Videoüberwachung an öffentlichen Orten – verfassungsrechtliche und gesetzliche Grundlagen

Videoüberwachung an öffentlichen Orten – verfassungsrechtliche und gesetzliche Grundlagen

Schlichte Videoüberwachung im Sinne von „technisch verstärktem Sehen“ im Umfang von privatrechtlichen Beziehungen – dies umfasst Eigentum, Besitz oder Dienstleistungen – kann sowohl von Privaten als auch von Gemeinden erfolgen. Hingegen sind hinsichtlich der Aufzeichnung von Vorgängen durch das Datenschutzgesetz Grenzen gesetzt. Dabei können personenbezogene Daten in einem hoheitlichen Rechtsverhältnis und für hoheitliche Zwecke verwendet werden, soweit dies durch Gesetz gedeckt ist. Jedoch entsteht ein „bewegliches System“ von Videoüberwachungsmöglichkeiten dadurch, dass verschiedene Rechtsgrundlagen unterschiedliche Akteure zu dieser Maßnahme ermächtigen.

 

I. Videoüberwachung als technisch verstärktes Sehen (ohne Aufzeichnung)
Die einfachste Form der Videoüberwachung besteht darin, dass Vorgänge im Freien oder in geschlossenen Räumen mittels Bildübertragungsgerät weitergeleitet und laufend von jemandem wahrgenommen werden, der sich physisch nicht am Ort der Überwachung befindet. Eine Aufzeichnung findet nicht statt. Es handelt sich um eine Form des technisch verstärkten Sehens – allenfalls ergänzt durch technisch verstärktes Hören bei gleichzeitiger Tonübertragung – durch einen Beobachter. Der Beobachtungsaufwand wird durch Bündelung reduziert, weil die Wahrnehmung aus der Ferne ohne Sichtkontakt erfolgen kann und weil ein oder wenige Beobachter mehrere Räume gleichzeitig überwachen können.
Bei einfacher Videoüberwachung wird das Geschehen nur beobachtet. Eine Aufzeichnung von Einzelbildern oder Sequenzen findet nicht statt. Die Übertragungsapparatur fungiert als technisch verlängertes Auge des Betrachters. Der Apparat erspart die physische Anwesenheit von Beobachtern am überwachten Ort. Die Zulässigkeit der einfachen Videoüberwachung ist nicht anders zu beurteilen als das Schauen- und Beobachten-Dürfen. Wer darf in welcher Weise auf welchen rechtlichen Grundlagen schauen und beobachten?

II. Videoüberwachung in Ausübung privatrechtlicher Befugnisse
1. Beobachtung ohne Aufzeichnung
Schauen und Beobachten können in Ausübung privatrechtlicher Befugnisse des Beobachters erfolgen. Es ist zulässig, Besitz, Eigentum und persönliche Sicherheit eigentätig oder durch Beauftragte zu schützen. Im Rahmen privatrechtlicher Befugnisse kann Objekt- und Personenschutz mit einfacher Videoüberwachung betrieben werden. Die Videokamera beim Eingang, in Garagen, Fluren und Treppenhäusern, an der Außenseite und innerhalb von privat genutzten Objekten – wie Grundstücken, Wohnhäusern, Hotels, Banken, Gewerbebetrieben oder Kaufhäusern – darf ohne weiteres als Mittel des verlängerten Sehens eingesetzt werden. All das hält sich im Rahmen privatrechtlicher Befugnisse, die aus Eigentum und Besitz ableitbar sind. Es handelt sich um erlaubte Videoüberwachung in Ausübung privatrechtlicher Befugnisse des Überwachenden, auch wenn sie an allgemein zugänglichen Orten stattfindet.
Ob die Bildübertragung auf analogem oder digitalem Wege erfolgt, ist für die Zulässigkeit des technisch unterstützten Sehens nicht maßgebend. Es spielt auch keine Rolle, ob die dabei beobachteten Personen dem Beobachter bekannt sind oder allenfalls auf dem Umweg über eine Überprüfung bekannt werden können – Beispiel: Videoüberwachung eines Hotels, jemand wird wahrgenommen, der sich im Gebäude auffällig verhält, der hauseigene Sicherheitsdienst greift ein und fragt den Betroffenen, wer er ist und was er hier tut.
Videoüberwachung in Ausübung privatrechtlicher Befugnisse des Überwachenden findet dort rechtliche Grenzen, wo sie unerlaubt in die Privatsphäre der überwachten Person eingreift. Beispiel: versteckte Videokameras in Hotelzimmern. Hier besteht jedenfalls ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch, gegebenenfalls auch Schadenersatzansprüche. An dieser Stelle sei auf § 1328a ABGB1 verwiesen.
Videoüberwachung in Ausübung privatrechtlicher Befugnisse kann sich auch auf öffentliche Orte beziehen. Hotels, Kaufhäuser, Banken sind allgemein zugänglich. Das gleiche gilt für Verkehrsanlagen, wie U-Bahnen, Flugplätze, Busbahnhöfe etc. Dergleichen Räume können von einem nicht von vornherein bestimmten Personenkreis betreten werden und gelten daher als „öffentliche Orte“ im Sinne der Legaldefinition des § 27 Abs. 2 SPG2. Werden sie von Organen des Betreibers der Einrichtung, z. B. von Organen einer kommunalen Verkehrsgesellschaft, überwacht, so ist das Überwachungs-Rechtsverhältnis der Privatsphäre zuzuordnen. Der systematische Bezug ist über den Zusammenhang zum Dienstleistungsverhältnis gegenüber den Benützern und Kunden herzustellen.
Mit der Videoüberwachung erfüllt der Betreiber eine Sicherungsaufgabe, vergleichbar dem Streuen der Wege bei Glatteis. Die Vorsorge für eine gefahrlose Benutzbarkeit der Anlage gehört zu den Sicherungspflichten des Betreibers, mag er sie auch freiwillig als Selbstbindung übernommen haben.
Private Sicherheitsvorsorge durch schlichte Videoüberwachung kann auch durch Gebietskörperschaften in Bezug auf eigene Objekte, z. B. Amtsgebäude, oder im Rahmen von Dienstleistungen, z. B. Verkehrsunternehmungen, stattfinden, die sie in eigener Verwaltung oder über ausgegliederte Rechtsträger privaten Rechts erbringen. Dazu bedarf es weder eines gesetzlichen Auftrages noch einer gesetzlichen Ermächtigung.
Zwischenbilanz: Private Sicherheitsvorsorge durch schlichte Videoüberwachung an öffentlich zugänglichen Orten kann im Rahmen privatrechtlicher Beziehungen, gestützt auf Eigentum, Besitz oder Dienstleistungen, durch Private, aber auch durch Gebietskörperschaften und ihre Ausgliederungen durchgeführt werden. Eines gesetzlichen Auftrages oder einer gesetzlichen Ermächtigung bedarf es dazu nicht.

2. Aufzeichnung
Nächster Schritt: Die Beobachtungen werden analog oder digital aufgezeichnet und aufbewahrt. Aus rechtlicher Sicht bedeutet dieser Vorgang einen Qualitätssprung. Gemessen am Grundrecht auf Datenschutz liegt ein Eingriff in die Privatsphäre vor, wenn und soweit es sich um personenbezogene Daten handelt. Die einschlägigen Tatbestände in den Verfassungsbestimmungen des Art. I Datenschutzgesetz (DSG)3 sind mit Hilfe der Legaldefinitionen in § 4 leg cit zu interpretieren. Die einschlägigen Rechtsbegriffe – „personenbezogene Daten“, „verarbeiten“ und „verwenden“ – sind synonym, aber nicht sinngleich. Im Grundrechtsteil des § 1 DSG sind sie sowohl auf konventionelle („manuelle“) als auch auf automationsunterstützte Ermittlungs- und Verarbeitungsvorgänge zu beziehen, wogegen die Legaldefinitionen in § 4 und den darauf aufbauenden Teilen des Gesetzes auf automationsunterstützte, d. h. maschinell durchgeführte und programmgesteuerte Vorgänge abstellen.
Aus den Verfassungsbestimmungen des § 1 DSG geht hervor, dass es für eine Aufzeichnung von Videoüberwachungsdaten einen Rechtsgrund geben muss, damit die Aufzeichnung zulässig ist.4 Wegen der Drittwirkung des Grundrechts auf Datenschutz gilt dies auch für den Fall, dass die Aufzeichnung und gegebenenfalls auch die Aufbewahrung in Ausübung privatrechtlicher Funktionen, sei es des Eigentums und Besitzes, sei es im Rahmen von Dienstleistungen, erfolgen.
Das DSG geht von der Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Bereich aus (§ 5 leg cit). Ersterer ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Auftraggeber tätig wird, der in den Formen des öffentlichen Rechts eingerichtet ist, „insbesondere auch als Organe einer Gebietskörperschaft“, oder – obgleich privatrechtlich organisiert – „in Vollziehung der Gesetze“, d. h. als sogenannter Beliehener in hoheitlicher Funktion, tätig ist. Alles andere ist dem „privaten Bereich“ im Sinne des DSG zuzuordnen.
Was bedeutet das für die Aufzeichnung und Aufbewahrung von Videoüberwachungsdaten? Als Beispiel sei die Überwachung einer kommunalen Verkehrseinrichtung, z. B. von Zugängen und Bahnsteigen einer U-Bahn, herausgegriffen. Es ist davon auszugehen, dass es sich um eine Tätigkeit in Ausübung privatrechtlicher Funktionen, um eine Nebenleistung zum Beförderungsverhältnis, handelt. Das technisch verstärkte Sehen ist ohne weiteres erlaubt. Das Aufzeichnen und gegebenenfalls Aufbewahren bedarf im Hinblick auf das Grundrecht auf Datenschutz einer rechtlichen Legitimation, auch wenn es auf konventionelle Weise, d. h. nicht automationsunterstützt, erfolgt.
Wird die Überwachung der Verkehrsanlage von Organen der Gemeinde besorgt, so befinden wir uns im Sinne des DSG im öffentlichen Bereich (obwohl nicht in Vollziehung der Gesetze). Anderenfalls, etwa wenn Organe eines ausgegliederten Rechtsträgers tätig sind, bewegen wir uns im privaten Bereich im Sinne des DSG. Auch hier wird keine Hoheitsfunktion ausgeübt. Die Unterscheidung, die das DSG zwischen dem öffentlichen und dem privaten Bereich trifft, deckt sich nicht mit der Unterscheidung zwischen hoheitlicher und nicht hoheitlicher Funktionsausübung.
Das Aufzeichnen oder Aufbewahren der Videoüberwachungsdaten stellt eine Verwendung von Daten dar. Die Frage der Zulässigkeit ist nach § 7 DSG zu beurteilen. Diese Bestimmung verweist auf die gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnisse des sogenannten Auftraggebers, das ist jene Person, die für den Vorgang verantwortlich ist.5
Was bedeutet das für das Beispiel der videoüberwachten U-Bahn-Anlage? Dürfen die Daten konventionell oder automationsunterstützt aufgezeichnet und aufbewahrt werden? Geht man von den rechtlichen Befugnissen des Auftraggebers aus, so ist ein begleitendes Aufzeichnen zulässig, damit etwa bei einem Überfall das Wahrgenommene bzw. Wahrnehmbare6 bewiesen werden kann. Der Vorgang ist vergleichbar den Notizen, die sich ein Beobachter macht. Zu denken ist auch an den Fall, dass die persönliche Beobachtung nicht gleichzeitig für alle Überwachungseinrichtungen erfolgen kann. Der Beobachter kann nur einen Teil der Bildschirme im Auge behalten. Oder er legt eine Pause ein, ohne dass er von jemand anderen vertreten wird.
Damit sind die Zulässigkeit und die Grenzen des Aufzeichnens und des Aufbewahrens von Daten aus Videoüberwachungen angesprochen und abgesteckt. Beides ist zulässig, jedoch nur in einem eng begrenzten zeitlichen und funktionellen Rahmen. Eine längere Aufbewahrung von Daten oder eine Auswertung zum Zwecke der Identifikation und des Wiedererkennens von Personen ist nicht zulässig. Die Daten sind, wenn sie nicht mehr benötigt werden, zu löschen.
Die bisher angestellten Überlegungen haben sich auf die Videoüberwachung in Ausübung privatrechtlicher Befugnisse und im Rahmen privatrechtlicher Rechtsverhältnisse bezogen. Es hat sich gezeigt, dass eine derartige Überwachung auf öffentliche Orte bezogen sein kann. Zwischen Rechtsverhältnissen, Orten, Zwecken, Mitteln bestehen im Hinblick auf die Unterscheidung von öffentlich und privat keine Kongruenz, sondern höchst komplexe Differenzen.

III. Videoüberwachung „in Vollziehung der Gesetze“
Die Videoüberwachung an öffentlichen Orten, die nicht im Rahmen privatrechtlicher Befugnisse und Rechtsverhältnisse, sondern „in Vollziehung der Gesetze“, d. h. in hoheitlicher staatlicher Funktion erfolgt, dient polizeilichen Zwecken (Gefahrenprävention) und/oder Zwecken der verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Strafrechtspflege. Diese Art von Überwachung ist auf potenzielles Eingreifen und auf die Möglichkeit einer Identifikation von Personen bezogen.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass eine Videoüberwachung öffentlicher Orte in Ausübung hoheitlicher Befugnisse einer gesetzlichen Legitimation bedarf, die den Erfordernissen des Art. 18 Abs. 1 B-VG entspricht. Die SPG-Novelle 20057 ermächtigt die Sicherheitsbehörden, an öffentlichen Orten personenbezogene Daten Anwesender mittels Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten zu ermitteln, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen vorangegangener gefährlicher Angriffe, zu befürchten ist, dass es dort zu gefährlichen Angriffen gegen das Leben, die Gesundheit oder das Eigentum von Menschen kommen werde. Die Daten dürfen aufbewahrt und verwendet werden. Soweit sie nicht für Zwecke der sicherheitspolizeilichen Prävention oder für kriminalpolizeiliche Zwecke benötigt werden, sind sie nach längstens 48 Stunden zu löschen (§ 54 Abs. 6 SPG).
Die neue Regelung ist als Ermächtigung formuliert. In der systematischen Verbindung mit den Aufgaben der Sicherheitsbehörden, vor allem zur Gefahrenvorbeugung8, ist aus der Regelung eine Verpflichtung zur Wahrnehmung einer entsprechenden Verantwortung durch die Sicherheitsbehörden abzuleiten. Eine Unterlassung der Umsetzung der gesetzlichen Ermächtigung kann eine Pflichtenverletzung bedeuten. Es liegt nicht im freien Ermessen der Sicherheitsbehörden, ob sie im Einzelfall von der gesetzlichen Ermächtigung Gebrauch machen. Dieser Aspekt ist auch für Gemeinden interessant, soweit sie als Städte mit eigenem Statut und Bezirksverwaltungsbehörden die Aufgaben von Sicherheitsbehörden 1. Instanz wahrzunehmen haben.
Umgekehrt können die Sicherheitsbehörden auf die Einrichtung von Videoüberwachung an öffentlichen Orten verzichten, wenn dort die Gefahrenprävention und die Strafverfolgung durch andere Formen der Überwachung, vor allem auch in Ausübung privatrechtlicher Befugnisse, gesichert sind.
Dazu nun im Folgenden einige juristische Facetten. Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Frage nach der Zulässigkeit eines einfachen, technisch unterstützten Sehens in Ausübung hoheitlicher Funktionen, wie z. B. die Videoüberwachung einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, einer Veranstaltung im Rahmen der örtlichen Veranstaltungspolizei oder der Einsatz von Videoüberwachungsgeräten beim Streifen- und Überwachungsdienst im Rahmen der örtlichen Sicherheitspolizei.
Allgemein ist davon auszugehen, dass alles, was mit dem unbewaffneten Auge wahrgenommen werden kann und darf, auch in technisch unterstützter Weise mittels Videoüberwachung wahrgenommen werden darf. Die Befugnis der Behörden und ihrer Organe zur Videoüberwachung öffentlichen Verhaltens von Menschen folgt den gesetzlichen Aufgaben. Dies ergibt sich aus dem allgemeinen Legalitätsprinzip in Verbindung mit dem besonderen Gesetzesvorbehalt des § 7 DSG9.
Nichts Anderes gilt für das Aufzeichnen und Verwenden von Daten aus Videoüberwachung. Soweit es dabei um die Identifikation von Menschen geht, darf mittels Videoüberwachung vorgegangen werden, wenn und soweit die dabei ermittelten personenbezogenen Daten auch auf konventionelle Weise – „manuell“ in der Terminologie des DSG, d. h. in nicht automationsunterstützter Form – verwendet werden dürfen. Das DSG 2000 geht in dieser Hinsicht vom Grundsatz der akzessorischen Zulässigkeit aus: Personenbezogene Daten dürfen in einem hoheitlichen Rechtsverhältnis und für hoheitliche Zwecke verwendet werden, soweit dies von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des Auftraggebers gedeckt ist. Das Gesetz ist in dieser Hinsicht weniger rigoros als das DSG 1978, welches automationsunterstützte Datenverarbeitung im öffentlichen Bereich an die Bedingung einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung oder sonst davon abhängig gemacht hat, dass diese Art der Datenverarbeitung eine wesentliche Voraussetzung für die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe darstellt.
Was bedeutet das konkret? Eine Gemeinde darf – z. B. im Rahmen der örtlichen Veranstaltungspolizei – öffentliches Verhalten gleichermaßen durch eigene Überwachungsorgane wie auch mittels Video überwachen, dies aber nur soweit, als die Überwachungsbefugnis allgemein reicht. Das bedeutet, es darf technisch unterstützt mittels Videoübertragung beobachtet, nicht aber aufgezeichnet oder gar zum Zwecke der Identitätsfeststellung verarbeitet werden.
Ein anderes Beispiel: die Überwachung von Kurzparkzonen. Auch hier ist von dem Grundsatz auszugehen, dass das, was ohne technische Unterstützung durch Überwachungsorgane wahrgenommen und ermittelt werden kann und darf, auch mittels Video wahrgenommen und ermittelt werden darf, ohne dass es dazu einer speziellen gesetzlichen Ermächtigung bedarf.
Besondere Probleme bestehen im Hinblick auf die Aufgaben und Befugnisse von Gemeinden und Angehörigen von Gemeindewachkörpern sowohl bei der polizeilichen Prävention als auch bei der Strafverfolgung („Kriminalpolizei“).10 Wachkörper der Gemeinden und einzelne, nicht als Wachkörper organisierte Exekutivorgane der Gemeinde11 können den von Gemeinden zur Erfüllung von Aufgaben der Gemeinde sowohl im eigenen als auch im übertragenen Wirkungsbereich eingesetzt werden. Was sie in der Öffentlichkeit wahrnehmen können und dürfen, das kann und darf auch technisch unterstützt mittels Videoübertragung wahrgenommen werden.
Das SPG zählt zwar die Gemeindewachkörper neben dem Wachkörper Bundespolizei und den zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigten Angehörigen des rechtskundigen Dienstes der Sicherheitsbehörden zu den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes12, ihre Aufgaben hängen aber davon ab, ob und wie weit Organe der Gemeinden als Sicherheitsbehörden einzuschreiten haben.13
Als eine Regelung, die den Bereich der sicherheitspolizeilichen Prävention berührt, kann derzeit § 24 StPO angesehen werden. Danach haben die Sicherheitsbehörden, zu denen auch die Bürgermeister gezählt werden, den strafbaren Handlungen von Amts wegen nachzugehen und erste Verfolgungs- und Beweissicherungsmaßnahmen durchzuführen. In der Praxis wird die Ermächtigung weit über den Rahmen hinaus überdehnt, an dem sich das Konzept orientiert. Für Gemeinden mit gut ausgestatteten Wachkörpern ergeben sich daraus weit reichende Perspektiven eines Überwachungs- und Streifendienstes und damit akzessorisch auch für Videoüberwachung für kriminalpolizeiliche Zwecke. Aus der gegenbeteiligten Sicht der Sicherheitsbehörden kann dies eine nicht zu unterschätzende Entlastung bedeuten.
In der neuen StPO14 findet sich übrigens keine dem § 24 StPO entsprechende Regelung. Die Kriminalpolizei obliegt künftig den Sicherheitsbehörden unter der Leitung der Staatsanwaltschaft.

IV. Conclusio
Die rechtlich unterschiedlichen Möglichkeiten und Grundlagen für eine Videoüberwachung an öffentlichen Orten ermöglichen es, dass verschiedene Akteure gleiche Ziele mit verschiedenen Mitteln verfolgen. Die Überwachung von Verkehrsanlagen kann ebenso als Dienstleistung im Rahmen einer privatrechtlichen Beziehung wie auch im Rahmen hoheitlicher Funktionserfüllung stattfinden. Bei der Organisation solcher Vorhaben besteht ein beträchtlicher Spielraum. Es gibt zumeist mehrere Alternativen. Das bedeutet, dass entsprechend den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Effizienz eine Kooperation und Koordination zwischen den beteiligten Akteuren – Gebietskörperschaften, ausgegliederten Rechtsträgern und Privaten – erforderlich sein wird. Wie in vielen Bereichen des Rechts erleben wir auch hier ein Abrücken von fest schematisierten inhaltlichen Vorgaben und ein Vordringen beweglicher Lösungen in Form von Zielvorgaben und Verfahrensinstrumenten.

Fußnoten:
1 Recht auf Wahrung der Privatsphäre. Ersatzanspruch wegen rechtswidrigen und schuldhaften Eingreifens in die Privatsphäre eines Menschen.

2 § 27 SPG regelt die Aufgabe der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung: Den Sicherheitsbehörden obliegt die Aufrechterhaltung der Ordnung an öffentlichen Orten. Hiebei haben sie auf das Interesse des Einzelnen, seine Grund- und Freiheitsrechte ungehindert auszuüben, besonders Bedacht zu nehmen (Abs. 1). Öffentliche Orte sind solche, die von einem nicht von vornherein bestimmten Personenkreis betreten werden können (Abs. 2). Als öffentliche Orte gelten z. B. Stiegenhäuser und Höfe von Wohnbauten, öffentliche Verkehrsmittel, Straßen mit öffentlichem Verkehr, Geschäftspassagen etc. Siehe dazu Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz. Kommentar2 (2001) 244.

3 Art. I DSG enthält in drei Paragrafen ein Paket von Verfassungsbestimmungen, allen voran ein Grundrecht auf Datenschutz, das im Kern aus einem Geheimhaltungsanspruch und Rechten auf Auskunft, Löschung und Richtigstellung als akzessorischen Grundrechten besteht. Zum System siehe Dohr/Pollirer/Weiss, Kommentar Datenschutzrecht2 (2002) Loseblattsammlung.

4 Auszugehen ist von der Erwägung, dass das Aufzeichnen einen Grundrechtseingriff (Informationseingriff) in Form des Ermittelns personenbezogener Daten darstellt. Auf die Technik (konventionell oder automationsunterstützt) kommt es dabei nicht an. In diese Richtung weist auch die Entscheidung des EGMR im Fall Peck gegen das Vereinigte Königreich vom 28. 1. 2003, ÖJZ 2004/20 (MRK). Siehe auch König, Grundrechte und Videoüberwachung, in: Österreichische Juristenkommission (Hrsg), Grundrechte in der Informationsgesellschaft (2001) 119. Das Erfordernis eines Rechtsgrundes ist aus § 7 Abs. 1 DSG abzuleiten. Demnach dürfen Daten nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.

5 Siehe vorhin FN 4.
6 Falls es eben nicht beobachtet wurde.
7 BGBl I 2004/151.
8 § 22 Abs. 2 SPG.
9 Siehe vorhin FN 4.

10 Terminologie folgend der StPO idF des Strafprozessreformgesetzes, BGBl I 2004/19: Kriminalpolizei (im materiellen Sinne) besteht in der Wahrnehmung von Aufgaben im Dienste der Strafrechtspflege (Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG), insbesondere in der Aufklärung und Verfolgung von Straftaten (§ 18).

11 Als Wachkörper gelten bewaffnete oder uniformierte oder sonst nach militärischem Muster eingerichtete Formationen, denen Aufgaben polizeilichen Charakters übertragen sind (Art. 78d Abs. 1 B-VG). Zur Legaldefinition und zur Abgrenzung von Wachkörpern (Formationen, Verbänden) von bloß mehreren Exekutivorganen (der Gemeinden) siehe Funk, Die Bestimmungen der Bundes-Verfassungsnovelle 1929 über Wachkörper, ÖJZ 1973, 589, 625.

12 § 5 Abs. 2 SPG idF der SPG-Novelle 2005 (siehe vorhin FN 7).

13 Auf Antrag einer Gemeinde können die Angehörigen ihres Gemeindewachkörpers der Bezirksverwaltungsbehörde mit deren Zustimmung durch Verordnung des Sicherheitsdirektors unterstellt werden, um sicherheitspolizeilichen Exekutivdienst zu versehen (§ 9 Abs. 3 SPG). Nähere Bestimmungen über die Aufgabenerfüllung sind in § 9 Abs. 4 leg cit enthalten.
Möglicherweise meint das SPG auch einzelne, nicht in einen Wachkörper integrierte Gemeindepolizeiorgane, wenn es von „Angehörigen ihres Gemeindewachkörpers“ spricht. Zum verfassungsrechtlichen Wachkörperbegriff siehe vorhin FN 11.

14 § 98 Strafprozessreformgesetz (siehe vorhin FN 10).

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