Wahlrechtsreform in der Steiermark

Wahlrechtsreform in der Steiermark

Am 31. August 2004 wurde im LGBl. 45/2004 die Landtagswahlordnung 2004 verlautbart. Sie bildet die rechtliche Basis für die kommenden Landtagswahlen, die – sofern nicht bereits für einen davor liegenden Zeitpunkt Neuwahlen beschlossen werden – plangemäß im Oktober 2005 stattfinden. Der zweite und abschließende Teil der ÖGZ-Serie „Wahlrechtsreform in der Steiermark“ beleuchtet die Kernpunkte der Landtagswahlordnungsnovelle 2004, etwa die Anpassung von Fristen, die durchgängige Geschlechtsneutralität bei Begriffen sowie die Neueinteilung der Wahlkreise.

 

Allgemeines
Im Landesgesetzblatt Nr. 45/2004 vom 31. August 2004 wurde die Landtagswahlordnung 2004 verlautbart. Die Stammfassung aus 1960 und einige nicht unwesentliche Änderungen haben den Landesgesetzgeber auch hier – vergleiche GWO 20041 – bewogen, keine weitere Novelle zu erlassen, sondern das Gesetz primär aus Gründen der Übersichtlichkeit komplett neu zu erlassen. Die Kernpunkte der vorliegenden Landtagswahlordnungsnovelle (LTWO 2004) betreffen – ähnlich der Gemeindewahlordnung – einige Fristen, die Anzahl der Beisitzer in den Wahlbehörden, die Herabsetzung des passiven Wahlalters sowie die Einführung des vorgezogenen Wahltages.

Quer durch
Quer durch das Gesetz wurden Begriffe wie beispielsweise die „Ersatzmänner“ durch geschlechtsneutrale und grammatikalisch richtige Begriffe wie „Ersatzbeisitzer“ ersetzt und damit das Gesetz an die sprachlichen Gegebenheiten des 21. Jahrhunderts angepasst. Ebenfalls in vielen Bestimmungen angepasst wurden wahltechnisch relevante Fristen. Nötig ist diese Anpassung in erster Linie wegen der Einführung des vorgezogenen Wahltages.

Wahlkreise
Die Einteilung der Wahlkreise erfolgt jetzt nach den politischen Bezirken und nicht mehr nach den Gerichtsbezirken wie früher. Der Wahlkreis 1 umfasst die Stadt Graz und den politischen Bezirk Graz-Umgebung, der Wahlkreis 2 die politischen Bezirke Deutschlandsberg, Leibnitz, Radkersburg und Voitsberg, der Wahlkreis 3 die Bezirke Feldbach, Fürstenfeld, Hartberg und Weiz und der Wahlkreis 4 die politischen Bezirke Bruck/Mur, Judenburg, Knittelfeld, Leoben, Liezen, Murau und Mürzzuschlag. Eine Verschiebung von Mandaten zwischen den politischen Parteien im bestehenden Landtag ergibt sich aus der neuen Wahlarithmetik nicht.

Wahlbehörden
„Die Durchführung und Leitung der Wahl obliegt den Wahlbehörden. Die Wahlleiter haben nur jene Geschäfte zu besorgen, die ihnen nach diesem Gesetz zukommen.“2 Eine Klarstellung der Kompetenzfrage zwischen (meist) Bürgermeister und Wahlbehörde als Kollegialorgan.
Zu beachten ist hier auch § 17 LTWO 2004, der regelt, unter welchen Umständen der Wahlleiter selbständig Amtshandlungen durchführen kann.
Der Spielraum in der Zusammensetzung der Wahlbehörden wurde abgeschafft. Die Gemeindewahlbehörden bestehen aus dem Vorsitzenden sowie 9 Beisitzern, die Sprengel- sowie die besonderen Wahlbehörden aus dem Vorsitzenden und 3 Beisitzern.
Die Bezirks-, Kreis- und Landeswahlbehörden bestehen einheitlich aus 9 Beisitzern und dem Vorsitzenden. In den Gemeindewahlbehörden ist ex lege der Bürgermeister als Vorsitzender bestimmt, in den Bezirks- und Kreiswahlbehörden jeweils der örtlich zuständige Bezirkshauptmann und in der Landeswahlbehörde der Landeshauptmann. In allen Fällen muss der Vorsitzende sich einen Stellvertreter für den Fall seiner vorübergehenden Verhinderung bestellen und kann er einen dauerhaften Vertreter für sich selbst nominieren.

Wahlrecht
Aktiv wahlberechtigt sind alle Landesbürger, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben. Bislang war der Stichtag für das Wahlrecht der 1. Jänner des Jahres der Wahl. Lange ohne Ergebnis verhandelt wurde die Senkung des aktiven Wahlalters – wie in der GWO 2004 realisiert – auf 16 Jahre. Hier fand sich keine Mehrheit im Landtag.
Das bisher mühsame Verfahren der Wähleranlageblätter und Erstellung der Wählerverzeichnisse wurde in der Landtagswahlordnung vereinfacht. Grundlage ist nun die ständige Wählerevidenz nach den bundesgesetzlichen Vorschriften. Sollte es eine derartige Evidenz nicht geben, sind einfache Wählerverzeichnisse von den Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich zu erstellen.
Die Auflage der Wählerverzeichnisse hat jetzt auf Grund des vorgezogenen Wahltages früher zu erfolgen. Eine automationsunterstützte Einsichtnahme in die Wählerverzeichnisse kann ermöglicht werden, wenn sichergestellt ist, dass ein Ausdruck nicht möglich ist. Die Ausfolgung der Abschriften hat über Verlangen und gegen Kostenersatz an die wahlwerbenden Parteien spätestens am 1. Tag der Auflegung des Wählerverzeichnisses zu erfolgen.

Wählbarkeit und Wahlwerbung
Das passive Wahlalter mit Stichtag am Wahltag beträgt in der Steiermark 19 Jahre. Die Kreiswahlvorschläge sind spätestens am 37. Tag vor dem Wahltag der Kreiswahlbehörde vorzulegen. Der Wahlleiter hat bei Vorlage den Wahlvorschlag sofort auf offensichtliche Mängel hin zu überprüfen und gegebenenfalls zur Verbesserung innerhalb der oben genannten Frist zurückzustellen. Danach ist der Wahlvorschlag von der Wahlbehörde zu überprüfen. Es sind dann gegebenenfalls Aufträge zur Verbesserung zu erteilen. Wird der Kreiswahlvorschlag veröffentlicht, so berühren Mängel, die danach festgestellt werden, dessen Gültigkeit nicht mehr.3

Wähler
Die Bestimmungen zur Ausübung des Wahlrechts wurden im Wesentlichen aus der Landtagswahlordnung 1960 übernommen. Neu ist die Verpflichtung einer Stimmzettelschablone für Blinde und schwer sehbehinderte Personen – wie im Bundesrecht schon lange Usus. Um den Wählern die Ausübung des Wahlrechts zu erleichtern, gibt es jetzt 4 besondere Wahlbehörden: nämlich in Heil- und Pflegeanstalten, in gerichtlichen Gefangenenhäusern, für Personen, die aus gesundheitlichen Gründen das Wahllokal nicht aufsuchen können, und für Personen, die sich am Wahltag voraussichtlich nicht am Wahlort aufhalten und ihre Stimme schon vor dem Wahltag abgeben wollen. Die ersten drei besonderen Wahlbehörden sind Usus und grundsätzlich bekannt. Neu – in der Steiermark – ist die Möglichkeit der Stimmabgabe am vorgezogenen Wahltag.

Vorgezogener Wahltag
Den Wählern muss dazu am 9. Tag vor dem Wahltag – das ist der Freitag, eine Woche vor dem regulären Wahltag – eine Wahlbehörde zumindest in der Zeit zwischen 18.00 und 19.00 Uhr zur Verfügung stehen. Für den vorgezogenen Wahltag müssen die Wähler ebenfalls eine Wahlkarte beantragen.
Neu gefasst wurden die Bestimmungen betreffend die Ermittlung der Gewählten auf Grund von Vorzugsstimmen sowie die Bestimmungen über die Berufung, Ablehnung und Streichung von Bewerbern.
Da die LTWO 2004 und die GWO 2004 in den meisten Bereichen beinahe wortgleich ident sind, wird für weitere Ausführungen zum Thema auf den ersten Artikel dieser Serie in der ÖGZ 10/2004 verwiesen.

Fußnoten:
1 Siehe ÖGZ 10/2004, Seite10 ff.
2 Vgl. § 5 LTWO 2004
3 Vgl. § 44

OEGZ

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