Der elektronische Vergabeakt in Salzburg

Der elektronische Vergabeakt in Salzburg

Um die Vergabe öffentlicher Aufträge zu vereinfachen und zu vereinheitlichen, wurde auf Basis des im Magistrat Salzburg im Einsatz befindlichen elektronischen Aktensystems Akt2000 eine Softwareanwendung zur Abwicklung von Auftragsvergaben entwickelt. Ergänzend dazu wurden organisatorische Maßnahmen, wie die Erstellung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und einer einheitlichen Ausschreibungsunterlage sowie die Einrichtung einer Stabsstelle Vergabemanagement, ergriffen.

 

Am 1.1.2003 trat das Bundesvergabegesetz 2002 – BVergG in Salzburg in Kraft. Mit der Umstellung von Salzburger Vergabeordnung, Salzburger Landesvergabegesetz und ÖNORM 2050 auf das Bundesvergabegesetz 2002 und der damit verbundenen (neuen) Unterwerfung des Unterschwellenbereiches unter das Regime des BVergG 2002 wurde im Magistrat Salzburg der Ruf nach einer Vereinheitlichung der Vergabeprozesse immer lauter. Anfang 2004 fiel die interne Entscheidung, dass einerseits die Vertragsgrundlagen bzw. Ausschreibungsunterlagen vereinheitlicht und andererseits den Sachbearbeitern ein EDV-System zur Unterstützung zur Verfügung gestellt werden soll.

Zielvorgabe
Ziel des Projektes war es, den gesamten internen Schriftverkehr eines Vergabeverfahrens von der Kostenschätzung bis zur Auftragserteilung in rechtlich abgesicherter Weise und einheitlicher Form elektronisch zu erzeugen, in Abhängigkeit der jeweils möglichen und gewählten Verfahrensart zu lenken und zu dokumentieren.
Der externe Schriftverkehr mit den Anbietern sollte soweit wie möglich elektronisch abgewickelt werden. Es war aber nicht Ziel dieses Projektes, eine vollständig elektronische Abwicklung mit den Anbietern auch für jene Verfahrensschritte umzusetzen, die dazu eine elektronische Signatur erfordern, z. B. für Anbotsabgabe, außer bei Direktvergaben.
Dies sollte einem späteren Projekt vorbehalten bleiben, genauso wie die vollständige elektronische Abwicklung aller Beschaffungs- und Abrechnungsvorgänge mittels E-Procurement.
Zu berücksichtigen war, dass gemäß einer Verordnung des Landes für alle öffentlichen Bekanntmachungen der lieferanzeiger.at herangezogen werden muss.

Eine Arbeitsgruppe wurde eingerichtet
Als erstes wurde eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern der Magistratsdirektion, des Amtes für Datenverarbeitung sowie jener Fachabteilungen, die am häufigsten mit Vergabeverfahren konfrontiert sind, eingerichtet. Auf Grundlage der bereits vorhandenen Ausschreibungsunterlagen und Vertragsbestimmungen erstellte die Arbeitsgruppe ein für alle Fachbereiche anwendbares, einheitliches Muster einer Ausschreibungsunterlage sowie für den gesamten Magistrat geltende allgemeine Geschäftsbedingungen, die jeder Ausschreibung als Vertragsgrundlage zugrunde zu legen sind.

Eine Software zur Vereinfachung der Vergabeverfahren
Um die Vergabe öffentlicher Aufträge zu vereinfachen und zu vereinheitlichen, wurde auf Basis des im Magistrat Salzburg im Einsatz befindlichen elektronischen Aktensystems Akt2000 eine Softwareanwendung zur Abwicklung von Auftragsvergaben entwickelt. Mit dem elektronischen Vergabeakt sollen die Benutzer bei der Bearbeitung der Vergabeverfahren unterstützt werden. Gleichzeitig sollen die Vergabeverfahren möglichst vereinfacht und standardisiert werden, damit möglichst viele Verfahren bzw. Verfahrensschritte nur mehr elektronisch ohne zusätzliche Papierausgaben abgewickelt werden können. Im elektronischen Vergabeverfahren bildet der elektronische Vergabeakt das Original – und nicht der Papierakt! Derzeit noch zwingend mit manueller Unterschrift zu versehende Dokumente (z. B. Aufträge über 10.000 €) werden eingescannt und in Papierform aufbewahrt. Es werden alle Verfahrenstypen von der Direktvergabe bis zu den offenen Verfahren im Oberschwellenbereich elektronisch unterstützt. Mit demselben System werden analog zu den Direktvergaben auch Abrufe aus Liefer- und Leistungsverträgen der Bundesbeschaffungs GmbH (BBG) abgewickelt.
Die Sachbearbeiter werden durch vorgegebene Arbeitsschritte im „workflow“ durch das Vergabeverfahren geführt sowie Termine und Fristen überwacht. Sämtliche Pflichtinformationen an interne Dienststellen (Kontrollamt, Abteilungsleitung, Magistratsdirektion, Haupteinlaufstelle) werden elektronisch erstellt und dorthin geleitet. Zur Vermeidung der Mehrfacherfassung der Daten für die Veröffentlichung werden diese per XML-Schnittstelle an lieferanzeiger.at gesendet.
Die Ausschreibungsunterlagen können mit wenigen Ausnahmen, z. B. großformatigen Plänen, als PDF-Dokumente, von lieferanzeiger.at heruntergeladen werden. Sie werden nur mehr auf Anforderung in Papierform zur Verfügung gestellt.
Durch diese Vorgehensweise wird nicht nur der administrative Aufwand des Auftraggebers verringert, sondern tritt auch eine nicht unerhebliche Kostenersparnis bei der Erstellung und insbesondere bei der Ausgabe der Ausschreibungsunterlagen ein.

Allgemeine Geschäftsbedingungen und einheitliche Ausschreibungsunterlage
Die allgemeinen Geschäftsbedingungen regeln die Vergabe und Abwicklung von Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen ausgenommen Finanzdienstleistungen auf Grund der besonderen Gegebenheiten am Finanzmarkt. In den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Stadt Salzburg finden sich einerseits Bestimmungen über die den Bieter treffenden Pflichten bei der Angebotserstellung und -abgabe, andererseits sind in den allgemeinen Geschäftsbedingungen die gesamte Auftragsabwicklung ab der Zuschlagserteilung sowie die Leistungsstörungen und das Schadenersatzrecht normiert.
Die eigentliche Ausschreibungsunterlage wurde bewusst kurz gehalten und übersichtlich gestaltet. So finden sich in der Ausschreibungsunterlage neben der Bietererklärung und dem Leistungsverzeichnis insbesondere Bestimmungen betreffend Eignungs- und Zuschlagskriterien sowie konkretisierende Vertragsbestimmungen zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen, soweit dies gemäß den AGB zulässig ist. Diese Ausschreibungsunterlage wurde sodann in Form von Textbausteinen in den elektronischen Vergabeakt integriert. Jede Ausschreibungsunterlage verweist auf die AGB, die auf der Homepage der Stadt Salzburg elektronisch verfügbar sind.

Organisatorische Maßnahmen und eine neue Stabsstelle
Zusätzlich wurden Richtlinien für die Benutzung des elektronischen Vergabeaktes erstellt. Diese Richtlinien legen fest, wann und wie der elektronische Vergabeakt von den einzelnen Sachbearbeitern zu benutzen ist. Auch wurden verschiedene organisatorische Maßnahmen (wie z. B. die Festlegung einer einheitlichen Abgabestelle für Angebote für sämtliche Dienststellen) ergriffen und eine Stabsstelle Vergabemanagement, die von einer Juristin betreut wird, in der Magistratsdirektion eingerichtet. Aufgabe dieser Stabsstelle ist die rechtliche Beratung der vergebenden Stellen vor und während eines Vergabeverfahrens.

Der Aufbau des elektronischen Vergabeaktes
Der Aufbau des elektronischen Vergabeaktes entspricht dem Ablauf eines Vergabeverfahrens, und so funktioniert der elektronische Vergabeakt:
Der Sachbearbeiter wählt die Auftragsart (also Bau-, Liefer- oder Dienstleistungsauftrag) und gibt den geschätzten Auftragswert ein. Daraufhin schlägt ihm der elektronische Vergabeakt zwei oder drei zulässige Verfahrensarten vor. Aus diesen Vorschlägen wählt nun der Sachbearbeiter eine Verfahrensart aus. Sind diese Parameter festgelegt, wird der Sachbearbeiter vom elektronischen Vergabeakt Schritt für Schritt durch das gewählte Vergabeverfahren geführt. Durch diese Vorgehensweise werden Verfahrensfehler vermieden und die Vergabeverfahren der Stadtgemeinde Salzburg vereinheitlicht.
Der Sachbearbeiter erstellt im elektronischen Vergabeakt die komplette Ausschreibungsunterlage. Das System stellt ihm dazu die entsprechenden Vorlagen und Textbausteine zur Verfügung. Auch werden einmal eingegebene Daten, wie z. B. Termine, Adressen, Vertragsstrafen vom elektronischen Vergabeakt automatisch an den entsprechenden Stellen eingesetzt, womit Übertragungsfehler ausgeschlossen sind.
Die erforderlichen Unterschriften werden ebenfalls elektronisch an den im „workflow“ vorgesehenen Stellen vom jeweils befugten Organ geleistet.
Ferner wird der Bekanntmachungstext im elektronischen Vergabeakt erstellt und automatisch mittels „workflow“ an die definierten internen Stellen und die Abgabestelle zur Information weitergeleitet und per XML an den lieferanzeiger.at zur Veröffentlichung übermittelt.
Auch die Niederschrift über die Angebotsöffnung oder die Niederschrift über die Prüfung der Angebote werden im elektronischen Vergabeakt erstellt. Alle Papierdokumente, wie z. B. die Anwesenheitsliste der Angebotsöffnung mit den Teilnehmerunterschriften, sind einzuscannen. Des Weiteren wird die Verständigung über die Zuschlagsentscheidung im elektronischen Vergabeakt erzeugt und mittels E-Fax allen Bietern gleichzeitig zugestellt.
Auch ein eventueller Widerruf wird über den „workflow“ gesteuert, je nach Status des Verfahrens werden nur mehr die erforderlichen Schritte angeboten.
Als letzter Schritt wird das Auftragsschreiben, mit dem der Zuschlag endgültig erteilt wird, mittels Textbaustein aus dem elektronischen Vergabeakt generiert oder direkt aus dem Finanz- und Beschaffungssystem (BKF) als PDF-Dokument übernommen.
Im Vergabeakt müssen nur noch 2 Arten von Dokumenten in Papierform aufbewahrt werden: alle Angebote außer bei der Direktvergabe (auch BBG-Abruf) und alle Aufträge über 10.000 € (diese sind lt. Stadtrecht im Konzept mit Originalunterschrift zu versehen) bzw. Aufträge/Verträge mit Gegenzeichnung durch den Auftragnehmer.

Durchwegs positive Rückmeldungen
Zunächst galt es, den elektronischen Vergabeakt so rasch wie möglich in das EDV-System zu implementieren. So wurde der Prototyp bereits Ende Juli 2004 erfolgreich im Echtbetrieb getestet, sodass der elektronische Vergabeakt für alle Dienststellen am 1. 10. 2004 in Betrieb gehen konnte. Dank rechtzeitiger und vor allem intensiver und fachkundiger Schulung der den Vergabeakt anwendenden Sachbearbeiter erfolgte die Inbetriebnahme des elektronischen Vergabeaktes reibungslos. Die Rückmeldungen aus der Vergabepraxis sind durchwegs positiv. Somit konnte das Ziel – nämlich die Vergabe öffentlicher Aufträge durch die Entwicklung des elektronischen Vergabeaktes und den damit verbundenen einheitlichen Ausschreibungsunterlagen und den allgemeinen Geschäftsbedingungen zu vereinfachen – erreicht werden.
Die entstandene Lösung ist zwar nicht als Produkt vertreibbar, aber für alle Verwaltungen interessant, die ihr Vergabewesen mit einem elektronischen Aktensystem unterstützen wollen. In der Stadt Salzburg wird dazu das System Fabasoft eGov-Suite verwendet.

Städtebund-Linktipp:
www.stadt-salzburg.at

Fehlende Abbildungen finden Sie in der ÖGZ 2/2005.

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