelldienste müssen mit Bescheid des Bundeskanzlers zugelassen sein. Dabei ist die notwendige technische und organisatorische Leistungsfähigkeit und die rechtliche, insbesondere datenschutzrechtliche Verlässlichkeit zu prüfen. Die Zustelldienste unterliegen der Aufsicht des Bundeskanzlers. Zustelldienste, die durch Behörden erbracht werden, müssen nur angezeigt werden. Am 29. 2. 2004 bestehende behördliche Zustelldienste können noch bis Ende 2007 unter den bisherigen Bedingungen weiter betrieben werden.
Zustelldienste können die Leistungserbringung auf eine bestimmte Personengruppe einschränken. Die Geschäftsbedingungen sind zu genehmigen.
Die von den Behörden zu entrichtenden Preise für die Zustellleistungen ergeben sich aus einer Ausschreibung des Bundeskanzlers. Der Bestbieter – im Folgenden als „Zustellkopf“ bezeichnet – erhält den Zuschlag mit der Auflage, zu von ihm genannten Preisspannen für Verteilung und Verrechnung auch Dokumente an andere Zustelldienste weiterzuleiten. Die Preise für die Zustellleistung sind damit auch für die weiteren Zustelldienste verbindlich. Für die Behörden bedeutet dies eine einheitliche Schnittstelle und einheitliche Preise. Die Empfänger treffen keine Kosten, sofern sie keine eventuell angebotenen Mehrwertdienste in Anspruch nehmen. Diese Ausschreibung kann nach der Entwicklung des Marktes für Zustellleistungen bis längstens 28. 2. 2007 aufgeschoben werden. Als Übergangslösung wäre ein behördlicher Zustelldienst von Seiten des Bundes möglich, der auch anderen Behörden zur Verfügung steht.

Anmeldung beim Zustelldienst
Die Anmeldung muss im Internet mit der Bürgerkarte möglich sein. Dabei wird das bPK für den Bereich Zustellwesen abgeleitet, mit dem auch von den Behörden die Empfänger identifiziert werden. Die Anmeldung bei einem Zustelldienst ist für Zustellungen durch alle Behörden in allen Verfahren wirksam.

Zustellvorgang (§ 33–35)
- Die Behörde ermittelt über den „Zustellkopf“ und die Zustelldienste die Zustelladresse des konkreten Empfängers, seine allfällige Abwesenheit und seinen Wunsch auf Verschlüsselung.

- Die Behörde übergibt das Dokument zur Zustellung an den „Zustellkopf“; Identifikation mit bPK für den Bereich Zustellung.

- Der „Zustellkopf“ übergibt das Dokument an den konkreten Zustelldienst.

- Der Zustelldienst hält das Dokument zur Abholung bereit.

- Der Zustelldienst verständigt den Empfänger per Mail oder auf andere vom Empfänger gewünschte Weise (auch z. B. SMS oder Fax denkbar).

- Der Zustelldienst verständigt den Empfänger nach 48 Stunden ein 2. Mal.

- Der Zustelldienst verständigt den Empfänger nach 24 Stunden ein 3. Mal per Post.

- Der Empfänger identifiziert und authentifiziert sich mit der Bürgerkarte und lädt das Dokument auf seinen Rechner.

- Der Zustelldienst protokolliert die Abholung.

- Der Zustelldienst gibt den Zustellnachweis oder die Information, dass verständigt, aber nicht abgeholt wurde, an die Behörde.

- Der „Zustellkopf“ rechnet mit der Behörde und den Zustelldiensten ab.

Die Rechtswirkungen der Zustellung treten mit der Abholung, längstens jedoch 1 Woche nach dem Tag der ersten Verständigung ein. Durch die persönliche Identifikation mit der Bürgerkarte liegt in jedem Fall eine Zustellung zu eigenen Handen vor. Für bestimmte Fälle kann durch Vereinbarung (z. B. für Rechtsanwälte oder Notare) auch eine automatisiert ausgelöste Signatur treten.

Gebührenbefreiung
Eingaben und Beilagen sind, wenn sie elektronisch unter Verwendung der Bürgerkarte eingebracht werden, bis Ende 2006 von Gebühren befreit. Damit soll für die Parteien ein Anreiz gesetzt werden, den Umstieg auf die Bürgerkarte vorzunehmen.

Meldedaten
Das ZMR wurde in dieser Darstellung bereits mehrfach erwähnt. Richtige und aktuelle Daten im ZMR sind die Basis für die Ableitung der Stammzahl zu einer Person sowie für viele Verwaltungsvorgänge (von der Prüfung der Zuständigkeit bis zur Zustellung). Es wurden daher Möglichkeiten geschaffen, Eintragungen und Änderungen auch durch andere Behörden als die Meldebehörden vorzunehmen:

- Anmeldung durch die Personenstandsbehörden bei der Geburt (§ 3 Abs. 5): One-Stop-Shop mit Geburtsurkunde und Anmeldung

- Änderung der Staatsbürgerschaft durch die Evidenzstellen (§ 11 Abs. 1)

- Änderung von Name oder Geschlecht durch die Personenstandsbehörden (§ 11 Abs. 1).

Für die Abfrage im ZMR muss neben Vor- und Familienname mindestens ein weiteres Kriterium eingegeben werden, wie Geburtsdatum, Geburtsort, bisheriger Wohnsitz oder das wirtschaftsbereichsspezifische Personenkennzeichen (§ 16 Abs. 1).
Zur Entlastung der Gemeinden kann nun auch Notaren als Gerichtskommissar und Sozialversicherungen ein Zugriff wie für Behörden eingeräumt werden. Die elektronische Meldebestätigung unter Verwendung der Bürgerkarte wurde in das Gesetz aufgenommen.

Vereinsgesetz
Die Anpassungen im Vereinsgesetz betreffen das Führen der ZVR-Nummer durch die Vereine und die Möglichkeit der Zugriffes auf das zentrale Vereinsregister durch Behörden.

Umsetzungszeitplan
Aus dem Gesetz und den Übergangsbestimmungen ergibt sich folgender Zeitplan:

1.3.2004
Gesetz trat in Kraft
- Durchführungsverordnungen:
– Bürgerkarte:
* Führung Stammzahlenregister
* Registrierungsstellen
* Eintragung Ergänzungsregister
* Ableitung Stammzahl
* Personenbindungsdatensatz
* Vertretung
* Verwaltungsbereiche
* Bildung Fremd-bPK
– Verwaltungssignatur
– Formulare Verständigung Zustellung

- Einrichtung Stammzahlregister
- Einrichtung Ergänzungsregister
- Anpassen MOA-ID
- Secure-layer-Software samt Anleitung
- Anpassen MOA-ZU
- Ausschreiben Zustelldienst oder Einrichten Zustelldienst durch Behörde

1.1.2005
- Dokumentationsregister verfügbar
- Geprüfte Daten im ZMR möglich
- Elektronische Nachweise durch Behörden

1.1.2007
- Ende der Gebührenbefreiung

1.3.2007
- Ausschreibung für Zustelldienste muss durchgeführt sein

1.1.2008
- Webauftritt behindertengerecht
- keine Verwaltungssignatur mehr (nur mehr Bürgerkarte)
- elektronische Signatur im ELAK zwingend
- auf Erledigungen nur mehr persönliche Unterschrift
- Beglaubigung durch Kanzlei
- Amtssignatur oder
- elektronische Signatur
- keine behördlichen Zustelldienste nach den bisherigen Vorschriften mehr

Damit ist das neue Gesetz mit 1. 1. 2008 voll wirksam.

Die Entstehung des „E-GovernmentGesetzes“ und die letztlich getroffenen Regelungen zeigen, dass solche Vorhaben nur gelingen können, wenn die Anforderungen einer modernen Verwaltungsorganisation – einschließlich der Bedürfnisse der Bürger und der Wirtschaft – die technischen Möglichkeiten und die legistischen Rahmenbedingungen in einer Zusammenschau betrachtet werden und dabei Lösungen und Regelungen geschaffen werden, die eine weitere Entwicklung zulassen.
Dies ist nur durch einen konstruktiven Dialog aller Beteiligten möglich. Ich hoffe, dass dieses positive Klima uns auch auf dem weiteren Weg ins E-Government erhalten bleibt.
Noch ein Hinweis: Zugleich mit dem „E-Government-Gesetz“ wurde auch das Bundesgesetz über die Schaffung eines Gebäude- und Wohnungsregisters (GWR-Gesetz) und Änderungen im Vermessungsgesetz (Einrichtung eines Adressregisters in der Grundstücksdatenbank) beschlossen. Es trat ebenfalls mit 1. 3. 2004 in Kraft. Mit dem Adressregister steht ein zentrales Register der von den Gemeinden vergebenen Adressen samt Zuordnung zu Grundstücken oder Koordinaten zur Verfügung und damit ein weiterer wichtiger Baustein für E-Government. Das GWR soll in Hinkunft aufwändige Erhebungen im 10-Jahres-Abstand durch Registerzählungen ersetzen.

Fehlende Grafiken finden Sie in der ÖGZ 3/04.

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