Willkommen beim Städtetag in Bregenz „Starke Städte im größeren Europa“

Willkommen beim Städtetag in Bregenz „Starke Städte im größeren Europa“

 

Neue Rahmenbedingungen durch EU-Erweiterung
Mit 1. Mai 2004 sind zehn Staaten der Europäischen Union beigetreten, davon vier Nachbarländer Österreichs. Wir alle sind überzeugt, dass sich durch die EU-Erweiterung die Rahmenbedingungen für die österreichischen Städte und Gemeinden durch die zunehmende Standortkonkurrenz und den Wettbewerbsdruck verändern, auch wenn wir derzeit keineswegs alle Auswirkungen vorhersehen können. Diese Erfahrung haben wir bereits nach dem Beitritt Österreichs zur Europäische Union vor nunmehr knapp zehn Jahren gemacht. Im Gegensatz zu den seinerzeitigen Zusicherungen der Europäischen Kommission geht nunmehr die Liberalisierung viel weiter als geplant, während die Entwicklung der politischen Union vergleichsweise zurückgeblieben ist.

EU-Verfassungsvertrag berücksichtigt Gemeinden
In einem engen Zusammenhang mit der Erweiterung steht der Europäische Verfassungsvertrag, dessen Verabschiedung durch den Europäischen Rat im Juni erwartet werden kann. Im Zuge der Beratungen des Europa-Konvents über den Europäischen Verfassungsvertrag ist es gelungen, die Stellung der Kommunen und Regionen bei der Entwicklung neuen EU-Rechts relativ gut zu verankern. Österreichische Konventmitglieder haben, genauso wie der Rat der Gemeinden und Regionen Europas, dessen Präsident Valerie Giscard d’Estaing auch EU-Konvent-Präsident war, namhaften Anteil daran. Wir werden diese Absicherung auf EU-Verfassungsebene umso mehr brauchen, als die Europäische Kommission ihr Wettbewerbsdenken praktisch ungebrochen fortsetzt und die Gemeinden bei der Erbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge unter enormen Druck setzt.

Zentrales Ereignis Österreich-Konvent
Wichtige Rahmenbedingungen für die österreichischen Städte und Gemeinden werden aber auch in Zukunft durch die österreichische Bundesverfassung einschließlich der finanzverfassungsrechtlichen Regelungen gegeben sein. Wir befinden uns derzeit am Anfang der zweiten Halbzeit der Beratungen des Österreich-Konvents und es ist ein Schwerpunkt des Städtetages, die vorliegenden und für die Gemeinden interessanten Zwischenergebnisse zu diskutieren und sich auf die abschließenden Beratungen vorzubereiten.
Die wahrscheinlich wichtigste Frage wird sein, ob es gelingt, die derzeit vorherrschenden Zentralisierungstendenzen durch eine Stärkung der bürgernahen Einrichtungen und damit der Städte und Gemeinden abzufangen. Der Städtebund hat deshalb beim Österreich-Konvent eine Reihe von Vorschlägen eingebracht, die auf eine Stärkung aller Größenklassen von Städten und Gemeinden abzielen. Wichtige Forderungen sind unter anderem folgende:

- Anspruch auf ein Stadtstatut für alle Gemeinden über 20.000 Einwohner samt verpflichtender Abgeltung der entstehenden Mehrkosten;

- Möglichkeit der Einräumung für ein Stadtstatut für Gemeinden über 10.000 Einwohner;

- Optionsrecht auf die Übernahme von Aufgaben, die sonst nur der Bezirksverwaltungsbehörde vorbehalten sind (Beispiel Passwesen);

- Erleichterung der interkommunalen Zusammenarbeit zur gemeinsamen Besorgung von Aufgaben – auch über Bezirks- und Bundesländergrenzen hinweg;

- Gesetzesinitiativrecht für Städtebund und Gemeindebund;

- sanktionierte Verhandlungspflicht des Bundes im Rahmen des Finanzausgleichs;

- Prüfung eines selbstständigen Steuererfindungsrechts der Gemeinden für Abgaben mit (lokalem) Lenkungscharakter.

Alle diese Fragen werden in den Städtetags-Arbeitskreisen 1 und 2 beraten, wobei im Arbeitskreis 2 – Finanzen auch aktuelle Fragen, wie etwa die Getränkesteuerrückzahlung, behandelt werden.
Im Arbeitskreis 3 – Verwaltungsreform durch interkommunale Zusammenarbeit werden die ersten erfolgreichen Beispiele einer Gemeindegrenzen übergreifenden Kooperation vorgestellt. Bisher wurde vielfach nur die Möglichkeit gesehen, der zunehmenden Finanzmittelknappheit auf der kommunalen Ebene durch Einstellung von Leistungen oder Privatisierung zu entgehen. Es lassen sich jedoch durch eine Gemeindegrenzen übergreifende Besorgung von Aufgaben zum Teil bessere Ergebnisse erzielen. Mit diesem Arbeitskreis soll ein praxisorientierter Anstoß zu neuen Formen der Aufgabenerfüllung (Public-Public-Cooperation) erfolgen.
Univ.-Prof. Dr. Anton Pelinka, Innsbruck, wird im Zuge der Eröffnungsveranstaltung aus der Sicht des Politikwissenschaftlers zu jenen Herausforderungen sprechen, vor denen er die Bürgermeister sieht.
Abgeschlossen wird der Städtetag durch ein Referat von Vizekanzler Hubert Gorbach und eine Podiumsdiskussion unter der Leitung von Vizebürgermeister Dr. Sepp Rieder.
Die Stadt Bregenz hat alle Vorbereitungen getroffen, damit die rund 500 Delegierten des Städtetages einen hervorragenden und gastfreundlichen Rahmen vorfinden werden.
Euro Kommunal wird wieder eine begleitende Ausstellung organisieren.
Herzlich willkommen beim Städtetag!

Wahlen zum Europaparlament
Am 13. Juni 2004 finden die Wahlen zum Europaparlament statt. Österreich wird im künftigen Parlament mit 18 Delegierten vertreten sein.
Die ÖGZ hat die Delegationsleiter der vier wahlwerbenden Gruppen befragt, wie sie es mit der Unterstützung kommunaler Anliegen bei den Beratungen und Abstimmungen halten. Die Schwerpunkte der Fragen beziehen sich auf die den Gemeinden zuerkannte Stellung im Europäischen Verfassungsvertrag und die äußerst sensible Angelegenheit der Liberalisierung von (meist kommunalen) Leistungen der Daseinsvorsorge, also Wasser, Abwasser etc.
Das Spektrum der Antworten ist durchaus breit (Seiten 32 ff.). Sie reichen von einer klaren Ablehnung der Liberalisierung (Argument der Versorgungssicherheit und -zugänglichkeit, Teil des europäischen Gesellschaftsmodells) bis zum Zugeständnis, dass ein Schutz nur dort gegeben sein soll, wo der Markt die Daseinsvorsorge nicht bereitstellen kann. Letzteres bedeutet, dass die Gemeinden nur subsidiär und nicht aufgrund eigener Entscheidung tätig werden sollen. Interessant sind die vielen Vorschläge, die davon zeugen, wie intensiv das Europäische Parlament in den letzten Monaten mit dieser Frage umgegangen ist. Es wird zum Beispiel die Notwendigkeit aufgezeigt, zunächst die konkreten Auswirkungen von Liberalisierungen zu untersuchen oder wegen der Unterschiedlichkeit der regionalen Strukturen keine sektorale Richtlinie zu erlassen, die Definition der Daseinsvorsorge nur den Mitgliedstaaten zu überlassen und der Kommission nur eine Missbrauchsaufsicht zuzubilligen. Weitgehender Konsens herrscht, dass bei der Europäischen Union die Zuständigkeit für die Umweltschutzstandards bleiben muss.
Fragen Sie doch die Kandidaten bei den bevorstehenden Wahlveranstaltungen, wie sie persönlich für die Gemeindeangelegenheiten eintreten!

OEGZ

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