Die EU-Wasserrahmenrichtlinie – Vorgaben, Umsetzung und erste Abschätzung der Auswirkungen auf Städte und Gemeinden

Die EU-Wasserrahmenrichtlinie – Vorgaben, Umsetzung und erste Abschätzung der Auswirkungen auf Städte und Gemeinden

Der Beitrag gibt einen Überblick über die wesentlichen Regelungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie, über die Umsetzung in das nationale Recht, die ersten Ergebnisse des vorliegenden Entwurfes der Ist-Bestandsanalyse sowie davon abgeleitet erste Rückschlüsse auf mögliche Auswirkungen auf Städte und Gemeinden.

 

Mit dem In-Kraft-Treten der EU-Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG) am 22. Dezember 2000 wurde der Startschuss für eine Neuausrichtung der Wasserwirtschaft in Europa gegeben. Die Vielzahl neuer Regelungen und Ziele einschließlich der Terminsetzungen waren für die EU-Mitgliedstaaten bis Ende 2003 bzw. sind für die neuen Mitgliedstaaten bis 1. Mai 2004 in nationales Recht umzusetzen.

Inhaltliche Ziele der Richtlinie
Das zentrale inhaltliche Ziel dieser Richtlinie ist die Aufrechterhaltung funktionierender Lebensgemeinschaften im Gewässer. Dieser Zielzustand wird als „guter (ökologischer) Zustand“ bezeichnet. Wo natürliche Lebensgemeinschaften im Gewässer bereits empfindlich gestört sind, wird deren Wiederherstellung zum zentralen Ziel. Gewässerschutz kann nur dann erfolgreich sein, wenn alle Anrainer entsprechende Anstrengungen zum Schutz der Gewässer auf sich nehmen. Daher wurde in der Richtlinie besonders darauf geachtet, dass die Mitgliedstaaten wasserwirtschaftliche Maßnahmen und Maßnahmenprogramme über das gesamte Flusseinzugsgebiet bis zur Mündung in das Meer zu koordinieren haben; im Falle Österreichs sind dies in Summe die mit 22 anderen Staaten geteilten Flusseinzugsgebiete der Donau, des Rheins und der Elbe mit zusammen etwas über 1,1 Millionen Quadratkilometern.
Als Instrument der Erreichung der vorgegebenen Ziele ist ein Bewirtschaftungsplan zu erstellen. Dieser ist ein zusammenfassender Bericht, der unter Einbindung der Öffentlichkeit zu erstellen ist und insbesondere aus folgenden Ergebnissen zu bestehen hat:

- Bestandsaufnahme (die Ergebnisse sind der Europäischen Kommission bis Ende März 2005 zu übermitteln),

- Überwachung der Gewässergüte (über diese Ergebnisse ist bis März 2007 zu berichten) und

- Maßnahmenprogramme.
Dieser Bewirtschaftungsplan ist bis März 2010 erstmalig, in weiterer Folge alle 6 Jahre, der Europäischen Kommission zu übermitteln.

Umsetzung in nationales Recht
Mit der 2003 erfolgten Novellierung des Wasserrechtsgesetzes (BGBl. I Nr. 2003/82, Text siehe Homepage des Lebensministeriums) wurden die neuen Regelungen und Verpflichtungen in das nationale Wasserrecht übernommen sowie die administrativen Voraussetzungen für deren Umsetzung geschaffen. Dazu gehören die Schaffung der administrativen Voraussetzungen für ein einheitliches wasserwirtschaftliches Informationssystem, für notwendige Adaptierungen der Gewässerüberwachung, die aktive Einbindung der Öffentlichkeit, aber auch eine Reihe von Verordnungsermächtigungen, wie z. B. jene für die Erlassung von Qualitätszielen für Oberflächengewässer, für die Definition des guten mengenmäßigen Zustandes im Grundwasser etc.
Um eine in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht richtlinienkonforme Erstellung der nationalen Gewässerbewirtschaftungspläne sicherzustellen, wurden die diesbezüglichen Vorgaben in einem eigenen (sechsten) Abschnitt des Wasserrechtsgesetzes zusammengefasst. Besonders hervorzuheben ist hierbei das in § 55 h WRG angeführte Verfahren für die Erstellung der Nationalen Gewässerbewirtschaftungspläne, in dem die Verantwortlichkeiten für die einzelnen Bearbeitungsschritte am Beispiel der Ist-Bestandsanalyse wie folgt klar geregelt sind:

- Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat auf Basis der ihm vorliegenden Umweltdaten dem Landeshauptmann einen Entwurf der Ist-Bestandsaufnahme zur Verfügung zu stellen.

- Der Landeshauptmann hat diesen ihm übermittelten Entwurf anhand der ihm zur Verfügung stehenden Umweltdaten
– auf seine Plausibilität zu prüfen,
– erforderlichenfalls unter Anschluss der entsprechenden Unterlagen und Daten zu ergänzen (insbesondere hat er darzulegen, bei welchen Gewässern das Risiko besteht, die Umweltqualitätsziele nicht zu erreichen, aber auch jene Fälle unter Anführung der ausgesprochenen Auflagen und Maßnahmen darzulegen, bei denen mögliche Abweichungen vom Verschlechterungsverbot positiv beurteilt worden sind) und
– dem Bundesminister binnen 6 Monaten rückzustellen.

- In weiterer Folge wird der Entwurf bundesseitig fertig gestellt, international abgestimmt und anschließend der Europäischen Kommission übermittelt.

Die Sicherstellung der richtlinienkonformen Erstellung ist deshalb besonders wichtig, da die Europäische Kommission die Umsetzung des Gemeinschaftsrechtes zu ihrer Priorität erklärt hat und daher den Umsetzungsprozess im Detail verfolgt. So hat die Europäische Kommission säumige Mitgliedstaaten bereits einen Monat nach Verstreichen der 3-Jahres-Frist für die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie in das nationale Recht mittels Mahnschreiben an ihre Verpflichtungen erinnert.

Österreich liegt gut im Rennen
Erfreulich ist, dass Österreich zu jenen 8 Mitgliedstaaten gehört, die mit Stand März 2004 ihrer diesbezüglichen Verpflichtung nachgekommen sind und sich damit ein Mahnschreiben aus Brüssel ersparen konnten. Besonders erfreulich ist auch, dass Österreich zusammen mit Dänemark, Spanien und Griechenland auch eine ordnungsgemäße rechtliche Verankerung der rechtlichen Vorgaben bescheinigt worden ist.
Arbeitsschwerpunkte in Österreich sind derzeit die bis Ende März 2005 an die Europäische Kommission zu übermittelnde Ist-Bestandsanalyse, die Einbindung der betroffenen Interessenvertretungen sowie die rechtliche Verankerung von Qualitätszielen und Leitlinien für das zukünftige „Wasserinformationssystem Austria“.
Auf internationaler Ebene wird in den Österreich betreffenden Flusseinzugsgebieten Donau, Rhein und Elbe intensiv an der Erstellung von Karten- und Textentwürfen gearbeitet. Ein erster Entwurf für die Donau mit ihren 18 Anrainerstaaten und mehr als 800.000 Quadratkilometern (siehe Karte) soll Mitte des Jahres vorliegen.
Ein erster Arbeitsentwurf der nationalen Ist-Bestandsanalyse wurde den Landeshauptleuten Anfang April übermittelt bzw. am 30. April der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt. Für jeden der im WRG-Anhang G dargestellten Planungsräume wurden die ersten Ergebnisse in einen Band zusammengefasst; dieser Band besteht aus Texten, Tabellen und zahlreichen thematischen Karten. In diesem Entwurf wurden die vorhandenen Belastungen sowie deren Auswirkungen auf die Gewässer aufgezeigt sowie eine erste Abschätzung des Risikos versucht, das vorgegebene Ziel des guten Zustandes zu verfehlen. Weitere Bände beinhalten eine Darstellung der herangezogenen Methodiken, die Darstellung der zuständigen Behörden, die Ergebnisse der durchgeführten ökonomischen Studien sowie die österreichweite Zusammenfassung der Ergebnisse. Diese Unterlagen werden ab Jahresmitte auf der Homepage des Lebensministeriums abrufbar sein.
Zu beachten ist, dass dieser Entwurf ausschließlich auf den dem Bund zur Verfügung stehenden Daten beruht und daher zwangsläufig nur eine erste, teilweise lückenhafte Bestandsaufnahme darstellt, die nun von den Ländern zu überprüfen und zu vervollständigen ist. Wenngleich hier sicher noch zahlreiche Ergänzungen und Änderungen erwartet werden, lassen sich dennoch erste Schlussfolgerungen ziehen.

Nur 17 Prozent der Gewässer „im guten ökologischen Zustand“
Zuallererst ist festzuhalten, dass die in den letzten Jahrzehnten unternommenen erheblichen gemeinsamen Anstrengungen des Bundes, der Länder, der Städte, der Gemeinden und der Bürger zur Reinhaltung der Gewässer erfolgreich waren. Dies zeigen die gewohnten Darstellungen der biologischen Gewässergüte, die Darstellung der Seen (die alle den „guten Zielzustand“ bereits jetzt aufweisen), aber auch die neuen Darstellungen der stofflichen Belastungen der Wasserkörper. Hier kann Österreich auf im internationalen Vergleich hervorragende Werte verweisen. Für Städte und Gemeinden bleiben die nationalen Vorgaben für die Gewässerreinhaltung unberührt, neuer zusätzlicher Handlungsbedarf ist aus den bisherigen Ergebnissen nicht ableitbar.
Betrachtet man jedoch die ersten Risikodarstellungen, in die die Struktur der Gewässer mit einbezogen wurde (siehe untenstehende Abbildungen), ergibt sich hier doch ein deutlich differenzierteres Bild. Die gesamtösterreichische Darstellung zeigt, dass lediglich für 17 Prozent der Gewässer „der gute ökologische Zustand“ ohne jedes Wenn und Aber gegeben ist, bei weiteren 42 Prozent ein Risiko der Zielverfehlung nicht ausgeschlossen werden kann (weil entweder keine Daten beim Bund vorliegen oder auch, weil die Auswirkungen der bekannten Einwirkungen auf die Gewässer noch nicht zweifelsfrei abgeschätzt werden können) und bei ca. 41 Prozent von einem möglichen Nichterreichen der vorgegebenen Ziele ausgegangen werden muss.
Der Ausbau der Wasserkraft als erneuerbare Energie, die mehr als zwei Drittel des Strombedarfs Österreichs abdeckt, sowie die alpine Lage mit der Bedrohung des Siedlungsraumes durch Naturgefahren wie Hochwasser etc. haben von Menschen deutlich veränderte Flusslandschaften geprägt. Diese Veränderungen lassen sich nur sehr schwer oder überhaupt nicht rückgängig machen. Im Falle des Hochwasserschutzes gibt die hohe Siedlungsdichte der Tallandschaften im alpinen Raum klare Grenzen des Möglichen vor, im Falle der Wasserkraftnutzung lassen sich Auswirkungen möglicherweise mindern (z. B. durch funktionierende Fischaufstiege oder ausreichende Restwasserdotation), aber nicht zur Gänze beseitigen, ohne die Nutzung zu gefährden.
Im Entwurf der Ist-Bestandsanalyse wurde richtlinienkonform im Sinne eines „Worst case“-Ansatzes ein sehr strenger Bewertungsansatz verfolgt. Deshalb darf ein „Risiko“ der Zielverfehlung nicht automatisch mit dem Verfehlen des „guten Zustandes“ gleichgesetzt werden. Zusätzlich wird ein wesentlicher Teil der als „mit Risiko“ ausgewiesenen Gewässer in die Kategorie der „strukturell stark veränderten Gewässer“ (das sind Gewässer, die jedenfalls einen guten „chemischen“ Zustand aufweisen müssen, jedoch auf Grund bestimmter Nutzungen Defizite in der Struktur der Gewässer aufweisen dürfen) eingeordnet werden können. Dennoch zeichnen sich hier bereits die künftigen Herausforderungen deutlich ab. Diese werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten darin liegen, die punktuell bereits erfolgreich durchgeführten Maßnahmen zur Ökologisierung und zur Revitalisierung konsequent fortzusetzen und auszuweiten. Dies wird möglicherweise der Ausweitung und des Ausbaus bestehender Förderinstrumente, potenziell auch einer Umschichtung aus bestehenden Förderschienen bedürfen, um hier entsprechende Anreize zu schaffen.
Damit lässt sich aber auch der Kreis der maßgeblich Betroffenen bereits annähernd abschätzen. Wenn die wichtigsten Ursachen für die Verfehlung des „guten ökologischen Zustandes“ primär im Bereich der Gewässerstruktur liegen, dann umfasst der Kreis der Betroffenen insbesondere die Energiewirtschaft und die Träger des Hochwasserschutzes. Soweit hier Städte und Gemeinden in diesen Kreis fallen, zählen sie zweifelsfrei mit zum Kreis der Betroffenen.

Verpflichtungen für Städte und Gemeinden?
Im Bereich der Nährstoffe sind die Landwirtschaft und teilweise ebenfalls wieder die Gemeinden betroffen.
Gemäß EU-Wasserrahmenrichtlinie haben die Mitgliedstaaten bis 2010 dafür zu sorgen, dass die Wassergebührenpolitik angemessene Anreize für die Benutzer bietet, Wasserressourcen effizient zu nutzen, bzw. dass Industrie, Haushalte und Landwirtschaft einen angemessenen Beitrag zur Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen (Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung) zu leisten haben. Die Mitgliedstaaten haben darüber in ihren Bewirtschaftungsplänen zu berichten. Auch wenn versucht wird, diesbezüglich vorhandenes Datenmaterial bestmöglich zu nutzen, dürften damit zusätzliche Verpflichtungen auf Städte und Gemeinden zumindest bezüglich Kostentransparenz und Datenbereitstellung hinzukommen.

Fehlende Abbildungen finden Sie in der ÖGZ 6/04.

OEGZ

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