Podiumsdiskussion „Stadt, Wirtschaft und Wissenschaft – Kooperation zum Vorteil aller“

Podiumsdiskussion „Stadt, Wirtschaft und Wissenschaft – Kooperation zum Vorteil aller“

Moderation: Dr. Gisela Hopfmüller, ORF

„Vielen Dank, Herr Bürgermeister.
Einen schönen guten Tag, meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass ich mit dieser Diskussion hier einen kleinen Teil zu Ihrer Tagung betragen kann. Ich glaube, das Thema, das unsere Podiumsdiskussion hier heute haben soll, ist ein für die Gegenwart und für die Zukunft der Städte, und nicht nur der Städte, wirklich essentielles. Das Thema ,Stadt, Wirtschaft und Wissenschaft – Kooperation zum Vorteil aller‘ geht schon in einen Bereich hinein, der eigentlich das Leben von uns allen in der Zukunft maßgeblich beeinflussen wird.
Dass es keinen Zweifel geben kann, dass die Partnerschaft Städte – Wirtschaft – Wissenschaft eine ganz essentielle ist, ist, glaube ich, unbestritten. Es geht um die Frage, wie man diese Partnerschaft möglichst effizient, möglichst effektiv gestaltet in den Rahmenbedingungen, wie wir sie heute Vormittag auch aus dem Referat von Generalsekretär Pramböck, aber auch aus den Ausführungen der Arbeitskreisleiter gehört haben. Welchen Platz und welche Rolle kann in diesem Umfeld, in diesen Rahmenbedingungen, in denen die Städte arbeiten müssen, das Miteinander mit Forschung und Wissenschaft einnehmen?
Darüber wollen wir uns unterhalten, und viele von ihnen kennen wahrscheinlich dieses stark vereinfachte, aber doch, glaube ich, nicht falsche Bild: Forschung verwandelt Geld in Wissen, die Wirtschaft verwandelt dann Wissen wieder in Geld.
Wo ist darin nun die Rolle der Städte? Stehen bleiben heißt Rückschritt. Sie haben Ihre Tagung der Innovation gewidmet. Innovativ sein heißt, möglichst immer einen Schritt voraus zu sein, vorne dran zu sein. Wie lässt sich das aber in Zukunft managen?
Wir wollen uns hier am Podium aus den verschiedensten Perspektiven damit beschäftigen. Ich glaube, die Podiumsteilnehmer muss ich nicht extra noch vorstellen, aber eine Entschuldigung muss ich noch anbringen. Frau Univ.-Prof. Renée Schröder, die Genetikerin und Wittgenstein-Preisträgerin, hätten wir auch gerne hier am Podium gehabt. Sie musste leider aus Termingründen absagen. Wir werden trotzdem versuchen, die Perspektive der universitären und der außeruniversitären Forschungsinstitutionen in die Diskussion einzubringen.
Ich würde vorschlagen, dass wir einmal eine Anfangsrunde hier am Podium durchführen, wie jeder der Diskussionsteilnehmer sehr persönlich an dieses Thema herangeht. Als Ersten würde ich gerne Herrn Dr. Leo vom Wirtschaftsforschungsinstitut bitten, mit den Erläuterungen zu beginnen. Herr Dr. Leo hat im WIFO Innovationsforschung, Technologiepolitik, Kreativwirtschaft und vieles mehr als seine Forschungsaufgaben und wird uns zu unserem Thema zunächst seine Perspektiven sagen. – Bitte, Herr Doktor.“

Dr. Hannes Leo, WIFO
„Danke, Frau Dr. Hopfmüller. Meine Damen und Herren! Forschung, Wissenschaft, Innovation sind Themen, die gegen die österreichische Einkommensposition kaum mehr vorankommen. Wir gehören zu den reichsten Ländern in der EU und müssen danach trachten, diesen Wohlstand auch zu halten. Die Ökonomen gehen davon aus, dass das nur möglich ist, wenn man dabei ist beim wissenschaftlichen Fortschritt, bei der Anwendung neuer Technologien, bei Innovationen.
Die Städte haben in diesem Prozess eine wichtige Rolle zu spielen. Städte sind der Ort, wo die Innovationen zuerst passieren sollen. Dort gibt es wissensproduzierende Institutionen, Fachhochschulen, Universitäten, Schulen, Ausbildung, Unternehmen, qualifizierte Dienstleister, die dazu beitragen sollen, dass die Produkte, die in Städten entwickelt werden, am Beginn des Produktlebenszyklus stehen müssen. Im Laufe der Entwicklung dieser Produkte wandern sie ab, aber für die Stadt bleibt aufrecht, dass sie dazu beitragen muss, dass man in der Lage ist, immer wieder Neuerungen hervorzubringen und diese auch umzusetzen.
Innovation ist mittlerweile ein alltägliches Phänomen, wenn man in die Wirtschaft schaut. In etwa 44 Prozent der europäischen Unternehmen innovieren, der Prozentsatz ist etwas höher für Österreich, aber es ist ein Phänomen, das die Regel ist. Dabei handelt es sich nur um technologische Innovationen. Es passieren aber auch sehr viele nichttechnologische Innovationen, es passieren sehr viele Innovationen in der Verwaltung und in der Administration. Davon haben wir bei den Berichten aus den Arbeitskreisen gehört. Es ist also ein Thema, das sehr breit gefächert und sehr breit gestreut ist.
Innovationen sind ein Punkt, wenn es um neue Technologien und Wissenschaft geht, der andere Punkt ist die Anwendung von neuem Wissen. Der Großteil dessen, was wir an Wissen haben, passiert in der Entwicklung irgendwo anders, und es geht darum, die neuen Entwicklungen hereinzulassen und auch zu schauen, dass man die Bedingungen hat, damit dieses Wissen auch angewendet werden kann.
Die Frage für Städte ist es, glaube ich, wo man hineingeht, was man machen will. Will man more of the same, wie das Bundesländer bereits machen, die ein ausdifferenziertes Instrumentarium haben, um Technologien zu fördern, oder schafft man es wirklich, eigene Bereiche zu identifizieren, in denen man ergänzend tätig sein kann?
Derzeit hat man in Österreich zumindest die Situation, dass es sehr viele Fördermaßnahmen in diesem Bereich gibt. Das Spektrum ist wirklich ausdifferenziert. Das Problem ist eher, dass es unübersichtlich ist. Wenn man da mit Maßnahmen dazukommt, die ähnlich gelagert sind, dann hat man wahrscheinlich ein Akzeptanzproblem und vor allem ein Kommunikationsproblem.
Aus dem heraus, was ich derzeit beobachte, scheinen mir für die Städte in Anbetracht dessen, was Bund und Bundesländer machen, zwei Bereich besonders interessant. Der eine ist die Anwendung von Breitbandtechnologien, digitale Inhalte. Ein weiterer Bereich, der auf Nachfrage und Angebot trifft, sind im Prinzip die Creative Industries. Ich möchte das jetzt nicht näher ausführen. Wir haben dann noch Zeit in der Diskussion, denn das würde einfach den Rahmen dieses Einleitungsstatements sprengen, wenn ich hier versuchte, das im Detail darzustellen.
Es bleiben aber ein paar Grundsatzfragen offen, die man sich stellen muss, wenn man über Wissenschaft, Forschung und Technologie auf städtischer Ebene diskutiert.
Das eine ist: Geht man das defensiv oder offensiv an? Wenn man sich die grundsätzlichen Budgets anschaut und überlegt, wie viel davon in offensive Maßnahmen und wie viel in defensive Maßnahmen gesteckt wird, könnte man vielleicht versuchen, diese Balance etwas zu verschieben. Plakativ ausgedrückt heißt das: Will ich mehr Straßen bauen oder will ich doch mehr in Forschung, Technologie und Wissenschaft investieren? Zumindest mein Eindruck als externer Beobachter ist es, dass es da vielleicht schon noch Potential gibt, das etwas zu verschieben.
Der zweite Punkt, der wichtig erscheint, ist: Wie anspruchsvoll ist man als öffentlicher Nachfrager? Öffentliche Nachfrage kann in vielen Bereichen Anstöße für Entwicklungen in die eine oder andere Richtung geben. Nur auf die Kosten zu schauen, ist in vielen Bereichen zu wenig. Ich glaube, man muss auch bereit sein, ein gewisses Risiko einzugehen und neue Lösungen durchzusetzen und umzusetzen. Die Schritte – und das, glaube ich, ist auch diskutiert worden –, die die Stadt München und offensichtlich auch die österreichischen Städte in Richtung Open Source Software gesetzt haben, sind nur ein illustratives Beispiel in dieser Hinsicht.
Der letzte Punkt ist vielleicht eher eine philosophische Frage, wie man mit Risiko umgeht. Alle diese Prozesse sind mit sehr viel Risiko verknüpft und scheitern das eine oder andere Mal. Von zehn Innovationen wird nur eine wirklich umgesetzt, und genauso ist es, wenn man Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiepolitik macht. Scheitern ist die Regel. Es kommt vor – es ist nicht die Ausnahme –, es gibt Umwegrentabilitäten. Aber ich glaube, das ist auch ein Punkt, den man bewusst ansprechen und kommunizieren sollte, dass man gerade bei diesen Geschichten auch eine gehörige Portion Risiko mitnehmen muss. – Danke.“

Dr. Gisela Hopfmüller
„Vielen Dank, Herr Dr. Leo.
Ich möchte das Wort gleich weitergeben an Herrn Vizebürgermeister Dr. Rieder. Wien ist ja das Forschungszentrum Österreichs. Wien ist nicht nur die Stadt mit den meisten Forschungseinrichtungen, die Stadt mit den meisten Unternehmen, mit den meisten Neuansiedlungen – wenn ich mir das richtig angeschaut habe, so hat sich rund die Hälfte aller neu angesiedelten Unternehmen des Jahres 2004 in Wien niedergelassen –, also Wien hat eine sehr spezielle Rolle, die aber natürlich auch mit einer sehr speziellen Verantwortung verbunden ist.
Herr Vizebürgermeister, würden Sie das bitte einmal aus Ihrer Sicht skizzieren.“

Vizebürgermeister Dr. Sepp Rieder
„Ich glaube auch, dass Stadt nicht gleich Stadt ist, sondern dass das Thema, das wir hier behandeln, sehr wesentlich von den speziellen Standortfaktoren abhängt. Einige wurden schon genannt. Es ist die Kumulierung und Konzentration von Wissenschaft und Forschung in der Bundeshauptstadt Wien. Es ist aber auch die spezielle geopolitische Lage Wiens, die mit der Erweiterung der Europäischen Union auch enorme neue Chancen gebracht hat. Es ist zum Dritten ein Faktum, auf das ich besonders die Aufmerksamkeit lenken möchte: Wien ist im Vergleich mit anderen Bundesländern die einzige Stadt oder das einzige Bundesland, wo es mehr Frauen als Männer gibt, die als unselbständig Erwerbstätige sozialversichert sind, wo die Einkommensschere zwischen Mann und Frau günstiger ist als in allen anderen Bundesländern und wo auch der Anteil der Frauen in Wissenschaft und Forschung höher ist als im Vergleich zu anderen europäischen Großstädten. Nicht mit allen natürlich, es gibt hier großartige Vorbilder.
Ich denke, dass einer der Aspekte, die über das herkömmliche Förderungsprogramm hinausgehen, beispielsweise jener war, in Form von Ausschreibungen und Wettbewerben Projekte zu fördern, die dadurch gekennzeichnet sind, dass dort Frauen in führender Position oder in Mitwirkung an Forschungsprojekten ein hohes Ausmaß an Priorität haben. Das ist mittlerweile in mehreren Gängen geschehen.
Wir haben überhaupt diesen Aspekt in unsere Förderungsprogramme aufgenommen, denn ich denke, dass, wenn man sich die Frage stellt, warum die Stadtregion Wien in der Europäischen Union unter den Top Ten der wirtschaftsstärksten Regionen ist, wahrscheinlich zwei Faktoren eine entscheidende Rolle spielen: der hohe Anteil an Produktivität und Arbeitsleistungen, die mit einer beachtlichen Wertschöpfung verbunden sind, und zum zweiten eben der hohe Anteil von Frauen in der Beschäftigung, was ja in Wirklichkeit ein wesentlicher Faktor für Vollbeschäftigung ist.
Ein dritter Aspekt: Es geht in der Frage, was der Standort dazu beitragen kann, genau genommen immer um ein und dasselbe, es geht um ein möglichst hohes Angebot an hoch qualifizierten Arbeitnehmern, Forschern, Entwicklern, aber auch an Facharbeitern. Daher denke ich, dass die Überlegung, sich in diesem Bereich nur auf die höchste Ebene Universität zu konzentrieren – das läge ja bei der Stadt Wien als zweitgrößter Universitätsstadt im deutschsprachigen Raum nahe –, ein Fehler wäre. Die Frage der Standortqualität erfasst viel weitergehende Bereiche, und die Entscheidung, ob es gelingt, aus wissenschaftlichen Erkenntnissen dann quasi auch ein Geschäft zu machen, ist nicht nur ein Thema des Innovationsprozesses im engeren Sinn, also dieses Überganges aus Erkenntnissen in Marktorientierung, Bedarfsorientierung, Kundenanpassung und Ähnliches, sondern ist auch eine Frage dessen, ob es genug Leute gibt, die in der Lage sind, die hochwertigen Nischenprodukte dann auch tatsächlich herzustellen.
Ich glaube, ein ganz wichtiger Punkt ist es, dass es nicht nur um die großen Bereiche der Wissenschaftsförderung geht, die eigentlich alle Bereiche umfasst – man könnte sagen, zunehmend übernehmen das die Städte und substituieren damit Aufgaben einer anderen Gebietskörperschaft –, aber genau genommen ist das nur ein Teil des Ganzen.
Meine Erfahrung aus unseren Entwicklungen ist die, dass wir bisher sehr gut damit gefahren sind, dass wir uns nicht isoliert nur darauf konzentriert haben, dieses oder jenes zu tun, also nicht nur die Technologieoffensive im engeren Sinn zu fahren, sondern dass es zum Beispiel genauso wichtig ist, den Technologietransfer zu den Klein- und Mittelunternehmen herzustellen.
Wenn man also ein komplexes Gesamtpaket zustande bringt, dann ist es unter den speziell gegebenen Standortvorteilen tatsächlich nicht nur ein Vorteil, sondern eine Überlebensfrage in einem immer schärfer werdenden Wettbewerb der Standorte, und zwar nicht nur der Standorte in Europa und nicht nur der Standorte zur Nachbargemeinde, sondern der Standorte in anderen Kontinenten. In dieser Frage ist in Wirklichkeit diese Kreativität und die hohe Qualifikation auf einer breiten Basis die einzige Voraussetzung, um tatsächlich Vorteile im Standortwettbewerb zu haben.“

Dr. Gisela Hopfmüller
„Danke schön. – Das ist natürlich ganz im Sinne dessen, was Herr Dr. Leo gesagt hat. Bei den Förderungsmaßnahmen oder bei den Dingen, die man als Stadt angeht, geht es nicht um more of the same von dem, was andere machen, sondern darum, eigene Bereiche zu definieren, wie Sie es gesagt haben, Herr Vizebürgermeister.
Sie haben festgehalten, Stadt ist nicht gleich Stadt, deswegen möchte ich das Wort gleich an die Frau Bürgermeisterin Zach weitergeben, denn Innsbruck hat wiederum ganz andere Aufgaben und Problemstellungen in vielen Bereichen als Wien.“

Bürgermeisterin Hilde Zach
„Danke, Frau Dr. Hopfmüller. Ich muss Ihnen gestehen, dass wir vor einem Dreivierteljahr einen Werbegag einer Firma in Innsbruck kursieren hatten, in dem von der Weltstadt Innsbruck die Rede gewesen ist. Das hängt uns jetzt noch sehr nach. Sie haben Recht, wir haben 115.000 Einwohner, allerdings eine Universität, auf die wir sehr stolz sind und die wir nützen, wenn auch wahrscheinlich noch immer zu wenig.
Es studieren dort zirka 24.000 Studentinnen und Studenten. Es ist eine Volluniversität, und neben dieser Universität gibt es jetzt eine Privatuniversität, die in ganz speziellen medizinischen Bereiche Lehrgänge anbietet und die auch stark ausbaufähig ist.
Die Zusammenarbeit und dieser Bildungsfaktor in der Stadt sind etwas ganz Wesentliches. Ich gebe Ihnen ein Beispiel, wie wir das von der Stadt etwa bei Großveranstaltungen nützen. Wir hatten die Winter-Universiade in Innsbruck, das ist sozusagen die Olympiade der Studierenden der ganzen Welt. Da waren zirka tausend Studentinnen und Studenten mit eingebunden, aber nicht für irgendwelche Jobs, sondern sie konnten die Arbeit, die dort gemacht wurde – Messtechniken, Sportmedizin et cetera, et cetera – für ihre Studien verwenden. Es war also eine klassische Win-Win-Situation und hat der ganzen Stadt, aber ich glaube auch den Studierenden und den Sportlern sehr viel gebracht. Es gab Erfahrungsaustausch, Theorie und Praxis, und da es auch ein Fest der Jugend war, ist natürlich auch der Spaß nicht zu kurz gekommen.
Gezielte große Förderungen erfolgten durch die Einrichtung von ganz speziellen Instituten mit Hilfe von finanziellen Mitteln der Stadt, aber auch des Bundes, der Akademie der Wissenschaften, und das hing wohl auch an den handelnden Personen. Es war Herr Professor Zeilinger, der dann leider nach Wien gegangen ist. Wir konnten ihn nicht halten, ich habe das schmerzlich bemerkt. Wir haben ein Institut für Quantenoptik und Quanteninformation gegründet – das Team von Professor Zeilinger ist ja noch in Innsbruck tätig, die Professoren Zoller und Blatt –, und rund um diese Institute und Erkenntnisse siedeln sich bereits Wirtschaftsunternehmungen, aber auch kleinere halbprivate Forschungsinstitute an, die auf diesen Erkenntnissen weiter aufbauen und sie dann auch wirtschaftlich nützen.
Das ist etwas, wovon sich die Stadt sehr viel erwartet, andererseits muss sie in diesem Rahmen für eine Universität, für diese Einrichtungen wie Fachhochschulen, Post-graduate-Studien natürlich auch einiges bereitstellen. Das ist leistbarer Wohnraum, das sind Kinderbetreuungseinrichtungen, auf die wir besonders schauen. Da gibt es eben bei uns in Tirol ein doch großes Gefälle zwischen dem urbanen Bereich und dem ländlichen Bereich, aber auch da wird es Fortschritte geben. Es muss das kulturelle Angebot stimmen, ebenso das Freizeitangebot, damit diese Wissenseinrichtung, wie es eine Universität ist, auch die entsprechende Attraktivität hat.
Denn auch hier gibt es natürlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, großen Wettbewerb. Es gibt neue Universitäten, alle sind flexibler geworden, und ich glaube, wir müssen um jeden Einzelnen werben. Für uns in der Stadtregierung – das wissen meine Kolleginnen und Kollegen, die hier sind – ist diese Universität etwas, worauf wir sehr schauen.“

Dr. Gisela Hopfmüller
„Danke, Frau Bürgermeisterin, für diese erste Einführung.
Frau Mag. Ederer, das Unternehmen Siemens ist in seiner 125-jährigen Geschichte immer so etwas wie ein Innovationsmotor gewesen und ist jetzt auch in Forschung und Entwicklung beziehungsweise den Mitteln, die es aufwendet, nämlich mehr als 600 Millionen Euro pro Jahr, vorne dran. Was erwartet sich ein Unternehmen wie das Ihre mit seinen Forschungsinitiativen von den Städten?“

Vorstandsdirektorin
Mag. Brigitte Ederer

„Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt derzeit in Europa oder in Teilen Europas eine Diskussion darüber, dass Konzerne irgendwo tätig sind, produzieren und dann weiterwandern. Dazu, ob das Bild der Heuschrecke das richtige war, möchte ich mich nicht äußern, aber Tatsache ist, dass Konzerne sozusagen weltweit unterwegs sind und keine oder wenige Loyalitäten zu einem geographischen Standort kennen.
Ich möchte in den wenigen Minuten versuchen, herauszuarbeiten, wo ich glaube, dass es doch gewisse Entscheidungen gibt oder wo Sie als Kommunalpolitiker gestalten können und womit man Konzerne sehr wohl halten kann.
Es ist vieles gesagt worden, es sind die gesamten Rahmenbedingungen in einer lebenswerten Stadt genannt worden. Für Führungskräfte sind Bildungseinrichtungen, Umweltqualität, Sicherheit, funktionierende Verkehrswege, die man nicht unterschätzen sollte, absolute Voraussetzungen, aber auch das haben viele Städte in der Welt und hinsichtlich dieser Lebensqualität unterscheiden sich Ihre Städte, die Sie hier heute vertreten sind – selbstverständlich sind alle einzigartig –, wahrscheinlich nur wenig oder nur bedingt.
Es sind andere Punkte, die notwendig sind. Funktionierende Bildungseinrichtungen sind schon erwähnt worden. Wichtig ist auch eine hoch qualifizierte Bevölkerung. Je qualifizierter eine Bevölkerung ist, je mehr an hoch qualifizierten Menschen man vorfindet, umso mehr ist das mit Sicherheit ein großer Vorteil für einen internationalen Konzern.
Aber ich möchte jetzt auf zwei Punkte kommen, die in der Diskussion zu wenig beleuchtet werden, die aber meiner Meinung nach ziemlich wichtig sind.
Das eine ist: Wenn sich die Politik – der Herr Vizebürgermeister hat es gesagt – für gewisse Schwerpunkte entscheidet, dann muss das zum einen mit dem zu tun haben, was man aus der Region heraus an Schwerpunkten hat – also wenn man eine Fachhochschule hat, eine Universität hat, die gewisse Schwerpunkte hat, dann sollte man dort ansetzen –, und diesen Schwerpunkt zu entwickeln bedeutet zum anderen, geographisch ein Zentrum zu bilden, ein Netzwerk zu bilden. Es ist Silicon Valley auch deshalb so erfolgreich gewesen, weil es geographisch so eng war. Wenn die Aktivitäten von Silicon Valley über ganz Amerika verstreut gewesen wären, wäre es nicht der Erfolg geworden, den wir kennen. Das heißt, man muss es räumlich konzentrieren, muss Netzwerke schaffen, wo die Einzelnen auch die Möglichkeit haben, miteinander zu kommunizieren und Ideen auszutauschen, und man muss der Bevölkerung erklären, dass man diese Aktivität setzt und dass man dahintersteht.
Und jetzt komme ich zum zweiten wichtigen Punkt. Forschung und Entwicklung – der Herr Dr. Leo hat es gesagt – haben sehr viel mit Risiko zu tun, haben aber natürlich auch mit Stimmungen in der Bevölkerung zu tun. Bleiben wir bei einem Bereich, der die Firma Siemens nicht betrifft, da tue ich mir leichter, zum Beispiel beim Thema Gentechnologie. Wenn Sie sich entscheiden, einen gentechnologischen Schwerpunkt zu setzen, dann können Sie nicht nach einem Jahr oder nach fünf Jahren, wenn Aktivitäten gesetzt sind, wenn Maßnahmen langsam zu greifen beginnen, dann, wenn der erste Widerstand in der Öffentlichkeit entsteht, sagen, das haben wir ohnehin nicht so gemeint.
Das an sich Langweiligste für einen internationalen Konzern ist, wenn man gemeinsam mit der öffentlichen Hand und mit den Verantwortlichen gewisse Schwerpunkte setzt und man dann, wenn der Wind etwas kälter wird, das Gefühl hat, es steht niemand mehr dazu. Ich war ja selber Politikerin und weiß daher, dass es natürlich viel von Ihnen verlangt ist, da dranzubleiben und zu dem zu stehen, was Sie vielleicht vor drei Jahren ausgemacht haben. Aber es ist wichtig, dass Sie populistischen Strömungen, diesen Meinungen der Bevölkerung, die kurzfristig natürlich von Meinungsmachern initiiert werden, nicht nachgeben. Wenn Sie diese Eigenschaft nicht wirklich an den Tag legen, ist ein wichtiger Meilenstein als Voraussetzung nicht gegeben, weil es dann eine sehr beliebige Art und Weise wird. Dann ist heute Biotechnologie etwas Gutes, morgen, wenn Medien der Meinung sind, dass es doch nicht so gut ist, ist es das nicht mehr.
Ich erinnere mich aus meiner aktiven Zeit an diese endlosen Diskussionen über die Antennen von Mobiltelefonen, ob die jetzt schädlich sind oder nicht. Das war für den Standort Österreich, was die Mobiltelefonie betrifft, Gott sei Dank nicht schädlich, aber positiv war es mit Sicherheit nicht für die Innovationskraft Österreichs und der österreichischen Städte.
Sie werden sich jetzt denken, die hat leicht reden, man kann ja nicht zu allem ja sagen. Das stimmt. Man kann nicht zu allem ja sagen, aber man muss letztendlich schon bereit sein, langfristig zu gewissen Innovationsideen zu stehen, weil ansonsten die Gefahr besteht, dass das abbricht und nicht mehr diese Schlagkraft erreicht, die vielleicht gegeben wäre.
Der dritte Punkt, den ich erwähnen möchte – auch das hat der Herr Dr. Leo angedeutet –, ist, dass natürlich die Kooperation zwischen Städten und Unternehmungen das ist, was ein Unternehmen am nachhaltigsten bindet. Also ich gehe davon aus, dass die gemeinsame Entwicklung des ULF der Stadt Wien und der Firma Siemens im Siemens-Konzern das beste Argument ist, warum es weiter eine Straßenbahnproduktion und eine Metroproduktion in Wien geben sollte, weil automatisch hier immer wieder auf diese gemeinsame Entwicklung hingewiesen werden kann.
Das heißt, Sie sind aufgerufen, Probleme, die Sie in der Kommune haben, so zu artikulieren, so zu formulieren, dass es möglicherweise mit einem Unternehmen – es muss ja nicht immer ein großer Konzern sein – gelingt, diese Probleme zu lösen, womit weltweit eine Lösung anzubieten ist, sodass man dann auch in großen Konzernen auf internationalen Treffen des Konzerns beispielsweise zeigen kann, wie hier etwas gelöst worden ist.
Ich möchte Ihnen nur ein Beispiel sagen. Wir von Siemens haben mit der Stadt Krems ein PPP-Modell im Bereich Strahlentherapie gemacht. Ich habe das bereits zweimal bei internationalen großen Treffen der Firma Siemens aufgelegt als Beispiel, wie man mit einer Kommune zusammenarbeiten kann, wie man hier letztendlich neue Wege beschreiten kann. Ich möchte Ihnen damit zeigen, dass das schon ein wesentlicher Punkt ist.
Abschließend möchte ich noch sagen, dass natürlich auch große Unternehmungen sich Gedanken machen müssen. Sie alle haben mit enormen Budgetknappheiten zu tun – der Herr Generalsekretär hat es erwähnt –, die Kommunen kämpfen derzeit mit enormen Problemen der Finanzierung. Wir von Siemens haben uns Pakete überlegt und werden das noch verstärkt tun – wir werden damit auch an einige von Ihnen herantreten –, wo investiert werden kann, wo Sie am Ende des Tages mit demselben Budget Investitionen tätigen können.
Beispielsweise gibt es in Wien eine Bädersanierung, für die die Stadt Wien dieselben Budgetmittel wie bisher zur Verfügung stellt, wo aber sowohl durch Energieeinsparung als auch durch Wassereinsparung positive Effekte erzielt werden können. Weiters gibt es das m-Parking, womit wir Ihnen zu neuen Einnahmen verhelfen können – nicht gerade die sympathischsten, denn die Autofahrer müssen es zahlen –, digitales Radar und Ähnliches.
Also es gibt mehrere Möglichkeiten, wo auch Unternehmungen sich ihren Kopf zerbrechen und Ihnen Lösungen anbieten sollten, die bei den bestehenden Rahmenbedingungen einer Kommune möglicherweise für Sie von Vorteil sind.“

Dr. Gisela Hopfmüller
„Das heißt, nicht nur die Unternehmen erwarten sich etwas von den Kommunen, sondern auch die Kommunen können sich etwas von den Unternehmen in sehr spezifischer Art erwarten und das dann auch durchaus umsetzen.
Herr Bürgermeister Schaden als Chef der Stadt, in der einst Einstein seine Relativitätstheorie erstmals präsentierte, wie gehen Sie mit dem Problem um?“

Bürgermeister Dr. Heinz Schaden
„Zunächst einmal, weil die Rede vom Geld war: Es ist natürlich so, dass die städtischen Budgets, und zwar vor allem die Budgets kleinerer Städte, niemals dazu ausreichen würden, wirklich solche Forschungsschwerpunkte zu setzen, wie es allein die Firma Siemens tut mit ihren Forschungsausgaben. Das muss man, glaube ich, in der richtigen Perspektive sehen. Aber wir können andere Dinge tun, und wir sollten das tun, was wir am besten können. Ein paar Stichworte sind ja schon gefallen. Das sind die Rahmenbedingungen oder auch das politische Durchhaltevermögen.
Zu den Rahmenbedingungen vielleicht zwei Anmerkungen. Wir haben hier am Standort Salzburg – das ist ähnlich wie in Innsbruck – drei Universitäten, die nicht so groß sind wie die Innsbrucker Universität, weil die hiesige Paris-Lodron-Universität erst vor etwas mehr als 40 Jahren wiedergegründet wurde und eine relativ neue medizinische Privatuniversität überhaupt erst vor drei Jahren ihren Betrieb aufgenommen hat.
Wie haben, so wie in ganz Österreich, das Phänomen, dass die Universitäten, wie es so schön heißt – was in Wirklichkeit aber gar nicht so toll ist für die Universitäten –, in die Selbständigkeit entlassen wurden. Das heißt, sie müssen irgendwie so operieren, als wären sie Wirtschaftsbetriebe. Das sind sie natürlich nicht, weil sie in erster Linie Forschungs- und Ausbildungsinstanzen sind. In der Situation kommt es jetzt sehr häufig dazu, dass sich die Universitäten hier in Salzburg mit der Bitte um Hilfe an die Stadt wenden.
Jetzt können wir natürlich nicht deren ebenfalls knappe finanzielle Ressourcen aufbessern, aber wir können ihnen – und ich glaube, das ist etwas, was eine Stadt leisten soll und kann – behilflich sein, sich zu entwickeln. Es gibt zum Beispiel für die geisteswissenschaftliche und für die naturwissenschaftliche Fakultät der Universität Salzburg zwei große Zukunftsprojekte. Das ist zum einen ein neuer Standort für die Geisteswissenschaft und das ist zum anderen ein neuer Standort auch für die Naturwissenschaft als zweites Standbein. Das erste ist noch gar nicht so alt, es wurde in den achtziger Jahren gebaut, und jetzt soll ein zweiter Ausbauschritt erfolgen.
Da ist es wichtig, dass die Stadt der Universität hilft, sich darauf vorzubereiten von den städtebaulichen Rahmenbedingungen her, also Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Zurverfügungstellung von Grundstücken – das ist auch eine ganz zentrale Frage – bis hin dazu, dass wir die Dinge abwickeln, die Universitäten nicht selbst abwickeln können wie etwa die städtebaulichen Wettbewerbe oder die Architekturwettbewerbe, wenn es dann darum geht, das wirklich im Detail festzuschreiben.
Ich glaube, das ist eine wesentliche, wenn Sie so wollen, Assistenzaufgabe, die eine Kommune gegenüber wissenschaftlichen Institutionen wie Universitäten haben kann und haben soll. Das kostet eine Menge Geld. Das kostet etwa allein beim Neubau der Geisteswissenschaft die Stadt, wie es jetzt ausschaut, rund 16 Millionen Euro, das ist nicht wenig. Und für die sogenannte Science:City, wie wir sie hier nennen, in Itzling, das ist in der nördlichen Hälfte der Stadt, werden wir zusammen mit dem Land rund 19 Millionen Euro aufbringen. Das heißt, das sind substantielle Summen, die dazu dienen, den Universitätsstandort in Salzburg nicht nur zu sichern, sondern auch auszubauen.
Das Zweite, was ich mit Rahmenbedingungen meine, wird Sie vielleicht überraschen, aber es ist schon angeklungen – Sepp Rieder hat es gesagt: Wir haben zwar hier nicht mehrheitlich Frauen im Erwerbsprozess und natürlich auch nicht im Forschungsprozess, aber fast Gleichstand. Da ist es, glaube ich, ganz wichtig, dass wir das tun, was Kommunen tun müssen, nämlich diesen Frauen – das gilt natürlich auch für andere erwerbstätige Frauen – die Rahmenbedingungen zu bieten, dass sie wirklich arbeiten und forschen können. Was heißt das im Klartext? Dass sie nicht zerrissen werden zwischen dem, was sie am Arbeitsplatz tun, in einer Universität, in einer Forschungseinrichtung, und dem, was an Kinderbetreuung auf sie zukommt oder auf sie alleine entfällt. Mit mehr als 40 Prozent Alleinerziehern in der Stadt Salzburg brauche ich Ihnen nicht zu sagen, was das heißt.
Das heißt, hier sind – und das ist nur ein Faktor – ausreichend Kinderbetreuungseinrichtungen, Nachmittagsbetreuungseinrichtungen zur Verfügung zu stellen, die auch in den Abendstunden offen haben. Es ist halt nicht so in Forschungseinrichtungen, dass man um fünf den Bleistift fallen lässt und heimgeht oder den Computer ausschaltet, sondern da wird oft auch länger gearbeitet. Auch das ist, glaube ich, ein wichtiger Punkt.
Ein letzter Punkt, den ich erwähnen möchte – Gitti Ederer hat es angesprochen –, das ist der Populismus, dem man natürlich als Politiker immer wieder ausgesetzt ist. Ich glaube, man muss manchmal einfach hart bleiben, vor allem dann hart bleiben, wenn es, von den Medien unterstützt, Bürgerinitiativen gibt, die gegen irgendetwas – den Standort eines Betriebes, den Ausbau eines Betriebes – ankämpfen.
Wir hatten – ich erwähne das, weil es gerade so schön passt – vor einigen Jahren einen wirklichen Kampf um den Standort Siemens in der Stadt Salzburg, wo eine Bürgerinitiative am ursprünglich angedachten Standort mich – damals noch in der Schilling-Ära – mit einer Klage von 45 Millionen Schilling konfrontiert und gemeint hat, wenn Sie das nicht verhindern, dass Siemens da plant und baut, dann zeigen wir es Ihnen, denn unsere Häuser erleiden einen Wertverlust, der enorm ist. Es ist letztlich – nicht wegen der Initiative, denn da sind wir hart geblieben – ein anderer Standort in der Stadt geworden, den sich Siemens gesucht hat, aber da war nun die Herausforderung die, dass Siemens gesagt hat – das war eine grüne Wiese, sage ich dazu, ohne Flächenwidmungsplan, ohne Bebauungsplan, ohne gar nichts –, wir als Stadt müssen in einem halben Jahr eine fertige Baugenehmigung liefern.
Das sind dann die Herausforderungen, ganz praktische handwerkliche, aber natürlich auch politische, die es realiter für die Kommunalpolitik gibt. Zum Glück haben wir es geschafft.“

Dr. Gisela Hopfmüller
„Die Baugenehmigungen gehen dann mit dem E-Government und dem elektronischen Akt auch schneller und leichter.“

Bürgermeister Dr. Heinz Schaden
„Nein, man muss die Leute einfach zusammenfangen und sagen: Jetzt macht das!“

Dr. Gisela Hopfmüller
„Ich glaube, wir sind mit dem Stichwort Standortwettbewerb und Probleme, die es rund um Standorte geben kann, bei einem ganz wichtigen Punkt angelangt, an den ich eine Frage anknüpfen möchte, losgelöst von konkreten Beispielen: Kann der Standortwettbewerb für die Kommunen nicht auch dahingehend Probleme auslösen, dass sie Entscheidungen treffen müssen und trotzdem vermeiden müssen, dass Gemeindevermögen – wie etwa bei der Grundstücksbereitstellung – ausverkauft wird, wenn es also darum geht, sich auf der einen Seite um eine Forschungsinstitution zu bemühen, um einen Betrieb zu bemühen und den unbedingt herholen zu müssen oder zu wollen, und auf der anderen Seite doch diese Gefahr abwägen zu müssen? Wie geht man damit um?“

Bürgermeisterin Hilde Zach
„Da kann ich gleich etwas dazu sagen. Das ist eine Rechnung. Letztendlich muss mit der Ansiedlung eines Institutes oder einer universitären Einrichtung – das gilt aber auch für wirtschaftliche Unternehmungen – der Mehrwert für die Kommune klar und deutlich sein, etwa in Form von Arbeitsplätzen, die höher qualifizierte Menschen erfordern, die wir ja haben, oder im Hinblick auf den ganzen Umkreis, der sich um so ein Institut oder auch um eine Unternehmung ansiedelt, wodurch alles andere auch befruchtet wird. Es muss also ganz klar ein Vorteil erkennbar sein – das kann sich schon ein bissel hinziehen –, sonst tut man es nicht. Ganz einfach.“

Dr. Gisela Hopfmüller
„Herr Vizebürgermeister, ist das auch Ihre Perspektive?“

Vizebürgermeister Dr. Sepp Rieder
„Ich glaube, wir bewegen uns alle in den Grenzen des Beihilfenrechtes der Europäischen Union, die uns über das hinaus, was wir an eigenem Kalkül haben, noch Grenzen auferlegt.
Aber ich möchte diese Frage der Immobilien umdrehen. Wir in Wien versuchen, einen anderen Weg zu gehen. Wir haben schon seit langem zwei große Fonds, die sich mit der Frage des Nutzens und des Entwickelns von Immobilien beschäftigen. Der eine dient eher der Bereitstellung von Grundflächen für den Wohnbau, der andere Fonds, der Wirtschaftsförderungsfonds, für Betriebsansiedlungen. Wir widmen uns nun neben der Frage des Instruments der Stadtplanung und der Widmung auch der Frage des eigenen ,Developings‘, das heißt, wir trachten danach, selbst Projekte zu entwickeln, um nicht nur darauf angewiesen zu sein, dass andere kommen und dann auch den Vorteil abschöpfen, sondern selbst im Interesse des Steuerzahlers und der Entwicklung in der Stadt sehr konkret Projekte zu entwickeln.
Dieser Weg ist durchaus ein Entgegenkommen auch für Unternehmungen, die sich oft die Frage stellen: Wohin kann ich jetzt mit meinem Betrieb oder mit meinen Möglichkeiten gehen? Es ist durchaus keine negative Entwicklung, sondern man muss eben kreativ andere Formen der Politik entwickeln, und ich halte dieses Eigen-Developing von Grundstücken für eine sehr reale Chance, damit möglicherweise auch Einnahmenminderungen in anderen Bereichen zu kompensieren. Also wir gehen diesen Weg durchaus offensiv.“

Dr. Gisela Hopfmüller
„Damit hängt auch – von Ihnen im Bereich Förderungen angesprochen und mehrfach erwähnt – die Entscheidung zusammen: Wo setzt man inhaltliche Schwerpunkte mit den Förderungen? In welche Bereiche geht man hinein? Welche speziellen Bereiche definiert man?, wie es Herr Dr. Leo gesagt hat. Wie führt man das zusammen mit der anderen Problematik, dass Entwicklungen heutzutage immer rascher erfolgen und dass sich trotz solcher Schwerpunktbildungen Gemeinden bemühen müssen, möglichst flexibel zu bleiben, um nicht alle Möglichkeiten so in Schwerpunkte gebunden zu haben, dass ein rasches Reagieren auf schnell entstehende Notwendigkeiten nicht mehr möglich ist?
Herr Dr. Leo, Sie haben in Ihrem Einleitungsreferat ein paar Beispiele von Bereichen genannt – etwa Breitbandtechnologie –, in denen Sie Chancen sehen. Lassen sich Schwerpunktbildungen und Flexibilität zusammenführen?“

Dr. Hannes Leo
„Ich glaube, die meisten Schwerpunkte, zumindest jene, die wir jetzt diskutiert haben, sind so breit, dass sie auch längere Zeit relevant sein werden. Creative Industries gibt es schon sehr lange und wird es noch sehr lange geben; genauso ist es mit Breitband-, Informations- und Kommunikationstechnologien.
Gerade wenn man Breitband als Beispiel nimmt, gibt es da auch Initiativen auf Bundesebene, das zu fördern, aber dort geht es im Wesentlichen im Moment nur darum, die weißen Flächen in Österreich zu schließen. Die Anwendung, die Weiterbildungsaktivitäten, Fragen der digitalen Kluft und ähnliche Dinge sind im Wesentlichen derzeit noch unbeantwortet und bleiben als Aufgaben bestehen.
Das wäre meiner Meinung nach ein Punkt, der einerseits eine Aufgabe darstellt und wo man als Stadt auch etwas tun muss, um Zugang zu gewähren. Zum einen wegen E-Government – das geht sehr gut, soweit ich das einschätzen kann –, zum anderen, um etwa eben die digitale Kluft zu überwinden und Inhalte, die Städte haben und die Unternehmen umsetzen können – digitalen Konsens herstellen, Forschungsaktivitäten in diesem Bereich –, zu verwirklichen.
Also es gibt eine Vielzahl von Themen, die wahrscheinlich jeder für sich vernetzen muss und eigene Lösungen dafür finden muss, wie man damit umgeht, aber als Schwerpunkt bleiben sie noch lange erhalten.“

Vorstandsdirektorin
Mag. Brigitte Ederer

„Ich möchte zu den Schwerpunkten etwas sagen. Natürlich stimmt das, was Herr Dr. Leo gesagt hat, aber man muss sich schon klar darüber sein, dass heute ein Schwerpunkt ein wirklicher Renner sein kann und in zehn Jahren ist es ganz ein anderer. Also man kann nicht erwarten, dass man etwa Creative Industries hat und die nächsten fünf Generationen Kommunalpolitiker können sich darauf ausruhen.
Wir leben in einer Zeit, in der heute ein Thema wirklich aktuell sein kann, ein Schwerpunkt sein kann, die Weltnachfrage danach enorm ist, aber in zehn Jahren ist es ganz etwas anderes. Man muss daher schon diese Offenheit und diese Flexibilität, die Sie angesprochen haben, Frau Dr. Hopfmüller, bewahren. Man muss beobachten: Wie schaut die gesellschaftliche Entwicklung aus? Was könnte als Nächstes kommen? Die Politik muss hier ganz sensible Fühler haben.“

Dr. Gisela Hopfmüller
„Das hängt natürlich damit zusammen, dass insgesamt Lebenszyklen von Produkten viel kürzer werden.“

Vizebürgermeister Dr. Sepp Rieder
„Ich glaube, dass da zwei Dinge zusammenkommen. Die Raschheit, mit der der wirtschaftliche Ertrag von Entwicklung hereingebracht werden muss, ist die eine Seite, die weltweit die Wirtschaftsentwicklung dominiert und auch belastet, die andere Frage ist – um das Stichwort aufzunehmen – das Thema Creative Industries. Das steht nicht auf der grünen Wiese, sondern hat als Voraussetzung, dass man ein hohes Potential im kulturellen Bereich hat. Denn Creative Industries, das ist nicht nur eine Blase, die irgendwo hingestellt werden kann, sondern man muss in hohem Maße eine Basischance dafür haben, um das entwickeln zu können.
Es ist kein Zufall, dass Creative Industries als ein Wirtschaftszweig gigantischen Ausmaßes in London platziert sind und dass es ähnliche Dimensionen in einem Teilbereich von Paris gibt. Es sind für uns in Wien – ich glaube, auch für Salzburg – die Chancen durchaus gut, an das Potential Musik und den Bereich Design und an vieles, was an Modernem vorhanden ist, anzuknüpfen.
Wir haben das auch getan. Wir haben seit dem Jahr 2002 – ich kann das nicht nur theoretisch berichten, sondern wir haben konkrete Erfolge erzielt – in diesem Bereich eine massive Entwicklung erreicht, und zwar nicht über eine Schiene der Kulturförderung, sondern über eine Schiene der Wirtschaftsförderung. Es gibt junge Menschen, die kreative Leistungen erbringen können, denen aber das kaufmännische oder das wirtschaftliche Rüstzeug fehlt, denen das Geld fehlt, um überleben zu können. Und in diesem Bereich haben wir innerhalb von zwei Jahren durch verschiedene Instrumente – es würde zu weit führen, das alles aufzuzählen – wirklich einen Schub erreicht. Ich glaube, dieser Schub ist nicht nur eine Eintagsfliege, sondern da ist eine Entwicklung entstanden, die zum Beispiel – ich nenne nur ein konkretes Beispiel – bewirkt hat, dass der Messestandort Wien nicht zuletzt diese Bedeutung hat, dass er Fenster in den Osten ist und umgekehrt Unternehmen aus dem Osten die Chance bietet, sich hier auf der Drehscheibe Wien zu präsentieren.
Die Kunstmesse, die von allen in Frage gestellt worden ist, wo wir alle ziemlich Bauchweh gehabt haben, ob es gelingen wird, Kunstschaffende aus dem Osten dazu zu bringen, sich hier zu präsentieren, war ein absolut toller Erfolg. Die Betreiber der Messe, die zuerst ziemlich gezittert haben, wie das für sie ausgehen wird, sind heute schon sicher, dass es auch das nächste Mal das große Geschäft sein wird.
Das sind Teile einer Entwicklung, wo man in dieser Mischform von Kultur, Kunst, neuen Formen der Medien tatsächlich Wirtschaftswachstum erreichen kann, und zwar mit gar nicht so großen Mitteln, sondern nur mit einer Konzentration. Dazu gehört auch, dass wir vom Wissenschafts- und Technologiefonds der Stadt jetzt zum Ende des Jahres 2004 eine Ausschreibung für die wissenschaftliche Begleitentwicklung in diesem Bereich gemacht haben. Wir sind also voll konzentriert auf diesen Bereich, mit allen Instrumenten, die es gibt, weil hier in der Tat in Österreich ein enormes Vakuum existiert. Beispiele in anderen europäischen Bereichen zeigen, welche Wachstumsdynamik darin enthalten ist.“

Dr. Gisela Hopfmüller
„Also natürlich auch mit dem wesentlichen Item Nachwuchsförderung, kreative wissenschaftliche Nachwuchsförderung. Ich glaube, das ist in Sachen Innovation auch ein sehr wichtiger Schlüsselpunkt.
Ich versuche jetzt auch etwas einzubringen, was Frau Professor Schröder einmal in einem Gespräch mit mir sehr intensiv betont hat. Sie hat gesagt, Schaffung von Wissen ist ein so durch und durch kreativer Prozess, der nur voranzubringen ist mit der Förderung von Wissenschaftern im Alter zwischen 25 und 35 Jahren, die ganz dringend der Unterstützung bedürfen, die möglichst früh eigenständig in guten Rahmenbedingungen arbeiten müssen.
Ich möchte jetzt noch einen Gedanken dazu einbringen, der an etwas anknüpft, was Bürgermeister Schaden vorhin gesagt hat, weil ich auch darüber einmal mit Frau Professor Schröder gesprochen habe, nämlich über die Kinderbetreuungseinrichtungen, auch exakt für junge Forscher als wichtiges Item.
Frau Professor Schröder hat mir sehr eingehend davon berichtet, dass ein maßgeblicher Grund, warum Wissenschafterinnen sich hart tun, zu wirklich ganz großen Erfolgen zu kommen und ganz hinaufzukommen in die Riege der Topwissenschafter, der ist, dass sie eben im Zuge ihrer Lebensplanung Jahre des Kinderkriegens, der Kinderbetreuung, des Schwerpunktsetzens in der Familie haben und sich in der Folge dann, wenn sie gezwungen sind, für diese Zeitspanne tatsächlich aus ihren Forschungen auszusteigen, extrem schwer tun, wieder einzusteigen, schwerer tun als andere Frauen in anderen Berufen. Und die haben es schon schwer genug, wie wir alle wissen.
Das soll heißen, das von Ihnen angesprochene Schaffen von Kinderbetreuungseinrichtungen, die es etwa Forscherinnen und auch jungen Forschervätern – das sage ich jetzt dazu, denn die sind ja gleichberechtigt – ermöglicht, nicht aus ihrem Beruf auszusteigen für diese Phase, ist, glaube ich, auch etwas sehr Wichtiges in diesem Zusammenhang.“

Bürgermeister Dr. Heinz Schaden
„Ich kann das nur bestätigen. Das ist ja genau der Punkt. Jeder, der selbst ein Kind gehabt hat, weiß, wie arbeitsintensiv das ist. Ich habe meine Tochter in der Phase meiner Dissertation bekommen. Mit der einen Hand habe ich maschingeschrieben, mit der anderen Hand habe ich meine Tochter gehalten. Also ich habe das selbst am eigenen Leibe erfahren und deswegen weiß ich, wie wichtig das ist.
Wir bauen zum Beispiel gerade jetzt ein Kulturzentrum nahe der Universität, die ARGE Nonntal, und da gibt es einen eigenen Bereich, der für einen Kindergarten von meistens Alleinerziehenden der Universität Salzburg vorgesehen ist, und das sind im Regelfall Mütter, weil es ganz selten der Fall ist, dass die Kinder bei den Vätern verbleiben. Das ist also so ein Ansatz.
Ein weiteres ganz praktisches Beispiel. Der Regelurlaub ist drei Wochen, wenn es überhaupt dazu kommt, oder vielleicht zwei Wochen und dann noch einmal eine Woche irgendwann, aber die Schulferien im Sommer dauern neun Wochen. Was macht man in dieser Zeit mit einem Kind? Wir sind dazu übergegangen, dass wir die städtischen Pflichtschulen zumindest schwerpunktartig im Sommer offen halten, nicht für den Unterricht, sondern für die Kinderbetreuung.
Deswegen hadern wir hier an diesem Städtetag auch so mit dem Vorschlag der Bundesregierung, deswegen gibt es diesen massiven Konflikt, denn man kann nicht sagen, wir machen eine Nachmittagsbetreuungsoffensive, und das Ganze sind dann österreichweit 12.000 Plätze, die da betreut werden. Das ist ein Klacks, das ist gar nichts.
Die Stadt Wien hat 15.000 neue Schüler pro Jahrgang, die betreut werden müssen, wir hier haben allein in der Stadt 1.000 Nachmittagsbetreuungsplätze in den städtischen Pflichtschulen. Also mit 12.000, die es ohnehin nur seien an finanzieller Last, die auf die Kommunen zukomme, wie man uns vorrechnet, macht man österreichweit nicht wirklich ein Angebot, sondern das ist schlichtweg zu wenig. Und deswegen streiten wir da.“

Dr. Gisela Hopfmüller
„Um diesen Gedanken noch weiterzuführen: Insgesamt sind natürlich Bildungsinitiativen eine sehr wichtige Voraussetzung gerade in diesem angesprochenen Standortwettbewerb.
Ich möchte noch einmal Herrn Dr. Leo fragen. Wo würden Sie hinsichtlich Bildungsinitiativen, Umfeld schaffen für die, die in diesem wirtschaftlich-wissenschaftlichen Netzwerk beschäftigt sind, die prioritären Aufgaben der Kommunen sehen?“

Dr. Hannes Leo
„Ich will jetzt nicht so weit gehen, wirklich Tipps zu geben, wo die Rolle der Kommunen ist, aber ich glaube, es sind ja viele Beispiele schon genannt worden, wo es darum geht, Entwicklungen an Universitäten und Schulen zu unterstützen, also Dinge, die man aus dem normalen Budgettopf nicht machen kann, wenn man nach außen gehen will. Das kann darin bestehen, dass man etwa Kinderbetreuung und ähnliche Dinge unterstützt, beziehungsweise auch darin, dass man über Aufträge eine Kooperation herbeiführt, wenn es Aufgaben gibt, wo man irgendetwas erforschen muss oder gemeinsam machen muss, wo man Lösungen für Probleme braucht, die auf städtischem Niveau bestehen, oder für gesellschaftliche Probleme, die sich ergeben. Da ergeben sich Möglichkeiten zu kooperieren und zusammenzuarbeiten.“

Dr. Gisela Hopfmüller
„Sie haben formuliert, Innovation ist quasi der Endpunkt aus Forschung und Entwicklung. Eine wesentliche Basis dafür ist natürlich die Entwicklung des Arbeitskräftepotentials im weitesten Sinne.
Können Sie als Wirtschaftsforscher einschätzen, wie sich die Qualifikationsstruktur von eben diesem Arbeitskräftepotential entwickeln wird?“

Dr. Hannes Leo
„Was man dazu sagen kann, ist, dass es eine allgemeine Tendenz gibt, dass durch technischen Fortschritt und Innovation die Qualifikationsanforderungen höher werden. Man sieht das sehr deutlich in Studien, dass wenig qualifizierte Personen durch neue Technologien Probleme bekommen, dass sie tendenziell aus dem Arbeitsprozess hinausfallen.
Wenn die generelle Richtung ist, dass man in Forschung, Entwicklung, Innovation geht, heißt das natürlich auch, dass man mit dem Bildungsniveau nachziehen muss und tendenziell mehr Absolventen mit Matura braucht, tendenziell mehr Personen mit tertiärer Ausbildung und so weiter. Das sind Punkte, wo Österreich durchaus Rückstände hat und wo man verstärkt Aktivitäten setzen müsste.“

Dr. Gisela Hopfmüller
„Frau Bürgermeisterin, Sie wollten noch ein Beispiel einbringen.“

Bürgermeisterin Hilde Zach
„Zur Schwerpunktbildung muss man die Dinge nicht an den Haaren herbeiziehen. Ich gebe ein Beispiel aus der Stadt Innsbruck. Wir haben uns um die Architektur immer besonders bemüht. Jetzt ist ein Unternehmen – es war eine Brauerei, ein Welzenbacher-Bau – unter Denkmalschutz gestellt worden mitten in der Stadt, in der Nähe des Bahnhofs. Es war eine aufwändige Sanierung und Rückführung dieses Baues notwendig. Was tun dann damit?
Das hat etwas mit Architektur zu tun. Das Architekturforum, ein sehr innovativer Verein von Architektinnen und Architekten, die Forschungsarbeit machen, ist gemeinsam mit der Universität, mit dem Architekturarchiv, in dieses Bauwerk eingezogen, das ursprünglich mit Bierbrauen zu tun hatte. Es ist eine ganz interessante Mischung entstanden. Das hat sich so angeboten, denn es bestand ein Bedarf, und da hat man mehrere Dinge miteinander verknüpft. Das zur Schwerpunktbildung.
Ansonsten muss ich sagen, die Universität hat den Auftrag der Forschung und Lehre. Also bei uns in Innsbruck sagen sie uns schon immer sehr deutlich, was sie brauchen oder was noch gebraucht werden könnte. Da muss ich mich eigentlich nicht sonderlich bemühen.
Was die Frauenquote betrifft, so ist mir das auch ein Anliegen. Da kann ich nur das bestätigen, was gesagt wurde. In höheren Positionen scheint mir wirklich noch die gläserne Decke zu existieren, aus vielen, vielen Gründen, aber da ganz besonders. Das ist erstaunlich.“

Dr. Gisela Hopfmüller
„Möchten Sie, Herr Vizebürgermeister, dazu etwas sagen?“

Vizebürgermeister Dr. Sepp Rieder
„Ich wollte nur, wenn noch die Zeit bleibt, zwei Aspekte in die Diskussion bringen.
Zum einen: Wenn wir von Innovation als einem Instrument der Wirtschaftspolitik oder der Wirtschaftlichkeit sprechen, dann muss man sich darüber klar sein, dass 96 Prozent der Unternehmen in Österreich Klein- und Mittelunternehmen sind – in Wien ist das jedenfalls so, in Österreich ist der Anteil, glaube ich, noch höher –, und das ist auch der größte Bereich, in dem Beschäftigung geboten wird. In Wien haben 215 Unternehmen mehr als 250 Mitarbeiter, alle anderen von den etwa 70.000, 75.000 sind kleine Unternehmungen. Daher ist die Frage der Förderung nicht nur die Wechselbeziehung zu den großen internationalen Konzernen, sondern es geht darum, wie wir an die Klein- und Mittelunternehmen herankommen. Da haben wir eine Reihe von Instrumenten entwickelt. Die reichen von Verträgen zwischen der Stadt und Wissenschaftsunternehmen, wo bestimmte Aufgaben für die Klein- und Mittelunternehmen gelöst werden sollen, bis hin zur Förderung von Innovationsassistenten und und und.
Worauf ich nur aufmerksam machen wollte, ist, dass das von der Standortpolitik her wahrscheinlich eine ebenso wichtige zentrale Thematik ist wie die Frage der großen Dimension von Grundlagenforschung und der Sprung in die Produktforschung.
Der zweite Aspekt ist die Frage der Internationalität. Natürlich trifft das in Wien aufgrund der schon erwähnten geopolitischen Lage im besonderen Maße zu, aber ich glaube, dass es einfach generell ein Thema ist: Wie gelingt es, Internationalität in diesen Bereich von Forschung und Entwicklung in den wirtschaftlichen Bereich hinein zu fördern und zu forcieren?
Wir fördern das ganz offensiv, und – das möchte ich nicht nur im Beisein des Österreichischen Gewerkschaftsbundes erwähnen – dank der Unterstützung beider Seiten – Arbeiterkammer, Gewerkschaft einerseits und Wirtschaftskammer andererseits – ist ein Projekt gelungen, von dem ich meine, es ist beispielgebend. Wir haben mit einem Austauschprogramm für Lehrlinge begonnen. Wiener Lehrlinge gehen in Betriebe in Bratislava, und Lehrlinge aus Bratislava kommen nach Wien. Es geht nicht so sehr darum, Fachkompetenz auszutauschen, sondern einfach darum, die möglicherweise noch vorhandenen Barrieren, den eigenen Standort zu verlassen, zu überwinden.
Ich glaube, dass das nicht nur eine Signalmaßnahme ist, sondern dass es wirklich wichtig ist, dass wir uns in der Standortpolitik im eigenen Bereich auf diese Internationalität einlassen. Für das von Brigitte Ederer ins Leben gerufene Vienna Bio Center, das mittlerweile weltweit ein Herzeigeprojekt ist, war beispielsweise entscheidend, dass dort eine große Zahl von Wissenschaftern aus 40 Ländern gemeinsam tätig ist. Also diese Internationalität ist ganz entscheidend. Das darf man einfach nicht vergessen.“

Vorstandsdirektorin
Mag. Brigitte Ederer

„Ich bringe ein konkretes Beispiel, wo ich glaube, dass Unternehmungen und Städte zusammenarbeiten könnten. Sie oder wir alle haben als Gesellschaft das Problem der Überalterung. Wir laufen in eine Welt hinein, in der die Betreuung von älteren Menschen ein Thema sein wird und die Kosten der Betreuung schon heute ein Thema sind und zukünftig noch verstärkt ein Thema sein werden.
Die Frage, die man sich gemeinsam stellen sollte als Unternehmen – und da hat der Herr Vizebürgermeister Recht, das sind nicht nur die großen –, ist, was man anbieten könnte. Es ist ja noch nicht entschieden, ob es nur um die Zurverfügungstellung von Pflegepersonal geht. Da müsste sich die Gemeinde und die Gesellschaft – weniger die Gemeinde – überlegen, wie mit Geldern umgegangen wird, ob sie, Stichwort Pflegegeld, richtig eingesetzt werden.
Das ist wichtig, wenn es rein um die personelle Betreuung geht, wenn es aber um andere Möglichkeiten auch geht – das wird in Zukunft nicht so schwarz-weiß sein –, dann ist etwa unter dem Stichwort Breitband, das der Herr Leo angesprochen hat, zu überlegen, dass es heute schon sehr viele technologische Möglichkeiten gibt, aber auch noch zu entwickeln wären, wie man älteren Menschen – negativ formuliert – eine Überwachung zu Hause anbietet beziehungsweise wie man – positiv formuliert – die größten Gefahren für die Menschen abwenden kann, dass sie etwa einen halben Tag oder einen Tag zu Hause liegen, nicht mehr aufkönnen und dadurch große gesundheitlich Probleme entstehen.
Das ist ein Thema, das Unternehmen betrifft. Da könnten Sie Unternehmen auffordern, sich etwas zu überlegen, und auf der anderen Seite ist das möglicherweise etwas, was Sie in Zukunft ein wenig entlastet in der finanziellen Situation, die Sie für Ihre Kommune haben.
Ich glaube, es geht in eine Richtung, dass auch das Zuhausebleiben von älteren Menschen und wie das gewährleistet werden kann, ein Thema wäre.
Ich wollte das nur erwähnen, weil ich glaube, es gibt schon, wenn man darüber kreativ nachdenkt, einige Themen, wo sowohl Unternehmungen als auch Sie Vorteile hätten, wobei es gleichzeitig zu einem innovativen Schub kommen könnte.“

Dr. Gisela Hopfmüller
„Das ist quasi auch als Antwort auf eine Problematik zu verstehen, in die Kommunen sicher zunehmend hineingeraten, die ausgeht von der Tatsache der immer älter werdenden Gesellschaft. Man könnte es unter der Perspektive sehen: Welche Prioritäten muss man als Kommune setzen, um auf der einen Seite den sozialen Verpflichtungen nachzukommen – eben in Bezug auf Altenbetreuung zum Beispiel oder im Gesundheitsbereich dafür viel Geld aufwenden zu müssen bei schrumpfenden oder jedenfalls nicht rasend größer werdenden Budgets – und auf der anderen Seite ein wachsames Auge auf Forschung, Entwicklung und Wissenschaft zu haben?
Das soll – anknüpfend an Sie – heißen, die Lösung liegt wahrscheinlich in einem Zusammenführen dieser beiden Bereiche, soweit es geht.“

Vorstandsdirektorin
Mag. Brigitte Ederer

„Man müsste konsequent darüber nachdenken. Aber ich meine zum Bespiel, dass man mit der heute schon vorhandenen Technologie mit Breitbandverkabelungen sowohl die genaue Frequenz des Köpers wie auch Daten über Blutzucker, Kreislauf und so weiter softwareunterstützt in eine Zentrale senden könnte. Wenn das Normalfunktionen sind, geschieht gar nichts, wenn es keine Normalfunktionen mehr sind, dann könnte man relativ rasch eingreifen.
Das nur als ein Beispiel. Ich habe noch nicht eingehend darüber nachgedacht.
Wozu ich Sie eigentlich ermuntern möchte, ist, darüber nachzudenken, wo Sie in der Gemeinde oder in der Stadt ein Problem haben, und Unternehmen aufzufordern, Ihnen bei der Lösung des Problems zu helfen. Das ist auch für Unternehmen spannend. Glauben Sie mir das!“

Dr. Gisela Hopfmüller
„Daran besteht ja gar kein Zweifel.
Ich möchte trotzdem noch an die beiden Bürgermeister zu meiner Rechten die Frage richten: Wie gehen Sie mit der Problematik um, in Zukunft Prioritäten setzen zu müssen zwischen dem Umgehen mit gesellschaftlichen Entwicklungen – Stichwort Älterwerden der Menschen – und anderen Schwerpunktsetzungen wie zum Beispiel eben im Wissenschaftsbereich? Wie wollen Sie da zu Lösungen kommen bezüglich Ihres Mitteleinsatzes?“

Bürgermeister Dr. Heinz Schaden
„Ich muss Ihnen rundheraus antworten. Angesichts der nicht einfachen budgetären Situation, mit der wir alle konfrontiert sind – derzeit eher schwaches Wirtschaftswachstum, schwache Entwicklung der Ertragsanteile auch auf Grund der Steuerreform und 2,3 Prozent Inflation, jedenfalls stärker als das, was zuwächst –, kann man nur eines machen, dass man Schwerpunkte setzt innerhalb des städtischen Budgets, also auf der einen Seite sparen, auf der anderen Seite Schwerpunkte setzen.
Ich habe hier die Parole ausgegeben, dass es in zwei Bereichen der Sozialpolitik jedenfalls keine Einsparungen geben kann und darf, und das ist die von mir schon mehrfach erwähnte Kinderbetreuung auf der einen Seite und auf der anderen Seite die Seniorenpolitik, wo wir nicht nur sozusagen auf der technologisch durchaus denkbaren Seite, die Brigitte Ederer angesprochen hat, gefordert sind, weil die Menschen ja möglichst lange zu Hause bleiben wollen, sondern wo wir einfach schlicht und ergreifend mit der Tatsache konfrontiert sind, dass immer mehr Menschen in einem immer pflegebedürftigeren Zustand von uns betreut werden müssen, auch stationär betreut werden müssen.
Wir müssen auf diesen Bedarf hinarbeiten, auch baulich, was wir derzeit tun, zumindest was die Prognose bis 2020 betrifft, weil danach möglicherweise wieder eine rückläufige Entwicklung stattfindet. Aber darauf müssen wir hinarbeiten, denn wir können diese Menschen nicht sich selbst überlassen.“

Bürgermeisterin Hilde Zach
„Das war ein Praktiker, wie man weiß.
Es ist mir immer ein bisschen unangenehm, wenn man von der Überalterung spricht. Ich muss es einfach sagen, weil ich selber auch kein junger Mensch mehr bin. Im Prinzip verdanken wir es der Medizin, vielleicht auch der teilweise gesünderen Lebensweise oder auch der Tatsache, das wir – trotz der Verkehrsentwicklung – in einer relativ gesunden Umgebung leben. Dass wir älter werden, ist einmal prinzipiell etwas Positives, nicht wahr? Ich kenne niemanden Jüngeren, der gerne aufzeigen würde zum Abtreten.
Tatsache ist natürlich, dass damit eine Schwerpunktbildung im Finanziellen auf die Gemeinden zukommt. Wir haben uns in Innsbruck – der Vizebürgermeister ist ja hier anwesend – schon lange damit befasst. Es wird eines Bündels an Maßnahmen bedürfen, um dieser Thematik gerecht zu werden. Vieles wurde schon angeführt. Dazu gehören Heime mit unterschiedlicher Pflegequalität, dazu gehört es, zu ermöglichen, so lange wie möglich zu Hause zu bleiben, auch mit Hilfe verschiedener technischer Einrichtungen. Das hat ja schon angefangen mit den Notknöpfen und anderen Dingen, die man betätigen kann, was man im Ernstfall dann aber nicht tut. Dann kommt es so weit, dass man nicht gleich gefunden wird, et cetera. Es gibt betreutes Wohnen, es gibt in der Nähe von Heimen Satellitenwohnungen, wo man verschiedene Einrichtungen mitbenützen kann.
Der Bürgermeister von Feldkirch hat nicht zuletzt auch auf das Ehrenamt hingewiesen. Damit kann neben der fachlichen Pflege mit Fachpersonal auch die menschliche Seite abgedeckt werden mit Besuchen, mit Veranstaltungen, mit dem Sich-Befassen mit diesen Generationen. Wir haben ja teilweise zwei bis drei Generationen, die zugleich in einem Heim sind. Das gibt es. In Innsbruck gibt es viele Hundertjährige und Menschen, die älter als hundert Jahre sind – derzeit 44 –, da könnte das vorkommen, und diesen Fall haben wir auch schon gehabt.
Es ist also ein Bündel von Maßnahmen notwendig, und das wird auch Thema sein für die Zukunft.
Bei der Kinderbetreuung sind wir schon relativ weit in der Stadt, aber ich sehe das auch so, dass das einfach geleistet werden muss. Es geht nicht nur um Einsparungen, sondern man kann, wie wir gehört haben – und diese Tagung hat mir doch auch große Erfahrungen von Kollegen gezeigt –, auch mehr einnehmen. Nicht nur vom Bund und vom Land – das ist ganz schwierig, wie wir alle wissen –, aber wenn Städte auch Unternehmungen sind, dann kann man sich auf der Einnahmenseite doch auch Dinge überlegen.
Wir haben das getan, und da hat sich doch eine Verbesserung ergeben, indem wir Leistungen anbieten. Wir haben zum Beispiel eine Unternehmung Stadtbau gegründet, die bestimmte Aufgaben übernimmt, und ich rechne damit, dass sie das so macht, dass etwas übrigbleibt für all jene Aufgaben, die auf uns zukommen.“

Dr. Gisela Hopfmüller
„Vielen Dank. – Wir haben jetzt viele verschiedene Perspektiven gehört und beleuchtet, was schon alles an Initiativen gemacht wird und was noch geschehen könnte. Wir sind in der Zeit, die wir uns für die Diskussion vorgenommen haben, schon relativ weit fortgeschritten, deshalb würde ich vorschlagen, dass wir jetzt noch eine Runde hier am Podium machen, um noch aus den unterschiedlichen Blickwinkeln darzustellen, wo Sie den dringlichsten Aufholbedarf – über Ihren persönlichen Bereich hinaus – in dem Miteinander zwischen den Kommunen, den Wirtschaftsunternehmungen – speziell die Rolle der KMUs ist auch angesprochen worden – und der Wissenschaft sehen.
Vielleicht könnte Herr Dr. Leo wieder anfangen.“

Dr. Hannes Leo
„Ein Punkt ist bisher kaum vorgekommen, und den möchte ich jetzt ein bisschen beleuchten. Wann immer es um diese Interaktionen zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Kommunen geht, geht es um sehr komplexe Prozesse. Wenn das dann noch verknüpft werden soll mit Strategien und ähnlichen Dingen, dann hat man ein sehr komplexes System, mit dem man operieren soll und das sich jeweils unterschiedlich darstellt und sich auch ändert über die Zeit.
Ich glaube, auch in diese Managementkapazitäten zu investieren, damit man mit solchen Systemen umgehen kann, damit man einerseits kommunizieren kann und zum anderen auch in der Lage ist, strategisch zu handeln, das ist ein wesentlicher Punkt.
Ich weiß jetzt nicht, wie das auf kommunaler Ebene ist. Ich glaube, dort sind die Kontakte durchaus direkter, aber zumindest auf Bundesebene ist das Management dieser komplexen Systeme eine sehr komplizierte und sehr schwierige Angelegenheit, die zudem nicht befriedigend gelöst ist.“

Dr. Gisela Hopfmüller
„Also Aufholbedarf im Sinne von Abstimmung von Strategien und Initiativen zwischen den verschiedenen Bereichen des öffentlichen Sektors und dann jeweils der Unternehmungen.
Herr Bürgermeister Schaden, möchten Sie diesen Faden gleich aufgreifen?“

Bürgermeister Dr. Heinz Schaden
„Ich kann es jetzt nur aus meiner Sicht sagen. Wo ich glaube, dass immer wieder Aufholbedarf vorhanden ist, ist einerseits in der Kommunikation. Ich bin immer wieder überrascht, wie plötzlich Kommunikationsdefizite auftreten, wo man sie nicht erwartet hat, sei es zwischen Unternehmen und der Stadt, sei es zwischen der Universität und den Unternehmen. – Das ist das eine.
Das Zweite: Was wir leisten können und was oft auch zu überraschend guten Ergebnissen führt, ist das Zusammenführen von Bereichen. Wenn es auf der Universität zum Beispiel einen Biotechnikschwerpunkt gibt, gilt es, Unternehmen zu finden, die auch in diese Richtung arbeiten, und die beiden zusammenzubringen und sie aufzufordern, einmal miteinander etwas zu probieren. Damit ist man nicht sofort erfolgreich in der Weise, dass sofort ein Produkt daraus entsteht, aber es ist oft eine Keimzelle gelegt, aus der sich dann etwas entwickeln kann.
Wo es sicher auch immer einen Aufholbedarf gibt: Wir alle neigen ja dazu, zu sagen, wir sind ohnehin so super und machen alles ganz perfekt, aber ich stelle schon fest, dass die Flexibilität, die Elastizität der öffentlichen Verwaltung die stetige Erneuerung braucht, denn sonst ist sie nämlich nicht elastisch und flexibel und rasch. Das ist also etwas, woran man tagtäglich arbeiten muss.“

OEGZ

ÖGZ Download