Fit für den Emissionshandel?

Fit für den Emissionshandel?

Bis dato war es gratis, Treibhausgase in die Welt zu setzen. Mittel- bis langfristig kann das aber sehr teuer werden. Denn seit dem 25. 10. 2003 ist amtlich: der Markt hält Einzug im Umweltschutz – und sorgt in der Industrie für den großen Verteilungskampf. Die RL 2003/87/EG schafft ab 2005 ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft – kurz: Emissionshandel-Richtlinie (Em-RL).

 

Einleitung
Die Em-RL ist in Kraft. Für die betroffenen emittierenden Unternehmen (insbesondere der Mineralöl-, Stahl-, Zement-, Chemie- und Papierbranche) – in Österreich sind das geschätzte zweihundert bis dreihundert –, aber auch für am Handel interessierte Unternehmen wirft dies viele juristische, bilanzrechtliche1 und steuerliche2 Fragen auf. Der Em-RL liegt der Mechanismus zugrunde, dass sich Treibhausgase (zunächst Kohlendioxid) emittierende Unternehmen mit Emissionszertifikaten eindecken müssen, um ein bestimmtes Ausmaß an Treibhausgasen freisetzen zu dürfen. Unterschreiten sie die Emissionsberechtigungen, können sie die nicht benötigten verkaufen. Wer das Reduktionsziel nicht einhalten kann, muss sich zusätzliche Zertifikate erwerben.

Was kostet die Luft?
Für Branchen und Betriebe wird besonders spannend sein, welches Stück vom Emissionskuchen sie bei der Erstzuteilung von Berechtigungen ergattern. Dies hängt von einem von sämtlichen EU-Mitgliedstaaten zu erlassenden Allokationsplan ab. In Österreich liegt derzeit als RV ein Entwurf zum Emissionszertifikategesetz (EZG) vor. Ob der Allokationsplan als Verordnung oder aber als Instrument ohne rechtliche Bindungswirkung umgesetzt wird, ist aber nach wie vor offen.3 § 13 Abs. 4 EZG legt lediglich fest, dass der BMLFUW im Einvernehmen mit dem BMWA eine auf den Allokationsplan gestützte Verordnung zur Festlegung der Gesamtzahl der Emissionszertifikate und der Zuteilung dieser Zertifikate auf die einzelnen Anlagen bis zum 30. 9. 2004 zu erlassen hat.4
Im Unterschied zum Plan für die Periode 2005 bis 2007 können die betroffenen Anlageninhaber gegenüber „dem ersten Entwurf des nationalen Zuteilungsplans für die Periode 2008 bis 2012“ Stellung nehmen (§ 13 Abs. 1 EZG).5 Der erste Zuteilungsplan – also für die Periode 2005 bis 2007 – soll bereits am 31. 3. 2004 veröffentlicht sowie der Europäischen Kommission vorgelegt werden. Für den am 1. 1. 2005 beginnenden Dreijahreszeitraum sollen die Emissionszertifikate kostenlos zugeteilt werden.
Der der RV vorausgegangene erste Entwurf eines EZG des BMLFUW ist auf Kritik gestoßen.6 In dem Entwurf fanden sich keine Angaben, wie der Handel organisiert wird. § 17 EZG sieht nunmehr die Vergabe von Emissionszertifikaten vor. Der BMLFUW hat bis zum 28. 2. jeden Jahres eine Anzahl an Zertifikaten elektronisch auf das Registerkonto jedes Betreibers zu buchen. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung soll die Gesamtmenge jeder Anlage in gleichen Jahrestranchen gebucht werden, in der ersten Periode also jeweils zu einem Drittel.
Offen bleibt, ob die Zertifikate als Warenderivate oder als Wertpapiere einzustufen sind; ein zentraler Punkt für die Bilanzierung der Unternehmen – und zugleich auch eine nicht unwichtige Einstufung für das BMLFUW: Für den Erlass von Vorschriften im Wertpapierbereich ist das BMF zuständig, Warenderivate fallen in die Kompetenz des BMWA.7 Anders als der erste Entwurf sieht die RV nun zusätzliche Zertifikate für den Fall wirtschaftlichen Wachstums vor. Bei der im Entwurf vorgesehenen „Registerstelle“ – quasi die Drehscheibe des Nationalen Allokationsplans – könnten sich vergaberechtliche Fragen stellen.8
Das ursprünglich in Bezug auf Einbeziehung weiterer Anlagen unter das Regime des Emissionshandels sowie Senkung von Schwellenwerten vorgesehene weite Ermessen des BMLFUW ist auch in der vorliegenden RV gegeben. Nach § 2 Abs. 2 EZG hat der BMLFUW, sofern dies aufgrund einer Änderung der Em-RL „erforderlich“ ist, über Anhang 1 hinaus weitere Tätigkeiten und Treibhausgase mit Verordnung einzubeziehen.9 Nach § 23 Abs. 1 Em-RL „darf“ die Behörde Emissionsgrenzwerte vorschreiben, „um sicherzustellen, dass keine erhebliche lokale Umweltverschmutzung bewirkt wird“.10

Kyoto-Protokoll
Auf der UNCED-Konferenz in Rio 1992 wurde die Klimarahmenkonvention als erstes völkerrechtliches Dokument der Klimapolitik verabschiedet. 1997 wurde – einstimmig – das Kyoto-Protokoll beschlossen. Kyoto verpflichtet u. a. die Industriestaaten, ihre Treibhausgasemissionen11 zwischen 2008 und 2012 um mindestens 5% gegenüber dem Niveau von 1990 zu reduzieren. Hierbei gelten jedoch zwischen den Industrieländern unterschiedliche Reduktionsziele: So muss die EU eine Reduktion um 8% erreichen, die USA um 7% und Japan um 6%.

Emissionen drücken trotz Wachstum?
Kyoto sieht u. a. für die Vertragsstaaten folgende flexible Mechanismen vor, um einen Teil ihrer Emissionsreduktionsverpflichtungen durch Projekte im Ausland bzw. durch den Ankauf von Emissionszertifikaten aus anderen Vertragsstaaten zu erfüllen:

1. Projekte zur Emissionsreduktion in Entwicklungsländern;

2. gemeinsam durchgeführte Projekte zwischen Industrieländern;

3. Emissionshandel.´

In weiterer Folge wurden auf dem Klimagipfel in Marakesch 2001 die Rahmenbedingungen des angestrebten internationalen Emissionshandelssystems in Form von vorbereitenden Beschlüssen festgelegt. So wurden für den Emissionshandel Modalitäten, Regeln und Richtlinien bestimmt.
1998 hat die EU ihre Reduktionsverpflichtungen aufgrund von Kyoto in der „Lastenteilungsvereinbarung“ unter den Mitgliedstaaten aufgeteilt. Danach muss Österreich seine Treibhausgasemissionen um 13% (gegenüber 1990)12 senken.13 Das Kyoto-Protokoll wurde im März 2002 von der österreichischen Regierung ratifiziert und mit Entscheidung 2002/358/EG vom Rat genehmigt.

Emissionshandel-Richtlinie
Ziel der Em-RL soll die kostenwirksame Verringerung von Treibhausgasemissionen sein (Art. 1 Em-RL). Die Betreiber (Art. 3 lit. f Em-RL) der in den Anwendungsbereich der RL fallenden Anlagen (Art. 3 lit. e iVm Anhang I Em-RL)14 haben bei der zuständigen nationalen Behörde eine Genehmigung für das Emittieren von CO2 zu beantragen (Art. 5 Em-RL). Neben dieser Genehmigung benötigen die Anlagenbetreiber Berechtigungen zur Emission von CO2 der Anlage („Zertifikate“ – vgl. Art 3 lit. a und Art. 11 ff. Em-RL). Die Mitgliedstaaten sollen eine bestimmte Anzahl von Emissionsberechtigungen nach einem nationalen Zuteilungsplan (Art. 9 Em-RL) für die jeweiligen Zeiträume (2005–2007, ab 2008 alle 5 Jahre) ausgeben.
Die Genehmigungspflicht sowie die Verpflichtung zum Innehaben von Zertifikaten beziehen sich zunächst nur auf CO2-Emissonen.15 Eine Ausweitung auf weitere Treibhausgase durch Abänderung der RL ist möglich (Art. 24 Abs. 1 und Art. 30 Abs. 2 lit. a Em-RL). Der EU-weite Gesamtausstoß des erfassten Treibhausgases wird durch die begrenzte Anzahl auszugebender Emissionsberechtigungen beschränkt. Insoweit führt die Em-RL ein europaweites „cap“ für CO2 ein. Die Höhe dieses „caps“ wird in der RL nicht näher bestimmt; sie ergibt sich (vermittelt über die nationalen Zuteilungspläne) in erster Linie aus dem Kyoto-Protokoll. Die Aufteilung des „caps“ in einzelne (handelbare) Berechtigungen bewirkt eine Bewirtschaftung des Treibhausgasausstoßes und damit eines wesentlichen Bereiches der Nutzung der Luft. Dadurch wird das Emittieren von Treibhausgasen als solches einer staatlichen Bewirtschaftungsordnung unterstellt. Dieses System unterscheidet sich erheblich von dem bisher für Immissionen gekannten Vorsorgesystem in Gestalt von Grenzwerten, die bei dem Betrieb einer Anlage einzuhalten sind.

Die Klimakarawane ist unterwegs
Die Em-RL sieht eine dreijährige Einführungsphase vom 1. 1. 2005 bis 31. 12. 2007 vor. Obwohl das Kyoto-Protokoll für diesen Zeitraum noch keine Verpflichtung zur Reduktion von Treibhausgasimmissionen begründet, sollen die Mitgliedstaaten bereits für die Einführungsphase das Genehmigungs-, Zuteilungs- und Handelssystem der Em-RL einführen. Die Em-RL bezieht Immissionseinheiten, die sich durch projektbezogene Maßnahmen (join implementation [JI], clean development mechanism [CDM]) ergeben und Gegenstand des nach dem Kyoto-Protokoll vorgesehenen Immissionshandels sein können, lediglich als „Begleitmaßnahmen“ mit ein (Art. 25 Em-RL).
Die RL legt nicht nur ein Verfahren für die einseitige Einbeziehung zusätzlicher Tätigkeiten und Gase fest (Art. 24 Em-RL), sondern schafft auch eine Möglichkeit, vorübergehend (bis 31. 12. 2007) bestimmte Anlagen aus dem Gemeinschaftssystem auszuschließen (Art. 27 Em-RL). Neben diesem opt-out können für bestimmte Anlagen bei „höherer Gewalt“ zusätzliche (unübertragbare) Berechtigungen vergeben werden (Art. 29 Em-RL).16 Zudem ermöglicht die RL den Zusammenschluss der Anlagenbetreiber innerhalb ihres Industriesektors zu einem „Pool“ („Anlagenfonds“ – Art. 28 Em-RL), um ihre Verpflichtungen gemeinsam mit Hilfe eines hierfür zu bestellenden Treuhänders zu erfüllen.17
In der Em-RL werden harmonisierte Strafen festgesetzt, die von Betreibern zu zahlen sind, wenn sie nicht genügend Berechtigungen zurückgeben. Darüber hinaus ist es den Mitgliedstaaten überlassen, Strafen – etwa bei falschen Angaben im Antrag auf Zuteilung von Zertifikaten – zu bestimmen. Die Sanktionen müssen aber „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sein (Art. 16 Abs. 1 Em-RL). Die „schwarzen Schafe“ unter den betroffenen Betreibern sollen im Übrigen an den Pranger gestellt werden – sprich: wer mehr emittiert, als Zertifikate abzugeben, der soll namentlich veröffentlicht werden.
Die nunmehr in der Em-RL verankerten Mechanismen – wie Anlagenpool, opt-out, kostenlose Zuteilung – sind beredtes Zeugnis eines Kompromisses zwischen ökologischem Idealismus und ökonomischem Realismus. Dahingestellt bleibt, ob das erreichte Ergebnis das Klima zu schützen vermag18; die Umsetzung in nationales Recht wird jedenfalls schwierig sein, zumal Anlagenbetreiber aufgrund der Em-RL erheblichen Risiken und Eingriffen in bestehende Rechte ausgesetzt sind.

Situation in Österreich
Was in einem Land nicht an Treibhausgasen vermieden werden kann, soll nach Kyoto statistisch dadurch ausgeglichen werden, dass sich ein Land – gegen Geld – Reduktionen in einem anderen Land anrechnen lässt. Diese moderne Form des Ablasshandels dürfte zu folgendem Paradoxon führen: Umweltsünder wie Russland werden nach den derzeitigen Rahmenbedingungen Emissionsrechte verkaufen dürfen, die niemals gebraucht, niemals eingespart wurden. Musterknaben wie Österreich werden zahlen dürfen – und das alles zu Lasten des Weltklimas.
Ob es Österreich schaffen wird, innerhalb von sieben Jahren 20 Prozent der Treibhausgase zu reduzieren, ist fraglich. Jedenfalls wird die Em-RL zur Folge haben, dass Österreich – sprich: österreichische Unternehmen – als Käufer auftreten werden müssen. Ein Ausweg aus dem „Dilemma“ wird gesucht – etwa durch die Beteiligung an projektorientierten Maßnahmen, also beispielsweise die Anrechnung, dass mit österreichischen Euro ein ausländisches Kraftwerk effizienter (und damit klimaschonender) gemacht wird. MaW soll umweltschonende Technologie exportiert und derart in einem anderen Staat reduzierte Treibhausgase Österreich gutgeschrieben werden.19 Zwei Programme stehen kraft Umweltförderungsgesetz hierfür zur Verfügung: JI für abgasreduzierende Wirtschaftsprojekte in Industriestaaten und CDM für Projekte in Entwicklungsländern.20

Emissionshandel als Bremse?
Obwohl der Emissionshandel als „Milliardengeschäft“ bezeichnet wird, bereiten sich bis dato in Österreich nur wenige Unternehmen aktiv darauf vor.21 Vielmehr besteht Skepsis der betroffenen Unternehmen gegenüber einem CO2-Handel: Befürchtet wird, dass die heimische Industrie 2007 für Emissionsrechte 126 Millionen Euro hinblättern könnte.22 Darüber hinaus wird – aufgrund des hohen österreichischen Reduktionszieles23 und des durch den hohen technischen Standard österreichischer Industrieanlagen limitierten Einsparungsvolumens24 – von einem Standortnachteil gewarnt.25 Überdies könnte ein kalter Winter, gefolgt von einem trockenen Sommer künftig eine verhängnisvolle Kombination darstellen. Muss im Winter viel Öl und Gas verheizt werden und müssen die Stromerzeuger im Sommer aus Wassermangel kalorische Kraftwerke hinauffahren, dann wird der Preis für Emissionszertifikate für CO2 nach oben schnellen – mit schweren Folgen: Energieerzeuger und große Industriebetriebe bekommen Emissionszertifikate vom Staat zur Verfügung gestellt; reichen diese nicht aus, müssen sie von anderen Firmen zukaufen. Bei hohen Preisen müssten Betriebe verzichten, weitere Aufträge anzunehmen, weil die hierfür notwendigen Emissionsrechte zu teuer wären, um diese rentabel abzuwickeln.
Was auch immer die Luft kosten wird, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Zuteilung – neudeutsch: Allokation – von Emissionsberechtigungen und deren Auswirkungen auf die Anlagenbetreiber erfordern eine heikle Operation. Das Gelingen und die Akzeptanz eines Emissionshandelssystems werden u. a. von der Festlegung der zulässigen Gesamtemissionsmenge und deren Allokation abhängig sein. Das „diktierte“ Zusammenspiel von Deckelung der Emissionen und Zertifikatehandel stellt insbesondere die Grundrechte auf einen harten Prüfstand.

Emissionshandel auf dem Prüfstand Verfassungsrecht
Das österreichische Immissionsschutzrecht – insbesondere die GewO – ist geprägt durch ein anlagenbezogenes Schutz- und Vorsorgesystem. Es enthält abstrakt formulierte Vorgaben für jede einzelne Anlage und legt ihren Betreibern Pflichten auf. In seiner ordnungsrechtlichen Konzeption geht es dabei von der grundsätzlich vorgegebenen Freiheit des einzelnen Unternehmers zur Errichtung und zum Betrieb seiner Anlage aus und beschränkt diese durch Sicherheits- und Vorsorgevorkehrungen. Das Recht zu emittieren wird daher nicht vom Staat gewährt, sondern ist eine Folge der Grundrechte des Unternehmers. Der Unternehmer hat freien Zugriff auf das Medium der Luft.26 Der Staat sorgt mit der immissionsschutzrechtlichen Anlagengenehmigung lediglich für eine Vorabkontrolle zur Koordination der Freiheitsbetätigung der Einzelnen.
Demgegenüber führt die Em-RL ein europaweites „cap“ (Gesamtemissionsmenge) für CO2 ein.27 Zwar stellt sie keine Anforderungen an einzelne Betreiber oder Anlagen hinsichtlich ihres Emissionsverhaltens. Die Aufteilung der Gesamtemissionsmenge in einzelnen (handelbaren) Berechtigungen und deren (jährliche und verknappende) Zuteilung an die einzelnen Anlagen setzt jedoch denknotwendig voraus, dass staatliche Stellen für die jeweilige Anlage individuelle absolute Emissionsobergrenzen setzen. Die Em-RL unterstellt damit das Emittieren von Treibhausgasen als solches einer umfassenden staatlichen Bewirtschaftungsordnung – was geradezu ein Paradigmenwechsel bedeutet: ein „Zwangsmarkt“ hält Einzug im Umweltschutz.
Will man diese grundlegend verschiedenen Konzepte – freiheitsgestaltendes Begrenzungskonzept hier, staatliche Bewirtschaftungsordnung dort – miteinander kombinieren, müssen nicht nur wesentliche Pflichten des geltenden österreichischen Industrieanlagenrechts aufgegeben oder modifiziert werden, sondern muss auch den verfassungsrechtlich gesicherten Rechten der Anlagenbetreiber Rechnung getragen werden. Denn mit der konkreten Zuteilungsentscheidung greifen die nationalen Entscheidungsträger unmittelbar in den verfassungsrechtlich geschützten Freiheitsbereich der Anlagenbetreiber ein.
Die erste Aufgabe, die demnach die Mitgliedstaaten trifft, ist die Festlegung der Gesamtemissionsmenge, d. h. die Entscheidung darüber, wie viele Berechtigungen in einem bestimmten Zuteilungszeitraum ausgegeben werden sollen.28 Die Em-RL macht hierfür keine konkreten Vorgaben. Sie sieht lediglich vor, dass die sich aus dem Kyoto-Protokoll und dem Burden-Sharing-Agreement ergebenden Reduzierungsverpflichtungen umgesetzt werden.29
Early action sieht die Em-RL nicht dezidiert vor – unklar ist daher, wie z. B. frühzeitige Vermeidungsanstrengungen berücksichtigt werden (etwa Bonusberechtigung oder freie Wahl des Basisjahres).30 Ebenso unbeantwortet bleiben die Fragen, wie Marktneuzugänge berücksichtigt werden, ob es für die Newcomer eine staatliche Reserve gibt und wenn ja, wie diese ausgestaltet sein soll.31
Da die Em-RL weder eine staatlich gelenkte Verknappung der Berechtigungen während der Drei- bzw. Fünfjahresphasen noch eine ausdrückliche Abwertung des Wertes der Berechtigungen vorsieht, ist davon auszugehen, dass die Gesamtmenge der Berechtigungen von Phase zu Phase verringert werden soll, um das nationale Reduzierungsziel zu erreichen. Die Festlegung der Gesamtmenge führt also im Ergebnis von Phase zu Phase zu einer Verknappung der verfügbaren Berechtigungen. Die eigentliche Aufgabe wird somit die Regelung der Allokation sein, d. h. die Entscheidung darüber, wie die zuvor bestimmte Gesamtemissionsmenge auf die einzelnen Teilnehmer am Handelssystem „heruntergebrochen“ werden soll.32
Die Em-RL enthält für diese Allokation nur wenige Vorgaben. Lediglich im Hinblick auf das Verfahren der Allokation sieht Art. 11 Em-RL vor, dass in einem nationalen Allokationsplan die Gesamtmenge der auszugebenden Emissionsberechtigungen und die Art und Weise der Zuteilung bestimmt werden und dass die Mitgliedstaaten entsprechend dieser Vorgaben über die Einzelheiten der Allokation entscheiden. Die „zuständige Behörde“ wird dann Teile der Gesamtmenge der Berechtigungen jedes Jahr an die Betreiber der einzelnen Anlagen ausgeben.
Sehr unbestimmt bleibt die Em-RL bei den Kriterien, nach denen die Zuteilung erfolgen soll.33 Sie nennt lediglich in Anhang III einige sehr allgemein gehaltene Zuteilungs- und Berücksichtigungsvorgaben. Zwar wurde Anhang III im Vergleich zum ursprünglichen RL-Vorschlag abgeändert und zudem soll die EU-Kommission bis zum 31. 12. 2003 (!) Richtlinien für die Umsetzung der in Anhang III genannten Allokationskriterien entwickeln (Art. 9 Abs. 1 Em-RL).34 Gleichwohl wird es im Rahmen der „Detailplanung“ jedem einzelnen Mitgliedstaat obliegen, sowohl ein geeignetes Verfahren als auch hinreichend konkrete Kriterien für die Allokation zu bestimmen.35
Die Ausübung der verbleibenden mitgliedstaatlichen Wahlfreiheit bei der Umsetzung der Em-RL muss den Anforderungen des Verfassungsrechts genügen. Bei der Ausgestaltung der Allokation verbleibt dem österreichischen Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum. Diesen muss er verfassungsmäßig ausgestalten. Anforderungen an die Ausgestaltung der erforderlichen gesetzlichen Regelungen ergeben sich insofern insbesondere aus der Eigentumsgarantie, der Erwerbsfreiheit und dem allgemeinen Gleichheitssatz.36

Fernwärme und Emissionshandel
Es besteht die Gefahr, dass ein Emissionshandel gemäß der Em-RL zu Wettbewerbsnachteilen der Kraft-Wärme-Kopplung (und damit der Fernwärme aus größeren Heizwerken) auf dem Wärmemarkt führt: Formal werden alle Feuerungsanlagen gleich behandelt, da alle Anlagen ab einer Feuerungswärmeleistung von 20 MW am Emissionshandel teilnehmen und Emissionsberechtigungen vorhalten müssen.37
KWK-Anlagen haben zu einem größeren Anteil eine Leistung ab 20 MW, während die ausschließliche Wärmeerzeugung zu einem größeren Anteil dezentral (z. B. in Öl- und Gasheizungen) in Anlagen unter 20 MW erfolgt. Damit gibt es eine faktische Wettbewerbsverzerrung zu Gunsten der dezentralen Wärmeversorgung und zu Lasten der KWK-Anlagen und der Heizwerke ab 20 MW.
Es wäre daher prüfenswert, den Anteil des Brennstoffs, der in KWK-Anlagen zur Wärmeerzeugung eingesetzt wird, von der Pflicht des Vorhaltens von Emissionsberechtigungen auszunehmen oder für diesen Anteil (dauerhaft) unentgeltlich Emissionsberechtigungen zuzuteilen. Eine Beschränkung auf KWK-Anlagen (d. h. der Verzicht auf Einbeziehung auch der Heizwerke ab 20 MW) könnte deshalb gerechtfertigt sein, da die gekoppelte Strom- und Wärmeversorgung in KWK-Anlagen aus Energieeffizienz- und Klimaschutzgründen deutlich besser als die ausschließliche Wärmeerzeugung ist.38
Lapidar heißt es in der Erl. zu § 11 EZG dazu: „Die österreichische Klimastrategie sieht ein großes Reduktionspotenzial für CO2-Emissionen in der Nutzung und dem Ausbau von Kraft-Wärme-Kopplung und Fernwärme. Daher sollen dieser Technologie und dieser Art der Wärmeversorgung durch die Zuteilung von Emissionszertifikaten zumindest keine Nachteile erwachsen, die eine Einschränkung der Nutzung zur Folge haben könnten („KWK- und Fernwärme-Bonus“). Um Optionen erarbeiten zu lassen, wie ein solcher Bonus definiert werden könnte, hat das BMLFUW gemeinsam mit WKÖ und VEÖ eine Studie beauftragt, saubere, d. h. besonders emissionsarme oder emissionsfreie Technologien sollen ebenfalls berücksichtigt werden können. Nuklearenergie gilt nicht als saubere Technologie.“

Zusammenfassung
Die Em-RL zielt darauf ab, einen Rahmen für den Handel mit Treibhausgasemissionsberechtigungen in der Gemeinschaft und einen EU-weiten Markt für den Handel mit Berechtigungen zu schaffen. Dieses Instrument soll ein wichtiger Eckpfeiler in der Strategie der Kommission für ein möglichst kostenwirksames Erreichen des Kyoto-Ziels sein. Der Emissionshandel soll gewährleisten, dass die Verringerung der Emissionen dort stattfindet, wo sie die geringsten Kosten verursachen. Gestützt auf Art. 175 EGV soll die Em-RL dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes und der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen dienen.

Klimaschock für die heimische Wirtschaft
Die Em-RL betrifft in Österreich 200 bis 300 Anlagen aus Industrie- und E-Wirtschaft. Hauptkriterium ist der Anhang I, der einige energieintensive Aktivitäten aus der IPPC-RL und einen darüber hinausgehenden 20-MW-Energietatbestand bezeichnet. Die Em-RL trat sofort, mit der Kundmachung im EU-Amtsblatt am 25. 10. 2003, in Kraft. Die Umsetzung sollte bis 31. 12. 2003 erfolgen, der Zuteilungsplan sollte bis 31. 3. 2004 an die Europäische Kommission und die anderen Mitgliedstaaten übermittelt werden. Allerdings dürfte – zumindest in anderen Mitgliedstaaten – nicht „so heiß gegessen wie gekocht“ werden: Deutschland etwa will sein Emissionshandelsgesetz nicht vor dem Sommer 2004 beschließen; Großbritannien will mit dem Allokationsplan bis Oktober 2004 zuwarten.
Die Betreiber von Anlagen, die unter die Em-RL fallen, sollen bei der zuständigen Behörde eine Genehmigung zum Ausstoß von Treibhausgasen beantragen. Dieses Genehmigungsverfahren soll mit dem Verfahren der IPPC-RL vollständig koordiniert werden, um unnötigen behördlichen Aufwand zu vermeiden. Auf der Grundlage dieser Genehmigung werden ab 2005 den Anlagen jedes Jahr Emissionsberechtigungen erteilt. Diese Berechtigungen (Zertifikate) können gehandelt werden, allerdings ist kein Anlagenbetreiber dazu verpflichtet. Bis zum 31. 3. jeden Jahres muss der Betreiber eine Anzahl von Berechtigungen zurückgeben, die den Emissionen seiner Anlage im vorigen Kalenderjahr entspricht. In der Em-RL sind auch harmonisierte Strafen (ab 2005: 40 €; ab 2008: 100 €) festgesetzt, die von den Betreibern zu zahlen sind, wenn sie nicht genügend Berechtigungen zurückgeben. Im Zeitraum 2005–2007 (2008–2012) sind die Berechtigungen zu mindest 95% (90%) kostenlos zu erteilen; nach 2012 soll versteigert werden.
Die Em-RL gibt das Ziel einer Emissionsreduktion vor und bestimmt, dass das Mittel des Emissionshandels eingesetzt werden soll. Damit trennt sie sich notwendig von den bisherigen Maßstäben für das Emissionsverhalten der einzelnen Anlagenbetreiber im Bereich der Vorsorge, ohne neue Maßstäbe zu liefern. Derartige konkrete Maßstäbe, die den betroffenen Anlagenbetreibern ermöglichen, die Rechtslage zu erkennen und ihr Verhalten danach einzurichten, sind bislang nicht erkennbar. Daher ist absehbar, dass Anlagenbetreiber erheblichen Risiken bei der Zuteilung ausgesetzt sein werden, bis die Kriterien allenfalls gerichtlich abgeklärt sind.39

Fußnoten:
1 Schwierige Probleme lösen die Bilanzierung sowie die Besteuerung der Zertifikate aus. Ein Vorschlag des IFRIC (International Financial Reporting Interpretations Committee) läuft darauf hinaus, die Anteile mit dem Marktwert im Zeitpunkt der Zuteilung zu aktivieren und über die Jahre 2005 bis 2007 gleichmäßig verteilt diesen Marktwert als Ertrag auszuweisen. Ob die dort vorgeschlagene Vorgangsweise in die nach österreichischem Recht zu erstellenden Einzel- und Konzernabschlüsse einfließen darf, zumal sich die Bilanzierung nach internationalen Grundsätzen (IAS, US-GAAP, IFRS) stark von der Bilanzierung nach österreichischen Grundsätzen unterscheidet, ist fraglich.

2 Die Ertragsbesteuerung der Zertifikatszuteilung liegt noch im Unklaren. Die vom IFRIC vorgeschlagene zeitanteilige Verteilung des Marktwertes der unentgeltlich zugeteilten Zertifikate als Ertrag stimmt nicht mit den Grundsätzen der Ertragsbesteuerung von Geld- oder Sachsubventionen der öffentlichen Hand überein.

3 § 11 des EZG legt insbesondere die Kriterien zur Erstellung des Zuteilungsplans fest. Nach § 12 EZG sieht hierbei die Berücksichtigung geprüfter Emissionsmeldungen (1998–2001) vor; bleiben diese Meldungen aus, trägt der BMLFUW den Anlageninhabern per Bescheid die Meldung auf. Abweichungen von der Basisperiode (1998–2001) kommen in „begründeten Fällen“ in Frage – womit jedenfalls jene Anlagenbetreiber „belohnt“ werden, die bis dato keine Emissionen gemeldet haben oder abweichend von den von der Behörde ausgesendeten Meldebögen Angaben gemacht haben.

4 Tatsächlich könnte hier ein Verwaltungsakt vorliegen, der gleichzeitig Bescheid oder Verordnung, also „janusköpfig“ ist. Derartige Verwaltungsakte sind umstritten; der Verfassungsgerichtshof hat aber jüngst eine derartige Konstruktion iZm § 5 GSVG bejaht. Bei korrespondierenden Rechten und Pflichten liegt u. a. dann ein janusköpfiger Verwaltungsakt vor, wenn ein individuell beschriebener Personenkreis verpflichtet und ein generell beschriebener Personenkreis berechtigt wird. Im vorliegenden Fall ließe sowohl der inhaltliche Aspekt (generelle Wirkung) als auch die Publikation (vgl. § 13 Abs. 3 EZG) die Qualifikation als Verordnung zu.

5 Unklar ist aber, was der Gesetzgeber mit dem „ersten Entwurf“ meint. Aufgrund des damit verbundenen Stellungnahmerechts wird offenbar den Anlageninhabern ein Parteigehör eingeräumt.

6 Vgl. Die Presse v. 15. 1. 2004. Aber auch die vorliegende RV wird kritisiert (vgl. Die Presse v. 5. 3. 2004); nunmehr beurteilt die Umweltkommissarin Wallström den geplanten Zertifikationshandel als zu industriefreundlich. Insbesondere der Wachstumszuschlag, der den betroffenen Betrieben eine weitere Expansion ermöglichen soll, wird kritisiert. In Deutschland soll übrigens die Em-RL durch das Treibhaus-Emissionshandelsgesetz umgesetzt werden; u. a. muss der Ausstoß von Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen in der Industrie genehmigt werden. Für jede Tonne braucht ein Unternehmen künftig einen Berechtigungsschein – der Handel damit soll über eine zentrale Handelsstelle abgewickelt werden.

7 Als Kompetenzgrundlage wird in den Erl. zur RV Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG („Luftreinhaltung“) angeführt. Nach den Erl. ist die Besonderheit beim EZG allein darin zu sehen, „dass der Entwurf nicht im ordnungsrechtlichen Sinn zur Verringerung dieser Emissionen zwingt, sondern den Emittenten nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten Raum zur Variantenbeurteilung nach ökonomischer Effizienz eröffnet“. Ob das EZG durch den Kompetenztatbestand „Luftreinhaltung“ gedeckt ist, erscheint jedoch fraglich; denn selbst wenn der „Kern“ des EZG in der periodischen Zuweisung und Ablieferung von Emissionsrechten besteht, käme auf Grund des Transaktionscharakters (arg. „Emissionshandel“) des EZG auch etwa das „Zivilrechtswesen“ (Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG) und auf Grund der Genehmigung zur Emission von Treibhausgasen gemäß §§ 4–10 EZG der Kompetenztatbestand „Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie“ (Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG) in Frage. Im Hinblick auf die IPPC-Anlagen könnte dann aber – was die Genehmigungen anlangt – das selbe „Desaster blühen“, wie im Fall der Umsetzung der IPPC-RL, sprich ein BG und neun LG.

8 Nach dem Entwurf hat die Registerstelle festzustellen, ob ein Unternehmen genug Zertifikate hat, um die ihm laut nationalen Allokationsplan erlaubten CO2-Emissionen abzudecken oder ob es weitere Zertifikate zukaufen muss (§ 21 EZG). Nach den Vorstellungen des BMLFUW (vgl. Erl. zu § 21 EZG) sollte damit offenbar das Umweltbundesamt „betraut“ werden; von Ausschreibung der Funktion ist keine Rede – Detail am Rande: Bereits im Standard v. 21. 6. 2003 hatte das UBA den Job eines „Projektleiters – Emissionshandelsregister“ ausgeschrieben. Dieser sollte sich um die „Konzeption des Registers unter dem EU-Emissionshandelssystem und die Definition der Anforderungen an die IT-Umsetzung“ kümmern.

9 Die Ausweitung des Geltungsbereiches des EZG durch VO setzt aber das Einvernehmen mit dem BMWA voraus. Unbeschadet einer Änderung der Em-RL können weitere Tätigkeiten und Treibhausgase in den Geltungsbereich des EZG aufgenommen werden. Während die Verordnungsermächtigung nach dem 1. Satz in § 2 Abs. 2 EZG das Ermessen des BMLFUW auf den Fall der Änderung der Em-RL einschränkt und damit u. U. ausreichend determiniert, geht die Ermächtigung im 2. Satz leg cit mE zu weit: Hier sind nämlich die Erweiterungsmöglichkeiten weder durch die Em-RL vorgegeben noch durch das G ausreichend determiniert. Vielmehr wird im 2. Satz in § 2 Abs. 2 EZG auf die „Rechtslage in den Mitgliedstaaten“ Bedacht genommen und in den Erl. dazu ausgeführt, dass dies „im Hinblick darauf, dass mit den in den Mitgliedstaaten zu erlassenden Umsetzungsvorschriften der Richtlinie 2003/87/EG ein europäisches System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten etabliert werden soll, das vorliegende Bundesgesetz also einen Teil dieses europäischen Regelungssystems darstellt“, notwendig sei. Ohne in die Tiefen innerstaatlicher Determinierungsanforderungen hier näher einzugehen, dürfte jedenfalls die Weiterentwicklung von „opting-in“-Möglichkeiten durch Mitgliedstaaten als Grundlage eines flexiblen und raschen Anpassungsverfahrens in Österreich nicht ausreichen.

10 Die Erl. zu § 23 Abs. 1 EZG sind nichts sagend; an der Auslegung des Begriffes einer „erheblichen lokalen Umweltverschmutzung“ dürften sich jedenfalls die Geister scheiden. Im Übrigen ist es fraglich, ob damit dem Art. 18 B-VG entsprochen wird. Darüber hinaus stellen hierzulande – ungeachtet nachträglicher Auflagen im Anlagenrecht (z. B. § 79 GewO) – das IG-L und das OzonG ausreichende Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung von Luftverschmutzungen dar.

11 Treibhausgase: Kohlendioxid CO2, Methan CH4, Lachgas N2O, teilfluorierte Kohlenwasserstoffe HFC, vollfluorierte Kohlenwasserstoffe PFC sowie Schwefelhexafluorid SF6.

12 In Österreich sollen (laut WKÖ) im Bezugsjahr 1990 ca. 77 Millionen Tonnen Treibhausgase emittiert worden sein (als CO2-Äquivalent berechnet). Ohne spezielle Gegenmaßnahmen sei bis 2010 ein Anstieg auf ca. 83 Millionen Tonnen zu erwarten. Zur Erreichung des Kyoto-Zieles von 67 Millionen Tonnen pro Jahr ab 2010 sei daher eine Reduktion um ca. 16 Millionen Tonnen gegenüber dem erwarteten Trend erforderlich.

13 Aufgrund der im Vergleich mit anderen Industriestaaten geringen Treibhausgasemissionen in Österreich (bezogen auf die Bevölkerungszahl) wird Österreich besondere Anstrengungen benötigen, dieses Ziel auch tatsächlich zu erreichen. Während speziell die Emissionen von CO2 und CH4 in Österreich schon länger ermittelt werden, war über die im Kyoto-Protokoll miterfassten Treibhausgase HFC, PFC und SF6 bisher wenig bekannt.

14 Aus der ungenauen Definition von „Feuerungsanlagen mit einer Feuerwärmeleistung über 20 MW“ resultiert in der Wirtschaft die Unsicherheit bzgl. der Art und Anzahl der einbezogenen Verbrennungsanlagen.

15 Ob und ggf. wie Kuppel- und Prozessemissionen berücksichtigt werden, bleibt den Mitgliedstaaten überlassen.

16 Was „höhere Gewalt“ ist, lässt die Em-RL offen. Nach der Rspr. des EuGH (vgl. z. B. Urteil v. 15. 12. 1994, Transafrica SA, Rs C-136/93, 1994, I-5757; 17. 10. 2002, Parras Medina, Rs C-208/01) ist der Begriff „höhere Gewalt“ nicht auf eine absolute Unmöglichkeit beschränkt, sondern im Sinne von ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Umständen zu verstehen, die vom Willen des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers unabhängig sind und deren Folgen trotz aller aufgewandten Sorgfalt nur um den Preis unverhältnismäßiger Opfer vermeidbar gewesen wären.

17 Unklar ist u. a., ob bzw. wie das Pooling ausgestaltet wird, ob ein Pooling zwischen den verschiedenen unter die Em-RL fallenden Tätigkeiten ermöglicht wird, was die Anlagenbetreiber an Voraussetzung für die Zulassung zu ihrem Pool erfüllen müssen, ob die einzelnen Poolmitglieder gesamtschuldnerisch für die Überschreitung der zulässigen Gesamtemission des Pools haften, wenn nicht genügend Berechtigungen nachgewiesen werden können.

18 Der ökologische Nutzen soll offenbar durch die Begrenzung der Gesamtmenge der zugeteilten Berechtigungen entstehen. Nach dem ursprünglichen RL-Entwurf (Kom/2001/0581 endg.) sei „der Effekt für die Umwelt relativ gewiss“ – wenngleich „der Emissionshandel als solcher die Emissionen nicht [reduziert]“.

19 So baut z. B. ein heimisches Unternehmen ein Wasserkraftwerk in Bulgarien und Österreich kann infolge 200.000 Tonnen CO2 als eingespart verbuchen.

20 Abwicklungsstelle für JI/CDM-Projekte ist die Kommunalkredit Austria AG (§ 11 UFG). Sie kauft für Österreich Einheiten ein, die hierzulande als Abgasreduktion wettgemacht werden können. Die andernorts eingesparten Treibhausgase kann sich dann Österreich zur Erreichung des Kyoto-Ziels anrechnen lassen. Ein Rechtsanspruch auf Förderung oder Ankauf von Emissionsreduktionseinheiten besteht nicht (§ 4 UFG).

21 Vgl. Die Presse v. 15. 7. 2003.

22 Vgl. Die Presse v. 26. 7. 2003.

23 Spanien und Portugal beispielsweise wurden noch Zuwächse zugestanden.

24 Deutschland hat seine Reduktion schon durch die Sanierung der Industrieanlagen im ehemaligen Ostdeutschland hereingebracht.

25 Die Zementbranche verlangt bereits eine Flexibilität beim Handel mit CO2-Emissionen; vgl. Die Presse v. 28. 5. 2003.

26 Art 6 StGG garantiert jeder inländischen – natürlichen und juristischen – Person das Recht auf freie Erwerbstätigkeit. Das unternehmerische Handlungsfreiheit und die Produktionsfreiheit verbriefende Recht erfasst sowohl den Erwerbsantritt wie auch die Erwerbsausübung (VfSlg 11.558), daher auch die Fortsetzung eines befugterweise angetretenen Berufes (VfSlg 13.177).

27 Anhang I Nr. 2 der Em-RL.

28 Vgl. § 13 Abs. 4 EZG.

29 Vgl. Anhang III der Em-RL: demnach muss u. a. die Gesamtmenge der Zertifikate mit der in der Entscheidung 2002/358/EG und im Kyoto-Protokoll enthaltenen Verpflichtung des Mitgliedstaates zur Begrenzung seiner Emissionen im Einklang stehen.

30 Vgl. § 11 Abs. 2 EZG und § 12 3. Satz EZG. Die Berücksichtigung von Vorleistungen zur Emissionsreduktion, die nach 1990 gesetzt wurden, kann laut Em-RL erfolgen; allerdings sind einzelne „early actions“ der letzten 14 Jahre hinsichtlich ihrer Emissionsauswirkungen sehr schwer zu bewerten. Nach den Erl. spiegeln sich die emissionsreduzierenden Vorleistungen, die in einer Anlage gesetzt wurden, in den Emissionswerten der Anlage und damit auch im technologischen Potenzial wider, so dass Vorleistungen als Kriterium bei der Erstellung des Allokationsplans einfließen.

31 Nach § 11 Abs. 4 EZG soll der Allokationsplan mindestens 1% der Gesamtmenge als Reserve für neue Marktteilnehmer halten.

32 Indes dürfte die neue Welt des marktwirtschaftlichen Umweltschutzes in der Industrie für den großen Verteilungskampf sorgen. Weil die Em-RL die Zuteilung der Verschmutzungsrechte an die Klimasünder offen lässt und weil die geldwerten Rechte nicht, wie einst die UMTS-Lizenzen, versteigert werden sollen, schlägt jetzt die Stunde der Lobbyisten. Jede Branche kämpft nun um ein möglichst großes Stück vom Kuchen – und jeder Betrieb für sich darüber hinaus für Sonderrabatte (vgl. auch Art. 29 Em-RL).

33 Vgl. § 11 Abs. 2 Z 1–7 EZG, wobei die heranzuziehenden Kriterien bei der Festlegung der Gesamtzahl, bei der Zuteilung auf Tätigkeitsebene und bei der Zuteilung auf Anlageebene varieren.

34 Vgl. auch Art. 14 Abs. 1 Em-RL, nach dem die Kommission bis zum 30. 9. 2003 (!) Leitlinien für die Überwachung und Berichterstattung verabschieden soll.

35 Als Allokationsverfahren kommen ganz unterschiedliche Mechanismen in Betracht: Im Vordergrund steht die kostenlose Zuteilung (vgl. Art. 10 Em-RL), wobei hier die entscheidende Frage ist, was Grundlage der Berechnung der einzelnen Anlage zuzuteilenden Berechtigung sein soll. Die 2003 vom BMLFUW durchgeführte Datenerhebung bei betroffenen Unternehmen per Fragebogen stützt sich statt auf ein Basisjahr auf eine dreijährige Basisperiode, weil ein einzelnes Basisjahr Verzerrungen (z. B. Produktionsschwankungen) zulässt. Die vom BMLFUW gewählte Basisperiode ist aber im Vergleich zu einer Orientierung an historischen Emissionen bezogen auf ein bestimmtes Basisjahr nicht minder problematisch. Da die Em-RL eine diesbezügliche Wahlfreiheit ab 1990 jedenfalls zulässt, wäre entweder ein „gemischter“ Ansatz (Basisjahr iVm mehrjährige Basisperiode) oder die Festlegung eines durchgehenden Zeitraumes seit 1990 objektiver.

36 Nach der 27. Begründungserwägung der Em-RL heißt es lapidar, dass diese RL „in Einklang mit den Grundrechten“ stehe.

37 Für den erwarteten Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung sowie der damit verbundenen Fernwärme von etwa 3,5 Prozent pro Jahr sollen rund 150.000 Tonnen Kohlendioxid-Zertifikate nötig sein. Künftige Anlagen wären daher – nach den Vorstellungen der E-Wirtschaft – in die Gratiszuteilung einzurechnen; vgl Die Presse v. 8. 1. 2004.

38 In Wien wird die alternative Energiegewinnung immer bedeutender. Ein neues Biomassekraftwerk, das Strom und Fernwärme liefert, soll ab Mitte 2006 in Simmering in Betrieb gehen; überdies werden Windparks, Kleinwasserkraftwerke und Biomasseanlagen forciert.

39 Bei aller von mir hier geäußerten Kritik und Bedenken an dem Emissionshandel sehe ich darin dennoch ein längst überfälliges Signal, das das europaweite Handelssystem in die Welt sendet: Europa nimmt den Klimawandel ernst. Und Unternehmer bekommen einen weiteren Anreiz, in klimafreundliche Techniken zu investieren.

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