Videoüberwachung am Beispiel der Stadt Villach

Videoüberwachung am Beispiel der Stadt Villach

Die Möglichkeiten des Einsatzes der Videoüberwachung durch die Exekutive war in den letzten Monaten ein öffentlich heftig diskutiertes Thema. Nunmehr sind durch eine Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes die Rahmenbedingungen dafür geschaffen, dieses Instrument im innerstädtischen Bereich einzusetzen. Das Innenressort wird natürlich – vor allem auch aus budgetären Gründen – nicht alle Wünsche nach Überwachungen erfüllen können. Auf der anderen Seite ist bei der Bevölkerung eine Erwartungshaltung entstanden, die für die kommunale Politik durchaus von Relevanz ist. Das Beispiel der Stadt Villach zeigt: Bei der Videoüberwachung geht es vor allem um die präventive Wirkung.

 

Die Anfänge – der Villacher Hauptbahnhof
Die Anfänge der Villacher Videoüberwachung reichen bis ins Jahr 1993 zurück. Im Zuge einer Generalsanierung des Villacher Hauptbahnhofes ist auch die Errichtung einer Fußgängerpassage zwischen dem Innenstadtbereich und dem nördlich der Eisenbahnanlage liegenden Stadtteil Lind er-
folgt.
Um dem Sicherheitsbedürfnis und -gefühl der Bevölkerung Rechnung zu tragen bzw. eine Steigerung der Akzeptanz der Passage herbeizuführen, ist – gemeinsam mit den Österreichischen Bundesbahnen – die Installation einer Videoüberwachungsanlage erfolgt. Dabei sind im September 1993 16 Kameras für diese Passage angeschafft worden, wobei die Beschaffung – nach vorheriger externer technologischer Beratung – in einem nicht offenen Vergabeverfahren (9 Bieter, 4 Angebote) erfolgt ist. Die Anschaffungskosten betrugen € 41.486,51.

Der nächste Schritt – die Innenstadt
Zur Ermöglichung des Einsatzes von Videokameras auch im sicherheitspolizeilich relevanten Innenstadtbereich hat es – beginnend mit Oktober 1999 – eine Grundlagenerhebung gemeinsam mit der Bundespolizeidirektion Villach gegeben. Dabei sind statistische Werte hinsichtlich der Parameter „Körperverletzung“, „Sachbeschädigung“, „Diebstähle“ und „Lärm“ für den innerstädtischen Kernbereich durchgeführt worden. Nach der erforderlichen politischen und medialen Aufbereitung ist nach einem überwiegend positiven Feedback aus der Bevölkerung bzw. den Medien der Startschuss für das Pilotprojekt „Videoüberwachung Lederergasse“ – diese Straße weist bei insgesamt 30 Häusern 28 Gastgewerbebetriebe auf – gegeben worden.
Im Konkreten ist im Juli 2002 die Installation von zwei Kameras im Bereich dieser Straße erfolgt, wobei die Datenübertragung und das Monitoring über ein Funk-LAN-System konzipiert war. Der Zielpunkt der Übertragung und Aufzeichnung befand sich in der Bundespolizeidirektion Villach. Als Übertragungsstation selbst waren zwei Antennen am Stadtpfarrturm (mit 94 Metern der höchste Kärntens) vorgesehen.
Am für die Beschaffung durchgeführten nicht offenen Vergabeverfahren beteiligten sich insgesamt 8 Unternehmen, wobei 6 Angebote gelegt wurden. Die Anschaffungskosten für die zwei Kameras beliefen sich auf € 32.274,60. Für das Anbringen der Kameras an den optimal geeigneten Fassadenbereichen mussten klarerweise Nutzungsvereinbarungen mit betroffenen Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern getroffen werden, wobei ein Nutzungsentgelt (€ 400 pro Jahr und Standort) sowie eine Betriebskostenpauschale (€ 270 bzw. € 410 jährlich je nach Kameratyp) zu entrichten sind.
Nachdem das Bundesministerium für Inneres im Dezember 2002 der Bundespolizeidirektion Villach seine Rechtsauffassung bekannt gab, wonach eine Datenermittlung zur Abwehr bloß wahrscheinlich gefährlicher Angriffe nicht zulässig, eine bloße Bildübertragung (ohne Aufzeichnung) jedoch ohne rechtliche Einschränkungen nach dem Sicherheitspolizeigesetz (SPG – BGBl. Nr. 566/1991 i. d. F. BGBl. I Nr. I Nr. 97/2003) möglich sei, ist die Einstellung der Aufzeichnung durch die Bundespolizeidirektion Villach erfolgt. Nicht unterbrochen wurde allerdings die bloße Bildübertragung. Die Aufzeichnung und damit auch das Zur-Verfügung-Stellen von benötigtem Bildmaterial erfolgt ab diesem Zeitpunkt durch die Stadt Villach. Die Meldung dieser Datenanwendung an das Datenverarbeitungsregister (§ 17 Datenschutzgesetz 2000 – DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999 i. d. g. F.) ist ebenfalls durch die Stadt erstattet worden.

Ein „Nebenschauplatz“ – die Altstoffsammelinseln
Ein weiteres Einsatzgebiet für Videokameras im Bereich der Stadt Villach bildet die Überwachung der ca. 150 Altstoffsammelinseln. Da über die Anzahl und Entleerungsintervalle von Altstoffsammelbehältern nicht die Stadt, sondern die einzelnen Branchenrecyclinggesellschaften des ARA-Systems (Altstoff Recycling Austria AG) entscheiden, kommt es immer wieder zu unbefriedigenden (Verschmutzungs-) Situationen im Bereich der Sammelflächen, insbesondere auch durch illegale Sperrmüllablagerungen.
Daher wurde ein Behälter mit einer Kamera sowie einem VHS-Aufnahmerekorder präpariert und mit einem Bewegungssensor ausgestattet. Die wöchentlichen Standortwechsel der Kameraanlage wickelt ein Privatunternehmen ab, die tägliche Auswertung erfolgt durch die Abfallbehörde. Im Konkreten wird versucht, über das vorhandene Bildmaterial „Müllsünder“ auszuforschen und ihnen vom Gemeinderat der Stadt Villach festgesetzte Tarife (brutto € 71,95) für die Reinigung des Sammelbereiches und Entsorgung des Abfalls in Rechnung zu stellen.
Was die Erfahrungen anlangt, so hat es keine Negativreaktionen aus der Bevölkerung bzw. eigentlich nur positives Echo gegeben. Auch war eine spürbare Besserung in den Randgebieten bemerkbar. Im Detail sind allerdings nur 10% der gemachten Aufzeichnungen wirklich verwertbar und damit auch nur „Einzelaufgriffe“ möglich. Insgesamt werden ca. 40–80 Rechnungen pro Jahr gelegt, von denen bisher sämtliche bezahlt worden sind. Nicht zu vernachlässigen sind dabei allerdings ein gewisser Bearbeitungsaufwand und die Kosten für die Standortadaptierungen durch das private Unternehmen. Wesentlich ist auch hier die verstärkte Berichterstattung in den Medien zur Erzielung generalpräventiver Wirkung.

Die Zukunft – Ausbau der Videoüberwachung
Zu den Zukunftsperspektiven ist auszuführen, dass – sofern eine einvernehmliche Definition der „besonders gefährdeten öffentlichen Orte“ („Kriminalitätsbrennpunkte“) mit der Bundespolizeidirektion Villach im Sinne der SPG-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 151/ 2004, erfolgen kann – die Ausdehnung der Videoüberwachung auf insgesamt 9 Kamerastandorte im Innenstadtbereich angedacht wäre. Die Projektkosten belaufen sich auf ca. € 130.000, die jährlichen Betriebskosten (mit Nutzungsentgelt und Störungsbehebungen) auf rd. € 17.000 (ca. € 1.900 je Standort). Über die Investitionskosten bzw. die Kosten des laufenden Betriebes gibt es derzeit Gespräche mit der Bundespolizeidirektion Villach.
Ein wesentlicher Beitrag für das Gelingen eines solchen Projektes ist zweifelsohne eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit, da es doch immer wieder massive Bedenken gegen den Einsatz von Videokameras (Stichwort: „Big Brother“) gibt. Dabei gilt es, permanent die positiven Wirkungen der Videoüberwachung und die tatsächliche persönliche Betroffenheit der Bürger potentiellen – de facto vernachlässigbaren – Gefahren von Datenmissbräuchen gegenüberzustellen. Als ein plakatives Argument für den Einsatz dieses Instruments könnte dienen, dass sich nach dem Beginn der Videoüberwachung die Anzahl der Sachbeschädigungen im relevanten Bereich von 25 (2003) auf 11 (2004) gesenkt hat. Auch sind die Körperverletzungen mit 67 (2003) zu 35 (2004) deutlich rückläufig.

Prävention, nicht Big Brother
Zusammenfassend lässt sich also ausführen, dass der Einsatz des Instrumentes Videoüberwachung durchaus zu Positiveffekten insbesondere im Hinblick auf die generalpräventive Wirkung führt, dass aber auch ein beträchtlicher (finanzieller) Einsatz für Städte und Gemeinden damit verbunden ist. Nichtsdestotrotz wird es aufgrund der Erwartungshaltung der Bevölkerung kaum mehr möglich sein, den mit der Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Sicherheitspolizeigesetz beschrittenen, den Einsatz dieses Instruments ermöglichenden Weg nicht weiter fortzusetzen.

OEGZ

ÖGZ Download