Eine lebendige Frauen- und Mädchenszene – Vielfältige Angebote garantieren Unterstützung

Eine lebendige Frauen- und Mädchenszene – Vielfältige Angebote garantieren Unterstützung

Seit Mitte der 80er Jahre haben sich in der Stadt Salzburg vielfältige Frauen- und Mädchenberatungsangebote etabliert. Derzeit bieten rund 20 Einrichtungen und Projekte spezialisiertes Wissen an: Das thematische Spektrum reicht von Unterstützung am Arbeitsmarkt über Beratung in Lebenskrisen bis hin zur Förderung der Gesundheit. Trotz des massiven Spardrucks der Kommunen hat die Stadt Salzburg auf eine Einschränkung der Förderungen bislang verzichtet.

 

Feministische Vorkämpferinnen als Wegbereiterinnen einer professionellen Beratungslandschaft
Eine bunte, schillernde Beratungslandschaft – bestehend aus mehr als 20 Initiativen von und für Frauen – ist in der Stadt Salzburg vorzufinden. Der wesentliche Motor ihrer Etablierung war zweifelsohne auch in Salzburg die autonome Frauenbewegung. Mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen trat sie ab Mitte der 70er Jahre vehement in Erscheinung. Wenn auch von vielen verspottet und diskreditiert, lenkte sie die öffentliche Wahrnehmung auf die Lebensrealität der Frauen in einem umfassenden Sinn. Hauptanliegen waren der Kampf gegen ökonomische Ausbeutung ebenso wie die Verdrängung und Verleugnung des Weiblichen aus Geschichte, Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft wie auch das breite Themenfeld „Gewalt gegen Frauen“. Damit war sie Wegbereiterin für zahlreiche, heute bestehende Fraueneinrichtungen. Die Folge-Initiativen konzentrierten sich ab Mitte der 80er Jahre auf konkrete Themenbereiche mit der Absicht, Beratungseinrichtungen und Hilfsangebote für Frauen zu etablieren, wobei „Gewalt gegen Frauen“ anfänglich einen Schwerpunkt bildete.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen bekämpfen
Gewalt gegen Frauen war lange Zeit im Bewusstsein von Politik und Gesellschaft nicht vorhanden. Umso nachdrücklicher waren die Initiativen zur Bewusstseinsbildung und zur Schaffung konkreter Angebote.
Die Errichtung eines „Autonomen Salzburger Frauenhauses“ als Zufluchtsstätte für von Gewalt bedrohte Frauen und deren Kinder gelang nach heftigen politischen Auseinandersetzungen schließlich 1989. Stadt und Land Salzburg unterstützen die von Frauen geführte Einrichtung seither kontinuierlich. Dreizehn Zimmer stehen derzeit zur Verfügung. Im Jahr 2004 waren mehr als 3.500 Frauen und knapp 3.000 Kinder im Frauenhaus wohnhaft, mehr als 40% der Klientinnen nutzten die Möglichkeit des Schutzraumes bis zu einer Woche, um danach alternative Lösungen der Lebenssituation selbst zu beschreiten. In wenigen Fällen betrug die Aufenthaltsdauer bis zu zwölf Monate. Für 2006 ist der Neubau des Frauenhauses geplant, um der Versorgung Betroffener besser gerecht zu werden und Abweisungen möglichst zu vermeiden.
Ein weiterer Zweig frauenpolitischer Initiativen lag in der Gründung des „Frauennotrufs Salzburg“ im Jahr 1984. Dieser Sozialverein war damit die erste Stelle, die sich mit dem Thema der sexuellen Gewalt an Frauen auseinander setzte. Er ist seitdem eine Anlaufstelle für Frauen und Mädchen aus Stadt und Land, die Opfer einer Vergewaltigung wurden oder unter Übergriffen sexueller Art zu leiden hatten oder haben. Neben den beiden hauptamtlichen Mitarbeiterinnen hält ein Netz von bis zu 15 ehrenamtlich arbeitenden Frauen den Notrufbetrieb 24 Stunden täglich aufrecht. Neben der Beratung wird hier auch die Begleitung etwa bei Gerichtsverfahren angeboten. Rund 350 Personen, Betroffene und deren Angehörige, nutzen pro Jahr die Hilfe des Psychologinnenteams.
Die jüngste Frauen-Einrichtung der Stadt Salzburg widmet sich der Gewalt in der Familie. Jede dritte bis fünfte Frau ist von Gewalt im familiären Nahfeld betroffen. Lange Zeit galt dies als Tabuthema. Doch mit den bundesgesetzlichen Regelungen aus 1997 (den sogenannten Gewaltschutz-Gesetzen), die über die Grenzen Österreichs hinaus große Beachtung gefunden haben, wurden Meilensteine gesetzt. Darin wurden folgende Grundprinzipien begründet:

- Die klare Verantwortung der Gewalttäter für die Gewalttat,
- die Entlastung der Opfer,
- die staatliche Verantwortung für häusliche Gewalt,
- der Schutz und die Sicherheit für Betroffene,
- eine klare Ächtung von Gewalt sowie
- die Kooperation aller maßgeblichen Behörden und Einrichtungen.

Die „Interventionsstelle Salzburg“ wurde 1998 durch das Bundesministerium für Inneres geschaffen. Zirka 500 Personen, zu 97% sind es Frauen, wurden 2004 durch das Team aus Juristinnen, Psychologinnen und Sozialarbeiterinnen beraten und begleitet. Ausgezeichnet funktioniert die Kooperation mit der Exekutive und den Gerichten. Immerhin werden in Salzburg jährlich rund 300 Wegweisungen und Betretungsverbote durch die Polizei verhängt und die Betroffenen an die Interventionsstelle verwiesen.
Vor dem Hintergrund von Gewalttaten hat die Prävention einen hohen Stellenwert. Von Mädchen stark nachgefragt sind Selbstverteidigungskurse, die die Stadt Salzburg in Zusammenarbeit mit dem „Verein Drehungen“ seit mehr als fünf Jahren anbietet. Rund 90 Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren besuchen jährlich die Wochenendkurse, um ihr Selbstbewusstsein zu stärken, sich ihrer Grenzen und deren Verteidigung klar zu werden und um Handfertigkeiten eines erfolgreichen Selbstschutzes zu erwerben und zu trainieren. Der Ansatz dabei ist: „Selbstverteidigung beginnt im Kopf“.

Mädchen fördern
Die Hälfte der weiblichen Lehrlinge in Österreich verteilen sich auf nur drei Berufe: Friseurin, Einzelhandels- und Bürokauffrau. Damit schöpfen einerseits Mädchen ihre Möglichkeiten nicht voll aus, andererseits fehlt es den Betrieben zunehmend an qualifiziertem Nachwuchs.
Das Projekt „MeET – Mädchen entdecken EDV und Technik“ eröffnet jungen Frauen neue berufliche Wege. Dieser Berufsvorbereitungs- und Berufsorientierungskurs für Mädchen in handwerklich-technischen und IT-Berufen bietet die Möglichkeit, verschiedene Berufe, die bis dato unter der Domäne von Männern stehen, praktisch und theoretisch kennen zu lernen. Über ein Jahr erhielten 27 Mädchen und Frauen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren die Chance, ihre beruflichen Perspektiven zu erweitern und schließlich in einem Betrieb eine fixe Lehrstelle zu bekommen.
Ein weiteres Mädchen-Förderungsprogramm richtet sich an Salzburgs Schülerinnen der 11. bis 13. Schulstufe. „FIT Salzburg – Frauen in die Technik“ will Schülerinnen zum Einstieg in naturwissenschaftlich-technische Studienrichtungen motivieren. Studentinnen aus diesen Studienrichtungen besuchen höhere Schulen, informieren die Schülerinnen und laden zum Schnuppertag in die Fachhochschule und die Universität ein, wo sie einen umfassenden Einblick in die Praxis an naturwissenschaftlich-technischen Instituten erhalten. Dort können sie Vorlesungen besuchen, Laborversuche machen und am Computer programmieren. Rund 200 Schülerinnen nützen pro Jahr dieses Angebot, einige von ihnen fassen daraufhin Mut für „unübliche“ Entscheidungen.

Hilfe am Arbeitsmarkt leisten
Immer mehr Frauen gehen einer Erwerbsarbeit nach, was am österreichweiten Anstieg der Frauenerwerbsquote abzulesen ist. Jedoch basiert dieser Zuwachs auf vermehrter Teilzeitarbeit und geringfügiger Beschäftigung. Frauen haben ein geringeres Einkommen und schlechte Karriereaussichten. Dass Frauen immer noch die Hauptlast der Familienarbeit tragen, ist eine Hürde auf dem Weg zu einem gleichberechtigten, erfüllten Berufsleben. Diese Tatsachen wie auch die steigende Zahl an arbeitslosen Frauen macht frauenspezifische Arbeitsmarktberatung notwendig. Der Verein „Initiative Frau und Arbeit“ leistet federführend Beratungs- und Entwicklungsarbeit für Frauen in beruflichen Veränderungsprozessen. Die Wiedereinstiegsberatung etwa stellt in der Stadt Salzburg für jährlich rund 200 Frauen den ersten Schritt in den Beruf dar. Aufgabe der Beraterin ist, die Frauen auf ihrem individuellen Berufsweg zu begleiten und zu motivieren, relevante Informationen bereitzustellen und die berufliche Entscheidungsfindung zu erleichtern.
Steigende Nachfrage ist überdies bei der Zielgruppe der Gründerinnen- und Jungunternehmerinnen zu verzeichnen. Allein im Zeitraum 2003 bis Mitte 2004 haben 200 Teilnehmerinnen die professionelle Unterstützung bei der bedarfsgerechten Dienstleistungsentwicklung und Akquisition genützt.

Alleinerziehende unterstützen
Alleinerziehende sind ganz besonderen Herausforderungen ausgesetzt, ob am Arbeitsmarkt oder in der Gestaltung des familiären Lebens insgesamt. Allein erziehen ist heutzutage eine von vielen Formen des familiären Zusammenlebens. In Salzburg wird immerhin jede fünfte Familie mit Kind ausschließlich von einem Elternteil getragen. Spezifische Schwierigkeiten gehören zum Leben Alleinerziehender: finanzielle Sorgen, emotionale Überforderung, Probleme in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Stress und Einsamkeit. Der „Verein Alleinerziehende Mütter und Väter“ bietet Beratung und Information (z. B. zu Unterhaltszahlungen), betreibt Erfahrungsaustausch zwischen Betroffenen und organisiert Freizeitaktivitäten zur Entlastung bzw. Vorträge/Workshops zum Wissenserwerb.

Frauen in Lebenskrisen beraten
Frauen in Krisensituationen sind meist mit unterschiedlichen Problemen konfrontiert, die allesamt zusammenwirken. Die frauenspezifische Beratung des 1984 gegründeten Vereins „Frauentreffpunkt“ zeichnet sich dadurch aus, dass die belastenden Faktoren zusammenhängend bearbeitet werden und damit vermieden wird, dass Frauen von einer Einrichtung zur nächsten verwiesen werden. Partnerschaftskonflikte (z. B. Scheidung), finanzielle Sorgen, Arbeitslosigkeit, Wohnungsprobleme, Suchtverhalten usw. treffen nicht selten in vielfältigen Kombinationen aufeinander. Das Beratungsangebot im Frauentreffpunkt ist leicht zugänglich, hier wird rasche und unbürokratische Hilfe geboten. Die Mitarbeiterinnen folgen dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“, d. h. sie ermutigen Frauen im Handeln und Lösen ihrer Probleme. Jährlich suchen etwa 1.300 Frauen in der Beratungsstelle Unterstützung.

Interkulturellen Austausch pflegen
Die Stadt Salzburg hat den höchsten Migrantinnen- und Migranten-Anteil aller Städte Österreichs. Rund 17% der in Salzburg lebenden Frauen und 20% der Männer stammen aus Ländern der EU bzw. dem „sonstigen Ausland“.
Während viele Migranten in Klubs und Vereinen organisiert zusammentreffen, bleibt den Migrantinnen häufig ausschließlich der familiäre Austausch. Um ein interkulturelles Zusammentreffen unter Frauen unterschiedlicher Kulturen möglich zu machen, wurde im Jahr 1990 der Verein „VIELE – Verein für interkulturellen Ansatz in Erziehung, Lernen und Entwicklung“ gegründet. Hier finden beispielsweise Deutschkurse statt, an denen jährlich ca. 180 Frauen aus mehr als 40 Nationen teilnehmen.
Daneben ist der Verein eine wichtige Drehscheibe des Austauschs von Frauen unterschiedlicher Kulturen: gemeinsames Kochen und Feiern ist ein Ausdruck davon.
Beratung in schwierigen Lebenssituationen gibt es auch, rund 400 Klientinnen haben 2004 die Unterstützung in rechtlichen und psychologischen Belangen in Anspruch genommen. Seit nunmehr 15 Jahren leistet der Verein wichtige Integrationsarbeit in der Stadt Salzburg.

Gesundheit erhalten
Kritik und Unzufriedenheit am bestehenden medizinischen System, an der Gynäkologie, an der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Frauenanliegen, aber auch das geringe Wissen der Frauen über ihren eigenen Körper verlangte nach einer Organisation, die sich dieser Fragen annimmt. So wurde 1994 das „Frauengesundheitszentrum ISIS“ gegründet. Seither ist ISIS oftmals der Diskussion um einige Zeit voraus: Wechseljahre, Essstörungen, Frauen und Herzinfarkt, Love-Talks für Mädchen, Hormonersatztherapien oder Schwangerschaftsabbruch sind nur einige der ISIS-Themenschwerpunkte der vergangenen Jahre. Die Beratung und Behandlung aus ganzheitlicher Sicht von und für Frauen ist ebenso Herzstück der Aktivitäten wie die Herstellung von Öffentlichkeit und die Aufklärung über frauenspezifische Gesundheitsthemen.

Fortbestand der Einrichtungen sicherstellen
Die Angebote für Frauen und Mädchen ergeben in Summe für die Stadt Salzburg ein dichtes Netz. Die Spezialisierungen der letzten 15 Jahre haben die Leistungen noch geschärft und treffsicherer gemacht. Gerade in Zeiten von Einsparungen und Ressourcenknappheit lassen sich Doppelgleisigkeiten nicht länger aufrechterhalten. Die Differenzierung der Angebote hat hier eine notwendige Klarheit und Abgrenzung geschaffen. Dies ist wohl auch ein Grund, dass am Fortbestand der bestehenden Einrichtungen keine Zweifel laut werden und die Subventionen an die Frauenprojekte bislang nicht gekürzt wurden.

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