Klimaschutzaktivitäten österreichischer Städte

Klimaschutzaktivitäten österreichischer Städte

Die österreichischen Städte und Gemeinden liefern einen entscheidenden Beitrag zur Erreichung des Kyoto-Ziels Österreichs. Sie spielen eine wichtige Rolle im Klimaschutz, denn sie errichten, verwalten und erhalten die wirtschaftliche, soziale und ökologische Infrastruktur. Sie entscheiden über die kommunale Umweltpolitik und kommunale Umweltvorschriften. Die Klimaschutzbefragung des Österreichischen Städtebundes zeigt, dass die Gemeinden aktive Träger des Klimaschutzes sind. Die Städte und Gemeinden haben „Klimaschutzkonzepte“ erstellt, haben eigene „Klimaschutzstellen“, führen Energiecontrolling durch, legen energetische Ziele bei Sanierungen fest, setzen Maßnahmen zur Vermeidung des motorisierten Individualverkehrs, haben ein umweltgerechtes Beschaffungswesen, bieten Beratungen und Förderungen an, und, und, und … Doch die österreichischen Städte und Gemeinden brauchen aktive Unterstützung von Bund und Ländern, um noch weitere wichtige Maßnahmen realisieren zu können.

 

Eine der größten globalen Herausforderungen für die nächsten Jahrzehnte auf dem Gebiet des Umweltschutzes ist zweifellos die Reduktion des anthropogen verursachten Treibhauseffekts. Seit Ende der 80er Jahre wird von Seiten der Wissenschaft vor den Auswirkungen ungebremster Treibhausgasemissionen gewarnt. Österreich hat sich mit dem Kyoto-Ziel zu einer Reduktion der Treibhausgase um 13% (bis 2008/2012 gegenüber 1990 bzw. 1995 für H-FKW, PFKW und SF) verpflichtet. Wie der Kyoto-Fortschrittsbericht des Umweltbundesamtes 2004 zeigt, ist Österreich weit von diesem Ziel entfernt. Österreichs Treibhausgase sind 2002 um 0,3 Prozent auf 84,6 Millionen Tonnen gestiegen. Sie liegen 8,5 Prozent über dem Wert des Basisjahres und 16,3 Indexpunkte über dem Kyoto-Zielpfad. Insgesamt muss Österreich nun seine Treibhausgase um jährlich mindestens 1,4 Millionen Tonnen absenken, um seine Verpflichtungen erfüllen zu können.

Kommunale Handlungsmöglichkeiten zur Erreichung des Kyoto-Ziels
Die Einhaltung des Kyoto-Ziels Österreichs erfordert umgehende Maßnahmen auf allen politischen Handlungsebenen sowie in allen betroffenen Sektoren. In der „Strategie Österreichs zur Erreichung des Kyoto-Ziels“ (Juni 2002 vom Ministerrat angenommen) werden umfangreiche Maßnahmen definiert.
Diese „Kyoto-Umsetzungsstrategien“ wurden von der Grazer Energieagentur im Auftrag des Österreichischen Städtebundes ausgewertet und die für die Gemeinden relevanten Maßnahmen bzw. Handlungsmöglichkeiten in einem Bericht zusammengefasst.
Die Bemühungen der Städte und Gemeinden sind von immenser Bedeutung, denn die Gemeinden errichten, verwalten und erhalten die wirtschaftliche, soziale und ökologische Infrastruktur. Sie entscheiden über die kommunale Umweltpolitik und kommunale Umweltvorschriften und wirken außerdem an der Umsetzung der nationalen und regionalen Umweltpolitik mit. Die Gemeinden sind jene Politik- und Verwaltungsebenen, die den Bürgern am nächsten sind. Dadurch spielen sie eine wichtige Rolle bei der Bewusstseinsbildung der Öffentlichkeit für eine nachhaltige, umweltverträgliche Entwicklung. Sie haben eine tragende Rolle als politische Instanz, z. B. im Bereich der Verkehrsplanung, und sind ein wichtiges Vorbild, z. B. bei der energetischen Optimierung gemeindeeigener Gebäude oder beim Beschluss von Leitbildern mit Klimaschutzzielen.

Klimaschutzbefragung österreichischer Städte und Gemeinden
Um die bereits laufenden Klimaschutzaktivitäten der Gemeinden zu dokumentieren, wurde von der Grazer Energieagentur im Auftrag des Österreichischen Städtebundes eine Befragung unter Mitgliedern des Österreichischen Städtebundes durchgeführt.
Der Fragebogen wurde bezugnehmend auf die ausgearbeiteten Maßnahmen der Strategien Österreichs zur Erreichung des Kyoto-Ziels erstellt. Um die Befragung für die Städte und Gemeinden möglichst einfach zu machen, wurde auf die „wichtigsten“ Maßnahmenbereiche – Energie, Verkehr und Abfallwirtschaft – Bezug genommen. Zusätzlich wurden die Gemeinden nach verankerten Klimaschutzzielen und ihren Forderungen an den Bund und die Länder zur Unterstützung gefragt.
Es sollten in einem kurzen Zeitraum möglichst viele und vergleichbare Informationen geliefert werden, um die Aktivitäten der Städte und Gemeinden darzustellen, einen intensiveren Erfahrungsaustausch unter den Gemeinden zu initiieren und allenfalls Unterstützung vom Bund und den Ländern zu erhalten.
Für die Befragung wurden alle Städte und Gemeinden im Städtebund mit über 10.000 Einwohnern sowie engagierte kleinere Gemeinden ausgewählt. Die Befragung erfolgte schließlich unter 85 Städten/Gemeinden durch Aussendung eines Fragebogens, wobei eine erfreuliche Rücklaufquote von 75% (64 Gemeinden) erreicht werden konnte.

Verankerung von Klimaschutzzielen
Um Klimaschutzziele auf kommunaler Ebene zu verankern, sind konkrete Leitbilder und Zielsetzungen sehr wichtig. 66% der befragten Gemeinden haben ein schon beschlossenes Konzept und/oder Leitbild mit definierten Klimaschutzzielen. Zusätzlich nehmen viele Gemeinden freiwillig an Programmen, wie dem e5-Programm (ein Energieeffizienzprogramm für Gemeinden in den westlichen Bundesländern), teil, sind Lokale-Agenda-21-Gemeinden (zur Zeit gibt es in Österreich ca. 350 LA-21-Gemeinden) oder sind Klimabündnismitglieder (522 Mitglieder in Österreich).
Ein konkretes Klimaschutz-Umsetzungsprogramm haben bereits 38% (24) der Gemeinden beschlossen. Vor allem der Bereich Energie nimmt einen wichtigen Stellenwert ein, von den 24 Umsetzungsprogrammen beinhalten 88% den Bereich Energie, 67% den Bereich Verkehr und 54% den Bereich Abfallwirtschaft (Mehrfachnennungen waren möglich).
Fast 80% der befragten Gemeinden haben eine eigene Stelle für den Bereich Klimaschutz.
In Gesprächen mit vor allem kleineren Gemeinden wurde klar, dass die zuständigen Personen im Bereich Klimaschutz oft zusätzlich mit vielen anderen Aufgaben betraut werden, so ist es ihnen nicht möglich, sich aktiver für den Klimaschutz einzusetzen. Viele wünschen sich mehr Zeit, um Aktivitäten in diesem Bereich planen und durchführen zu können. Dies lässt sich auch aus der Forderung der Gemeinden, dass es einen verpflichtenden Energie- und Klimaschutzbeauftragten ab einer bestimmten Größe der Gemeinde geben sollte, erkennen (siehe Forderungen an den Bund und die Länder).

Maßnahmenbereich Energie
Zum Maßnahmenbereich Energie muss gesagt werden, dass nicht nur das Kyoto-Ziel oder das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung erreicht werden soll, auch europäische Richtlinien müssen von den Gemeinden umgesetzt werden. Um die Energieeffizienz von Gebäuden zu verbessern, wurde unter anderem die EU-Richtlinie (Richtlinie 2002/91/EG (ABl. L 1 vom 4. 1. 2003) über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden erlassen. Diese Richtlinie, die von den Mitgliederstaaten bis Januar 2006 in nationales Recht umgesetzt werden muss, soll sicherstellen, dass Gebäudestandards in Europa einen Schwerpunkt auf die Minimierung des Energieverbrauchs setzen.
Die Richtlinie gibt einen allgemeinen Rahmen für die gesamtheitliche energetische Beurteilung von Gebäuden vor.
So müssen:

- Mindestanforderungen für die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden festgelegt,

- die Einsetzbarkeit von alternativen Energieversorgungssystemen überprüft und

- Mindeststandards bei Sanierungen bestimmt werden.

Beim Bau, Verkauf oder bei der Vermietung von Gebäuden wird künftig ein Energieausweis vorzulegen sein (nähere Informationen unter
www.managenergy.net/products/R210.htm).
Bezugnehmend auf diese Richtlinie sind die bereits bestehenden Aktivitäten im Bereich Energieeffizienz der Gemeinden von entscheidender Bedeutung.
Bereits 67% der befragten Gemeinden nehmen eine laufende Überwachung und Auswertung des Energieverbrauchs vor. Das Controlling des Energieverbrauchs macht Einsparmöglichkeiten sichtbar und liefert Lösungsansätze für einen bewussten und kosteneffizienten Umgang mit Energie.
Energetische Ziele bei der Sanierung werden ebenfalls von ca. 80% der Gemeinden bereits festgelegt.
Neue Finanzierungsformen im Zuge einer umfassenden Sanierung wie Contracting/Intracting werden schon von 45% der befragten Gemeinden angewendet.
Contracting ist ein innovatives Dienstleistungspaket, mit dem Gebäudeeigentümer Energiekosten einsparen können, bei gleichzeitiger Erhaltung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer Gebäude und Anlagen. Ein Contracting-Unternehmer („Contractor“ genannt) plant und führt Maßnahmen für mehr Energieeffizienz durch, er bietet eine Komplettlösung aus einer Hand. Der Contractor finanziert die Investition vor, die Einsparungen bei den Energiekosten werden für die Rückzahlung der Investition verwendet. Der Contractor garantiert dem Gebäudeeigentümer eine Energiekosteneinsparung in bestimmter Höhe oder eine Energiekostenobergrenze (Näheres unter www.thermoprofit.at). „Intracting“, also „verwaltungsinternes Contracting“, ist ein Contractingmodell, das nicht von einem externen Dritten abgewickelt wird, sondern bei der eine Organisationseinheit innerhalb der Verwaltung die Contractorrolle übernimmt.
Nicht nur im Bereich der kommunalen Gebäude lassen sich hohe Einsparpotentiale erzielen, auch die Optimierung der Beleuchtung, insbesondere für die Verkehrswege, hat in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Es gibt Gemeinden, in denen die Straßenbeleuchtung 45% aller Stromkosten für öffentliche Zwecke ausmacht. 65% der Gemeinden führen bereits energetische Verbesserungen im Rahmen der laufenden Instandhaltung bei der Straßenbeleuchtung durch.

Energiebezogene Förderprogramme der Gemeinden
Förderungen bieten der Bevölkerung Anreiz, Klimaschutzaktivitäten zu setzen. Vor allem der Einsatz von thermischen Solaranlagen wird bereits von 88% der ausgewählten Städte und Gemeinden gefördert. Die Förderungen, die in den einzelnen Gemeinden stark variieren, werden meist zusätzlich zur Landesförderung gewährt.
Die Landesförderungen beeinflussen Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden und auch hier ist die „Förderlandschaft“ sehr heterogen. Man erhält zum Beispiel für eine Solaranlage zur Heizungsunterstützung im Einfamilien- oder Reihenhaus mit 16 Quadratmeter Kollektorfläche und 1.000 Liter Speicher in Wien 3.700 Euro. Für die selbe Anlage erhält man in Vorarlberg bis zu 3.349 Euro, in Kärnten 2.550 Euro, in Oberösterreich 2.300 Euro, in Niederösterreich und Burgenland jeweils 2.200 Euro, in Tirol 1.920 Euro, in Salzburg 1.330 Euro und in der Steiermark sogar nur 560 Euro.
Neben thermischen Solaranlagen fördern 52% der Gemeinden den Einbau von Holzheizungen, 36% die Errichtung von Wärmepumpen, 38% den Einbau von Fotovoltaikanlagen und 20% die Durchführung von Wärmedämmmaßnahmen.

Energieberatung für Bürger und Betriebe
In ihrer Funktion als Unterstützer und Berater bieten 75% der befragten Gemeinden ihren Bürgern Energieberatung an, in 65% der Gemeinden auch spezielle Beratungen für Betriebe. Häufig werden Programme wie „Betriebe im Klimabündnis“ oder „Ökoprofit“ von Gemeinden aktiv forciert.

Maßnahmenbereich Verkehr
Ein großer Teil der CO2-Emissionen in Österreich stammen aus dem Verkehrsbereich. Zur Vermeidung des motorisierten Individualverkehrs werden von 80% der Gemeinden einzelne Maßnahmen wie Ausweitung verkehrsberuhigter Zonen, Aktionen (wie z. B. Mitarbeiter, die umweltfreundlich zur Arbeit kamen, wurden zu einem „Öko-Frühstück“ eingeladen), Fahrgemeinschaften, Citybusse, Bereitstellung von Dienstfahrrädern etc. gesetzt. Von einer geringeren Anzahl der Gemeinden werden raumplanerische Maßnahmen getätigt:

- von 47% der Gemeinden wird die Verhinderung von Zersiedelung forciert, eine Planung/Ausweisung von autofreien/autoarmen Wohngebieten oder die Ausweisung von Neubaugebieten an bestehenden ÖPNV-Achsen wird von ca. 16% vorgenommen.
Pilotaktionen für alternative und energieeffiziente Fahrzeuge werden von 39% der Gemeinden durchgeführt. Dabei steht vor allem der Einsatz von Biodieselfahrzeugen im Vordergrund.

Maßnahmenbereich Abfallwirtschaft
Eine eigene Stelle für umweltgerechtes Beschaffungswesen haben 38% der befragten Gemeinden.

- 34% der Gemeinden haben Einkaufsrichtlinien für eine klimafreundliche Beschaffung festgelegt,

- 66% verzichten auf den Einsatz von Tropenholz,

- 61% auf den Einsatz von Produkten, die (H)-FCKW und (H)-FKW enthalten, und

- 27% der Gemeinden setzen TransFair-Produkte ein.

Die Gemeinde als Schnittstelle zu den Bürgern
Ihre Rolle als Bewusstseinbilder nehmen die Gemeinden sehr ernst, denn neben Umwelttagen, Aktionstagen, Vorträgen und Ausstellungen zum Thema Klimaschutz veröffentlichen 63% der Gemeinden regelmäßig Beiträge zum Thema Klimaschutz in der Gemeindezeitung oder der Lokalpresse. Zusätzlich werden in den Gemeinden Klimaschutzprojekte an Schulen unterstützt und die Vermarktung regionaler Produkte (z. B. Bauernmärkte) forciert.

Forderungen der Gemeinden an den Bund und die Länder
Die Gemeinden wurden auch nach ihren Wünschen um Unterstützung durch den Bund und die Länder gefragt. An den vielfältigen Forderungen in den verschiedenen Maßnahmenbereichen ist zu erkennen, dass die Gemeinden sich aktive Unterstützung erwarten.
Besonders die Forderung, dass die Umweltförderung des Bundes im Inland auch von den Gemeinden in Anspruch genommen werden kann, betrachten alle Gemeinden als bedeutend. Dasselbe gilt für die Förderung von Energiekonzepten durch den Bund und die Länder.
Die Mehrheit (70% der Gemeinden) hält die verpflichtende Einführung eines Energie- und Klimaschutzbeauftragten für Gemeinden ab einer bestimmten Größe für sehr wichtig.
75% der Gemeinden wünschen sich eine österreichweite Kampagne zur Bewusstseinsbildung im Abfallbereich und 64% unterstützen die Einführung eines bundesweiten Klimaschutzaktionsprogramms für Gemeinden (z. B. Ausweitung des e5-Programms).
Zusätzlich zu finanziellen Unterstützungen bei umweltrelevanten Maßnahmen wird von den Gemeinden vor allem die Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen bei Abgaben und Steuern gefordert. So sollte es steuerliche Anreize für Energiesparinvestitionen geben oder eine Rückführung der MWSt. bei klimarelevanten Projekten möglich sein.

Die Gemeinden sind aktive Träger des Klimaschutzes
Die Gemeinden sind aktive Träger des Klimaschutzes, sie haben „Klimaschutzkonzepte“, eigene „Klimaschutzstellen“, führen Energiecontrolling durch, legen energetische Ziele bei Sanierungen fest, setzen Maßnahmen zur Vermeidung des motorisierten Individualverkehrs, haben ein umweltgerechtes Beschaffungswesen, bieten Beratungen und Förderungen an, und, und, und … Die österreichischen Gemeinden haben schon viele Maßnahmen erfolgreich und effizient durchgeführt.
Doch zur Erreichung des Kyoto-Ziels Österreichs wird es notwendig sein, noch viele weitere konkrete Maßnahmen zu setzen. Der Bund und die Länder müssen die Gemeinden in ihrer wichtigen Rolle als Politik- und Verwaltungsebene, die dem Bürger am nächsten ist, tatkräftig unterstützen, damit noch mehr getan und noch mehr erreicht werden kann.
Ganz nach dem Motto: „Think globally, act locally!“
Die gesamte Auswertung der Befragung finden Sie unter
www.staedtebund.gv.at/services/publikationen/

Fehlende Abbildungen finden Sie in der ÖGZ 9/2004.

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