Organisationsarbeit in finanziell schwierigen Zeiten

Organisationsarbeit in finanziell schwierigen Zeiten

Österreichs Städte und Gemeinden sind seit vielen Jahren mit der Optimierung kommunaler Strukturen und Prozesse beschäftigt. Das Beispiel der Strukturreform in Salzburg zeigt, dass nachhaltige Veränderungen nur durch einen klar definierten politischen Willen, klare Handlungsanleitungen für betroffene Mitarbeiter und durch die Ausnützung aller vorhandenen Potentiale zustande kommen. Im Gesamtergebnis hat die Salzburger Stadtverwaltung ihre Strukturen gegenüber der Phase vor 1999 beinahe halbiert – mit nunmehr gebündelten Fachkompetenzen, einfacheren Abläufen, mehr Bürgerservice und geringeren Kosten.

 

Blick zurück
Ein kurzer Blick zurück ruft in Erinnerung, was Österreichs Städte in den letzten 10 Jahren auszuhalten hatten. Stark steigende Sozialausgaben, die Kosten des EU-Beitrittes, nachteilige Änderungen im Steuersystem, die Auswirkungen der Volkszählung und die Übertragung neuer Aufgaben ohne entsprechende finanzielle Abgeltung – Österreichs Städte hatten es wahrlich nicht leicht in den letzten Jahren.
Es entspricht auch dem Salzburger Selbstverständnis, dass kommunale Leistungen auf sehr hohem Qualitätsniveau angeboten werden. Die Erwartungen und Anforderungen an das kulturelle Angebot, die sozialen Leistungen und die kommunale Infrastruktur sind uneingeschränkt sehr hoch, auch wenn deren Finanzierung nicht mehr Schritt hält. Dazu kommt, dass Städte und Gemeinden ihre Dienstleistungen von allen Gebietskörperschaften in direktestem Kundenkontakt erbringen, aber andererseits am Ende der Hierarchiekette dieser Gebietskörperschaften stehen.
Diese Entwicklung hat wesentlichen Einfluss auf die Organisationsarbeit in der Stadtverwaltung.

Das eigene Leistungsangebot ständig hinterfragen
Seit 1995 werden alle 5 Jahre Aufgabenreformen für die gesamte Stadtverwaltung durchgeführt. Dabei mussten 1995 noch sehr detaillierte neue Erhebungen durchgeführt werden, für die Produktkritik 2000 und insbesondere die Aufgabenreform 2004/2005 war der zusätzliche Erhebungsaufwand durch die vorliegenden Produktblätter und die detaillierte Kosten- und Leistungsrechnung sehr gering.
Aufgabenreform wurde dabei immer umfassend verstanden und es wurde nicht nur geprüft, welche sowohl von den selbst erbrachten als auch von den finanzierten Aufgaben nicht mehr erbracht werden müssen. Es wurde auch geprüft, welche dieser Aufgaben nur in reduziertem Umfang erbracht werden können, ob es Möglichkeiten zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit bei der Erfüllung der Aufgabe gibt und ob andere Formen der Erledigung (Ausgliederung, PPP-Modelle) möglich erscheinen, die wirtschaftlich vorteilhafter sind.
Die Aufgabenreform 1995 war vom Ergebnis her die erfolgreichste. Hauptverantwortlich dafür war sicher, dass erstmalig ein derartiger Ansatz flächendeckend gewählt wurde und es gelungen ist, vorhandene „Reserven“ zu identifizieren und die Einspareffekte in weiterer Folge auch konsequent zu realisieren.
Die Produktkritik 2000 beschäftigte sich bereits mit einer deutlich verschlankten Verwaltung, dennoch konnten in den Folgejahren die restriktiven Budgetvorgaben weitgehend erfüllt werden.
Die Aufgabenreform 2004/2005 zeigt, dass durch die engen finanziellen Möglichkeiten in den meisten Bereichen bereits weitgehend eine ständige und konsequente Hinterfragung des Leistungsangebotes und laufende Optimierung durchgeführt wird. Die Freude über diesen aus organisatorischer Sicht durchaus erfreulichen Umstand wird massiv getrübt, weil damit auch sichtbar wird, dass es kaum mehr „einfache“ Reduktionsmöglichkeiten gibt. Die zukünftig notwendigen Einsparungen werden damit auch Bereiche treffen müssen, in welche wegen der damit verbundenen massiven Auswirkungen mit gutem Grund nicht eingegriffen wurde.

Strukturreform
Zusammen mit den Überlegungen zu Aufgabenreformen muss auch die Aufbauorganisation geändert werden. Auch wenn Strukturänderungen manchmal für den Einzelnen nicht leicht zu akzeptieren sind: Nicht optimale Strukturen verursachen erhebliche Kosten und würden anderen signalisieren, dass Veränderungen nicht für alle gleichermaßen angesagt sind.
Die Strukturreform der Stadtverwaltung Salzburg wurde in zwei Etappen durchgeführt. Nach der ersten Aufgabenreform und in weiterer Folge nach den ersten Strukturüberlegungen, verbunden mit einer umfassenden Beschäftigung mit den Themen Ausgliederung und Privatisierung, wurde verwaltungsintern ein Vorschlag für eine Strukturänderung erstellt. Dabei konnte unter Leitung des Magistratsdirektors in ausführlichen Gesprächen mit allen Abteilungsvorständen ein einvernehmlicher Vorschlag erstellt werden. Dieser wurde im Zuge der Parteienvereinbarung als neue Aufbauorganisation beschlossen, die Umsetzung sollte schrittweise – nach den personellen Möglichkeiten – in der Funktionsperiode (1999 bis 2004) erfolgen.
Der zweite Teil der Strukturreform erfolgte 2004. Durch den zunehmenden finanziellen Druck und die Auswirkungen der Pensionsreform wurde offensichtlich, dass eine schrittweise Umsetzung wie im ersten Teil nicht mehr möglich sein wird. Aufbauend auf die Diskussionen zum ersten Teil der Strukturänderungen und unter Berücksichtigung der neuen Aufgaben (sowohl der bereits übernommenen, aber auch der noch in Diskussion stehenden) wurde eine neue Struktur konzipiert, jedoch ohne die breite Diskussion, wie dies 1999 geschah.
Im Zuge der Parteienvereinbarungen nach der Gemeinderatswahl im Frühjahr 2004 wurde ein klares politisches Signal in Richtung weitere Reformen gesetzt. Mit geringen Modifikationen wurde die neue Struktur und deren Umsetzung mit 1. Juli 2004 beschlossen.
In der Folge waren umfangreiche Aktivitäten erforderlich. Ergebnis der ausführlichen Informationsgespräche war, dass die neue Struktur von allen Beteiligten als fachlich grundsätzlich richtig akzeptiert wurde. In vielen Einzelgesprächen seitens der Verwaltungsführung wurden für direkt Betroffene Lösungen gesucht, wobei die Umsetzung der Struktur zum vorgegebenen Zeitpunkt als Vorgabe nicht verhandelbar war.
Die weiteren Schritte waren die Neuformulierung des Verwaltungsgliederungs- und Aufgabenverteilungsplanes, die Umsetzung der Neuorganisation in den Abteilungsbudgets und im Stellenplan. Dank hohem Einsatz und modernster Werkzeuge gelang dies vorbildlich. Eine vorausschauende Personalplanung ermöglichte die kurzfristige Realisierung der meisten geplanten Synergieeffekte der Strukturreform binnen weniger Monate.
Der wesentliche Erfolgsfaktor für den ersten Teil der Strukturreform lag in der umfangreichen Einbindung der Führungskräfte und der zeitlichen Staffelung der Umsetzung gemäß den personellen Möglichkeiten.
Der zweite Teil der Strukturreform konnte erfolgreich umgesetzt werden, weil es einen klaren und einhelligen politischen Auftrag dafür gab, die Umsetzung sehr zeitnah erfolgen musste und eine sorgfältige interne Vorbereitung eine rasche Umsetzung der personellen Maßnahmen erlaubte sowie die neue Struktur von allen Beteiligten als fachlich korrekt befunden wurde.
Im Gesamtergebnis hat die Stadtverwaltung ihre Strukturen gegenüber vor 1999 fast halbiert. In Politik und Verwaltung herrscht Einvernehmen, dass die ursprüngliche Zielsetzung, also

- Bündelung von Fachkompetenzen,
- einfachere Abläufe, weniger Schnittstellen und
- geringere Kosten

voll erreicht wurden, auch wenn aus Sicht der Verwaltungsorganisation immer wieder kleinere Korrekturen notwendig sind.

Neue Servicekonzeption
Strukturveränderungen, die kompaktere Strukturen schaffen, brauchen einen Begleitprozess. Von außen betrachtet bieten Bezeichnungen zusammengefasster Strukturen nicht mehr ausreichend Orientierung. Dazu wurde 1998 ein Modell entwickelt, in dem zentrale Anlaufpunkte mit umfassendem Serviceangebot geschaffen wurden.
Ergänzt durch geschickte räumliche Zusammenlegungen werden heute die meisten personenbezogenen Leistungen im Schloss Mirabell angeboten: Gemeinsam mit der eigentlichen Bürgerservicestelle (Auskunfts- und Beschwerdedienst, Familien- und Seniorenpass, Aktionen, Bestätigungen u. dgl.) sind heute Meldewesen, Passwesen, Fundwesen, Standesamt und Stadtkasse (mit allen Finanzinformationen) im Schloss Mirabell konzentriert und bieten so ein umfassendes Service, ohne dass die dahinter liegenden Verwaltungsstrukturen von besonderer Bedeutung sind.
Um eine hohe Fachlichkeit zu gewährleisten, betreiben bestimmte Bereiche eigene Fachservicecenter. Diese befinden sich in jenen Gebäuden, in denen die jeweiligen Fachabteilungen untergebracht sind. Sehr erfolgreich und gut angenommen sind das Servicecenter „Bauen und Planen“ und das Servicecenter „Soziales“.
Mit dieser Lösung werden die Kundenströme ideal entflochten und kompetente Anlaufstellen angeboten.

Prozessoptimierung
Die Verwaltungsführung forcierte in Salzburg von jeher den IT-Einsatz. Die Strategie, mit modernsten IT-Werkzeugen die Voraussetzungen für optimale Bearbeitungsvorgänge zu schaffen, macht sich bezahlt. Von der digitalen Stadtkarte bis zum elektronischen Akt sind heute Systeme in Betrieb, die nicht nur den Anforderungen der Anwender entsprechen, sondern wegen ihres Innovationsgehaltes und ihrer technischen Konzeption national und international vielfach ausgezeichnet wurden.
In der laufenden Optimierung wird stark auf Qualitätszirkelarbeit gesetzt. Wo immer möglich, werden dabei auch externe Partner zur Mitwirkung eingeladen. Das erhöht zusätzlich die Qualität der erarbeiteten Lösungen. In einzelnen Bereichen werden diverse Zertifikate erworben. Innovative Projekte werden speziell gefördert und etwa im Speyerer Qualitätswettbewerb 2000 international erfolgreich präsentiert.
Die Vernetzung der verschiedenen Modernisierungsfelder zeigt sich sehr deutlich am Beispiel des Facility Managements. Eine detaillierte Anforderungsanalyse hatte zum Ergebnis, dass für eine moderne Prozessgestaltung eine umfassende Restrukturierung der gesamten mit Gebäudebewirtschaftung befassten Einheiten erforderlich ist. Diese wurde in der Strukturreform sofort umgesetzt. Um rasch finanzielle Ergebnisse vorweisen zu können, wurden zwei Projekte zur Büroflächenoptimierung mit höchster Priorität versehen. Durch intelligente Lösungen konnte der angemietete Bestand weitgehend abgegeben werden. Die erforderlichen Investitionen rechnen sich innerhalb kürzester Zeit.
Abteilungsübergreifende Projektarbeit
Komplexe Aufgabenstellungen brauchen flexible und projektorientierte Strukturen. Die abteilungsübergreifende Projektarbeit wurde insgesamt forciert und 2004 neu geregelt. Um Anforderungen gerecht werden zu können, wurde das Aus- und Weiterbildungsangebot in diesem Bereich ausgeweitet.

Zentrale Steuerung der Verwaltungsmodernisierung
Verwaltungsmodernisierung ist ein komplexer Prozess. Um hier die Übersicht zu behalten und zentral steuern zu können, wird ein Masterplan geführt. Es handelt sich dabei um eine Gesamtschau aller relevanten Vorhaben zur Verwaltungsmodernisierung. Darin ist die langfristige Planung der Verwaltungsführung abgebildet.
Der Masterplan ist gegliedert in die Themenbereiche

- Neue Führungs- und Steuerungskonzeption,
- Bürgerinnen und Bürger/Kundinnen und Kunden,
- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
- Effektivität, Effizienz und Qualität sowie
- Grundlagenarbeit und IT.

Für jeden Themenbereich sind Zielsetzungen formuliert und dazu konkrete Projekte und Maßnahmen aufgeführt. Diese Vorgangsweise stützt in besonderer Weise die langfristige Planung, damit rechtzeitig jene Instrumente und Potentiale aufgebaut werden, die für zukünftige Anforderungen notwendig sind.
Im wöchentlich stattfindenden Jour fixe des Magistratsdirektors mit der Verwaltungsorganisation und dem IT-Bereich wird zeitnah über alle laufenden Aktivitäten berichtet und es können kurzfristige Entscheidungen herbeigeführt werden.

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