Tagesbetreuung – Finanzierung einer neuen Gemeindeaufgabe offen

Tagesbetreuung – Finanzierung einer neuen Gemeindeaufgabe offen

Der Nationalrat hat am 8. Juli 2005 das Schulrechtspaket 2005 Teil I beschlossen, in dem unter anderem das Recht auf schulische Tages-(Nachmittags-) betreuung verankert wurde.

 

Voraussetzung für das Recht auf Nachmittagsbetreuung ist, dass zumindest 15 Schüler angemeldet werden. Der Schulerhalter kann bei seinem Angebot auf die räumlichen Voraussetzungen und andere regionale Betreuungsangebote Bedacht nehmen. Der Bund ist bereit, im Rahmen seiner Lehrplanverordnung pro Gruppe 5 Lehrerstunden, das sind 10 Betreuungsstunden, zur Verfügung zu stellen. Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur rechnet mit einem zusätzlichen Bedarf von 10.000 Betreuungsplätzen. Die Neuregelung soll mit dem Schuljahr 2006/07 in Kraft treten.
Erste Kostenermittlungen des Städtebundes im Zuge des Begutachtungsverfahrens haben gezeigt, dass den Gemeinden – obwohl sie derzeit schon vom Bund Lehrer- bzw. Betreuungsstunden zur Verfügung gestellt erhalten und Elternbeiträge einheben können – rund 1.000 Euro an Nettoabgang pro nachmittagsbetreutem Schüler verbleiben.
Der Städtebund hat daraufhin den Konsultationsmechanismus ausgelöst. Ein wichtiger Umstand war dabei, dass sich bei der Stärke eines Geburtsjahrgangs von 75.000 Kindern in Zukunft ein ständig steigender Bedarf an Nachmittagsbetreuung ergeben wird. Als Folge dessen ist mittelfristig nicht nur mit steigenden Betreuungskosten, sondern auch mit erheblichen baulichen Kosten zu rechnen.
Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur war in den Verhandlungen bereit, den Gemeinden in organisatorischer Hinsicht entgegenzukommen (z. B. Möglichkeit der Nutzung von Räumen außerhalb der Schule, Einsatz von qualifiziertem Personal, aber nicht notwendigerweise angestellten Lehrern, sofern diese qualifizierten Personen der Dienst- und Fachaufsicht des Schulerhalters unterstehen). Eine detaillierte Beschreibung des 9-Punk-
te-Programms liegt zur Information bei.
Keine Bewegung gab es allerdings in der Frage einer verbesserten Finanzierung. Der Bund war weder bereit, einen höheren Beitrag für die laufenden Kosten der Betreuung zu leisten noch die Finanzierung von notwendigen Adaptierungs- und Neubaumaßnahmen zu übernehmen.
Derzeit ist nicht bekannt, ob und inwieweit dieses 9-Punkte-Programm vom Bund umgesetzt wird, weil zwar der Gemeindebund – wie vom Bund verlangt – den Konsultationsmechanismus zurückgezogen, der Städtebund im Hinblick auf die unbefriedigende finanzielle Situation jedoch aufrechterhalten hat.
Gegenüber dem Bund wurde von den Städtevertretern mehrmals und ausdrücklich betont, dass sich der Städtebund nicht gegen die Tages-(Nachmittags-)betreuung an sich ausspricht, sondern sich der Konsultationsmechanismus ausschließlich gegen die völlig unzureichende Dotierung durch den Bund wendet. Immerhin übernehmen die Gemeinden mit dieser Neuregelung auch eine gesetzliche Verpflichtung, Tagesbetreuung einzurichten.
Nach der Beschlussfassung durch den Bund haben die Länder Ausführungsgesetze zu erlassen. Es wird viel davon abhängen, ob sie bereit sind, etwa zusätzliche Lehrkräfte bzw. Finanzmittel für Um- und Neubaumaßnahmen zur Verfügung zu stellen.

Sprachliche Frühförderung
Offen ist auch noch die konkrete Umsetzung des Projektes „Sprachliche Frühförderung“. Der Bund hat nur bekannt gegeben, dass er pro Kind 80 Euro zur Verfügung stellen will, allerdings dafür eine Förderung im Ausmaß von 120 Stunden verlangt. Ein entsprechender Regelungsentwurf wird in Kürze erwartet, weil auch die Länder die Möglichkeit haben müssen, ihrerseits die Schuleinschreibungstermine neu festzulegen, um die sprachliche Frühförderung bereits im Jahr 2006 einführen zu können.

Weitere Entwicklung
Es ist davon auszugehen, dass es zunächst Gespräche auf Landesebene geben wird, um die bereits bestehenden Strukturen (z. B. Nachmittagsbetreuung in Horten oder durch Vereine) nicht zu beeinträchtigen und die Belastung der Gemeinden aus der neuen Aufgabe so gering wie möglich zu halten.
Eine erste Überprüfung der Auswirkungen soll in einem Jahr stattfinden. Es ist zu hoffen, dass allenfalls in Vorbereitung der Nationalratswahlen Zusagen der wahlwerbenden Parteien für eine bessere Regelung für die Gemeinden erreicht werden.
Unabhängig davon werden vom Sekretariat des Städtebundes die Vorbereitungsmaßnahmen für die Weiterführung des Konsultationsmechanismus getroffen. Der Konsultationsmechanismus bedeutet allerdings, dass Kosten erst nach der verpflichtenden Einführung der Tagesbetreuung im Schuljahr 2006/07 geltend gemacht werden können. Bis zur Durchsetzung dieses Rechts haben die Gemeinden daher finanziell in Vorlage zu treten.

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