Steuerreform – von wegen Selbstfinanzierung

Steuerreform – von wegen Selbstfinanzierung

Am 9. Jänner 2004 hat die Bundesregierung die Eckdaten für die zweite Etappe der größten Steuerreform der Zweiten Republik bekannt gegeben. Durch sie wird ein Volumen von 2,5 Milliarden Euro bewegt. Zusammen mit der bereits ab Anfang 2004 in Kraft gesetzten ersten Etappe, die ein Volumen von rund 500 Millionen Euro aufweist, ergibt dies ein Gesamtausmaß von 3 Milliarden Euro an Steuerentlastung pro Jahr. Betroffen sind hauptsächlich Lohn-, Einkommen- und Körperschaftsteuer, an denen die Gemeinden mit 13% beteiligt sind, sowie die Schaumweinsteuer (Gemeindeanteil 27%) und die Biersteuer (19%), die aber betragsmäßig nur eine untergeordnete Rolle spielen. Für die Gemeinden bedeutet die Steuerreform erhebliche Steuerausfälle bzw. Einnahmenentgänge.

 

Größte Steuerreform – größtes Loch in den Gemeindekassen
Die positiven Auswirkungen für die von der Steuerreform begünstigten Gruppen der Bevölkerung und der Wirtschaft werden beachtlich sein. Für die Gemeinden stellen die Ausfälle jedoch einen bisher nicht gekannten Schock dar. Mit vollem Einsetzen der Steuerreform entfällt auf die Gemeinden auf Jahresbasis ein Einnahmenentgang von rund 400 Millionen Euro oder 6,5% ihrer Gemeindeertragsanteile. Die Steuerreform 2005 ist insofern auch eine der besonderen Art, weil in der Vergangenheit bei Steuersenkungen doch immer mehr oder weniger große Gegenfinanzierungen eingesetzt wurden, um die Auswirkungen auf die Budgets der Länder und Gemeinden abzufedern.

Selbstfinanzierung durch zusätzliches Wirtschaftswachstum?
Der Bund hat in seiner ersten Reaktion auf den Protest und die Äußerungen des Städtebundes, dass er damit „Gemeindegeld“ verschenke, darauf hingewiesen, dass die Steuerreform zusätzliches Wirtschaftswachstum auslöst, das auch Ländern und Gemeinden zugute kommt und sich damit quasi selbst finanziert. Es ist richtig, dass von einer Steuersenkung erwartet wird, dass dadurch ein Impuls für die Wirtschaft gegeben wird. Die Größenordnung war bisher aber nicht bekannt.

WIFO-Gutachten – Selbstfinanzierung nur 15%
Der Österreichische Städtebund hat daher das WIFO ersucht, anhand des im Institut vorhandenen makroökonomischen Modells die Selbstfinanzierungseffekte zu berechnen. Das WIFO geht von einem zusätzlichen Wirtschaftswachstum aus, das bis zu 0,5% reicht, und ermittelt daraus einen Selbstfinanzierungseffekt, der in den nächsten Jahren im Durchschnitt knapp 15% ausmacht. Das bedeutet, dass rund 85% der steuerreformbedingten Ausfälle an den Kommunalbudgets „hängen“ bleiben (Tab. 1).

Beschäftigungswirkung
Die WIFO-Berechnung zeigt weiters, dass durch die Steuerreform 4.000 bis 5.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden, das ist gemessen am eingesetzten Betrag relativ wenig.

Finanzministerium erwartet leicht steigende Gemeindeertragsanteile
Das Bundesministerium für Finanzen hat seinerseits Berechnungen über die Einnahmenausfälle der Steuerreform 2005 und Prognosewerte für die Ertragsanteile der Gemeinden vorgelegt. Der Bund geht dabei von der aktuellen Konjunkturprognose aus, die für das Jahr 2004 ein reales Wachstum von 1,7% und für das Jahr 2005 von 2,4% sowie eine Inflationsrate von 1,5% erwartet. Gleichzeitig rechnet der Bund damit, dass sich die volle Wirkung der Steuerausfälle noch nicht im Jahr 2005, sondern erst in den Folgejahren ergibt. Schließlich ist in seiner Prognose auch berücksichtigt, dass die Ertragsanteile – und damit auch die Minderbeträge – mit 2-monatiger Zeitverzögerung angewiesen werden.
Danach werden die Ertragsanteile im Jahr 2006 um 2% höher liegen als im Jahr 2001 (Tab. 2).

Keine Berücksichtigung von Geldentwertung, laufend neuen Aufgaben und Kostensteigerung
Auf die dezidierte Frage nach einem Anbot zum Ausgleich der Einnahmenausfälle antwortete der Bund, dass die Länder und Gemeinden 2001/2002 aufgrund der außerordentlich hohen Einzahlungen durch die Einführung der Anspruchsverzinsung ohnedies zu hohe Einnahmen hatten – und wollte sogar noch 568 Mio. Euro einfordern. Im Übrigen wies der Bund auf die seiner Ansicht nach ohnedies steigenden Ertragsanteile hin.
Wie unsicher Prognosen und damit auch die Einnahmenschätzungen des Bundes sind, zeigte sich jedoch daran, dass er eine Einnahmengarantie für die von ihm berechneten Beträge ablehnte.

Städtebund und Gemeindebund – keine Kostenbeteiligung
Die Länder erklärten sich bereit, die Ausfälle der Steuerreform im Ausmaß ihrer Ertragsbeteiligung von rund 15% mitzutragen. Sie lehnten jedoch eine Kürzung der so genannten Bedarfszuweisungen (früher Teil der Wohnbauförderungsmittel) ab, wodurch sie rund 25% an den gesamten Kosten der Steuerreform zu tragen hätten.
Die Vertreter des Österreichischen Städtebundes und des Österreichischen Gemeindebundes wiesen darauf hin, dass es keine Zusage der beiden Bünde zu einer Beteiligung der Gemeinden an den Kosten der Steuerreform gibt.

Wie geht es weiter?
Der Bund betrachtet mit diesem Gespräch die Finanzausgleichsgespräche zur Steuerreform als offensichtlich geführt und – wenngleich ohne Konsens – abgeschlossen.
Eine Beamtenarbeitsgruppe soll in Vorbereitung der weiteren Gespräche für die übrigen wichtigen Punkte der Finanzausgleichsgespräche die entsprechenden Unterlagen vorbereiten, so dass zumindest von einer einheitlichen Datenbasis ausgegangen werden kann. In diese Arbeitsgruppe wird der Österreichische Städtebund jedenfalls auch die Frage der Krankenanstaltenfinanzierung sowie der Umlagen auf Landesebene sowie die ständig wachsenden Kosten der bezirksverwaltungsbehördlichen Tätigkeit einbringen.

OEGZ

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