Sind Ansprüche der Gemeinden aus der „KRAZAF-Lücke“ derzeit einklagbar?

Sind Ansprüche der Gemeinden aus der „KRAZAF-Lücke“ derzeit einklagbar?

Bestehende Ansprüche der Gemeinden als Rechtsträger von Krankenanstalten aus der „KRAZAF-Lücke“ resultieren aus unpräzisen bzw. fehlenden Übergangsregelungen beim Wechsel der bisherigen Systeme der Krankenanstaltenfinanzierung. Als vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund sind sie beim VfGH einklagbar, weil weder die ordentlichen Gerichte noch Verwaltungsbehörden zur Entscheidung darüber zuständig sind. Einer Klagsführung durch die Gemeinden stehen auch weder Hindernisse aus Absprachen im Rahmen der letzten Finanzausgleichsverhandlungen noch die Vereinbarung über die Neustrukturierung des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung entgegen.

 

1. Fragestellung
Als „KRAZAF-Lücke“ bezeichnet man im politischen Jargon Forderungen der Gemeinden auf jene Zuschüsse zur Deckung des Betriebsabganges von Krankenanstalten, die durch den Übergang der verschiedenen bisherigen Systeme der Krankenanstaltenfinanzierung entstanden sind. Dabei geht es – wie in der Folge noch zu zeigen sein wird – um zwei Übergangsphasen, in denen durch fehlende explizite Übergangsregelungen derartige Ansprüche der Rechtsträger von Krankenanstalten offen geblieben sind. Damit stellt sich die Frage, wie solche Ansprüche geltend gemacht werden können und welche Erfolgsaussichten insbesondere für eine Klagsführung im Verfahren nach Art. 137 B-VG vor dem VfGH bestehen. Diese Frage wird hier aus gegebenem Anlass am Beispiel der Rechtsträger niederösterreichischer Krankenanstalten untersucht.

2. Zeitliche Einordnung der KRAZAF-Lücken
Der erste relevante Übergang erfolgte vom Zweckzuschusssystem nach dem Bundes-KAG1 (seit 1. Jänner 1957) zum System der Zuteilung von Zuschüssen durch den Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds (KRAZAF) am 1. Jänner 1978.2 Die Grundlage dieser Zuschüsse bildeten befristete Vereinbarungen gemäß Art. 15a B-VG. Der zweite Systemübergang betrifft das Auslaufen dieses KRAZAF-Systems. An dessen Stelle ist ab 1. Jänner 1997 die Zuteilung der Zweckzuschüsse zum Betriebsabgang über Landesfonds im Rahmen des LKF-Systems (Leistungsorientierte Krankenanstaltenfinanzierung) getreten (§§ 27 ff KAKuG i.d.F. BGBl 1996/751). Für die Deckung der Betriebsabgänge unter dem neuen System besteht dabei eine Sonderregelung, die der Landesgesetzgebung die Möglichkeit einräumt, diese Abgänge ebenfalls im Rahmen der Landesfonds zu decken (§ 34 KAKuG i.d.F. BGBl 1996/751). Davon hat etwa Niederösterreich Gebrauch gemacht (§§ 70–72 NÖ KAG3).4
Die derzeit aktuelle Vereinbarung über die Neustrukturierung des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung BGBl I 2002/60 (und die darauf basierende Rechtslage im KAKuG und im NÖ KAG) gilt bis 31. Dezember 2004. Im Fall des Scheiterns der Verhandlungen über eine Nachfolgeregelung treten die entsprechenden Rechtsvorschriften mit Stand 31. Dezember 1977 – d. h. die Regelungen über die Zweckzuschüsse nach dem KAG, die direkt gegen den Bund geltend zu machen sind, wie sie vor dem KRAZAF-System bestanden – wieder in Kraft: Art. 38 Abs. 4 der Vereinbarung BGBl I 2002/60.
Genau genommen handelt es sich also um zwei Zeiträume mit potenziellen Ansprüchen und damit um zwei „KRAZAF-Lücken“.

3. Entstehen der KRAZAF-Lücken
Beide Systemübergänge (1977/78 bzw. 1996/97) sind mit der Problematik behaftet, dass sie für das jeweils erste Jahr der neuen Zuschussregelung auf Daten vorhergehender Perioden basierten, sodass ein nahtloser Übergang beider Systeme nicht trennscharf vorgenommen werden konnte. Gerade für das jeweils letzte Jahr vor dem Systemübergang können aufgrund fehlender bzw. unklarer Übergangsregelungen offene Forderungen seitens der Rechtsträger der Krankenanstalten bestehen.

a) Der Systemübergang von der KAG-Zweckzuschussregelung zum KRAZAF 1977/78
Für die Betriebszuschüsse nach § 15 KRAZAF-G 1978 BGBl 1978/454 normierte dessen Abs. 5, dass der Berechnung die Daten des jeweils zweitvorangegangenen Jahres zugrunde zu legen sind (etwa für das erste Jahr – 1978 – die Daten aus 1976). Aus expliziten Anrechnungsregeln (§§ 4 Abs. 7 und 11 Abs. 3 KRAZAF-G 1978 BGBl 1978/454) ergab sich dabei, dass Ansprüche etwa für die Jahre vor 1977 jedenfalls gegen den Bund zu richten waren, solche für 1977 hingegen nicht mehr, da ihnen die gesetzliche Grundlage entzogen worden war. (Die Fondsleistungen des Jahres 1978 sollten die Abgänge des Jahres 1977 decken, eventuell geleistete Zahlungen des Bundes im Jahr 1978 waren daher auf die Fondsleistung anzurechnen: vgl. dazu VfGH Slg. 9643/1983 – „Zamser Erkenntnis“). Daraus ergibt sich im Effekt, dass Ansprüche im letzten Jahr vor dem In-Kraft-Treten der Fondslösung nicht zwingend gegen den formal bis dahin passivlegitimierten Bund bestehen. Sollten Forderungen für das Jahr 1977 offen geblieben sein, würden diese nach der genannten Judikatur vielmehr bereits gegenüber dem KRAZAF bestehen. Inwieweit solche Forderungen faktisch bestehen, kann allerdings nur aufgrund empirischer Abrechnungsdaten ermittelt werden.

b) Der Systemübergang vom KRAZAF zur LKF-Regelung 1996/97
Die Übergangsregelungen der Bund-Länder-Vereinbarungen unter dem neuen Zuschusssystem durch die Landesfonds (im Rahmen des LKF-Systems ab 1. Jänner 1997) legten eindeutig fest, dass Ansprüche bis einschließlich jener aus 1996 unberührt bleiben und jedenfalls gegenüber dem KRAZAF bestehen.5 Daraus ist abzuleiten, dass der KRAZAF als grundsätzlich zahlungspflichtiger Fonds (vgl. dazu sogleich unten 4.) aus dem Titel eventueller Nachzahlungen für die Jahre 1995/1996 trotz des Auslaufens des durch ihn abgewickelten Zuschusssystems weiterhin besteht. Speziell für die niederösterreichischen Krankenanstalten liegen konkrete Zahlen vor, die die für die einzelnen Rechtsträger bestehenden Forderungen aus diesen Abrechnungen belegen.6 Aus dieser zweiten KRAZAF-Lücke bestehen somit jedenfalls quantifizierbare Forderungen.

4. Durchsetzung der Ansprüche aus der KRAZAF-Lücke
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die Ansprüche sowohl aus der ersten als auch aus der zweiten KRAZAF-Lücke gegenüber dem KRAZAF bestehen. Fraglich ist dabei aber, auf welchem Rechtsweg sie einzuklagen sind.
Weder das KRAZAF-G in der für 1977/78 gültigen Fassung (BGBl 1978/454: vgl. v. a. § 4 leg. cit.) noch in der für 1996 gültigen Fassung (BGBl 1991/700 i.d.F. BGBl 1995/853: vgl. v. a. § 6 leg. cit.) normieren die Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde oder eine solche der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über Nachzahlungen im Hinblick auf die Zuschüsse zum Betriebsabgang. In Betracht kommt daher die Zuständigkeit des VfGH im Rahmen der Kausalgerichtsbarkeit nach Art. 137 B-VG. Voraussetzung dafür ist die öffentlich-rechtliche Rechtsnatur der entsprechenden vermögensrechtlichen Ansprüche: diese wurde jedoch, da es sich um Zweckzuschüsse handelt, seit jeher angenommen (vgl. etwa VfGH Slg. 3736/1960; 4818/ 1964; 8288/1978).
Eine weitere Voraussetzung einer Klage nach Art. 137 B-VG ist es, dass es sich um einen (vermögensrechtlichen) Anspruch an eine Gebietskörperschaft (Bund, Länder, Gemeinden oder Gemeindeverbände) handelt. Die Forderungen aus den KRAZAF-Lücken bestehen aber, wie gezeigt, gegenüber diesem Fonds. Der VfGH judiziert jedoch, dass Forderungen nach Art. 137 B-VG „auch dann geltend gemacht werden (können), wenn sie sich gegen einen selbständigen Rechtsträger richten, der öffentliche Aufgaben einer Gebietskörperschaft besorgt, also aus dem Blickwinkel des Art. 137 B-VG einer Gebietskörperschaft zugerechnet werden“ kann (VfGH Slg. 15.174/1998). Dass der KRAZAF als ein bei einem Bundesministerium eingerichteter Fonds (vgl. § 22 KRAZAF-G BGBl 1991/700) öffentliche Aufgaben in diesem Sinn besorgt, steht wohl außer Frage: Der KRAZAF ist nach den organisationsrechtlichen Regelungen des KRAZAF-G stets als ein Fonds des Bundes eingerichtet gewesen, wenngleich er durch Beiträge von Bund, Ländern und anderen Organen dotiert war (vgl. §§ 4 und 15 KRAZAF-G BGBl 1991/700). Passivlegitimiert ist somit jedenfalls der Bund (vgl. VfGH Slg. 15.174/1998, ferner VfGH Slg. 3807/1960), im Lichte dieser Judikatur wohl aber auch der KRAZAF selbst (vgl. VfGH Slg. 14.372/1995).

5. Hindernisse einer Klagsführung nach Art. 137 B-VG
Obwohl somit die formellen Voraussetzungen des Art. 137 B-VG vorliegen, stellt sich die weitere Frage, ob einer erfolgreichen Klagsführung durch die Rechtsträger der betroffenen Krankenanstalten nicht andere Hindernisse entgegenstehen. Solche könnten sich insb. aus einzelnen Bestimmungen der noch bis Ende 2004 geltenden Vereinbarung BGBl I 2002/60 (vgl. Art. 38 Abs. 2) und einer Punktation zur Paktierung des Finanzausgleichs 2001–2004 ergeben.

a) Schutzklausel für Bund und Träger
der Sozialversicherung

Die geltende Art.-15a-B-VG-Vereinbarung sieht nämlich in einer ausdrücklich als „Schutzklausel für Bund und Träger der Sozialversicherung“ bezeichneten Bestimmung (Art. 30 Abs. 1) vor, dass sich die Länder im Rahmen ihrer Kompetenz verpflichten, dafür zu sorgen, dass für die Jahre 2001 bis 2004 keine über diese Vereinbarung hinausgehenden finanziellen Forderungen betreffend die Krankenanstalten an den Bund oder die Träger der Sozialversicherung gestellt werden. Ferner hält Art. 33 dieser Vereinbarung7 fest, dass die gegensätzlichen Standpunkte der Vertragsparteien zu allfälligen Nachzahlungen i.S.d. Erkenntnisses VfGH Slg. 9643/1983 (betreffend die Nachzahlungen aus der ersten KRAZAF-Lücke, vgl. oben 3.a) aufrecht bleiben, diese aber „bis zum 31. Dezember 2004 nicht zur Diskussion stehen“.

b) Auswirkungen der Bestimmungen der Vereinbarung BGBl I 2002/60 auf die Klagsführung nach Art. 137 B-VG
Damit stellt sich die Frage, ob Klagsführungen durch die Rechtsträger betroffener Krankenanstalten aufgrund der genannten Bestimmungen während der Geltungsdauer dieser Vereinbarung zulässig sind.
Sollte ein Land – hier: Niederösterreich – eine Klage gegen den Bund nach Art. 137 B-VG beim VfGH einbringen, so würde damit diese Vereinbarung verletzt. Der Bund könnte diesfalls beim VfGH die Feststellung8 beantragen (Art. 138a Abs. 1 B-VG), dass die genannte Vereinbarung nicht erfüllt worden sei. Welche Auswirkungen diese Feststellung auf den Ausgang eines vom Land NÖ initiierten Verfahrens nach Art. 137 B-VG hätte, lässt sich nicht einfach beantworten, kann aber hier aus folgendem Grund dahingestellt bleiben.
Die betroffenen Rechtsträger der NÖ Krankenanstalten sind als Gemeinden keine Vertragspartner der besagten Vereinbarung. Diese ist – im Sinne des Art. 15a B-VG – ausschließlich zwischen dem Bund und den Ländern abgeschlossen worden und bezieht sich daher rechtlich nur auf die Beziehungen zwischen diesen beiden Gebietskörperschaften.9 Daher kann sich die Frage der Nichterfüllung der Vereinbarung im Sinne des Art. 138a B-VG im Verhältnis von Bund und Gemeinden schon aufgrund von deren fehlender Eigenschaft als Vertragsparteien gar nicht stellen.
Es stellt sich aber die weitere Frage, ob die Gemeinden als Normadressaten dieser Vereinbarung zu betrachten sind und sie daher als solche durch die Bestimmungen der Art. 30 und 33 verpflichtet werden, keine Klage gegen den Bund (und – worum es hier aber nicht geht – die Sozialversicherungsträger) zu erheben. Diese Frage kann aber mit Sicherheit verneint werden. Gliedstaatsverträge gemäß Art. 15a B-VG erzeugen nämlich nach der ständigen Judikatur des VfGH kein unmittelbar anwendbares Bundes- oder Landesrecht (vgl. etwa VfGH Slg. 9581/1982, 15.972/2000). Zur Berechtigung und Verpflichtung anderer Personen als der Vertragsparteien selbst bedürfen sie vielmehr einer speziellen Transformation in ein Gesetz oder – bei entsprechender gesetzlicher Grundlage i.S.d. Art. 18 Abs. 2 B-VG – in eine Verordnung.10 Die Gemeinden als Rechtsträger der betroffenen Krankenanstalten wären somit nur dann durch die Stillhaltevereinbarung des Art. 30 der geltenden Vereinbarung gebunden, wenn eine entsprechende gesetzliche Ausführungsregelung bestünde. Eine derartige transformierende Regelung der genannten Bestimmung der Vereinbarung liegt jedoch im NÖ Landesrecht nicht vor. Inwieweit darin eine Nichterfüllung der Vereinbarung seitens des Landes NÖ liegt, die der VfGH auf Antrag der Bundesregierung in einem Verfahren nach Art. 138a B-VG feststellen könnte, kann hier dahingestellt bleiben. Denn auch eine solche verfassungsgerichtliche Feststellung würde das Klagerecht der Gemeinden nach Art. 138a B-VG auf keinen Fall beeinträchtigen.
Die geltende Art.-15a-B-VG-Vereinbarung kann somit aus der Sicht von Gemeinden nicht als ein anspruchsverhinderndes Moment im Rahmen des Verfahrens der Kausalgerichtsbarkeit (Art. 137 B-VG) aufgefasst werden. Eine Klage von Gemeinden wäre somit auch bereits während der Geltungsdauer der Vereinbarung BGBl I 2002/ 60, also noch im Laufe des Jahres 2004, zweifelsfrei zulässig.

c) Punktation zum Finanzausgleich 2001–2004
Dieses Ergebnis wird auch nicht dadurch wieder in Frage gestellt, dass bereits in einer Punktation zum Paktum über den Finanzausgleich für die Jahre 2001–2004 (Pkt. 9) Bund, Länder und Gemeinden festhalten, dass die „gegensätzlichen Standpunkte zu allfälligen Nachzahlungen … aufrecht (bleiben) und bis 31. 12. 2004 nicht zur Diskussion (stehen)“. Die zitierten Bestimmungen der „15a-Vereinbarung“ BGBl I 2002/60 gehen offensichtlich auf diese Punktation zurück. Diese wurde zwar von den Finanzausgleichspartnern nicht unterschrieben, gegen den zitierten Satz wurde aber nach Auskunft von Beteiligten auch kein Widerspruch erhoben.
Diese Punktation ist keine rechtsverbindliche Vereinbarung. Sie ist zum einen keine Vereinbarung im Sinne des Art. 15a B-VG, weil an einer solchen Gemeinden gar nicht als Vertragspartner mitwirken könnten (siehe zuvor 5.b). Zum anderen kann sie aber auch nicht als privatrechtlicher Vertrag gedeutet werden. Sie dokumentiert jedoch Absichten der Finanzausgleichspartner. Im Sinne der Judikatur des VfGH zur Sachlichkeit des jeweiligen Finanzausgleichs (Finanzausgleichsgerechtigkeit) im Lichte der §§ 4 und 8 Abs. 2 F-VG (VfGH Slg. 9280/1981; 12.505/1990; 15.039/1997; zuletzt VfGH 13. 3. 2003, G 248/02) könnte ihr daher im Rahmen einer Prüfung der Verfassungsmäßigkeit geltender finanzausgleichsrechtlicher Bestimmungen Relevanz zukommen.11 Ein Einvernehmen der Finanzausgleichspartner indiziert nämlich nach dieser Judikatur die Sachgemäßheit einer finanzausgleichsrechtlichen Regelung. Darum geht es hier aber gar nicht. In der vorliegenden Konstellation ist nicht zu beurteilen, ob eine bestehende finanzausgleichsrechtliche Regelung jene Gemeinden, die Spitalerhalter sind, willkürlich benachteiligt bzw. diese von Gemeinden besorgte Aufgabe in unsachlicher Weise nicht berücksichtigt. Es geht vielmehr um konkrete Rechtsansprüche aus bestehenden finanzausgleichsrechtlichen Regelungen und um die Frage, inwieweit Bestimmungen einer geltenden Art.-15a-Vereinbarung der Geltendmachung solcher Ansprüche entgegenstehen.
Auch wenn man diese Bestimmungen über die zitierte „Punktation“ mit den Verhandlungen über den Finanzausgleich 2001–2004 in einen offensichtlichen Zusammenhang bringen und mit dem in dieser „Punktation“ zum Ausdruck kommenden Einvernehmen die Sachgemäßheit dieses Finanzausgleichs näher begründen kann, lässt sich aus ihnen keine unmittelbare Verpflichtung der Gemeinden ableiten. Dem steht die eindeutige Verfassungslage entgegen, dass Vereinbarungen nach Art. 15a B-VG andere Rechtspersonen als die Vertragspartner selbst nicht unmittelbar verpflichten können (siehe zuvor). Eine rechtlich selbst gar nicht verbindliche Absprache zwischen den Finanzausgleichspartnern (zu denen an sich auch die Gemeinden, vertreten durch Städte- und Gemeindebund, gehören) kann die dafür erforderliche Transformation einer Art.-15a-Vereinbarung auf keinen Fall ersetzen.
Es bleibt somit bei dem Ergebnis, dass Gemeinden weder durch die Vereinbarung BGBl I 2002/60 noch durch die Punktation zum Finanzausgleich 2001–2004 rechtlich gehindert sind, Ansprüche aus der KRAZAF-Lücke mit einer Klage nach Art. 137 B-VG geltend zu machen. Ob es andere anspruchshemmende Gründe auf der Grundlage bilateraler Vereinbarungen gibt, war hier nicht zu prüfen.

Fußnoten:
1 Bundesgesetz vom 18. Dezember 1956 über Krankenanstalten BGBl 1957/1 (§§ 57–59 leg. cit.). Seit der Novelle BGBl I 2002/65: KAKuG – Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten.

2 Vgl. dazu das erstmalige Bundesgesetz über die Errichtung des Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds BGBl 1978/454.

3 NÖ Krankenanstaltengesetz LGBl 9440-0 i.d.g.F.

4 Gemäß § 33 KAKuG ist durch die Landesgesetzgebung anzuordnen, dass für die Krankenanstalten jenes Gebiet, für dessen Bevölkerung sie zunächst bestimmt sind, als Beitragsbezirk und das darüber hinausreichende Einzugsgebiet als Krankenanstaltensprengel gebildet wird. Darauf basieren die Regelungen über die Verteilung der Beitragsleistungen, wobei diesbezüglich die Bestimmung des § 34 KAKuG entscheidend ist: Danach ist die Verteilung der Beitragsleistung zur Abdeckung des Betriebsabganges entweder im Verhältnis von Rechtsträger, Beitragsbezirk, Krankenanstaltensprengel und Bundesland (Abs. 1) oder im Rahmen der Finanzierungsregelungen über den Landesfonds (Abs. 3) landesgesetzlich zu regeln. Im Rahmen der letzteren Variante war der Bund zunächst direkt gegenüber den Landesfonds zur Leistung der Zweckzuschüsse verpflichtet (§ 57 KAKuG i.d.F. BGBl 1996/751); seit der Novelle BGBl I 2001/5 besteht für diese Aufgaben ein Strukturfonds als Bundesfonds mit Rechtspersönlichkeit (§§ 56a, 59a–59i KAKuG), der an die jeweiligen Landesfonds zu leisten hat (§§ 57–59 KAKuG). Zuständig für die Leistung der Beiträge zum Betriebsabgang an die einzelnen Rechtsträger ist in Niederösterreich der NÖ Gesundheits- und Sozialfonds (NÖGUS), an den außer dem Bund das Land Niederösterreich, die Träger der Krankenanstalten und der Krankenanstaltensprengel Beiträge zu leisten haben.

5 Art. 29 Abs. 2 BGBl I 1997/111; Art. 35 Abs. 2 BGBl I 2002/60.

6 Siehe dazu die vom Landtagsabgeordneten Kautz (SPÖ) genannten Zahlen: Sitzungsbericht 4. Sitzung der Tagung 2003 des NÖ Landtages (17. Juni 2003), 282.

7 Wie schon die vorhergehende Vereinbarung: vgl. Art. 28 BGBl I 1997/111.

8 Vgl. dazu Thienel, Art. 138a B-VG, in: Korinek/Holoubek (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 3. Grundlieferung (2000), Rz 30.

9 Vgl. Thienel, Art. 15a B-VG, in: Korinek/ Holoubek (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 3. Grundlieferung (2000), Rz 100.

10 Vgl. dazu Öhlinger, Verfassungsrecht, 5. Aufl. (2003), Rz 320.

11 Siehe dazu zuletzt Pernthaler, Österreichisches Bundesstaatsrecht (2004) 416 ff.

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