Fortsetzung: Arbeitskreis III „Verwaltungsreform – leistungsfähige Gemeinden durch kommunale Zusammenarbeit“

Fortsetzung: Arbeitskreis III „Verwaltungsreform – leistungsfähige Gemeinden durch kommunale Zusammenarbeit“

Natürlich geht es dabei um die Aufteilung des Geldes. Wir haben es geschafft, in unserem Regionalverband, der aus zehn Gemeinden besteht, räumliche Regionen zu schaffen: eine Erholungsregion um die Trumerseen, eine wirtschaftliche Region an der Bundesstraße 1 mit einer vernünftigen Verkehrsanbindung an die Autobahn über Mondsee und eine Dienstleistungsregion, vor allem in der Stadt Seekirchen. Wir haben gleichzeitig beschlossen, die Gelder gemeinsam zu investieren und gemeinsam wieder zu verteilen.“

Zusammenschluss nur auf freiwilliger Ebene
„Ich glaube, dass diese Möglichkeiten nur auf freiwilliger Basis bestehen können. Die Salzburger Landesregierung hat uns berichtet, dass es über diese Maßnahmen keine Verordnungskraft gibt, und wir haben privatrechtliche Verträge einstimmig zwischen den einzelnen Gemeinden beschlossen.“

Hinterfragung der Erfüllung jeder Aufgabe
„Diese erlangte Mobilität und Flexibilität unserer Zeit wollen wir weder missen noch einstellen. Ich glaube, dass wir in diesen Schritten jede Aufgabe, die an uns gestellt wird, zu hinterfragen haben. Es gibt sicherlich kein Problem, das nicht aus der Sicht der Gemeinden, aus der Sicht eines Verbandes zu hinterfragen und das nicht aus der Sicht unserer heutigen Zeit zu behandeln ist.
Dieses Handeln kann behördlich sein oder in der Verwaltung erfolgen, etwa in der Finanzverwaltung. Wir haben zum Beispiel mit der kleinsten Gemeinde unseres Verbandes, mit der Gemeinde Schleedorf, eine Abmachung, in deren Rahmen wir die Finanzverwaltung für die Gemeinde Schleedorf mitmachen. Die Gemeinde Schleedorf hat rund 1.000 Einwohner. Wir haben zuerst über das Verhältnis zwischen größeren und kleineren Gemeinden gesprochen. Wir beziehungsweise die Gemeinde Schleedorf und ihre Bürgerinnen und Bürger haben überhaupt kein Problem damit, dass die Finanzverwaltung in der Gemeinde Seekirchen durchgeführt wird. Die Gemeinde Schleedorf spart sich etwas, die Gemeinde Seekirchen kann damit etwas verdienen. Auch die Serviceleistungen im Bereich Kinder, Gesundheit, Bildung, Freizeit, Kultur, Altersversorgung müssen bei uns im Regionalverband angedacht werden.“

Aufgabe des Österreich-Konvents: Stärkung der Gemeinden
„Wir haben von den Bemühungen des Konvents gehört, auch die Interessen der Gemeinden und der Städte unterzubringen. Gleichzeitig wurde bei einer Bürgerbefragung festgestellt, dass die Gemeinden und Städte jene Einrichtungen sind, zu denen die Bürger das meiste Vertrauen haben. Das heißt, der Konvent soll darüber nachdenken, wie viele und welche Möglichkeiten an die Gemeinden zu delegieren sind. Der Bürger hat zu ihnen das größte Vertrauen, und ich glaube, dass wir dazu da sind – ich habe es eingangs erwähnt –, für die Bürgerinnen und die Bürger das beste Service zu bieten. – Ich danke.“

Salzburger Seengebiet (Teil II)
Ing. Gerold Daxecker, Geschäftsführer des Regionalverbandes Salzburger Seengebiet
„Region Salzburger Seengebiet“
„Die Region Salzburger Seengebiet beinhaltet zehn Gemeinden mit einer Gesamteinwohnerzahl von 40.000. Die kleinste Gemeinde hat 890 Einwohner, die größte Gemeinde knapp 10.000 Einwohner. Der Einzugsbereich ist direkt im Nahbereich der Stadt Salzburg. Die Region umfasst insgesamt acht Seen und ist in etwa 250 Quadratkilometer groß.“

Ursprung: Abfallberatung
„Unsere Vorgeschichte: 1991 wurde per Landesgesetz in Salzburg die Verpflichtung ausgesprochen, dass jede Gemeinde eine Abfallberatungsstelle einzurichten hat. Schon damals hat die Region gesagt: Jede Gemeinde kann sich das nicht leisten, wir versuchen es gemeinsam und errichten eine Abfallberatungsstelle für die gesamte Region, damals auf rein privatwirtschaftlicher Basis. Im Laufe der Zeit wurde die Abfallberatung weiterentwickelt zur Servicefunktion für Bürger, für die Gemeinden, für die Politiker zur Entwicklung von Strategien im Bereich der Abfallwirtschaft. Gemeinsam war es dann möglich, Ausschreibungen durchzuführen, gemeinsame Grundlagen zu erarbeiten, einen Qualitätsstandard zu erreichen, der in unserer Region, und ich würde auch sagen, im Land Salzburg, sehr gut ist.“

Regionalverbände für Planungsaufgaben
„1996 wurde per Raumordnungsgesetz angeordnet, dass sich zur Umsetzung von Planungsaufgaben in den Regionen die Gemeinden zu Regionalverbänden zusammenzuschließen haben. Der alleinige Zweck war, die Erstellung eines Flächenwidmungsplanes durchzuführen. Diese Verpflichtung wurde naturgemäß von den Gemeinden nicht wirklich positiv aufgenommen.
Ein maßgebliches Ziel war, die vorhandenen Strukturen in der Region zu nutzen und etwas Positives zu entwickeln. Zur Entwicklung einer jeden Region gehört natürlich ein Leitbild, das noch auf politischer Ebene, also vom Bürgermeister und von Gemeindevertretern, erstellt wurde.
Man hat Ziele definiert: Wie soll sich die Region präsentieren und darstellen? Und ganz wichtig: Es wurden konkrete Maßnahmen und Schritte vereinbart. Dies alles geschieht im Dienste des Bürgers. Und ganz wichtig für eine Region ist es, eine eigene Identität zu entwickeln.
Zuerst wurden die Gemeinden präsentiert und daraus resultierend die Region; sei es über das Internet, sei es über eine Regionszeitung.“

Finanzierung der Projekte und LEADER+
„Unsere Region ist finanziell zwar nicht arm, aber wir sind sicher auch nicht reich bestückt. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, Geld über Förderungen, über andere Wege, hereinzubekommen, um unsere Ziele und Visionen umsetzen zu können.
Auf Grund des 1996 erarbeiteten Leitbildes konnten wir dann im Jahr 2000 ein Strategiepapier für die Leader+-Region entwickeln. Ziel war, Fördergelder für die Region zu lukrieren, und wir haben für die Region bis einschließlich 2006 1,5 Millionen Euro lukriert. Als einzelne Gemeinde wäre das nicht möglich gewesen.“

Beispiele für gemeindeübergreifende Projekte und deren Einsparungsvolumen
„Im Jahr 2000 hat jede Gemeinde Quartalsvorschreibungen noch händisch eingesackt beziehungsweise geklammert. Es sind rund 17.000 Haushalte bei uns, und in allen Gemeinden zusammen waren ungefähr 110 Stunden pro Quartal notwendig, diese Vorschreibungen auszusenden. Durch die Anschaffung eines Kuvertiergerätes – die Investitionskosten wurden in einem Jahr abgezahlt – benötigen wir für dieselbe Dienstleistung für die gesamte Region, aber qualitätsmäßig besser – jeder hat ein eigenes Kuvert mit Sichtfenster, der Datenschutz ist gewährleistet – 20 Stunden. Man sieht daraus das Einsparungspotential allein bei einem kleinen Beispiel.
Wir schreiben z. B. die Lieferung von Abfallbehältern für die Region aus, machen eine Rahmenvereinbarung, und die Gemeinden rufen nach Bedarf bei den Firmen ab. Einsparungspotential pro Abfallgefäß – nur so als Größenordnung – 10 bis 12 Euro. Wir benötigen im Jahr ungefähr 1.500 Stück. Diese Einsparungen kommen natürlich direkt dem Bürger zugute.
Ähnlich ist es bei den Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen, entwickelt aus den Altenheimen, Seniorenwohnheimen der Region. Es war ein finanzieller Engpass, sodass nur vereinzelt Mitarbeiter an Schulungen teilnehmen konnten. Wir haben die Referenten zu uns geholt, und es ist ermöglicht worden, dass von allen sieben Seniorenwohnheimen rund 40 bis 50 Bedienstete an diesen Kursen teilnehmen konnten. Vorher waren es nur vier bis fünf.“

Ausarbeitung eines Regionalprogramms
„Wir haben parallel dazu dann – zu diesen bisher freiwilligen Aufgaben im Jahr 2000 – für unsere Planungsaufgabe im hoheitlichen Bereich mit der Erarbeitung eines Regionalprogramms begonnen. Wir sind von unten nach oben vorgegangen und haben zuerst in Gemeindearbeitskreisen die Gemeindeleitbilder von zehn Gemeinden erarbeitet, daraus die Aufgaben der einzelnen Gemeinden, die vor Ort wahrzunehmen sind, entwickelt. Sodann wurden die Aufgaben, welche die Region wahrzunehmen haben, festgelegt und erst zuletzt dann ein Regionsleitbild abgeleitet. Bei diesem Prozess waren nicht mehr nur die Bürgermeister und Gemeindevertreter beteiligt, sondern rund 460 Bürger und Bürgerinnen aus den Gemeinden. Das heißt, die direkte Mitsprache wurde wirklich gewährleistet.
Erst daraus haben wir eine Analyse abgeleitet, Maßnahmen gesetzt und konkrete Projekte für die Region für den Zeitraum bis zum Jahr 2015 erarbeitet. Der planerische Teil wurde in eine Verordnung gegossen. Zum privatrechtlichen Teil wurden zehn einstimmige Gemeindevertretungsbeschlüsse gefasst, die nun auf privatrechtlicher Basis zur Umsetzung bereit liegen.“

Grundsatzpapier
„Leistungen, die die Gemeinde am besten allein durchführen kann, verbleiben bei der Gemeinde. Die Subsidiarität soll gewahrt bleiben. Nur dort, wo die Region besser oder stärker gemeinsam auftreten kann, übernimmt die Region die Leistungen. Es gibt eine klare Aufgabentrennung zwischen Gemeinde und Region, und zuerst ist abzustimmen: Kann es die Gemeinde besser? Wenn ja, dann bleibt es bei der Gemeinde, wenn nein, wandert dies zur Region.“

Ausschreibung für Bausachverständige
„Bis vor kurzem wurden Bausachverständige von der Bezirkshauptmannschaft den Gemeinden zur Verfügung gestellt. Diese Leistung ist nicht mehr möglich. Jetzt werden Ziviltechniker beschäftigt. Die Kostenentwicklung ist sehr groß für jede Teilabänderung eines Flächenwidmungsplanes oder für Bausachverständigengutachten bei baupolizeilichen Überprüfungen. Wir versuchen derzeit einen Bausachverständigen oder mehrere auf Werkvertragsbasis für die Region in Form eines Rahmenvertrages zu finden. Das bedeutet, dass eine Art Personalpool entsteht. Das schwebt uns auch für andere Leistungen vor. Das bedeutet zum Beispiel, ich stelle für die Seniorenwohnhäuser zehn, zwölf Personen an einer Dienststelle an, und diese können so eine Art von Springerleistung in allen Seniorenwohnhäusern durchführen. Damit erhoffen wir uns eine Kostenreduktion, aber auch eine Qualitätssteigerung.“

Regionale Gewerbebetriebe
„Wir arbeiten daran, ein regionales Gewerbegebiet, insgesamt sind es drei Standorte, gemeinsam zu entwickeln. Das heißt, gemeinsam investieren die Gemeinden, und gemeinsam bekommen die Gemeinden die Erträge heraus und so entsteht eine Win-win-Situation. Das ist auch die Grundvoraussetzung dafür, dass die Region ihre Aufgaben, so wie sie sie aufgeteilt hat, wahrnehmen kann.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.“


Weitere Diskussion im Arbeitskreis III
Frage: Bürgermeister Dr. Matthias Konrad, Leoben
„Gratuliere, lieber Bürgermeister, zu diesem Zusammenschluss von zehn Gemeinden. Das ist der einzig richtige Weg. Ich weiß, es gibt noch keine gesetzliche Grundlage dafür, aber es ist der richtige Weg. Man sieht es ja beim Kostensparen im Einkauf und und und. Es ist einfach der richtige Weg.
Herr Dr. Heinz hat gesagt, die Landesregierungen mauern. Die wollen es gar nicht sehen. Aber man müsste ja nebenbei auch eine Gemeindeordnung schaffen, die es ermöglicht, dass sich zehn Gemeinden zusammenschließen. Nehmen wir uns selber ein bisschen zurück. Müssen in meiner Stadt 31 Leute sitzen? Freilich verdienen die Gemeinderäte nichts als das Sitzungsgeld, aber sie verursachen Arbeit und Kosten. Ich habe sechs Fraktionen, bitte. Sechs Fraktionen! Es gibt keine Gemeinderatssitzung, in der ich nicht drei bis fünf Dringlichkeitsanträge habe. Wer zahlt denn die Gutachter? Der heilige Geist? Da sind Dringlichkeitsanträge dabei, die Bundeskompetenzen betreffen, die Landeskompetenzen betreffen. Nur um auf sich aufmerksam zu machen, sagt jede Fraktion: Ich habe heute noch keinen Dringlichkeitsantrag. Was sage ich denn diesmal für einen Blödsinn? Ein Handy-Mast wird da gebaut. Hast du ein Handy eingesteckt? Ja, aber Mast brauchen wir keinen. Also diese Blödheiten! Von der Landesregierung her wird es noch unterstützt.
Aber ich muss ehrlich sagen: Der Innsbrucker hat mich wirklich berührt, er hat mir aus dem Herzen gesprochen. Uns geht es ja noch zu gut!
Win-win-Situation: Nur freiwillig, sonst brauchen wir es ja gar nicht zu machen, wenn nicht jeder gewinnt dabei.
Lieber Bürgermeister Spatzenegger, gratuliere, aber wäre nicht der nächste Schritt auch noch möglich? 40.000 Einwohner. Stellt euch vor, ihr macht eine Kommune. Natürlich muss in den zehn Ortsteilen die Entscheidung fallen, keine Frage, aber müssen es 25 sein? Wie viel seid ihr? Täten es 15 nicht auch? Ich frage nur. Dann hättest du 4.000 S mehr pro Kopf. Weiß deine Bevölkerung in den zehn Kommunen, dass ihr 160 Millionen im Jahr auf der Straße liegen lasst? Stellt euch das einmal vor! 160 Millionen für eure Bürger! Wenn die das wissen, jagen sie euch mit Fetzen davon, das muss ich ehrlich sagen. Nur wissen sie es nicht! Und die Gottöberen lassen es nicht wissen! Das ist unser Zustand!“

Antwort: Bürgermeister Johann Spatzenegger
„Zu den Kosten bei der Fusion: Darüber haben wir in Leoben schon einmal geredet. Wir wissen es schon. Nur, wenn ich das als Obmann des Regionalverbandes sage, dann heißt es blöderweise: Willst du Oberbürgermeister werden? Man muss in diesen Dingen so vorsichtig sein und mit kleinen vertrauensbildenden Maßnahmen anfangen, sonst funktioniert das nicht. Wenn man mit den kleinen Dingen – und das sind ja viele kleine Dinge, die wir im Verband angefangen haben – Erfolg hat, dann kann man den nächsten Schritt setzen.
Und alle diese Dinge muss man wachsen lassen. Nur mit Gewalt, zwingen kann man nicht.
Zum Gefühl der Eigenständigkeit und dass wir Politiker da hie und da ein bisserl ein Hemmschuh sind, ich weiß es. Wir müssten hie und da das so genannte Frühpensionssystem einführen, damit das dann funktioniert.
Wir wissen um diese Dinge, wir leben ständig damit, wir werden täglich damit konfrontiert, in kleineren Städten und Orten mehr als in großen, da ist man ein bisserl weiter weg. Da kommt niemand, der sich deswegen beim Bürgermeister aufregt, weil er zu lange in der Kurzparkzone gestanden ist und Strafe zahlen musste. Das passiert sicher nicht in der Stadt Salzburg, bei mir passiert es hie und da.
Diese Dinge sind halt so unterschiedlich. Nur, wir müssen uns damit beschäftigen. Ich glaube, unsere Aufgabe ist es, Visionen zu entwickeln und darüber nachzudenken – das muss ich noch einmal sagen –, wie wir das Service für die Bürgerinnen und die Bürger verbessern können. Das ist unsere Haupt- und Pflichtaufgabe. Alles andere zählt nicht.
Wie wir das erledigen, dafür sind wir verantwortlich. Und da gibt es bei uns, und das ist auch im Regionalverband so, eine relativ klare Teilung. Die Politik hat zu entscheiden, was passiert, und die Verwaltung entscheidet, wie es passiert und hat das durchzuführen. Und wenn man dann schaut, dass die Politik nicht mehr viel zum Dreinreden kommt, dann funktioniert es.
Mein Spruch ist: Ich bin ja nicht zur Gemeinde gekommen, um zu arbeiten, sondern weil sie einen Bürgermeister gebraucht haben. Ich lasse arbeiten.“

Fehlende Grafiken finden Sie in der ÖGZ 7/04.

OEGZ

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