Controlling in Alten- und Pflegeheimen – ein unbeschriebenes Blatt?

Controlling in Alten- und Pflegeheimen – ein unbeschriebenes Blatt?

Controlling hat in den letzten Jahren aufgrund der prekären Finanzlage vieler Heime an Bedeutung gewonnen. Ein zielgerichteter Einsatz von Controlling-Instrumenten unterstützt die Aussagekraft und Ergebnistransparenz, zumal in diesem Dienstleistungsbereich neben wirtschaftlichen auch gerade qualitätsorientierte Aspekte zu berücksichtigen sind. Die Anwendung ausgewählter Instrumente ist, wie empirisch gezeigt wurde, noch keine Selbstverständlichkeit, erfreut sich jedoch steigenden Zuspruchs.

 

Wozu Controlling?
Ziele – Besonderheiten – Instrumente
Steigende Ausgaben, eine zunehmende Anzahl an hilfs- und pflegebedürftigen Personen1 sowie ein verstärkter Spargedanke der öffentlichen Hand erfordern auch im Alten- und Pflegeheimbereich ein vermehrtes Agieren nach den Prinzipien der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit. Controlling kann helfen, diesen Prinzipien in hohem Maße gerecht zu werden.
Damit die Planungs-, Steuerungs-, Informations- und Kontrollaufgaben als Kernelemente des Controllings erfüllt werden können, ist es notwendig, sich einer Reihe von Instrumenten, die teilweise dem Controlling als auch den allgemeinen Managementtechniken zuordenbar sind, zu bedienen.2

- Strategische Controlling-Instrumente können dabei den strategischen Zielfindungsprozess unterstützen. Aus Leitlinien und Strategien eines Alten- und Pflegeheimes leiten sich in der Folge die Ziele für das Controlling ab.3

- Das operative Controlling beschäftigt sich mit den Problemen der operativen und taktischen Planung, Steuerung und Kontrolle, welche sich vorwiegend in den Aufwänden und Erträgen widerspiegeln. Im Gegensatz zur starken Markt- und Umweltorientierung des strategischen Controllings wird beim operativen Controlling vorwiegend auf die internen Aspekte Bedacht genommen.4
Zwischen operativem und strategischem Controlling sowie ihren Instrumenten besteht eine ständige Wechselwirkung. Zum einen haben operative Überlegungen Einfluss auf die strategische Ausrichtung, zum anderen hängt etwa die operative Planung stark von der strategischen Planung ab.5
Bedingt durch die Tatsache, dass das Controlling seine Ursprünge in der Privatwirtschaft hat, müssen bestimmte Eigenarten von öffentlichen und sozialen Dienstleistungen im Alten- und Pflegeheimbereich berücksichtigt werden. Als Beispiel seien hier nur die Immaterialität der Leistung, deren Nichtspeicherbarkeit oder die Mitwirkung der Leistungsempfänger genannt.6
Controlling soll dazu beitragen, die Formal- und Sachziele eines Heimes durch Unterstützung der Führung zu verwirklichen.7 Mithilfe geeigneter strategischer und operativer Instrumente können diese Prozesse aktiv gestaltet werden und zu einer Verbesserung der Entscheidungsqualität beitragen.

Heim ist gleich Heim? – Sektorale Zuordnung und Untersuchungsdesign
In den einzelnen Bundesländern sind unterschiedliche gesetzliche, demografische und organisatorische Rahmenbedingungen im Alten- und Pflegeheimbereich vorhanden. So ist eine Unterscheidung zwischen öffentlichem, Non-Profit- und gewinnorientiertem Sektor erforderlich. Der Schwerpunkt liegt in der Untersuchung der Anwendung von geeigneten Controlling-Instrumenten, wofür zuerst eine Analyse des Alten- und Pflegeheimsektors in Österreich8, das Aufzeigen von Zielen, Besonderheiten und Rahmenbedingungen für das Controlling in diesem Bereich durchgeführt werden musste.9
Zentrales Ziel der Untersuchung war es, die Verbreitung und Ausprägung von ausgewählten Controlling-Instrumenten in den österreichischen Alten- und Pflegeheimen festzustellen. Die in der Controllingliteratur für Sozialeinrichtungen bzw. Alten- und Pflegeheime empfohlenen Instrumente bildeten die Grundlage für die Auswahl. Auf strategischer Ebene handelt es sich um die Werkzeuge der Stärken-Schwächen-Analyse, der Umfeldanalyse und der Portfolio-Analyse.10 Kostenrechnung, Budgetierung, Benchmarking, Berichtswesen11 sowie die Indikatorenrechnung12 stellen Hilfsmittel auf operativer Ebene dar. Abschließend wurde die Balanced Scorecard (BSC)13 als integratives Instrument untersucht. Aus den Ergebnissen sind in der Folge Handlungsempfehlungen für die Praxis abgeleitet worden.
Im Rahmen der empirischen Erhebung konnten über 500 Heimleitungen erreicht werden, was eine Rücklaufquote von 12,4% ergibt. Darüber hinaus zeigte sich, dass die Aussagen als annähernd repräsentativ und wenig verzerrt zu bewerten sind.14

Anwendung in der Praxis
Teil 1 – die Umwelt des Controllings

Die Ergebnisse der Befragung zeigen österreichweit zahlreiche Unterschiede auf. Zunächst werden die Ergebnisse bezüglich genereller Einflussfaktoren für das Controlling dargestellt:

Organisations- bzw. Rechtsform
Von grundlegender Bedeutung für ein Heim ist die Organisations- bzw. Rechtsform. Bei den teilnehmenden Heimen zeigte sich ein relativ ausgewogener Verbreitungsgrad der Formen Fonds des öffentlichen Rechtes, Zweckverband, Kapitalgesellschaft und Gemeinde im Sinne eines Regie- bzw. Eigenbetriebes oder Betriebes mit marktbestimmter Tätigkeit. Von untergeordneter Bedeutung war die Organisationsform des Vereines. Die Wahl der Organisations- bzw. Rechtsform ist für das Controlling nicht unbedeutend, da hier etwa auch der Grad der Selbständigkeit oder die Ausgestaltung des Rechnungswesens festgelegt wird.

Controlling-Abteilung
Ein zentrales Merkmal für den Stellenwert von Controlling ist das Vorhandensein einer entsprechenden Controlling-Abteilung. Aus der Untersuchung geht klar hervor, dass eigene Abteilungen im öffentlichen Sektor nur selten anzutreffen sind (38%), während 60% des Non-Profit-Sektors und 68% des gewinnorientierten Sektors über eine solche Abteilung verfügen. Dies kann als Indiz für den Aufholbedarf öffentlicher Alten- und Pflegeheime gesehen werden.

Zielgestaltung
Auch die Ziele der Einrichtungen lassen sich nach Sektoren unterscheiden. So verfolgt insbesondere der gewinnorientierte Sektor in hohem Maße Formalziele wie etwa die Deckung der Kosten oder die Sicherung der Liquidität. Heime des öffentlichen und Non-Profit-Sektors setzen hingegen ihre Prioritäten in Sachziele wie eine optimale medizinische und pflegerische Betreuung, die Zufriedenheit der Bewohner und Mitarbeiter oder das Image der Betreuungseinrichtung.

Trägereinfluss
Ein Zusammenhang besteht ebenso zwischen dem Grad der Formalzielorientierung des Trägers und der Unterstützung unterschiedlicher Instrumente durch den Träger. Wenn dieser überwiegend finanzwirtschaftliche Ziele verfolgt, so fördert er mit großer Wahrscheinlichkeit finanzwirtschaftliche Instrumente, wie beispielsweise Budgetierung (79%) oder Kostenrechnung (67%). Der Träger hat also einen nicht unbedeutenden Einfluss auf den Einsatz von Controlling und entsprechender Instrumente.

Anwendung in der Praxis
Teil 2 – strategischer und operativer Werkzeugkasten

Während etwa nur etwas mehr als ein Drittel (39%) der befragten Heime die untersuchten Instrumente des strategischen Controllings verwenden, weisen operative Controlling-Instrumente mit 73% einen weitaus höheren Verbreitungsgrad auf (s. Abbildung auf nachfolgender Seite).
Die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen der Instrumente stellen sich folgendermaßen dar:

Stärken-Schwächen-Analyse
Generell wird die Stärken-Schwächen-Analyse im gewinnorientierten Sektor mit 67% der befragten Heime am meisten angewandt, im öffentlichen Sektor mit 49% am geringsten. Um sich des Entwicklungsstandes zu bewertender Stärkenkategorien15 bewusst zu werden, ist Transparenzerzeugung geboten. Verschiedene quantitative und qualitative Kennzahlen unterstützen eine Messung. Die Öffentlichkeitsarbeit wird am wenigsten als Stärke gesehen. Vergleicht man dieses Ergebnis mit der Zielkategorie „Image des Hauses“, wird deutlich, dass hier ein Defizit besteht. Durch die Öffentlichkeitsarbeit – v. a. durch gezielte Informationen des Betreibers16 an (potentielle) Bewohner und Angehörige – kann das Image des Hauses äußerst positiv beeinflusst werden.

Umfeldanalyse
Der durchschnittliche Einsatzgrad der Umfeldanalyse von 43% deutet auf eine geringe Auseinandersetzung mit Umfeldfaktoren hin. Zum einen erfolgt hier eine strategische Ausrichtung, zum anderen sind dadurch kurz- bis mittelfristige Kosteneinsparungen möglich. Gerade im Alten- und Pflegeheimbereich ist kein Marktgleichgewicht gegeben. Es erfolgt bei schlechten Leistungen sehr spät eine Rückmeldung durch die Heimbewohner und die Umwelt. Die Umfeldanalyse empfiehlt sich, um sich nicht am Bedarf vorbei zu orientieren. Es kann mithilfe dieses Werkzeuges die Notwendigkeit der Selbsterbringung einzelner Leistung etwa in Verbindung mit Outsourcing (z. B. Wäschereinigung) beurteilt werden. So werden alle potentiellen Lieferanten hinsichtlich verschiedener Kriterien wie Leistung, Preis, Risiko analysiert und mit der eigenen Leistungserbringung verglichen. Stark zu empfehlen ist die Analyse der Infrastruktur in der Umgebung, um etwaige unnötige Infrastrukturkosten, sofern bestimmte Infrastruktur bereits in der Umgebung (z. B. Krankenhaus, Ärzte, Einkaufsmöglichkeiten für die Senioren, öffentliche Verkehrsmittel) vorhanden ist, zu vermeiden. Insbesondere öffentliche Alten- und Pflegeheime könnten bei ihrem Einsatz profitieren, da diese unter Umständen wirtschaftliche Zwänge weniger zu berücksichtigen haben.

Portfolio-Analyse
Um sich besser zu positionieren, kann gerade für jedes einzelne Heim eine Portfolio-Analyse17 empfohlen werden. Stärken-Schwächen-Analyse und Umfeldanalyse bilden dafür die Basis. Die Anwendung der Portfolio-Analyse lässt den Schluss zu, dass trotz des verbreiteten Einsatzes der Stärken-Schwächen-Analyse und der Umfeldanalyse in der Portfolio-Analyse noch ein hohes Anwendungspotential steckt. Der Aufwand zum Einsatz dieses Instrumentes ist bei bereits durchgeführter Stärken-Schwächen-Analyse und Umfeldanalyse geringer und zudem eng mit dem Einsatz operativer Instrumente verbunden. So kann etwa eine Kostenträgerrechnung behilflich sein, um strategische Geschäftseinheiten festzulegen.

Kosten- und Leistungsrechnung
Dieses sehr weit verbreitete Instrument verfolgt in der Praxis häufig die Ziele der Informationsaufbereitung und Steuerung im Allgemeinen. Der diesbezüglichen Zielkategorie „Bewertung für Ersatzbeschaffungen“ schenkt man wenig Aufmerksamkeit. Diese Bewertung kann folglich in die Tarifierung fließen. Eine Transparentmachung der Kosten pro Heimplatz kann bei Minderauslastung das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer hohen Auslastung und eines raschen Heimeinzuges fördern. Eine innerbetriebliche Verrechnung ist als Basis für Eigen- oder Fremderstellung von Leistungen denkbar. Dabei ist zu beachten, dass bei Vergleichen alle der Leistung zurechenbaren Kosten einfließen. Externe Leistungsanbieter bieten zur Gewinnung eines Leistungsauftrages teilweise zu Preisen an, welche den tatsächlichen Kosten nicht entsprechen und so zu ungewollten Abhängigkeiten führen können.

Indikatorenrechnung
Im öffentlichen Sektor wird das Instrument der Indikatorenrechnung in einem relativ geringen Ausmaße angewendet. Die Auswahlkategorien zur Messung qualitativer Ziele weisen einen hohen Grad an Akzeptanz auf. Indirekt kann aus vorgegebenen Werten den Messgrößen Mitarbeiter-, Bewohner- und Angehörigenzufriedenheit eine Bedeutung dieser Ziele abgeleitet werden (vgl.: Wichtigkeit der Sachziele von Heimen des öffentlichen und Non-Profit-Sektors). Ein Großteil der Heime des Non-Profit-Bereichs und des gewinnorientierten Sektors befasst sich somit auch mit der Messung von qualitativen Zielen, welche die Basis für eine spätere Zielsteuerung darstellt. Das Controlling kann hierbei für eine transparente Verknüpfung der Ziele der Einrichtung mit deren Messung sorgen.

Benchmarking
Das Benchmarking bzw. der betriebswirtschaftliche Vergleich stellt ein Hilfsmittel dar, um marktähnliche Situationen zu simulieren und sich einem „Quasi-Wettbewerb“ zu stellen. Die Ergebnisse zeigen, dass der Einsatz dieses Instrumentes – insbesondere im öffentlichen Sektor – noch ausbaufähig ist. Weitere Nachforschungen zeigten, dass v. a. Potential für Aktivitäten des externen Benchmarking mit gewinnorientierten und Non-Profit-Einrichtungen sowie mit branchenfremden Unternehmen vorhanden ist.
Internes und externes Benchmarking könnte besonders auf den Gebieten der Kosten- und Leistungsrechnung sowie der Budgetierung eingesetzt werden. Bedingt durch den hohen Einsatzgrad dieser Instrumente sind Informationen dazu bereits vorhanden und müssten für das Benchmarking nicht neu erhoben werden. Besonderes Augenmerk ist den Vergleichsparametern zu schenken. Empfehlenswert sind Bereiche, die einen hohen Standardisierungsgrad aufweisen (wie etwa der Reinigungs-, Wasch- oder Küchenleistungen) oder wert- und mengenmäßig von großer Bedeutung (z. B. Inkontinenzprodukte oder Reinigungsmittel) sind.

Budgetierung
Die Budgetierung stellt ein Instrument dar, das insbesondere die Planung und Kontrolle im Rahmen der Controlling-Funktionen unterstützt. Gerade öffentliche Alten- und Pflegeheime haben zumeist eine Budgetierung gemäß der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung zu vollziehen. In den befragten Anstalten führen über 97% eine Budgetierung durch: Auffallend ist, dass der gewinnorientierte Sektor dieses Instruments, welches insbesondere zur Sicherung der Liquidität sowie zur Planung und Kontrolle der Finanzziele eingesetzt wird, trotz einer hohen Formalzieldominanz am wenigsten (83%) anwendet. Non-Profit-Einrichtungen messen der Budgetierung die höchste Bedeutung bei. Eine Erklärung für den generell hohen Einsatzgrad ist auch darin zu finden, dass ein ausgeglichenes Budget als Planung der Zahlungsströme von grundlegender Bedeutung für die wirtschaftliche Existenz ist.

Berichtswesen
Das Berichtswesen stellt neben der Budgetierung und der Kosten- und Leistungsrechnung in der Praxis das am häufigsten verwendete Instrument dar. Sektoral betrachtet weisen öffentliche Alten- und Pflegeheime die geringste Anwendung auf. Die einzelnen Ergebnisse zeigen, dass in vielen Heimen bereits ein gut ausgebautes Berichtswesen mit Schwerpunkt auf die Informationsversorgung über die finanzielle Entwicklung gegenüber dem Träger vorhanden ist. Durch den breiten Einsatz dieses Instruments, das für andere Controlling-Tools quasi ein internes und externes Kommunikationsmittel darstellt, ist das Berichtswesen ein Hilfsmittel für die Schaffung von Akzeptanz gegenüber verschiedenen Zielgruppen (z. B. Bewohner, Mitarbeiter, Träger).

Balanced Scorecard (BSC)
Der BSC als relativ neues Instrument bedienen sich lediglich 16% der Heime. Hier zeigt sich deutlich, dass Heime des Non-Profit-Sektors den höchsten Einsatzgrad aufweisen.18 Da die BSC verschiedene Aspekte im Hinblick auf die strategische und operative Ausrichtung sowie Formal- als auch Sachzielkategorien entsprechend den Bedürfnissen des jeweiligen Heimes berücksichtigt, ist ein flexibler Einsatz gegeben. Durch Festlegen von Zielen, durch die Verknüpfung der jeweiligen Zielkategorien und durch die daraus entstehende Notwendigkeit zur Erstellung von Ursachen-Wirkungs-Ketten im Rahmen der Maßnahmenbildung, weist die BSC einen hohen Integrationsgrad zwischen einzelnen betriebswirtschaftlichen Elementen auf.19
Sind langfristige Hauptziele, wie sie die BSC vorsieht, noch nicht definiert, stellen hierbei die strategischen Instrumente der Stärken-Schwächen-Analyse, der Umfeldanalyse und der Portfolio-Analyse einen wertvollen Beitrag im Zielbildungsprozess. Ein Ziel wird als Hauptziel bzw. mit mehreren Unterzielen definiert, aus denen sich wiederum Kennzahlen zur Messung ableiten lassen.
Mithilfe der BSC können auch operative Controlling-Instrumente besser eingesetzt werden. Die Indikatorenrechnung unterstützt die Messung der Sachziele, die Kostenrechnung hilft bei der Erstellung von quantitativen Kennzahlen. Dem Berichtswesen kommt die Aufgabe zu, dieses Instrument und dessen komplexen Zusammenhänge verständlich darzustellen und Akzeptanz für dieses neue Instrument bei Mitarbeitern und Träger zu schaffen. Für Alten- und Pflegeheime ist somit generell der Einsatz der BSC zu empfehlen, da sie Insellösungen beim atomisierten Einsatz einzelner Instrumente entgegengewirkt, einen hohen Anpassungsgrad an das jeweilige Heim aufweist und die Sachzielorientierung forciert.

Controlling – quo vadis?
Zusammenfassend ist festzustellen, dass öffentliche Alten- und Pflegeheime dem Controlling tendenziell weniger Bedeutung beimessen als Heime des Non-Profit-Sektor und des gewinnorientierten Bereiches.
Für die Anwendung von Controlling und einzelner Instrumente ist der Kosten-Nutzen-Aspekt von besonderer Bedeutung. Gerade für klein strukturierte Alten- und Pflegeheime ist anzunehmen, dass sich der Aufwand für einen umfassenden Einsatz der Instrumente nicht lohnt. Für den Erfolg des Controlling in Alten- und Pflegeheimen ist zudem entscheidend, inwieweit die zuständige Person die Arbeitssituation der einzelnen Mitarbeiter nachvollziehen kann. Gerade die Betreuung pflegebedürftiger Menschen wird oft aus Berufung ausgeübt. Durch das vordergründige betriebswirtschaftliche Denken des Controllers können hier Spannungen zwischen Controller und Pflegepersonal entstehen. Daher sollte der Controller neben den fachlichen Kenntnissen seiner Tätigkeit auch mit den konkreten Aufgaben des Pflegepersonals vertraut sein.
Für die Zukunft des Alten- und Pflegeheimsektors wird neben dem Einsatz von Controlling auch die Entwicklung in folgenden Bereichen ausschlaggebend sein:

- Liberalisierung des Gesundheitsbereiches;

- Pflege von pflegebedürftigen Menschen exklusiv von ausgebildetem Pflegepersonal;

- Anpassung des Pflegegeldes entsprechend der Inflation;

- Finanzierung der steigenden Ausgaben durch die öffentlichen Haushalte;

- Nostrifikation des ausländischen Pflegepersonals;

- Festlegung eines bundesweit einheitlichen Leistungsniveaus und Leistungskataloges;

- Entwicklung der Gesamtwirtschaft der EU;

- Aktivierung jüngerer Senioren im Ehrenamt für Sozialkontakt und für Freizeitgestaltung von älteren Heimbewohnern;

- Tragung der Ausgaben im Sozialbereich im Rahmen des Finanzausgleichs neu;

- Heranziehen von Einkommen und Vermögen der Heimbewohner und ihrer Kinder für die Deckung des Heimentgelts;

- gesetzliche Verankerung bundeseinheitlicher Standards in der Pflege und der Infrastruktur;

- zu welchen Kosten und zu welcher Qualität sich die Gesellschaft und die Politik in der Zukunft die Pflege alter Menschen leisten will.

Vorwiegend durch die Finanzknappheit und durch die zunehmenden Veränderungen ist der Einsatz von Controlling und entsprechenden Instrumenten im Alten- und Pflegeheimbereich ein Gebot der Stunde. Bedingt durch die nicht vorhandenen Marktkräfte, muss eine transparente Planung, Steuerung und Kontrolle als Grundlage für Entscheidungen genutzt werden, welche sich ansonsten aus dem Gleichgewicht des Marktes ergeben würden.

Fehlende Abbildungen finden Sie in der ÖGZ 4/2005.

Fußnoten:
1 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, 1999, S. 5 ff.

2 Vgl. Decker, F., 1997, S. 533.
3 Vgl. Schön, D./Wehrmann, S., 2002, S. 397.
4 Vgl. Horváth, P., 1995, S. 245.
5 Vgl. Vollmuth, H., 2001, S. 8.
6 Vgl. Mühlenkamp, H., 1999, S. 368 ff.
7 Vgl. Horváth, P./Reichmann, Th., 1993, S. 143.

8 Laut einer Umfrage des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz wurden im Jahre 2002 insgesamt 768 Heime gezählt.

9 Mithilfe der Unterstützung durch den Dachverband Österreichischer Heimleiter(innen) konnte eine umfassende Befragung durchgeführt werden.

10 Vgl. Bachert, R., 2003, Kap. 3/3, S. 1.
11 Vgl. Eschenbach, R./Horak, C., 2002, S. 401 f.
12 Vgl. Haiber, T., 1997, S. 118.
13 Vgl. Wendel, V., 2001, S. 282.

14 Öffentlicher Sektor mit einem Gesamtanteil von 51% und Rückantwort bei 63%, Non-Profit-Sektor Gesamtanteil und Rückantwort bei 27%, gewinnorientierter Sektor Gesamtanteil bei 22% und Rückantwort bei 10%.

15 Führung, Qualität, Öffentlichkeitsarbeit, Personal, Organisation, Kunden und Finanzen als Stärkenfelder.

16 Vgl. Helmig, B./Michel, M., 2000, S. 39 f.

17 Hier können etwa relevante Größen ein „langfristiger Leistungsbedarf“ als externer Einflussfaktor und die „Notwendigkeit einer öffentlichen Aufgabenerfüllung“ als interner Faktor herangezogen werden; vgl.: Schauer, R., 1989, S. 297 (zit. nach: Horak, C., 1995, S. 327).

18 Als Hauptgrund für eine Nichtanwendung wurden „Nicht-Kenntnis“ bzw. „ungenügende Kenntnis“ genannt (mehr als 2/3).

19 Vgl. Kaplan, R./Norton, 1997, S. 7 ff. (zit. nach: Bachert, R., 2003, Kap. 4/1, S. 1 f.).

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