„Bürgermeister Europas“ – Häupl neuer Präsident des Rates der Gemeinden und Regionen Europas

„Bürgermeister Europas“ – Häupl neuer Präsident des Rates der Gemeinden und Regionen Europas

 

Am 14. Dezember 2004 wurde Bürgermeister Dr. Michael Häupl von den über 100 Delegierten der Hauptversammlung des Rates der Gemeinden und Regionen Europas einstimmig zum Präsidenten des RGRE gewählt. Häupl folgt damit dem früheren Staatspräsidenten und zuletzt auch Vorsitzenden des Europäischen Verfassungskonvents, Valéry Giscard d’Estaing, nach, der den RGRE seit 1998 führte. Häupl war schon bisher einer der drei Exekutivpräsidenten und mit der wichtigen Aufgabe der Unterstützung der Städte- und Gemeindeverbände der Reformstaaten bei der Annäherung an die Europäische Union betraut. Die Wahl ist ein enormer Vertrauensbeweis und eine Anerkennung des Wiener Bürgermeisters und Städtebundpräsidenten, aber auch seines Engagements für die kommunale Sache sowie der vielen Initiativen Wiens und des Österreichischen Städtebundes, die intensive Kontakte mit den Städten und Kommunalverbänden in den mittel- und osteuropäischen Staaten pflegen.
15 Jahre nach der Ostöffnung ist die Wahl Häupls die volle Würdigung Österreichs und Wiens für die geleistete Arbeit auf der kommunalen Ebene.

Häupl – Dank an Giscard d’Estaing
Häupl dankte Giscard d’Estaing für seine Tätigkeit für den RGRE und seinen Einsatz für den Europäischen Verfassungsvertrag, wohl das hervorragendste Ereignis der letzten Jahre, sieht man von der großen EU-Erweiterung im Mai 2004 ab. In diesem Verfassungsvertrag finden sich überdies die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in hohem Umfang wieder. Die Kommunen werden im Aufbau Europas ausdrücklich erwähnt, das Subsidiaritätsprinzip genauso verankert wie auch Konsultationspflichten der Europäischen Kommission gegenüber den Verbänden von Städten, Gemeinden und Regionen sowie der Zivilgesellschaft festgelegt, der Ausschuss der Regionen aufgewertet und die Daseinsvorsorge gesondert erwähnt.
In vielen Punkten wurden bereits bestehende Grundelemente der österreichischen Gemeindeselbstverwaltung in die EU-Verfassung integriert. Dies nimmt letztlich auch nicht Wunder, da die für die Kommunalfragen und die Zivilgesellschaft zuständige Referentin in Giscard d’Estaings Mitarbeiterstab, Elisabeth Gateau, früher Generalsekretärin des RGRE war und die verfassungsmäßige Spitzenposition von Städtebund und Gemeindebund in Österreich kannte. In einer Art Geniestreich hat Giscard d’Estaing die Kommunalartikel erst in den letzten Entwurf des Verfassungsvertrags aufgenommen und damit einer möglicherweise abträglichen europäischen Diskussion entzogen.

RGRE, Eurocities und Versammlung der Regionen kämpften gemeinsam
Nicht zu vergessen bei der Konzipierung der europäischen Verfassung ist allerdings, dass dieser Erfolg nur möglich war, weil die europäischen Spitzenverbände ihre Anliegen gemeinsam und abgestimmt vorgetragen haben. Es war sicherlich positiv, dass Wien nicht nur beim RGRE, sondern auch bei Eurocities und in der Versammlung der Regionen Europas Mitglied ist und daher verschiedene Initiativen leicht unterstützen kann.

Giscard d’Estaing – Verfassungsvertrag muss umgesetzt und mit Leben erfüllt werden
Giscard d’Estaing ersuchte die anwesenden Kommunal- und Regionalvertreter dringend, die Ratifizierung des Verfassungsvertrages nach Kräften zu unterstützen und vor allem mitzuwirken, dass die Bürger darüber informiert werden. 15 Staaten werden den Verfassungsvertrag durch ihre Parlamente ratifizieren, 9 beabsichtigen ein Referendum abzuhalten (Litauen als erstes, sodann Italien und Spanien), und ein Land (Polen) hat sich noch nicht entschieden.
Einen besonderen Schwerpunkt sieht Giscard d’Estaing in der von der Europäischen Kommission gestarteten Aktion „1000 Debatten für Europa“, die von den Städten und Gemeinden unterstützt und zum Teil durchgeführt werden könnte und zum Ziel hat, den „Mehrwert“ Europas für die Bürger besser sichtbar zu machen.

Giscard d’Estaing – politisches und wirtschaftliches Europa wieder gleiches Gewicht geben
Giscard d’Estaing wies darauf hin, dass nach der ursprünglichen Idee des politischen Europas mit seiner starken Friedenssicherungs- und Aussöhnungskomponente in den letzten Jahren der wirtschaftliche Aspekt deutlich die Oberhand gewonnen hat. Es erscheint ihm dringend notwendig, wieder ein Gleichgewicht herzustellen, um auch sicherzustellen, dass die Europäische Union von seinen Bürgern verstanden und aktiv mitgetragen wird. Die Gemeinden als Gebietskörperschaften zwischen Regierungen und Bürgern haben dabei als bürgernächste gewählte Vertretung eine wichtige Rolle zu spielen.

Häupl – für europäisches Gesellschaftsmodell kämpfen
Häupl legte ein Bekenntnis zur Fortsetzung der erfolgreichen Vertretung der kommunalen Interessen in der Europäischen Union, zur weiteren Integration der neuen Mitgliedsländer und der Zusammenarbeit mit den Kandidatenländern Bulgarien und Rumänien sowie weiterer Interessenten ab. Es gilt, den Verfassungsvertrag mit Leben zu erfül-
len, d. h. auch in Brüssel eine starke Präsenz zu zeigen und das Wissen der kommunalen Ebene in die Entstehung neuer europäischer Regelungen einzubringen. Sehr bewährt hat sich in diesem Zusammenhang die schon in den letzten Jahren gepflogene Zusammenarbeit des RGRE unter anderem mit Eurocities und der Versammlung der Regionen Europas. Wien ist Mitglied in beiden Organisationen und kann wertvolle Dienste anbieten. Letztlich sollte die kommunale Ebene – in vielen Fällen auch in Abstimmung mit den Regionen – mit möglichst einer Stimme gegenüber den Europäischen Institutionen sprechen, um im gesamten Diskussionsprozess ausreichend wahrgenommen zu werden.
Die nächsten Schwerpunkte sieht Häupl in der Unterstützung der Umsetzung des Europäischen Verfassungsvertrags und der substanziellen Beteiligung an der Diskussion über die Daseinsvorsorge. Die Leistungsfähigkeit der Kommunen ist in diesem Zusammenhang genauso zu schützen wie der
Mehrwert des europäischen Gesellschaftsmodells deutlich gemacht werden muss, nämlich für Wachstum, Beschäftigung, Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und Bürgernähe der politischen Entscheidungsebene einzutreten. Für diese Wertvorstellungen muss Europa eintreten und sie auch dem Bürger sichtbar machen. Insbesondere ist sicherzustellen, dass die Bevölkerung in einem höchstmöglichen Ausmaß an den Entscheidungsprozessen in Europa teilnehmen kann.

Giscard d’Estaing wird Ehrenpräsident
Unter dem Beifall der Delegierten wurde Präsident Giscard d’Estaing die Ehrenpräsidentschaft zuerkannt und mit Standing Ovations verabschiedet.

Neu gewählte Organe des RGRE
Im Rahmen der Hauptversammlung wurden unter anderem folgende Personen neu gewählt:

- Vizepräsident
– Wim Deetman, Bürgermeister von Den Haag und Präsident des Verbandes der Niederländischen Gemeinden
- Exekutivpräsidenten
– Bärbel Dieckmann, Bürgermeisterin von Bonn und Vizepräsidentin der Deutschen Sektion des RGRE
– Walter Veltroni, Bürgermeister von Rom, Vizepräsident des Weltverbandes der Städte und Gemeinden (UCLG)
– Olbrich Vlasak, Präsident des Tschechischen Städte- und Gemeindeverbandes, Mitglied des Europäischen Parlaments und Mitglied des Gemeinderates von Königsgrätz

Als ein weiterer Vizepräsident wurde auch Prof. Walter Zimper vom Österreichischen Gemeindebund gewählt.
Dem bisherigen 1. Vizepräsidenten Dr. Heinrich Hoffschulte wurde die Ehren-Vizepräsidentschaft verliehen. Er wurde mit der Aufgabe betraut, den RGRE im Beirat der lokalen Gebietskörperschaften bei den Vereinten Nationen zu vertreten.

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