Interkommunale Zusammenarbeit in Österreich – Aktuelle Trends und Thesen zur weiteren Fachdiskussion

Interkommunale Zusammenarbeit in Österreich – Aktuelle Trends und Thesen zur weiteren Fachdiskussion

Der interkommunalen Zusammenarbeit wird in Österreich gegenwärtig verstärkte Aufmerksamkeit geschenkt. Insbesondere die aktuellen praktischen Beispiele zeigen sehr vielversprechende Ansatzpunkte für ein intelligentes Sparen, für die Sicherung von kommunalen Gestaltungsspielräumen sowie einer weiteren Professionalisierung der Leistungserbringung. Neben den traditionellen und etablierten Bereichen und Formen der Zusammenarbeit (Stichwort Gemeindeverbände) werden in letzter Zeit vermehrt neue und flexiblere Formen der gemeindeübergreifenden Kooperation erprobt.

 

Ausgangssituation und Ziele des Beitrags
Die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden in Österreich hat – auch wenn das wissenschaftliche Interesse daran bislang eher etwas zurückhaltend war – bereits eine lange Tradition. Weiß man doch nicht erst seit heute, dass durch eine geschickte Zusammenarbeit die Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung (z. B. die Nutzung von Größenvorteilen und die Frage der optimalen Betriebs- bzw. Organisationsgröße, vgl. KGST 2002: 45) verbessert und Ressourcen eingespart werden können. Hinzu kommt noch, dass durch Kooperationen auch Maßnahmen in Angriff genommen werden können, die ansonsten die Leistungskraft einer einzelnen Gemeinde übersteigen (z. B. bei größeren Infrastrukturmaßnahmen etwa im Bereich der Ver- und Entsorgung).
Gleichwohl gewinnt die „Interkommunale Zusammenarbeit“ (IKZ) derzeit vermehrte Aufmerksamkeit, die sich etwa in einer wachsenden Zahl an Studien und Projekten, aber auch in der Behandlung des Themas im Rahmen des Österreich-Konvents bzw. des diesjährigen Österreichischen Städtetages zeigt.
Auch wenn im Einzelfall die Gründe für den Aufbau einer IKZ sehr individuell sind, könnten nach unserer Einschätzung die nachfolgend kurz umrissenen Entwicklungen das Interesse an IKZ weiter fördern:

- Wachsender finanzieller Druck: Der Österreichische Städtebund erwartet allein durch die derzeit in Vorbereitung befindliche Steuerreform, dass die Gemeinden in Folge der Umsetzung dieser Steuerreform einen 6,5-prozentigen Einnahmenentgang hinnehmen müssen, was – ohne kompensierende Maßnahmen – nach Einschätzung des Städtebundes spürbare Leistungseinschnitte nach sich ziehen würde. Parallel dazu werden aber noch weitere finanzielle Probleme für die Gemeinden als Folge eines in nächster Zeit kräftigen Ansteigens der Umlagen/Beiträge erwartet1. Vor dem Hintergrund dieser zunehmenden Verengung der finanziellen Handlungsspielräume könnte eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Gemeinden – als Ansatzpunkt für ein „intelligentes Sparen“ und eine bessere Ausnutzung der verfügbaren Ressourcen – zunehmende Aufmerksamkeit gewinnen.

- Steigende Anforderungen an die Qualität der Leistungen und der Leistungserbringung: Gleichzeitig stehen die Gemeinden immer deutlicher geäußerten Wünschen der Bürger nach qualitativ hochwertigen und professionell erbrachten Leistungen ihrer Gemeindeverwaltungen gegenüber. Die Erbringung dieser Leistungen wird für die Mitarbeiter der Gemeinden zum einen durch schnelle technische Veränderungen (Stichwort „E-Government“), aber auch durch die schnelle und umfassende Produktion von – in den Gemeinden zu bewältigenden – neuen oder „reformierten“ Rechtsvorschriften (etwa im Bereich des Baurechts, des Besoldungs- oder Vergaberechts) oder eine wachsende Zahl an neuen Finanzierungsformen herausgefordert. Viele vor allem kleine Gemeinden stellt diese Entwicklungsschere vor möglicherweise größere Probleme, managt doch dort häufig nur eine kleine Gruppe von Mitarbeitern (Bürgermeister und Gemeindesekretäre) – quasi im Alleingang – die gesamte Palette kommunaler Leistungen.

- Neue und komplexere Aufgaben: Nicht genug führt der ungebrochene gesellschaftliche Wandel zu immer neuen Aufgabenstellungen (z. B. Litteringproblematik, Jugend und Alkohol, Gewaltprävention, Drogen), die kaum durch einzelne Gemeinden allein – allenfalls in einem größeren regionalen Kontext – bewältigt werden können.

Diesem wachsenden Interesse oder auch Bedarf an IKZ steht derzeit ein eher noch lückenhaftes, punktuelles Wissen um die praktische Ausgestaltung und den gegenwärtigen Umfang in Österreich gegenüber2. Dieser Beitrag kann und will eine systematische Bestandserhebung in Österreich nicht ersetzen. Vielmehr soll in einem ersten Zugang das Diskussionsfeld der interkommunalen Zusammenarbeit in Österreich strukturiert und aus verschiedenen Perspektiven beschrieben werden.
Einen Schwerpunkt bildet die kurze Beschreibung ausgewählter aktueller Initiativen, Projekte und Maßnahmen. Thesen für die weitere Diskussion schließen den Beitrag ab.

Interkommunale Zusammenarbeit in Österreich – Rahmenbedingungen und Erscheinungsformen
Grundsätzlich kann man sich interkommunale Zusammenarbeit auf einem Kontinuum zwischen einer eher informellen (und rechtlich eher unverbindlichen) Zusammenarbeit auf der einen Seite und einer stark formalisierten (und rechtlich verbindlichen) Form der Zusammenarbeit auf der anderen Seite vorstellen.
Während informelle Zusammenarbeit eher spontan stattfindet und alle Formen einer faktischen Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern umfasst (man hilft sich am Telefon, gibt Tipps, Ratschläge etc.), zeichnen sich die formellen Formen der Zusammenarbeit dadurch aus, dass sie sich auf vertragliche Vereinbarungen oder gemeinsame juristische Personen (die speziell für die Leistungserbringung geschaffen werden) stützen.
Die Fachdiskussion konzentriert sich bislang stark auf die eher festeren Formen der interkommunalen Zusammenarbeit, im Sinne von auf eine gewisse Dauer und Beständigkeit hin angelegte gemeinsame Organisation, Planung oder Durchführung bestimmter kommunaler Aufgaben von zwei oder mehreren Gemeindeverwaltungen (Luppert 2000: 23) mit dem Ziel, diese Aufgaben besser oder billiger zu erbringen als bei einer isolierten Aufgabenerfüllung (Bauer/van Kaldenkerken 1977: 9). Dem Prinzip der Gemeindeautonomie folgend erfolgt die Zusammenarbeit – sieht man von wenigen gesetzlich vorgeschriebenen Ausnahmen wie etwa die Verpflichtung zur Bildung von Schulgemeinde- und Sozialhilfeverbänden ab – überwiegend auf freiwilliger Basis.
Die im Einzelfall geeignetste Form der IKZ ist zunächst abhängig von der zu bewältigenden Aufgabe und den zu setzenden Maßnahmen und von den formulierten Anforderungen an die Zusammenarbeit der beteiligten Akteure. Verschiedene idealtypische Lösungsansätze mit unterschiedlichem Organisations- bzw. Institutionalisierungsgrad und Rechtscharakter sowie Verbindlichkeit in der Zusammenarbeit lassen sich zeigen3. Alle Formen basieren auf der Vereinbarung einer freiwilligen Zusammenarbeit. Die wesentlichsten Unterschiede zeigen sich jedoch bei der Frage der Verbindlichkeit und Dauerhaftigkeit der zu vereinbarenden wechselseitigen „Partnerschaft“.

Informelle Zusammenarbeit
Der Inhalt und die Intensität der Zusammenarbeit entwickeln sich nach der Notwendigkeit in der Sache und den Interessen der Beteiligten. In der Regel ist der Organisationsgrad minimiert (kaum eigene Organisationsstrukturen), was die Kosten dieser Kooperation ebenfalls gering hält. Beispiele für die informelle Zusammenarbeit sind der gemeinsame Erfahrungsaustausch in Expertenrunden (Amtsleiter-Stammtische, Runde Tische u. a.) und die vielfältigen Interessensgemeinschaften und Bürgermeisterkonferenzen, die teilweise wie etwa in Kärnten auch grenzüberschreitend sein können. Charakteristisch für diese Form der Kooperation ist das Fehlen spezieller Rechtsnormen, was auf der anderen Seite aber wiederum ein hohes Maß an Flexibilität, insbesondere hinsichtlich der weitgefächerten Beteiligung sowohl von Gemeinden bzw. deren Vertretern als auch von lokalen und regionalen Unternehmen und engagierten Bürgern, möglich macht.
Die hohe Flexibilität und begrenzte Verbindlichkeit informeller Zusammenarbeit zwischen den Partnern ist vermutlich nur für wenig problematische, wenig kapitalintensive Bereiche der Zusammenarbeit geeignet, wie etwa der Bereich des Wissens- und Erfahrungsaustausches (Best Practice).

Zusammenarbeit auf der Basis von vertraglichen Vereinbarungen
Die Zusammenarbeit von Gemeinden auf Grund vertraglicher Vereinbarung ist ein Ausfluss der Vertragsfähigkeit der Gemeinden. Dabei können behördliche Aufgaben kein Gegenstand freier Vereinbarung über eine zwischengemeindliche Zusammenarbeit sein. Gemeindliche Zusammenarbeit auf Grund vertraglicher Vereinbarung führt bislang häufig zur Bildung von gemeinsamen Gesellschaften (z. B. des bürgerlichen Rechts nach § 1175 ff. ABGB). Dabei geht es insbesondere um Zusammenarbeit auf Gebieten der Wasserver- und -entsorgung, der Abfallentsorgung, der regionalen Entwicklungszusammenarbeit und Ähnlichem.
Öffentlich-rechtliche Verträge werden vor allem über die freiwillige Bildung von Verwaltungsgemeinschaften nach den Gemeindeordnungen oder Gemeindeverbänden nach § 116a B-VG geschlossen.

Bildung von Vereinen
Der Verein ist eine privatrechtliche Kooperationsform auf der Basis des Vereinsgesetzes 2002 (Gemeinden sind privatrechtsfähig, weshalb es ihnen erlaubt ist, in einem Verein mitzuwirken). Im Verein kann prinzipiell jeder mitwirken, der an der Umsetzung der in den Vereinsstatuten festgeschriebenen Ziele und Aufgaben mitwirken möchte. Die Form des Vereins gewährleistet damit jedoch noch nicht, dass tatsächlich alle wichtigen Akteure involviert sind und die Mitarbeit jener Akteure, die sich beteiligen, von Bestand ist. Partner, die ihre spezifischen Interessen durch die Vereinsarbeit beeinträchtigt sehen, können die Zusammenarbeit jederzeit kündigen. Mit folgenden Einschränkungen kann der Verein für jegliche Art der Kooperation Verwendung finden: Grundsätzlich ist die Tätigkeit des Vereins nicht auf Gewinn gerichtet und ihm ist die Übernahme hoheitlicher Aufgaben verfassungsrechtlich verwehrt.

Handelsrechtliche Kooperationsformen
Ein wesentliches Merkmal von handelsrechtlichen Organisationsformen ist die Ausrichtung auf die Gewinnerzielung. Die handelsrechtlichen Kooperationsformen GmbH und AG führen zu einer Risikoverlagerung nach außen. Sie werden oftmals dann genutzt, wenn große Investitionen realisiert werden müssen oder private Unternehmen in eine öffentliche Gesellschaft eingebunden werden sollen. Für die handelsrechtlichen Kooperationsformen bleiben hoheitliche Aufgaben der Gemeinden verfassungsgesetzlich ausgeklammert.
Die Gründung einer GmbH ist eine sehr beliebte Organisationsform für versorgungswirtschaftliche Unternehmen, an denen mehrere Gemeinden beteiligt sind (Wasserversorgung, Abwasserentsorgung u. a.). Die Errichtung einer AG ist vor allem bei kapitalintensiven Aufgaben und der Beteiligung einer größeren Zahl von Gemeinden geeignet (z. B. Betrieb von Elektrizitäts- und Gasversorgungs-, eventuell auch Verkehrsunternehmen, Versorgungsunternehmen, Erholungseinrichtungen).
Wesentlicher Unterschied zur AG ist, dass bei der GmbH die Möglichkeit der Einflussnahme der Gesellschafterin Gemeinde eine wesentlich größere ist. Die Kommanditerwerbsgesellschaft (KEG) zeichnet sich durch besondere Flexibilität und Einfachheit in der Gestion aus. Dadurch, dass die Gemeinde als Komplementär Vollhafter ist, ist diese (ausschließlich für Investitionsvorhaben oder die Vermögensverwaltung, aber nicht) für operative Tätigkeiten der Gemeinden weniger geeignet.

Verwaltungsgemeinschaft
Die Verwaltungsgemeinschaft wiederum ist ein eindeutig kommunales Kooperationsmodell. Verwaltungsgemeinschaften sind „Hilfsorgane“ der zusammenarbeitenden Gemeinden. Die Mitwirkung an dieser Form der Zusammenarbeit ist ausschließlich den Gemeinden vorbehalten. Die rechtlichen Regelungen über die Verwaltungsgemeinschaften sind (mit Ausnahme Tirols) in den Gemeindeordnungen der Bundesländer getroffen. Von den Verwaltungsgemeinschaften werden hauptsächlich technische Hilfsdienste (z. B. Bautechniker) für die kooperierenden Gemeinden bereitgestellt.

Gemeindeverband
Der Gemeindeverband ist als Körperschaft öffentlichen Rechts verfassungsgesetzlich verankert. Das mögliche Aufgabenspektrum von Gemeindeverbänden entspricht dem Aufgabenspektrum der Gemeinden selbst. Gemeindeverbände treten hinsichtlich der an sie delegierten Aufgaben an Stelle der Mitgliedsgemeinden und nehmen diese Aufgaben im eigenen Namen, mit eigenen Organen und in eigener Verantwortlichkeit wahr. Einerseits bestehen gesetzlich vorgesehene Gemeindeverbände (Schulgemeindeverbände, Sozialhilfeverbände u. a.), andererseits können sich die Gemeinden für jede andere Gemeindeaufgabe zu Gemeindeverbänden zusammenschließen (Kindergärten, Schülerheime, Müllbeseitigung, Abgabeneinhebung, Sanitätsdienst, Umweltschutz, Wasserversorgung u. a.).

Ausgewählte Kooperationsbereiche in Österreich
Im folgenden Abschnitt sollen einige ausgewählte Handlungsfelder interkommunaler Zusammenarbeit beschrieben und praktische Beispiele vorgestellt werden.

Interkommunale Zusammenarbeit zur Förderung des Wissensaustausches und des Know-how-Transfers
Wissensaustausch und Know-how-Transfer sind wirksame Instrumente für die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Gemeindeverwaltungen, die jedoch zunächst nur dazu führen, innovative Lösungen, neuartige Verfahrensweisen von anderen kennen zu lernen oder Ansätze zu Kooperationsmöglichkeiten zu schaffen. Der eigentliche Transformationsprozess, d. h. die Umsetzung in einem konkreten Projekt in der jeweiligen Gemeinde, muss erst folgen.
Dennoch: Städte und Gemeinden haben – im Gegensatz zu privaten Unternehmen – beim Wissens- und Erfahrungsaustausch eine deutlich bessere Ausgangssituation, können sie doch – noch bevor eine neue Aufgabe begonnen wird – zunächst einmal prüfen, ob es hierfür nicht schon Lösungen bei anderen Gemeinden gibt. Sie müssen (müssten!) nicht jedes Mal „das Rad neu erfinden“ und dies ist höchst ökonomisch (vgl. Hilbertz in KGSt Info 8/2001: 69), weil Planungs- und Entwicklungskosten reduziert werden, weil u. U. aus Fehlschlägen gelernt und damit Aufwände vermieden werden.
An drei unterschiedlichen Ansätzen sollen Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit im Bereich des Wissensaustausches diskutiert werden:

- Interkommunale Vergleiche – Benchmarking
Kennzahlenvergleiche zwischen Gemeinden sind ein seit vielen Jahren bekanntes Instrument der eigenen Standortbestimmung und des wechselseitigen Lernens, wenn diese Vergleiche in einen nachfolgenden Benchmarkingprozess münden. Ein Beispiel eines solchen Vergleichsprojekts ist der – auf Initiative der Stadtgemeinde Spittal/Drau und unter fachlicher Begleitung des KDZ (Wien) – entstandene Vergleichsring mit mehreren Gemeinden aus Kärnten/Steiermark/Osttirol (vgl. KDZ 1999). In einer Reihe von gemeinsamen Workshops wurden – ähnlich vergleichbaren Projekten der KGSt bzw. der Bertelsmann-Stiftung in Deutschland – für verschiedene kommunale Leistungsbereiche Vergleichskennzahlen entwickelt und zum Gegenstand der gemeindeübergreifenden Diskussion gemacht.
Ein ähnliches Projekt interkommunaler Vergleiche gab es in der Vergangenheit auch in Oberösterreich; eine neue und weitreichende Initiative zum Benchmarking in Gemeinden wird gegenwärtig von LR Rohr in Kärnten vorbereitet.

- CIVESnext
Der Verbesserung des Erfahrungs- und Wissenstransfers zwischen Gemeinden ist das so genannte CIVESnext-Projekt gewidmet (vgl. Possegger 2004). CIVESnext wird von insgesamt 7 Gemeinden in Salzburg getragen. Das Arbeitsfeld „Wissensmanagement“ innerhalb dieses Projekts ist auf die Errichtung und den Betrieb einer gemeinsamen Wissensplattform, in der zum einen das Praxiswissen der Mitarbeiter der beteiligten Gemeinden zusammengeführt und zum anderen auch der Informationsaustausch gefördert werden soll, ausgerichtet.
Das elektronische Content-Management-System ist darauf ausgerichtet, insbesondere praktisches Wissen zu den Gemeindeaufgaben von A–Z (z. B. Musterlösungen) und Sonderwissen der Gemeindebediensteten zu verwalten. Die technische Plattform ist vorhanden, die weitere Entwicklung des Projekts aber ungewiss.

- „Expertendialog“ und „Innovationsbörse Kärnten“ (IBK)
In Kärnten werden gegenwärtig zwei Projekte zur Förderung der Zusammenarbeit von Gemeinden im Bereich des Wissenstransfers verfolgt: der so genannte „Expertendialog“ und die „Innovationsbörse Kärnten“. Beim Projekt Expertendialog soll – in Anlehnung an ähnliche erfolgreiche Beispiele – der wechselseitige Informationsaustausch zwischen leitenden Mitarbeiter im Bereich Finanzen gefördert werden (offene und strukturierte themenbezogene Arbeitstreffen unter Einbeziehung von externen Experten). Demgegenüber strebt die Innovationsbörse Kärnten an, den gegenseitigen Informationsaustausch (Dialog unter Praktikern) zwischen Gemeinden über aktuelle Modernisierungsprojekte (insbesondere der Kärntner Gemeinden) zu fördern4 und gleichzeitig eine stärkere Vernetzung der auf dem Feld der Modernisierung und Innovation der Gemeindeverwaltungen in Kärnten wichtigsten Akteure zu realisieren.

Das Feld des Wissensaustauschs ist ein typischer Bereich der eher informellen Zusammenarbeit. Gerade die Verwaltungsakademien in den Bundesländern, aber auch die Interessenverbände der Städte und Gemeinden – namentlich der Österreichische Städtebund – haben bei der Förderung des Wissensaustauschs und der Unterstützung von informeller Kooperation in der Vergangenheit eine wichtige Rolle eingenommen. Und auch wenn die hier vorgestellten Konzeptideen prinzipiell schlüssig und auch überzeugend sind, so wird gleichfalls deutlich, dass der Erfolg von derartigen Projekten letztlich sehr fragil ist. Projekte, wie etwa die referierte elektronische Wissensplattform, die auf Freiwilligkeit und „Idealismus“ basieren, erfordern von den Beteiligten einen hohen persönlichen Einsatz und haben gleichzeitig immer mit dem Problem des „Free-Rider-Verhaltens“ zu kämpfen5. Informelle Kooperationen brauchen für eine dauerhaftere Absicherung entsprechende Organisationsstrukturen und externe Impulse.

Interkommunale Zusammenarbeit im Bereich der Gewerbepolitik
Gerade aus der Perspektive der Einnahmensicherung (oder -erweiterung) bei gleichzeitig begrenztem Verteilungspotenzial richtet sich das kommunalpolitische Interesse in letzter Zeit immer wieder auf Überlegungen, Kooperation im Bereich der Errichtung und des Betriebs von gemeinsamen Gewerbegebieten anzustreben (vgl. Gloede 2002). Allerdings sind praktizierte Beispiele in diesem Bereich eher noch eine Ausnahmeerscheinung. Und dies, obwohl Maßnahmen zur Ansiedlung von Betrieben und zur Gewinnung von Wohnbevölkerung sinnvollerweise nur in einem regionalen Kontext zu konzipieren sind, um kleinräumigen Wettbewerb zwischen den Gemeinden um Arbeitsplätze zu vermeiden und statt widersprüchlichen Aktionen einer falsch verstandenen „Kirchturmspolitik“ begrenzte Ressourcen und Potenziale zu bündeln, wie dies etwa im „Biosphärenreservat Großes Walsertal“ in Vorarlberg gut gelungen zu sein scheint.
Als Beispiele einer Kooperation in diesem Bereich sind das interkommunale Gewerbegebiet Phyrn-Priel und der regionale Wirtschaftsverband Grieskirchen, St. Georgen und Tollet in Oberösterreich, das interkommunale Gewerbegebiet Bludenz–Bürs–Nüziders in Vorarlberg oder der Flächenfonds Energieregion Weiz/Gleisdorf sowie das Holz-Innovationszentrum Zeltweg in der Steiermark (vgl. Rauch/Spielmann/Golas 2001) zu nennen. Auch in Kärnten ist gegenwärtig in der Gemeinde Althofen ein erster interkommunaler Gewerbepark im Entstehen, der vom Kärntner Bodenbeschaffungsfonds gefördert wird. Derzeit sind in den Gewerbepark die Gemeinde Althofen sowie die Nachbargemeinden Kappel am Krappfeld, Guttaring, Mölbling und Strassburg eingebunden. Es werden aber bereits Überlegungen angestellt, alle Gemeinden der „Hemmalandregion“ (ein Beispiel touristisch-wirtschaftlicher Zusammenarbeit von Gemeinden Kärntens einschließlich der steirischen Gemeinde Dürnstein) in den Auf- und Ausbau dieses Gewerbeparks einzubinden.
Kooperation in politisch schwierigeren Bereichen wie etwa der Kooperation zur Erstellung und zum Betrieb von gemeinsamen Gewerbegebieten sind sinnvoll, weil diese Zusammenarbeit helfen kann, Gewerbeparks wirtschaftlicher zu betreiben und gleichzeitig raumordnungspolitisch optimalere Lösungen zu finden und letztlich eine optimalere Allokation der verfügbaren Ressourcen zu verwirklichen. Sie sind aber ungleich schwieriger zu realisieren, weil zunächst lokale Egoismen (Profilierung) zu überwinden sind. Hier kommt der persönlichen Bereitschaft zur Zusammenarbeit über Gemeindegrenzen und dem persönlichen Engagement der handelnden Personen für das Zustandekommen von Kooperationen eine ganz entscheidende Rolle zu. Die gesetzlichen Voraussetzungen für Kooperationen von Gemeinden bei der Entwicklung von Wirtschaftsstandorten sind dagegen grundsätzlich gegeben.

Interkommunale Zusammenarbeit im Bereich der Leistungserstellung
Im Bereich der gemeindeübergreifenden Erstellung von Leistungen lassen sich schon heute viele praktische Beispiele zeigen, die in der Mehrzahl in der Form einer stark formalisierten Form der Zusammenarbeit – etwa als Verwaltungsgemeinschaften und Verbände (z. B. Standesamts- oder Staatsbürgerschaftsverbände) – organisiert sind. In einer Umfrage der Gemeindeabteilung des AKL im Oktober 2003 wurde etwa für Kärnten sichtbar, dass Kooperationen zur gemeinsamen Leistungserstellung mit Nachbargemeinden insbesondere in folgenden Bereichen erfolgen: Wasserver- und -entsorgung und Abfallbeseitigung, Wirtschaftshof, Kindergarten, Bereitstellung von Gewerbeflächen, Nahverkehr, Tourismus und Feuerwehren.
Neu ist in der aktuellen Diskussion, dass sich IKZ im Bereich der Leistungserstellung gegenwärtig verstärkt auf die weitere gezielte Zusammenlegung von behördlichen Leistungen oder zentralen verwaltungsinternen Diensten (z. B. Buchhaltung, Gehaltsabrechnung, Sachverständigendienste, Beschaffung, Ausbildung oder Facility-Management) konzentriert.
Die nachfolgenden Beispiele sollen diese generelle Entwicklung verdeutlichen:

- Interkommunale Zusammenarbeit Vorarlberger Gemeinden
In Vorarlberg werden gegenwärtig interessante gemeindeübergreifende Kooperationen im Bereich der Dienstleistungserstellung entwickelt und teilweise schon praktiziert. Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit in der Region Vorderland (vgl. Region Vorderland 2003), wo elf Gemeinden begonnen haben, die bereits bestehenden gemeindeübergreifenden Kooperationen (z. B. Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverband, der Wasser-/Abwasserverband, der Sozialsprengel, der Hauptausschuss der Regio Vorderland) in weiteren Kooperationsbereichen zu erweitern, um dadurch Synergien durch gezielte Aufgabenbündelung bei gleichzeitiger Professionalisierung zu nutzen. Auch sollte damit eine Vertiefung der Zusammenarbeit die Regio insgesamt gefördert und die Verwaltungen (insbesondere die Bürgermeister der kleinen Gemeinden) nachhaltig von Verwaltungsaufgaben entlastet werden. Die Kooperation soll (in Bezug auf Teilnahme und Austritt) relativ flexibel gehandhabt sowie möglichst in den bestehenden Strukturen der beteiligten Gemeinden realisiert werden. Derzeit wird die Kooperation im Bereich „Baurecht“, also die gemeinsame Abwicklung der Geschäftsfälle im Baurechtsbereich, vorbereitet. Auch das – in Vorbereitung befindliche – Projekt der Regio Bregenzerwald konzentriert sich auf den Bereich der gemeindeübergreifenden Abwicklung der Bauagenden. Im Rahmen einer Diplomarbeit (Feurstein 2004) wurde dazu zuletzt ein Konzept erarbeitet. Unter Abwägung verschiedener möglicher Organisationslösungen wurde letztlich die Einrichtung einer Verwaltungsgemeinschaft mit Sitz in einer der beteiligten Gemeinden (die das Personal stellt) empfohlen. Für die Aufteilung der entstehenden Kosten hat man sich für ein Stufenmodell entschieden, wonach zunächst eine einwohnerabhängige pauschale Finanzierung vorgesehen ist, die dann ab dem zweiten Jahr durch eine aufwands-/leistungsbezogene Finanzierung abgelöst werden soll (Feurstein 2004: 70 ff.). Am weitesten entwickelt ist – nach unserem Kenntnisstand – die interkommunale Zusammenarbeit im Bereich Baurecht im Großen Walsertal.

- Interkommunale Zusammenarbeit in der Lehrlingsausbildung in Kärnten
Eine ganz aktuelle interkommunale Initiative ist die Einführung interkommunaler Ausbildungsverbünde, die eine Lehrlingsausbildung auch in jenen Gemeinden ermöglichen soll, in denen die im Berufsbild für den jeweiligen Lehrberuf vorgesehenen Fertigkeiten und Kenntnisse nicht in vollem Umfang vermittelt werden können, bzw. wo es sinnvoll ist, spezielle Zusatzqualifikationen zu vermitteln, die nur von einzelnen Ausbildungsstätten angeboten werden können. Diese strategische Allianz der Gemeinden in der Ausbildung soll begrenzte finanzielle und organisatorische Ressourcen bündeln und letztlich zur Schaffung von zusätzlichen und noch qualifizierteren Ausbildungsplätzen führen. Diese neue Form der Ausbildung bringt zusätzliche Vorteile für die Auszubildenden, etwa das Lernen unter wechselnden personellen, räumlichen und lernorganisatorischen Rahmenbedingungen. Organisatorisch wird mit zwei verschiedenen interkommunalen Lehrlingsausbildungs-Verbundmodellen gearbeitet: Einerseits dem Gemeindeverband als Anstellungsträger der Lehrlinge, welche in den Verwaltungsstellen und Betrieben der Mitgliedsgemeinden ausgebildet werden. Die Koordination, Organisation der Ausbildungsabschnitte und die Überwachung der Ausbildungsfortschritte liegt dabei beim Gemeindeverband (Modell 1). Ein zweites interkommunales Lehrlingsausbildungs-Verbundmodell sieht vor, dass eine Gemeinde (Lead-Partner) für Partnergemeinden, die Anstellungsträger der Lehrlinge sind, die Koordination, Organisation und Qualitätssicherung übernimmt (Modell 2).

- Projekt Salzburger Seengebiet
Auf großes Interesse und Wertschätzung ist im Rahmen der Erörterungen auf dem diesjährigen Städtetag das Projekt des Regionalverbandes Salzburger Seenland gestoßen (Daxecker 2004). Insbesondere die vielen praktischen, teilweise unkonventionellen, aber sehr wirkungsvollen Maßnahmen der Zusammenarbeit (z. B. Anschaffung einer gemeinsamen Kuvertiermaschine) konnten die Zuhörer überzeugen und Interesse wecken. Einige der vorgestellten Maßnahmen der Zusammenarbeit waren:

– der gemeinsame Einkauf von Abfallbehältern und gemeinsame Ausschreibung von Leistungen;

– gemeinsame und koordinierte Fortbildungsveranstaltungen im Seniorenbereich;

– Aufbau einer gemeinsamen Einkaufsplattform;

– Aufbau eines Bildungsverbundes (ähnlich der o. g. Lehrlingsinitiative).

Gerade dieser zuletzt genannte Bereich der IKZ – das zeigen die ersten Beispiele – ist unter organisatorischen Gesichtspunkten meist wenig aufwändig – zumindest überschaubar. Hier lassen sich leicht flexible Formen der Zusammenarbeit mit jeweils unterschiedlichen Kooperationsgruppen verwirklichen und sehr kurzfristig positive Ergebnisse erzielen, die dann eine gute Basis (Überzeugung durch Ergebnisse) zu einer weiteren Vertiefung in anderen Bereichen sind. Die überaus positiven Reaktionen von Gemeindevertretern auf dem Städtetag zu derartigen Formen der IKZ lassen vermuten, dass in diesem Bereich von IKZ kurzfristig die vielleicht größte Entwicklungsdynamik zu erwarten ist.

Zusammenfassung – Thesen
Interkommunale Zusammenarbeit, die Lösung, auf die wir schon lange gewartet haben? Wohl kaum; dennoch bietet IKZ sehr interessante Ansatzpunkte für die Bearbeitung einiger der wichtigsten Herausforderungen, denen die Gemeinden in Österreich derzeit gegenüberstehen. Damit diesen ersten positiven Beispielen von IKZ weitere folgen, und um die Erfolgsbedingungen interkommunaler Zusammenarbeit noch weiter zu verbessern, erscheint es uns sinnvoll, die nachfolgenden Thesen zum Gegenstand einer intensiveren Fachdiskussion in Österreich zu machen:

Konzentration auf flexiblere Lösungen
Traditionell bilden im Bereich der IKZ in Österreich nach unserer derzeitigen Einschätzung einerseits eine große Zahl an informellen Kooperationen auf der einen Seite und die organisatorisch und institutionell sehr festen und auf Dauer eingerichteten formalen Kooperationen (etwa Verbandslösungen) auf der anderen Seite einen besonderen Schwerpunkt. Große Entwicklungsmöglichkeiten vermuten wir jedoch insbesondere in dem dazwischenliegenden Segment der Kooperationen, die auf zwischengemeindlichen Vereinbarungen (v. a. privatrechtlichen Verträgen) basieren und einerseits eine größere Flexibilität (Mitgliedschaft/ Austritt, Änderungen) als die Verbände und gleichzeitig eine höhere Verbindlichkeit als die informellen Formen bieten. Die auf dem Österreichischen Städtetag berichteten Erfahrungen aus der Schweiz untermauern diese Einschätzung (Christen 2004).

IKZ kann ein ergänzender Zugang zum intelligenten Sparen, aber auch zur Konzentration auf die Kernkompetenzen und Potenziale von Gemeinden sein
Klassische reflexartige Sparstrategien – nämlich Investitionsstopp oder Reduktion der Ermessensausgaben – wirken sich negativ auf zentrale kommunale Leistungsbereiche wie Kinder- und Seniorenbetreuung, Sicherung und Ausbau der Infrastruktur sowie alle Ansätze zur Förderung des gesellschaftlichen Lebens (Vereine) aus. Sie sind als Sparstrategie bestenfalls kurzfristig (im Sinne einer Haushaltsentlastung) wirksam, sie gefährden aber sowohl mittel- bis langfristig die über Jahre aufgebauten Strukturen als auch die Substanz der Gemeindeinfrastruktur. Im Gegensatz dazu bietet IKZ die Möglichkeit, sich durch eine abgestimmte Zusammenarbeit und bspw. einen Rückzug aus der Selbsterstellung von einzelnen Leistungen neue Freiräume für die Gestaltung der eigenen Gemeinde zu schaffen. Denkbar wäre zunächst, Kooperationen in politisch weniger problematischen Bereichen wie etwa der Gebäudebewirtschaftung, Unterhaltung von Labors, Schulwarte oder Ähnlichem anzustreben und nach erfolgreicher Einführung dann auch schwierigere Kooperationsbereiche (z. B. die Feuerwehren) in den Blick zu nehmen.

IKZ braucht die gezielte Förderung
und Unterstützung durch die Länder

IKZ ist nur im Ausnahmefall ein Selbstläufer. IdR braucht es zunächst ein großes Engagement, um lokale Egoismen zu überwinden und gemeinschaftlich zu denken und zu handeln. Der gewollte Ausbau von IKZ braucht daher die gezielte Förderung durch die Länder (Anschubphase), aber auch – wie die Beispiele aus dem Gewerbebereich zeigen – gezielte Anpassungen an die Rahmenbedingungen der IKZ (damit diese erfolgreich durchgeführt werden können).

Nutzung der Steuerungsmöglichkeiten der Länder
Im Bereich der Gewerbepolitik wäre es u. U. sinnvoll, wenn rechtliche Steuerungsmöglichkeiten der Länder im Sinne einer Förderung von Kooperationen eingesetzt würden, um aus regionalpolitischer und raumordnerischer Perspektive nur in „Toplagen“ und als Gemeinschaftsinitiativen „Wirtschaftsparks“ entstehen zu lassen. Weil wiederum nur wenige Gemeinden solche hervorragende Standorteigenschaften aufweisen, müssen diese Gemeinden motiviert werden, „ihr“ Gewerbegebiet mit anderen zu teilen. Hier müssten gezielte Anreize gesetzt werden. Denkbar ist hier eine gezielte finanzielle oder materielle Förderung (z. B. Zuschüsse zu den Infrastrukturkosten, Bereitstellung von Beratungsleistungen), aber auch sanfter Druck bspw. über das Raumordnungsrecht, indem im Rahmen einer Neuwidmung von Gewerbegebieten verpflichtend geprüft werden müsste, ob nicht ein interkommunaler Standort sinnvoller als eine Einzelinitiative wäre.

Anpassungen beim Finanzausgleich
Eine der zentralen Aufgabenstellungen bei IKZ im Gewerbebereich ist die Aufteilung der Kosten und Erträge auf die Kooperationspartner, was prinzipiell lösbar ist. Dennoch zeigt sich, dass die vielfach praktizierte Weitergabe eines Teiles der Kommunalsteuer von der Standortgemeinde an die anderen, an der Kooperation beteiligten Gemeinden, eine gewisse Verzerrung bei den Bemessungsgrundlagen für den Finanzausgleich (Ermittlung der Finanzkraft) wie auch für verschiedene Umlagen auf landesgesetzlicher Basis bedingt. Die geltenden rechtlichen Regelungen im Bereich des Finanzausgleichs wirken sich somit derzeit noch eher negativ auf einzelne kooperationswillige Gemeinden aus. Demzufolge wäre weiter zu prüfen, wie das Finanzausgleichsgesetz (FAG) geändert werden könnte, damit die Weiterverrechnungen von Steuereinnahmen an andere Gemeinden bei den jeweiligen Steuereinnahmen der beteiligten Gemeinden zu berücksichtigen sind, damit sich die Kooperation nicht nachteilig für einzelne Gemeinden auswirkt6. Hilfreich wäre u. E. weiterhin, wenn Anpassungen auf der Einnahmenseite der Gemeinden vorgenommen werden und z. B. bestimmte Steuereinnahmen auf regionaler Ebene erhoben und auf die einzelnen Gemeinden verteilt werden. Dies müsste auf der Kostenseite ebenfalls gelten, vor allem für oberzentrale Funktionen von Kernstädten. Dies könnte durch einen aufgabenorientierten Verteilungsschlüssel des Finanzausgleichs unterstützt werden. Erst wenn alle Gemeinden in einem Raum auch fühlbar davon profitieren, dass es der gesamten Region gut geht und umgekehrt auch alle ihren Beitrag dazu leisten müssen, wird eine interkommunale Kooperation auf breiter Basis tragfähig und selbstverständlich werden.

Finanzielle Förderung von Initiativen
Die regen Aktivitäten von Gemeinden in Vorarlberg sind vermutlich auch auf die gezielte finanzielle Förderung in der Anschubphase durch das Land Vorarlberg zurückzuführen. Das Amt der Vorarlberger Landesregierung hat dazu mit dem Vorarlberger Gemeindeverband vereinbart, die Bildung und den Betrieb von Kooperationsmodellen der Gemeinden zeitlich befristet aus Bedarfszuweisungsmitteln zu fördern, wobei die Förderung für alle Gemeinden zugänglich ist und an keine bestimmte Rechtsform der kommunalen Kooperationsgemeinschaft gebunden ist (vgl. Berchtold 2004). Eine wesentliche Voraussetzung ist, dass der kommunalen Kooperationsgemeinschaft mindestens drei Gemeinden angehören. Das Ausmaß der Förderung wird im Einzelfall festgelegt, wobei ausgewählte Personal- und Sachkosten der beteiligten Gemeinden über einen Zeitraum von fünf Jahren degressiv gefördert werden (1. Jahr 60%, 2. Jahr 50%, 3. Jahr 40%, 4. Jahr 30% und 5. Jahr 20%). Darüber hinaus ist vorgesehen, dass die Gemeinden auch für so genannte Entwicklungskosten (Konzepterstellung, Prozessbegleitungen, Beratungen durch Fachexperten, Moderationen), die im Rahmen der Errichtung gemeindeübergreifender Kooperationen anfallen, Fördermittel erhalten können.

IKZ braucht Vielfalt an Initiativen und darf nicht an administrativen Grenzen scheitern!
IKZ ist – auch wenn die oben gezeigten generellen Modelle und Rechtsformen dies suggerieren – kein Standardkonzept, sondern ein in jedem einzelnen Fall neu zwischen den beteiligten Partnern zu entwickelndes Projekt. Insofern bedingen allein schon die unterschiedliche Ausgangslage und die Erwartungen der beteiligten Akteure Individualität im Lösungsansatz. Verschiedene grundsätzliche Entwicklungsrichtungen sollten hierbei verfolgt werden:

- Unter gemeindestrukturellen Gesichtspunkten bieten sich zumindest zwei komplementäre Strategien der IKZ an: Größere Städte könnten gezielt auf ihre Umlandgemeinden zugehen und Kooperationen anstreben im Hinblick auf eine bessere Auslastung der verfügbaren Kapazitäten und der Professionalisierung der Leistungen. Kleinere Gemeinden könnten auf eine weitere Stärkung der Region hinarbeiten und IKZ als aktive Gegenstrategie gegen Gemeindezusammenschlüsse forcieren.

- Inhaltlich sollte IKZ sowohl unter dem Gesichtspunkt der Einsparungen (oder besser Freisetzung von Ressourcen) als auch der gezielten Verbesserungen auf der Leistungsebene für die Bürger verstanden werden.

- Unter eher organisatorischen Gesichtspunkten sollten insbesondere die o. g. flexibleren Organisationsmodelle gefördert und weiter entwickelt werden. In diesem Zusammenhang sollten dann auch neue Konzepte im Sinne räumlich verteilter Front-Office- versus Back-Office-Lösungen (z. B. im Baubereich) verfolgt werden.

- Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die weitere Diskussion darauf hinwirken muss, bisherige administrative Grenzen (v. a. Landesgrenzen) von IKZ zu überwinden und stattdessen eher funktionsräumliche Lösungen zu ermöglichen.


Quellen/Literatur
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Bauer, H./van Kaldenkerken, K.-H. (1977): Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit in Österreich, Wien.

Bauer, H. (1992): Defizite interkommunaler Zusammenarbeit, in: Verband der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft (Hrsg.): Gemeinwirtschaft, 6/1992, S. 49–56.

Berchtold, W. (2004): Wenn drei Gemeinden kooperieren. In: Kommunal 3/2004.

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Daxecker, G. (2004): Salzburger Seenland, Beitrag im Arbeitskreis 3 auf dem 54. Österreichischen Städtetag in Bregenz, Manuskript.

Feurstein, S. M. (2004): Interkommunale Zusammenarbeit. Erstellung der Grundzüge eines Kooperationskonzeptes im Bereich der Bauverwaltung für vier Gemeinden des Bregenzerwaldes, Diplomarbeit an der FH Technikum Kärnten, Spittal/Drau.

Gloede, K. (2002): Gemeinsame Gewerbegebiete durch interkommunale Kooperation. Grundlagen, Erfahrungen, Empfehlungen, 2. Aufl., Potsdam Gemeinsame Gewerbegebiete, Potsdam.

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Luppert, J. (2000): Der kommunale Zweckverband, Heidelberg.

Mießl, M. (2001): Interkommunale Zusammenarbeit in Kärnten, Diplomarbeit an der Universität Klagenfurt, Klagenfurt.

Niederösterreichische Regionale Entwicklungsagentur (2001): Standortkooperationen, Plus Letter Special.

Possegger, J. (2004): Informations- und Wissensaustausch zwischen Kommunalverwaltungen am Beispiel einer Initiative der CIVESnext-Gemeinden, Diplomarbeit an der FH Technikum Kärnten, Spittal/Drau.

Rauch, F./Spielmann, K./Golas, B. (2001): Kooperation von Gemeinden zur Entwicklung von Wirtschaftsstandorten, Innsbruck.

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Steiermärkische Landesregierung (1997): Fiskalische Standorteignung, Manuskript.

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Fehlende Abbildungen finden Sie in der ÖGZ 9/2004.

Fußnoten:
1 Vgl. Vortrag von Helfried Bauer auf dem 1. Finanzierungssymposium der FH Technikum Kärnten am 14. 10. 2003 in Spittal/Drau, wo er Prognosen zur Mittelfristigen Finanzplanung für Oberösterreich präsentierte, die von einem Zuwachs der Sozialhilfeumlagen in 2004 von 13,9% und der Krankenanstaltsbeiträge von 11% in 2004 ausgehen.

2 Vgl. etwa die in diesem Beitrag referierten Diplomarbeiten Feurstein (2004), Mießl (2001), Possegger (2004), Strohmayer (2004). Für die Schweiz wurde dagegen unlängst eine fundierte systematische Aufarbeitung der Interkommunalen Zusammenarbeit vorgelegt (Steiner 2002).

3 Das Recht der Gemeinden, Personen- und Kapitalgesellschaften nach dem Handelsrecht zu bilden, leitet sich aus den Bestimmungen des Art. 116 Abs. 2 BVG ab.

4 Ein Impuls für die Schaffung der Innovationsbörse gab eine im Oktober 2003 von der Abteilung 3 des AKL durchgeführte Befragung bei allen Kärntner Gemeinden, in der deutlich wurde, dass bei der Verwaltungsmodernisierung insbesondere die kleineren Gemeinden überwiegend (65%) auf die Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden und nur zu 22% auf die Unterstützung von externen Beratern setzen.

5 Hier ist zu vermuten, dass letztlich wohl nur marktorientierten Ansätzen, in denen Wissen produzierende Institutionen Wissen gegen Entgelt (Verkauf der Leistung oder Grundfinanzierung der Wissensbereitstellung über Mitgliedsbeiträge) zur Verfügung stellen, oder öffentlich finanzierten Initiativen (z. B. im Bereich der Hochschulen) eine längerfristige Erfolgs- bzw. Überlebenschance eingeräumt werden kann. Beispiel hierfür sind etwa das System „kikos“ der KGSt in Deutschland (vgl. www.kgst.de) bzw. der Ansatz des Deutschen Instituts für Urbanistik (DIFU) in Berlin (www.difu.de), wo jeweils exklusiv für Mitglieder Informationen zur Verfügung gestellt werden. Analoge Systeme wären durchaus auch für Österreich denkbar. Im Hinblick auf die notwendigerweise große Wissensmenge, die hohen Anforderungen an die Aktualität der Informationen und den schnellen Wissensumschlag scheinen jedoch lediglich vernetzte österreichweite Systeme Sinn zu machen, in denen alle wichtigen Wissen schaffenden Institutionen aus dem kommunal- und verwaltungswissenschaftlichen Bereich einbezogen sind und bei denen die Informationsnutzung entgeltlich geregelt ist. Partielle Teilinitiativen erscheinen – allein schon wegen der insgesamt kleinen Gruppe an Wissensproduzenten in Österreich – als wenig hilfreich.

6 Eine Untersuchung in der Steiermark konnte zeigen, dass ein zusätzlicher Arbeitsplatz je nach Eignung des Standortes (Verkehrsanbindung, Aufschließungskosten) zwischen € 200,– bis 2000,– jährlich in die Gemeindekasse bringen kann. Ein erhöhtes Einkommen der Gemeinde reduziert aber wiederum die Mittel, die der Gemeinde aus dem Finanzausgleich zufließen. Dieser so genannte Kompensationseffekt vermindert den zusätzlichen Ertrag eines neuen Arbeitsplatzes um durchschnittlich 44%. In extremen Fällen ergibt sich bei kleinen Gemeinden sogar vorübergehend ein negativer Effekt beim Gemeindeeinkommen (siehe auch Strohmayer 2004).

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