„Interoperabilität“ als Zauberwort der IT-gestützten Verwaltungsmodernisierung

„Interoperabilität“ als Zauberwort der IT-gestützten Verwaltungsmodernisierung

E-Government ist im Moment DAS Synonym für Verwaltungsmodernisierung, Steigerung der Effizienz und besseren Service am Kunden. E-Government hat jedoch auch seinen Preis: Eine Studie des Österreichischen Städtebundes beziffert die Kosten mit mindestens 15 Euro pro Einwohner. Gerade E-Government, wo einer der Hauptaspekte die Orts- und Zeitungebundenheit der Verfahrensabwicklung darstellt, wäre ein geeignetes Anwendungsfeld für interkommunale Kooperationen, die Synergieeffekte liegen auf der Hand. Die Voraussetzung dafür ist jedoch eine Standardisierung der Kommunikationsschnittstellen und eine maximale Interoperabilität der in den Kommunen zum Einsatz kommenden EDV-Anwendungen. Aus diesem Grund hat der Österreichische Städtebund eine Arbeitsgruppe zur Schaffung einheitlicher Standards für den Datentransfer von und zu kommunaler Fachsoftware initiiert.

 

Wo ein E-Government-Verfahren zeitlich bzw. räumlich abgewickelt wird, ist prinzipiell egal. Ebenso, wo ein Bürger oder ein Unternehmen einen Antrag einbringt. Wesentlich ist vielmehr, dass die eingebrachten Daten direkt und automatisiert in ein operatives Bearbeitungssystem übernommen werden können und dass benötigte Zusatzinformationen (wie z. B. Nachweise, Grundstücks- oder Gebäudedaten) eingeholt werden können. Die Ergebnisdaten müssen dabei von der zuständigen Gebietskörperschaft in ihr lokales System übernommen werden können.
Was einfach klingt, bedarf mehrerer Anstrengungen: Eine elektronische Antragstellung kann problemlos zentral angeboten werden. Die Antragsdaten müssen jedoch in unterschiedliche lokale Systeme übernommen werden können – mit einer Ausnahme: Wenn sich mehrere Gemeinden darauf verständigen, eine E-Government-Anwendung (z. B. das elektronische Bauantragsverfahren) nur einmal zentral aufzubauen, dann könnten die Antragsdaten für alle beteiligten Gemeinden in dieses System fließen. Das Problem der Datenverteilung auf unterschiedliche lokale Systeme ist damit aber noch nicht gelöst, sondern nur um einen Schritt nach hinten verlagert. Im Falle von Datenabfragen von oder Datenveränderungen in den lokalen Systemen der Städte und Gemeinden, zu denen es im Prinzip bei fast jedem Verfahren kommt, müssen diese mehr oder weniger in Echtzeit nachgezogen werden.
Das Hauptproblem dabei ist die Übergabe der Daten zu den unterschiedlichen EDV-Anwendungen. Im Bereich der Gemeindeverwaltung gibt es in Österreich einige wenige Anbieter kommunaler Fachsoftware, welche mit ihren Systemen die wesentlichen Routinetätigkeiten abdecken. Der Einsatzbereich reicht von Kleinstgemeinden bis zu Städten mittlerer Größe. In den größeren Städten hingegen verbreitert sich die fachbezogene Softwarelandschaft einerseits durch proprietäre Eigen- oder Fremdentwicklungen, andererseits durch den Einsatz von Enterprise Resource Planning (ERP)-Software wie beispielsweise SAP oder Workflowmanagementsystemen, etwa von Fabasoft oder SER.

Standardisierte Schnittstellen sind zentrales Schlüsselelement
Zentrale Anforderung, um eine entsprechende „Interoperabilität“ zwischen diesen EDV-Anwendungen zu erhalten, sind somit standardisierte Schnittstellen. Sowohl zentrale Datenhaltung als auch verwaltungsübergreifende Vernetzung bedürfen neben einer standardisierten Form des Datenaustauschs („Kommunikationsarchitektur“) auch standardisierter Datenschnittstellen, damit im E-Government elektronisch erfasste Daten ohne Qualitätsverlust bzw. auch ohne zusätzliche Eingriffe (Medienbrüche) in unterschiedliche kommunale Fachanwendungen übergeben bzw. übernommen werden können.
Vor dem Hintergrund dieser Anforderungen hat der Österreichische Städtebund eine Arbeitsgruppe initiiert, die sich der Entwicklung standardisierter XML-Schnittstellen kommunaler Fachanwendungen (AG Q-SKF) widmet. Definiertes Ziel der Arbeitsgruppe ist die Entwicklung, Implementierung und der qualifizierte Test verbindlicher Standards für die Datenübergabe bzw.
-übernahme von und zu Gemeindeapplikationen sowie von und zu externen Akteuren. Aufgrund der weit reichenden Bedeutung für die Entwicklung von E-Government wurde die Arbeitsgruppe nun auch auf die E-Government-Roadmap des Bundes gesetzt. Ein mögliches Interaktionsszenario ist auf Abbildung 1 zu sehen.
Um ein konzertiertes Vorgehen sicherzustellen, kooperiert die Arbeitsgruppe auch mit allen weiteren, teilweise bereits laufenden E-Government-Initiativen, bei denen eine Datenübergabe bzw. -übernahme an/von Kommunen erforderlich ist, wie z. B. den Roadmap-Projekten „Q-help“ (Informations- und Transaktionsportal help.gv.at), „Q-KA“ (Kommunikationsarchitektur) oder „Q-ZU“ (elektronische Zustellung).

Zusammensetzung der Schnittstellen-Arbeitsgruppe
Die Projektleitung hat Dipl.-Ing. Manfred Wundara, IT-Leiter des Magistrats Villach und Präsidiumsmitglied des Fachausschusses für Informationstechnologie des Österreichischen Städtebundes, übernommen. An der Arbeitsgruppe selbst nehmen Vertreter des Bundes (Chief Information Office/ BKA und Abteilung help/BKA), der Städte und die großen Hersteller kommunaler Fachanwendungen teil. Um die Zusammenarbeit mit der für die Kommunikationsarchitektur verantwortlichen Roadmap-Arbeitsgruppe KommArch (AG Q-KA) sicherzustellen, nehmen die Arbeitsgruppenleiter der beiden Arbeitsgruppen wechselseitig an den Sitzungen teil. Während von der Arbeitsgruppe Q-KA die strategischen Weichenstellungen gesetzt und technische (definitorische) Rahmenbedingungen aufgestellt werden, wird die Arbeitsgruppe Q-SKF auf Grundlage dieser Vorgaben einem Bottom-up-Ansatz folgend, konkrete Verfahren bzw. Leistungen aus dem kommunalen Umfeld auswählen und verfahrensspezifische Schnittstellen entwickeln.

Inhaltliche Kurzdarstellung
Gestartet wurde die Arbeitsgruppe am 18. Mai 2004. Aus Gründen der Effektivität wurde die Arbeitsgruppe in zwei Untergruppen, eine organisatorische Gruppe und eine technische Gruppe, aufgeteilt.
Die organisatorische Untergruppe leistet die Vorarbeit im Bereich der Auswahl, Definition und Modellierung kommunaler Geschäftsprozesse. Sie ist für die Auswahl und Definition der Use-Cases verantwortlich (siehe Abbildung 2) und liefert verbindlich und akkordiert eine Beschreibung und Markierung der Schnittstellen, eine Auflistung der Schnittstellen innerhalb eines Prozesses, ein Aktivitäten- und ein Sequenzdiagramm für die ausgewählten Use-Cases an die technische Unterarbeitsgruppe.
Als Kriterien für die Auswahl von Verfahren zur Modellierung als Use-Case dienen

- Frequenz,
- österreichweiter Standard,
- Schnittstellen,
- Signatur,
- Zustellung,
- Bezahlung,
- ELAK,
- Fachapplikation,
- Register,
- Applikation zu Applikation (Applikation/ELAK/Register) und
- Help-Angebot.

Weiters wird auf das Ergebnis der Umfrage des Österreichischen Städtebundes zurückgegriffen (siehe Beitrag ÖGZ 10/2004 – E-Government-Tauglichkeit kommunaler Verfahren) bzw. werden die prioritären Verfahren vorrangig behandelt. Die Selektion der richtigen Verfahren, aber auch die Wahl einer kritischen Menge an Verfahren ist einerseits für die Ableitung eines Standards erforderlich und soll andererseits auch die praktische Einsetzbarkeit und insbesondere die E-Government-Tauglichkeit sicherstellen.
Die technische Unterarbeitsgruppe spezifiziert auf den durch die organisatorische Unterarbeitsgruppe erarbeiteten Unterlagen aufbauend die Schnittstellen technologieneutral. Sie liefert dabei ein Informationsmodell (Klassenmodell), welches in ein XML-Schema transformiert wird und Implementierungsbeispiele in mehreren Sprachen (.NET, Java). Die Prozesse an sich werden in WSDL (Web Services Definition Language) spezifiziert. Wesentliches Augenmerk wird bei den Ergebnissen auf die Plattform- und Programmiersprachenunabhängigkeit gelegt (WSI Compliant).
Um am Markt nicht vorbeizuproduzieren, wird einerseits bereits bei der Auswahl der Verfahren ein hohes Augenmaß auf die Bedürfnisse der Städte und Kommunen gelegt, andererseits soll dies durch qualifizierte Tests in ausgewählten Kommunen sichergestellt werden. Die Verbindlichkeit der Ergebnisse wird durch die Einbringung in den etablierten Abstimmungsmechanismus „IKT-Board/Bund-Länder-Gemeinden-Arbeitskreis E-Government“ sichergestellt. Für umgesetzte Schnittstellen, die den Spezifikationen der durch die AG Q-SKF definierten Standardschnittstellen entsprechen, soll das E-Government-Gütesiegel vergeben werden können.

Erste Ergebnisse
Als erstes Zwischenergebnis liegen aktuell bereits für mehrere Verfahrensbereiche – wie z. B. für die Grundsteuer – ausführliche und hochwertige Use-Case-Modelle vor. Um allgemeingültige Abstraktionen identifizieren zu können, sollen in nächster Zeit weitere qualifizierte Verfahren definiert und in der organisatorischen Unterarbeitsgruppe aufbereitet werden. Erste technische Ergebnisse werden für Dezember 2004 erwartet.

Fehlende Abbildungen finden Sie in der ÖGZ 12/2004.

OEGZ

ÖGZ Download