Entwicklung des neuen österreichischen Reisepasses mit biometrischen Daten

Entwicklung des neuen österreichischen Reisepasses mit biometrischen Daten

Vor allem notwendige erhöhte Sicherheitsanforderungen bedingen ICAO und die nunmehrige Neugestaltung eines neuen österreichischen Hochsicherheitspasses. Basierend auf den EU-Vorschriften sind die Integration eines Mikrochips, die Speicherung eines Passbildes in digitaler Form und eine sichere elektronische Signatur sowie die eventuelle Aufnahme von weiteren biometrischen Merkmalen vorgesehen. Bis zur tatsächlichen Einführung dieses Reisedokumentes sind aber neben technischen Festlegungen auf EU-Ebene auch noch innerstaatliche Vorarbeiten erforderlich.

 

Was versteht man unter dem Begriff „Biometrie“?
Unter Biometrie versteht man die Vermessung (Metrik) von individuellen Merkmalen des menschlichen Körpers zum Zwecke der Identifizierung/Authentifizierung. Unter Authentifizierung (Verifikation) wird verstanden, dass aufgrund des biometrischen Vergleiches die Merkmale einer Person mit einer spezifischen Vorgabe verglichen werden, z. B. Vergleich des Passbildes mit der vor dem Grenzbeamten stehenden Person. Die Identifizierung ist der Vergleich mit Dateien.
Biometrie ist keine Erfindung der letzten Jahre, sondern weist auf eine sehr lange Geschichte zurück.

700 n. Chr. Fingerabdruck zur Beurkundung (China)
1910 Bilder in Ausweisen
1960 erste Fingerabdruckscanner
1981 erste Netzhautscanner
1995 erstes biometrisches System auf elektronischer Basis

Der Vergleich von biometrischen Daten wird daher schon sehr lange praktiziert, allerdings findet dieser Vergleich durch den Menschen statt. Heute verstehen wir unter Biometrie den Einsatz elektronischer Systeme, die einen maschinellen Vergleich vornehmen.
Beispielsweise gibt es heute:
- Gesichtsfelderkennung
- Fingerabdruck
- Iriserkennung
- Retinascan
- Handgeometrie
- Erkennung Unterschrift/Handschrift
- Stimmerkennung
- weitere biometrische Verfahren bis zur DNA

Internationale Entwicklung
Bereits Jahre vor den tragischen Ereignissen des 11. September 2001 hat die ICAO (International Civil Aviation Organisation) bei den Überlegungen zur Erhöhung der Sicherheit der Reisedokumente auch die Einbeziehung biometrischer Daten in Reisepässen diskutiert.
Die ICAO als Unterorganisation der UNO mit einem Mitgliederstand von 188 Staaten hat bereits in den frühen 80er Jahren Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit der Reisepässe und zur beschleunigten Grenzkontrolle durch die Maschinenlesbarkeit der Reisepässe eingeführt.
Die Ereignisse des 11. September 2001 haben jedoch diese Entwicklung wesentlich beschleunigt.
Die USA haben als Reaktion mehrere Maßnahmen zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus gesetzt, unter anderem auch verschärfte gesetzliche Einreisebestimmungen in die USA.
Zwei Gesetze haben direkte Auswirkungen auf die Reisetätigkeit der Österreicher für die Einreise in die Vereinigten Staaten.

- Patriot act: Dieses Gesetz legt fest, dass die weiterhin visumfreie Einreise in die USA aus Ländern, die dem VWP (Visa Waiver Program) unterliegen (Österreich gehört zu diesen Ländern), ab dem 1. Oktober 2003 – inzwischen auf 26. Oktober 2004 verschoben – nur mit maschinenlesbaren Reisepässen zulässig ist. Österreicher, die noch im Besitz des alten grünen Reisepasses sind, müssen – wenn sie nach dem 26. Oktober 2004 in die USA reisen wollen – entweder auf den neuen roten Reisepass wechseln oder ein US-Visum besorgen. Auch Kinder müssen über einen eigenen maschinenlesbaren Reisepass verfügen, sodass die Einreise von Kindern, die nur im Reisepass der Eltern eingetragen sind, nicht zulässig ist.

- Gesetz HR 3525: Dieses US-Gesetz sieht vor, dass die weiterhin visumfreie Einreise in die USA aus VWP-Countries nur mehr dann zulässig ist, wenn der ab dem 26. Oktober 2004 ausgestellte Reisepass über biometrische Daten verfügt. Dieses Gesetz regelt jedoch nicht die Art der Biometrie, sondern überlässt dies der Entscheidung von ICAO. Die USA haben daher auf Anfrage der Mitgliedstaaten der EU bereits mehrfach betont, dass die Einhaltung der ICAO-Norm bzgl. Biometrie für die USA genügt. Ist der Reisepass vor dem 26. Oktober 2004 ausgestellt, so kann man weiterhin bis zum Ablauf des Reisepasses visumfrei mit diesem Pass in die USA reisen.

Entwicklung in der Europäischen Union
Der so genannte „Europäische Pass“ basiert derzeit auf Entschließungen über die Einführung eines Passes nach einheitlichem Muster.
Die im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten haben diese Entschließungen in der Annahme, dass die Einführung eines Passes nach einheitlichem Muster „dazu geeignet ist, den Personenverkehr der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten zu erleichtern“, und in dem Bestreben erlassen, „den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten auf jede erdenkliche Weise verstärkt das Gefühl zu geben, dass sie ein und derselben Gemeinschaft angehören“. Im Oktober 2000 wurde eine Entschließung über Mindestsicherheitsnormen für Pässe angenommen.
Beim zweiten Europäischen Forum für Reisedokumente am 30. Juni und 1. Juli 2003 wurde beschlossen, dass alle Mitgliedstaaten (einschließlich der neuen Mitgliedstaaten) die ICAO-Norm umsetzen. D. h. dass alle Mitgliedstaaten die obligate biometrische Regelung über die Speicherung des Bildes des Passinhabers in digitaler Form in den Mikrochip umsetzen wollen. Über die Frage einer eventuellen Speicherung eines weiteren biometrischen Merkmales (Fingerprint) wurde die Kommission ersucht, eine Empfehlung auszuarbeiten.
Der Europäische Rat von Thessaloniki bekräftigte, dass „in der EU ein verbindlicher Ansatz in Bezug auf biometrische Identifikatoren oder biometrische Daten verfolgt werden muss, der in harmonisierte Lösungen für Dokumente für Staatsangehörige von Drittländern, Pässe für EU-Bürger und Informationssysteme mündet“. Er forderte die Kommission auf, „entsprechende Vorschläge auszuarbeiten und mit dem Bereich Visa zu beginnen“.
Die Kommission hat bereits den ersten Schritt dazu unternommen und im September 2003 zwei Vorschläge über die Aufnahme biometrischer Identifikatoren in Visa und Aufenthaltstitel für Drittstaatsangehörige vorgelegt. Entsprechend der Aufforderung des Europäischen Rates von Brüssel ist der Rat am 27. November zu einer allgemeinen Ausrichtung über diese Vorschläge gelangt und hat den technischen Ausschuss nach Artikel 6 der Verordnung 1683/95 über eine einheitliche Visagestaltung beauftragt, Möglichkeiten zur Umsetzung dieser Maßnahmen zu finden.
Der Europäische Rat in Brüssel vom 12. Dezember 2003 ersuchte „die Kommission, zu gegebener Zeit einen Vorschlag für die Aufnahme von biometrischen Identifikationsmerkmalen in Pässe zu unterbreiten“.
Daher wird nun der zweite Schritt zur Umsetzung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Thessaloniki gesetzt und die Harmonisierung der Sicherheitsmerkmale europäischer Pässe einschließlich der Aufnahme biometrischer Identifikatoren vorgeschlagen, damit eine einheitliche Vorgehensweise erzielt und vermieden wird, dass die einzelnen Mitgliedstaaten Lösungen wählen, denen es an Interoperabilität fehlt.
Am 18. Februar 2004 hat Kommissar Vitorino in einer Pressekonferenz die Entscheidung der Europäischen Kommission für die Aufnahme biometrischer Daten in den europäischen Reisepässen bekannt gegeben.

Diese Entscheidung lautet:
- Integration eines kontaktlosen Chips in den Reisepass

- Speicherung des Bildes des Passinhabers in den Chip als Image (ident mit der ICAO-Entscheidung)

- Absicherung des Chips durch sichere elektronische Signatur

- gleichlautend wie ICAO wird die Aufnahme eines weiteren biometrischen Merkmales dem einzelnen Mitgliedstaat überlassen

Am gleichen Tag wurde noch der Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission in schriftlicher Form an die Mitgliedstaaten verteilt. Die Entschließung über die Mindestsicherheitsmerkmale in Reisepässen vom Oktober 2000 wurde als Anhang in die Verordnung aufgenommen.
Die Europäische Kommission stellt dazu fest, dass die biometrischen Identifikatoren im Pass den Empfehlungen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (International Civil Aviation Organisation, ICAO) entsprechen wird und damit den Anforderungen genügt, die von den Vereinigten Staaten für die Teilnahme am „Visa Waiver Program“ verlangt werden.
Darüber hinaus würde ein einheitlicher Sicherheitsstandard in Bezug auf europäische Pässe geschaffen und verhindert, dass einzelne Unionsbürger von den Vorteilen ausgeschlossen werden, weil für ihre nationalen Pässe geringere Sicherheitsmerkmale bestehen. Eine gemeinsame Vorgehensweise würde die europäische Position gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika stärken.
Dieser Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission wurde vom Juristischen Dienst des Rates bereits einer genauen Rechtsprüfung unterzogen.
Die Lösung, die Biometrie in Reisepässen nicht in der oftmals geübten Praxis der Empfehlung oder Richtlinie, sondern als Verordnung einzuführen, stellt für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union die sicherste Lösung dar, weil keine Umsetzung in nationale Rechte mehr erforderlich ist.
Ein Meilenstein zur Realisierung eines europaweit einheitlichen Reisepasses ist auch, dass die Mindestsicherheitsmerkmale in Reisepässen vom Oktober 2000 – die derzeit nur den Charakter einer Empfehlung haben – auch als Anhang in die Verordnung aufgenommen wurden und damit ein einheitliches Sicherheitsniveau in den europäischen Reisepässen erzielt werden kann.
In weiterer Zukunft sieht die Verordnung auch die Schaffung eines Europäischen Reisepassregisters vor, in dem neben dem Bild auch Fingerabdrücke gespeichert werden sollen.

Weitere Vorgangsweise
Der technische Ausschuss plant seine Arbeiten zur technischen Spezifikation bis Herbst dieses Jahres abgeschlossen zu haben. Der formelle Weg der Verordnung ergibt ebenfalls einen Zeitrahmen bis Herbst, sodass technische Spezifikationen und Verordnung etwa gleichzeitig finalisiert werden können. Die Verordnung soll ein Jahr nach Kundmachung in Kraft treten.
Damit soll das Ziel der Europäischen Kommission, dass bis Ende 2005 alle Mitgliedstaaten über Reisepässe mit biometrischen Daten verfügen, erreicht werden.
Bezüglich der Anwendung der US-Gesetze wird die Europäische Kommission im Mai Gespräche mit den USA führen.
Die ICAO plant, bis Mai dieses Jahres die noch ausständigen Entscheidungen über die für die Datenspeicherung im Chip des Reisepasses notwendige Signatur getroffen zu haben.

Die Arbeiten am neuen Reisepass in Österreich
Seit mehreren Monaten sind die Vorarbeiten für die Entwicklung des neuen österreichischen Reisepasses mit höchsten Sicherheitsmerkmalen und der Integration biometrischer Daten in einem Mikrochip im Gange.
Das Booklet selbst (das Passbuch ohne die Personalisierungsseite) ist bereits weitgehend fertig. Bei der Gestaltung der einzelnen Passseiten wurden Sicherheitselemente eingebaut, die gleichzeitig die österreichische Integrität widerspiegeln. So wurde auf den Passseiten von jedem Bundesland ein markantes und international bekanntes Bauwerk als Sicherheitselement integriert.
An der Personalisierungsseite (Seite mit den Personendaten und dem Passbild) wird derzeit noch gearbeitet. Hier müssen alle Mindestsicherheitsnormen der EU vom Oktober 2000 eingearbeitet werden. Natürlich werden heute über diese Mindestsicherheitsnormen hinaus die neuesten Erkenntnisse der Sicherheitstechnik integriert werden.
Die Personalisierungsseite wird die Familienzugehörigkeit zum neuen Personalausweis bereits betonen. War doch der neue österreichische Personalausweis im praktischen Scheckkartenformat der Beginn einer neuen Reisedokumentenfamilie, bei der höchste Sicherheitsstandards eingehalten werden.
Der neue Personalausweis ist durch seine Größe nicht nur praktisch und kann immer leicht mitgeführt werden, mit der Mitgliedschaft der neuen EU-Staaten ab 1. Mai 2004 wird er auch in 32 Staaten als Reisepassersatz anerkannt werden. Damit genügt für mehr als 70% der Reiseziele der Österreicher der Personalausweis.
Die endgültige Festlegung über die Personalisierungsseite des Reisepasses ist noch nicht gefallen, weil dazu noch einige Vorarbeiten notwendig sind. Eines ist jedenfalls sicher: im neuen Reisepass wird das Bild in digitalisierter Form aufgebracht. Das „Einkleben“ eines Fotos wird entfallen.
Bei der Integration des Mikrochips sind bereits ebenfalls wesentliche Vorarbeiten durchgeführt worden.
Es liegt bereits ein erster Prototyp mit in der Umschlagseite integriertem 72-KB-Chip vor, der seine ersten Härtetests bereits bestanden hat. Dabei wurde nicht nur das einwandfreie Funktionieren des Speicher- und Leseprogramms getestet, sondern es wurden sehr wichtige Belastungstests für den Chip bereits vorgenommen.
Schließlich muss der Reisepass mit Chip genauso den harten Bedingungen beim Gebrauch eines Reisepasses auf Reisen standhalten können, wie dies beim derzeitigen Pass der Fall ist.
Alle diese bereits im Gange befindlichen Arbeiten sind sehr wichtige Vorarbeiten. Für die endgültige Fertigstellung sind jedoch noch einige besonders wichtige Entscheidungen der internationalen Gremien, wie ICAO oder auf europäischer Ebene die Arbeiten des technischen Ausschusses und der Fortgang bei der Realisierung der EU-Verordnung notwendig.
Jedenfalls stehen uns allen noch sehr spannende und arbeitsreiche Monate bevor.

Quellenangabe: Europäische Kommission, BMI

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