Resolution des 55. Österreichischen Städtetages "INNOVATION: Stadt"

Resolution des 55. Österreichischen Städtetages "INNOVATION: Stadt"

Die Delegierten der österreichischen Städte und Gemeinden zum 55. Österreichischen Städtetag in Salzburg gedenken der 50. Wiederkehr des Tages des Abschlusses des Staatsvertrages, der Österreich Frieden und die Freiheit von Besatzungsmächten brachte. Damit war auch die Fremdbestimmung in den Städten und Gemeinden beseitigt.
Die Bürger der österreichischen Städte und Gemeinden blicken auch mit Stolz auf die nun schon sechs Jahrzehnte dauernde Zeit des Friedens und der guten wirtschaftlichen Entwicklung zurück, welche mit dem Beitritt zur Europäischen Union vor zehn Jahren besondere Impulse bekam.
Die Bürgermeister der am 55. Österreichischen Städtetag vertretenen Städte und Gemeinden verkennen jedoch nicht die besonderen Anforderungen, welchen sie als demokratisch gewählte Mandatare durch die beschleunigte Globalisierung der Wirtschaft in den letzten Jahren in der Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger ausgesetzt sind.
Die Begrenztheit der finanziellen Mittel erfordert besondere Anstrengungen, um im steigenden Standortwettbewerb die hohe Qualität der Lebensverhältnisse und der Leistungserbringung durch die Gemeinden aufrecht zu erhalten. Die Beratungen des 55. Österreichischen Städtetages dienten der Information und dem Erfahrungsaustausch zwischen den Städten und Gemeinden und mit den wissenschaftlichen Institutionen, um diesen Anforderungen gerecht werden zu können. Die österreichischen Städte und Gemeinden können aber nur dann erfolgreich tätig sein, wenn auf nationaler und internationaler Ebene die Rahmenbedingungen dafür gegeben sind.
Die Delegierten des 55. Österreichischen Städtetages begrüßen daher die unternommenen Bemühungen durch Österreich um eine Verfassung für Europa, weil im Vertrag wesentliche Ansätze für eine Berücksichtigung der Anliegen der lokalen Ebene enthalten sind. Sie geben der Hoffnung Ausdruck, dass diese Ansätze auch eine Europäische Fortsetzung finden. Durch die Stärkung des Subsidiaritätsprinzips können sich die Städte und Gemeinden im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses der Europäischen Union besser Gehör verschaffen, was letztlich eine Verbesserung der Ist-Situation bedeutet. Die Auswirkungen von Entwürfen neuer Regelungen auf die Gemeinden müssen genau geprüft und auch finanziell dargestellt werden. Damit erwarten die Gemeinden, dass von überschießenden Regulierungen und Belastungen Abstand genommen wird. Die Gemeinden erbringen eine Vielzahl von Leistungen, welche durch europäisches Recht geregelt werden. Den österreichischen Gemeinden steht kein anderes Instrumentarium zur Verfügung, die aus EU-Regelungen erwachsenden Kostenbelastungen abzuwehren.
Der 55. Österreichische Städtetag

- fordert daher die Mitglieder der österreichische Bundesregierung und deren Vertreter auf, bei den Beratungen und Verhandlungen in den entsprechenden Gremien der Europäischen Union die Auswirkungen neuer Regelungen auf die lokalen Gebietskörperschaften zu bedenken sowie entsprechende Darstellungen einzufordern und

- appelliert auch an das österreichische Parlament und die Landtage, die Interessenvertretungen der österreichischen Städte und Gemeinden in den Prozess der Subsidiaritätsprüfung mit ein zu beziehen.

Zu Beginn des laufenden Jahres wurde der Bericht über die Beratungen des Österreich-Konvents der Öffentlichkeit vorgestellt und dem Parlament übermittelt. Die Vertreter der österreichischen Städte und Gemeinden sind der Überzeugung, dass die Stellung der Gemeinden gestärkt werden sollte und ihnen zusätzliche Möglichkeiten gegeben werden sollten, noch effizienter und ökonomischer zu handeln. Der Österreichische Städtebund hat einen umfangreichen Vorschlag für Änderungen im die Gemeinden betreffenden Abschnitt der Bundesverfassung eingebracht, der jedoch noch nicht ausreichend Niederschlag gefunden hat.
Die wesentlichsten Punkte sind:

1. Aufnahme gewisser Leistungen der Daseinsvorsorge als Staatszielbestimmung

2. Regelung der Gemeindeordnungen als Landes-Verfassungsgesetze

3. Ausweitung der Möglichkeiten zur interkommunalen Zusammenarbeit

4. Flexiblere Ausgestaltung der Kooperationen mit den staatlichen Behörden und Parteistellung für Gemeinden in Verwaltungsverfahren

5. Ausweitung des ortspolizeilichen Verordnungsrechtes

6. Keine Mehrfachkontrollen in der Gebarungsprüfung

7. Gleichbehandlung der Gemeinden mit Bund und Ländern in der Finanzverfassung

8. Einschränkung der Anwendungsausnahmen der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus

9. Einführung von Gender Budgeting

Der 55. Österreichische Städtetag

- bringt das Forderungsprogramm nach einer Stärkung der Gemeinderechte in Erinnerung und

- fordert das Parlament auf, in den Beratungen des Sonderausschusses den Interessenvertretungen der Gemeinden Gelegenheit zu geben, ihre Positionen darzulegen.

Mit 1. Jänner 2005 ist das neue Finanzausgleichsgesetz in Kraft getreten, dem intensive Verhandlungen vorausgegangen sind und dem ein Paktum der Gebietskörperschaften zugrunde liegt. Trotzdem werden wenige Monate danach seitens des Bundes neue Gesetzesentwürfe vorgelegt, welche für Städte und Gemeinden massive Belastungen – sowohl in personeller als auch sachlicher Hinsicht und auch finanzieller Art – bringen.

Die am 55. Österreichischen Städtetag versammelten Gemeindemandatare

- stellen mit Befremden fest, dass bereits kurz nach Inkrafttreten des Finanzausgleichs Diskussionen geführt werden, die Belastungen für die Städte und Gemeinden befürchten lassen,

- lehnen weitere Aufgabenübertragungen ohne eine gerechte Kostenabgeltung ab,

- fordern die Einschränkung der Transferbelastungen der Gemeinden durch Umlagen und Begrenzung mit der Entwicklung der Ertragsanteile,

- fordern die tatsächliche Aufnahme und ernsthafte Durchführung von Verhandlungen entsprechend der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus.

Die versammelten Bürgermeister stehen der Forderung des Bundes nach einer Verwaltungsreform II mit den öffentlich genannten „Vorgaben“ differenziert gegenüber. Die Gemeinden haben bereits in der Vergangenheit erfolgreich laufend Schritte zur Steigerung der Effizienz der Verwaltung gesetzt. Nur durch Beschreiten neuer Wege der kommunalen Zusammenarbeit und durch Innovationen in der Verwaltung - sowohl in personeller, organisatorischer als auch in technischer Hinsicht - konnten die auf sie zukommenden Belastungen durch Aufgabenübertragungen sowie infolge des demographischen und des wirtschaftlichen Wandels abgefedert und die Leistungen der Daseinsvorsorge aufrecht erhalten werden. Die Forderung nach einer weiteren Reduzierung wird auch deshalb als überschießend angesehen, weil die Administration durch gesetzliche Maßnahmen laufend verkompliziert und zusätzlich vermehrt wird. Dabei wird nicht verkannt, dass manches nicht allein auf nationaler Ebene verursacht wird, sondern in der Umsetzung von europäischem Recht erfolgt. Aber es muss doch in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass im Prozess der europäischen Gesetzgebung die nationalen Regierungen und auch die Abgeordneten des Europäischen Parlaments eine bedeutende Rolle spielen.

Der 55. Österreichische Städtetag

- stellt fest, dass Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit ureigenste Anliegen der Städte und Gemeinden sind und sie diesbezüglich der demokratischen Kontrolle unterliegen;

- stellt weiters fest, dass die Erbringung der Dienstleistungen für die Bürger und Bürgerinnen in hoher Qualität, breitem Leistungsumfang und Beständigkeit prioritäres Anliegen der Gemeindevertreter ist;

- lehnt daher allfällige Forderungen nach weiterem Abbau von Personal als überschießend ab, weil dadurch ihr Charakter als Dienstleister und ihr Anliegen, die Leistungen der Daseinsvorsorge zu sichern, gefährdet würde;

- fordert den Bund auf, im Prozess der Gesetzgebung - sowohl innerösterreichisch als auch auf europäischer Ebene – auf die Folgewirkungen von vorgeschlagenen Maßnahmen für andere Gebietskörperschaften Bedacht zu nehmen oder

- im Sinne des Konnexitätsprinzips für die Folgekosten aufzukommen.

Der Österreichische Städtebund wehrt sich vehement gegen eine Verschlechterung der Lebenssituation seiner Bürgerinnen und Bürger, die infolge von organisatorischen Veränderungen in Infrastruktureinrichtungen einhergehen. Er kritisiert mit Nachdruck die Verlagerung der Aufgabenwahrnehmung in Richtung der Städte und Gemeinden. Bei organisatorischen Maßnahmen von Infrastrukturmaßnahmen sollten – vor dem Hintergrund der Versorgungssicherheit –daher auch soziale, volkswirtschaftliche und sicherheitspolitische Aspekte berücksichtigt werden.

Die Vertreter der Städte und Gemeinden am 55. Österreichischen Städtetag

1. fordern daher, dass der Bund als Eigentümer von Infrastrukturunternehmen neben marktwirtschaftlichen Vorgaben auch soziale und volkswirtschaftliche Aspekte berücksichtigt und

2. seinen Verpflichtungen genau so nachkommt wie die lokalen Gebietskörperschaften.

Der Österreichische Städtebund bekennt sich zu den gesellschaftlichen Veränderungen und den sich daraus ergebenden Notwendigkeiten im Bereich der Kinder- und Schülerbetreuung. Er erkennt darin eine gesamtösterreichische bildungspolitische Aufgabe. Die Wahrnehmung dieser Aufgaben kann daher nicht allein den Städten und Gemeinden aufgebürdet werden. Der Österreichische Städtebund fordert daher, dass sich Bund und Länder nicht dieser finanziellen Verantwortung entziehen.
Wie die Beratungen im Arbeitskreis II – E-Government im Dienste von Bürgern, Wirtschaft und Verwaltung – gezeigt haben, haben die Städte und Gemeinden in den beiden vergangenen Jahren in diesem Bereich weitere große Schritte voran getan. Dies wurde auch dadurch begünstigt, dass ihre Vertreter in die gesamtösterreichischen Planungen und in die „Gebietskörperschaften übergreifenden Arbeitsgruppen im Bereich E-Government“ eingebunden waren. Sie haben dadurch die Informationen erhalten, welche die Umsetzung der getroffenen Vereinbarungen in ihrer Verwaltung erleichterten. Doch muss festgehalten werden, dass noch wichtige Maßnahmen – auch auf Gesetzesebene – fehlen, um die Vorteile von E-Government sichtbar zu machen. Als Beispiele sind die vielen zu verteilenden Mitteilungen, z. B. der Personenstandsbehörden untereinander und zu anderen Institutionen, zu nennen, welche derzeit mangels der erforderlichen Schnittstellen oder aufgrund gesetzlicher Vorschriften noch auf dem Papierwege versendet werden müssen. Auch bei den Zugangsberechtigungen ist noch einiges zu verbessern.

Der Österreichische Städtetag

- fordert den Bund auf, raschest mit den Vorarbeiten für die Errichtung eines zentralen Personenstandsregisters zu beginnen;

- richtet an Bund, Länder und Selbstverwaltungskörper die Aufforderung, die erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung zu stellen,

- damit rasch die Kommunikationsstrukturen zwischen den Behörden ausgebaut werden können und

- appelliert an Bund, Länder und Selbstverwaltungskörper, ihr Handeln im Sinne der gelebten Kooperation an den in den zuständigen Gremien getroffenen Vereinbarungen zu orientieren, um nicht Doppelgleisigkeiten und zusätzliche Hürden in der elektronischen Kommunikation aufzubauen.

Das Zentrale Melderegister ist ein wesentlicher Bestandteil von E-Government und Baustein für eine registergestützte Verwaltung, soll aber auch dazu dienen, dem Bürger den Verkehr mit der Behörde zu erleichtern. Die Zugriffsmöglichkeiten auf dieses Register können jedoch wegen der derzeit gegebenen technischen Ausrüstung nicht ausgeschöpft werden, weil die erforderlichen finanziellen Ressourcen für eine Kapazitätssteigerung nicht zu Verfügung stehen. Im Hinblick auf die nächste Volkszählung, welche als registergestützte Zählung durchgeführt werden soll, müsste auch die Registerkultur verbessert werden.

Der 55. Österreichische Städtetag fordert daher den Bund auf,

- der Support Unit Zentrales Melderegister (ZMR) die erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, damit der Betrieb auch bei sehr hoher Beanspruchung stabil läuft und

- alle Maßnahmen zu setzen, damit für die Nutzer ein komfortables Medium zur Verfügung steht. Damit würde sich auch der potentielle Nutzerkreis ausweiten.

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