„Vergaberecht unter neuen Voraussetzungen – neue EU-Richtlinien und technische Unterstützung“ Fachtagung des Österreichischen Städtebundes

„Vergaberecht unter neuen Voraussetzungen – neue EU-Richtlinien und technische Unterstützung“ Fachtagung des Österreichischen Städtebundes

Am 30. April 2004 wurden die kompilierten und novellierten Richtlinien der Europäischen Union zur Regelung des Vergabeverfahrens für Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge und für die Zuschlagserteilung im Bereich der Sektoren im Amtsblatt L Nr. 134 kundgemacht. Die sich daraus ergebenden Notwendigkeiten für eine Umsetzung in Österreich und auch die Erfahrungen mit dem Bundesvergabegesetz 2002 waren Gegenstand einer Fachtagung des Österreichischen Städtebundes am 30. November 2004.
Erst nach langen und zähen Verhandlungen, zu denen der Österreichische Städtebund für die Interessen der Gemeinden eifrig Lobbying betrieb, wurden die Richtlinien verabschiedet, welche neben einer Vereinfachung des Rechtsrahmens auch einige Erleichterungen bringen. Die Brisanz dieses Themas zeigten die über 180 Anmeldungen aus den Städten, Gemeinden und interessierten Institutionen.

Klassischer Bereich nun in einer Richtlinie
Im klassischen Bereich (Lieferungen, Bauen und Dienstleistungen) wurden die bisherigen Richtlinien in einer Regelung zusammengefasst und damit ein wesentlicher Beitrag zur Übersichtlichkeit und Homogenität geleistet. Auch hinsichtlich der Berücksichtigung von sozialen und ökologischen Kriterien im Vergabeverfahren wurden klärende Bestimmungen aufgenommen. Zu manchen Klärungen konnte man sich aber nicht verständigen, z. B. für den Bereich der In-house-Vergabe. Es bleibt daher diesbezüglich bei der Rechtsprechung des EuGH (siehe Teckal, C-107/ 98) bzw. noch strenger im Sinne des jüngsten Urteils (Stadt Halle/TREA Leuna, C-26/03). Durch die nunmehrige Definition des Begriffes der „zentralen Beschaffungsstellen“ eröffnen sich auch neue Möglichkeiten, weil diese nicht nur auf hoher territorialer Ebene angesiedelt sein müssen, sondern auch für kleinere Einheiten eine gemeinsame Beschaffung durchgeführt werden kann. Wettbewerblicher Dialog, Rahmenvereinbarungen, elektronische Auktionen oder dynamische Beschaffungssysteme sind weitere Neuerungen in dieser Richtlinie.
Da der nationale Gesetzgeber auf die neuen Richtlinien reagieren muss, sich aber auch aus der Anwendung des Bundesvergabegesetzes 2002 zahlreiche Änderungswünsche ergeben haben, wird im Jahr 2005 – sofern keine Vertragsverletzung riskiert werden soll – ein Gesetzesvorschlag für ein neues Vergabegesetz auszuarbeiten und zu beschließen sein.

Mehr Flexibilität ist gefordert
Soweit dem Österreichischen Städtebund bekannt ist, wurde seitens der Wirtschaft die Ausarbeitung eines Gesetzesvorschlages in Auftrag gegeben. Vom Österreichischen Städtebund muss dazu die Befürchtung geäußert werden, dass im Auftragswesen weiterhin eine Benachteiligung der öffentlichen Hand besteht, weil ihr nicht die gleichen Instrumentarien zur Verfügung stehen wie der privaten Wirtschaft. Wer mit offenen Augen und Ohren das „wirtschaftliche“ Handeln der großen Lebensmittelketten gegenüber ihren Lieferanten beobachtet, wird verstehen können, warum der Vorwurf, dass die öffentliche Hand zu teuer einkauft, nicht immer gerechtfertigt ist. Die strikte Einhaltung der Vergaberegelungen verhindert nicht die Bildung von Kartellen und Preisabsprachen. Die in der Vergangenheit von der Europäischen Kommission ausgesprochenen Kartellstrafen sind hiefür deutliches Zeichen. Schon allein das Verbot des Widerrufes aus dem Grund, eine neuerliche Ausschreibung zu ermöglichen, um einen Angebotspreis zu reduzieren, zeigt die Ungleichbehandlung der öffentlichen Beschaffung gegenüber der Privatwirtschaft. Das Gleiche gilt für das Verhandlungsverbot.
Der Österreichische Städtebund hat zur Fachtagung Experten eingeladen, sowohl aus der Sicht der Notwendigkeit der Umsetzung der Richtlinien als auch aus der Sicht der Praxis den Änderungsbedarf darzustellen. Nachfolgend sind die Vorträge der Fachtagung – soweit sie uns zur Verfügung gestellt wurden – wiedergegeben.

Vergeben mit EDV-Unterstützung
Da auch in den Städten Bestrebungen festzustellen sind, das Vergabeverfahren in seiner Komplexität so weit wie möglich einfach und fehlerfrei durchzuführen, wurden auch auf EDV-technischer Seite Maßnahmen getroffen, durch Eingaben in prozesshaften Formularen ein gesetzmäßiges Verfahren in allen Schritten zu ermöglichen. In Linz wurde auf Microsoft-Basis ein EDV-gestütztes Verfahren eingeführt, welches eine wertvolle Hilfe für die mit Vergaben betrauten Bediensteten ist und evident zur Erleichterung beigetragen und zur Einschränkung von Einsprüchen geführt hat. Diese elektronische Vergabe wurde von der hiefür zuständigen Referentin Mag. Birgit Kliba bei der Tagung vorgestellt. Da bereits in der Österreichischen Gemeindezeitung (ÖGZ Nr. 6/2003, Seite 13 – Vergabeoptimierung) darüber berichtet wurde, wird die Präsentation an dieser Stelle nicht wiedergegeben. Es ist jedoch in diesem Zusammenhang auf den nachfolgenden Aufsatz von Dr. Andrea Riedl hinzuweisen, der den in Salzburg beschrittenen Weg der Einbindung der EDV-unterstützten Vergabe in den elektronischen Akt beschreibt, der jedoch auf einem Produkt von Fabasoft basiert.
Der Österreichische Städtebund hofft, dass die von ihm schon an das Bundeskanzleramt gerichteten und auch bei der Veranstaltung vorgebrachten Änderungswünsche der Städte im neuen Bundesvergabegesetz berücksichtigt werden. Auch darf auf das berechtigte Ansinnen hingewiesen werden, die gesetzlichen Bestimmungen flexibel und anwendbar zu gestalten, um den gravierenden Wettbewerbsnachteil gegenüber der Privatwirtschaft auszugleichen.

OEGZ

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