Die Qualitätssicherung im medizinischen Strahlenschutz – ein Erfahrungsbericht

Die Qualitätssicherung im medizinischen Strahlenschutz – ein Erfahrungsbericht

Durch das Verwaltungsreformgesetz 2001 wurde der Vollzug im Bereich des medizinischen Strahlenschutzes vom Bund (überwiegend) beziehungsweise vom Land (zur Gänze) auf die Bezirksverwaltungsbehörden übertragen. Auf Grund der damit verbundenen Zuständigkeitsänderung wurden vom Landeshauptmann von Salzburg mit Wirksamkeit vom 1. 8. 2002 sämtliche Strahlenschutzakte zuständigkeitshalber an das Amt für öffentliche Ordnung beim Magistrat der Stadt Salzburg abgetreten. Im vorliegenden Beitrag wird insbesondere über die bisherigen Erfahrungen mit dieser komplexen und technisch orientierten Materie des Strahlenschutzgesetzes eingegangen.1 Zentraler Inhalt ist dabei die Darstellung über die Anwendung eines mehrfach nach ISO und IBEC ausgezeichneten Qualitätsmanagementsystems im Amt für öffentliche Ordnung. Dieses Instrument trug wesentlich dazu bei, die seit dem 13. Mai 2000 im medizinischen Strahlenschutz verpflichtend2 vorgesehene Qualitätssicherung erfolgreich einzuführen.

 

I. Qualitätsmanagement in der öffentlichen Verwaltung: der Salzburger Weg
Der Vollzug des Strahlenschutzgesetzes erfolgt in der Stadt Salzburg durch das Amt für öffentliche Ordnung des Magistrats. Es entspricht inzwischen dem Selbstverständnis dieses Amtes, dass der Gesetzesvollzug grundsätzlich nur nach bestimmten Qualitätskriterien erfolgt. Die Erstellung von Produkthandbüchern ist ein wesentlicher Baustein für die Aufrechterhaltung dieses Qualitätsstandards und bildet ebenso eine Voraussetzung dafür, dass das gesamte Amt für öffentliche Ordnung seit dem Jahr 2001 jährlich nach ISO 90013 und IBEC4 zertifiziert wird. Der Reformprozess im Amt für öffentliche Ordnung wurde im Jahr 1996 eingeleitet. Seit dem Jahr 2000 erfolgt die Aktenbearbeitung elektronisch (Akt 2000) und es wurde im gleichen Jahr die Fremdenbehörde nach ISO zertifiziert. Seit 2001 erfolgt die Beurteilung nach der Struktur des CAF.5 Die Zertifizierung nach IBEC im gleichen Jahr war die weltweit erste einer öffentlichen Verwaltung.
Gleichzeitig mit der Erstellung eines Produkthandbuches für den medizinischen Strahlenschutz wurden durch externe Auftragnehmer qualitative Kundengespräche mit dem Zweck geführt, Systemschwächen zu entdecken und Gegenstrategien zu entwerfen.6
Die nunmehrige Konzentration der Zuständigkeit7 im Strahlenschutz auf die Bezirksverwaltungsbehörden bedeutete eine enorme Herausforderung für die Behördenstruktur, da in den meisten Fällen die personellen Ressourcen sowohl hinsichtlich der juristischen wie auch hinsichtlich der sachverständigen Materie fehlten und daher erst zu schaffen waren.
Im Bereich des Amtes für öffentliche Ordnung mussten die Personalressourcen durch Umschichtung um einen Juristen aufgestockt werden. Zusätzlich wird ein Dienstnehmer mit einer HTL-Ausbildung als qualifizierter Sachverständiger für den Strahlenschutz sukzessive ausgebildet. Zudem können die Bezirksverwaltungsbehörden glücklicherweise auf einen gut funktionierenden Sachverständigendienst beim Land Salzburg zurückgreifen.8

II. Elemente des Qualitätsmanagements im Amt für öffentliche Ordnung
Die Errichtung und der Betrieb von Röntgeneinrichtungen sowie der Umgang mit offenen oder geschlossenen radioaktiven Stoffen bedürfen grundsätzlich einer Bewilligung nach dem Strahlenschutzgesetz. 9 Darüber hinaus ist der bewilligte Betrieb oder der Umgang mit Strahlenquellen von der Behörde zu überwachen und gegebenenfalls bei unmittelbar drohender Gefahr zu untersagen. 10
Bereits vor dem Verwaltungsreformgesetz 200111 waren die Bezirksverwaltungsbehörden zuständige Strahlenschutzbehörden, insbesondere für die Überprüfung und die Bewilligung von Zahnröntgeneinrichtungen. Für die meisten übrigen Röntgeneinrichtungen im Bereich der medizinischen Anwendung galt die Zuständigkeit des Landeshauptmannes. Darüber hinaus war und ist die Zuständigkeit im Bereich des Strahlenschutzes auf verschiedene Bundesministerien12 aufgeteilt.
Der Vollzug des Strahlenschutzgesetzes im Amt für öffentliche Ordnung erfolgt auf der Grundlage eines Produkthandbuches und in gleicher Weise erfolgt die Umsetzung der verpflichtend vorgesehenen Qualitätssicherung im medizinischen Strahlenschutz. Zunächst bestanden (nicht nur in Salzburg) Zweifel bei den Normadressaten darüber, ab welchem Zeitpunkt und in welcher Weise die Qualitätssicherung im Sinne des Strahlenschutzes an radiologischen Geräten vorzunehmen sei. Die Strahlenschutzbehörde folgte hier einem Erlass des Bundesministeriums für Soziale Sicherheit und Generationen.13
Im Zuge der behördlichen Überprüfungen von Röntgeneinrichtungen begann die Strahlenschutzbehörde, die Qualitätssicherungsmaßnahmen bereits im Überprüfungsbescheid14 vorzuschreiben. Gleichzeitig nahm die Strahlenschutzbehörde mit der Ärztekammer für Salzburg Kontakt auf und es fanden in der Folge Gespräche15 über den Grundsatz und den Modus der durchzuführenden Qualitätssicherungen statt. Neben Behördenvertretern nahmen an dieser Besprechung auch Vertreter der niedergelassenen Ärzte und Zahnärzte teil.
Wesentliches Ergebnis des Gespräches war die Übereinkunft, dass die Ärztekammer alle betroffenen Ärzte ausführlich über die Qualitätssicherung in geeigneter Weise informiert. Dies geschah in Form von Informationsveranstaltungen, der Verteilung von Informationsbroschüren sowie der Veröffentlichung16 mehrerer Beiträge. Die Salzburger Ärztekammer fungierte als Organisator und Veranstalter, für den fachlichen Teil und als Referent stand der Leiter des Strahlenschutzdienstes der Salzburger Landeskliniken zur Verfügung. Im Jahr 2004 organisierte die Ärztekammer für Salzburg sechs Informationsveranstaltungen für Zahnärzte und Röntgenfachärzte: Vier Veranstaltungen fanden in der Stadt Salzburg statt, je eine weitere in Zell am See und in Schwarzach. An allen Informationsveranstaltungen herrschte reges Interesse.

III. Elemente der Qualitätssicherung im Bereich der Röntgendiagnostik
Jeder von uns kommt im Laufe seines Lebens mehrfach mit Röntgeneinrichtungen in Berührung und wird dabei ionisierender Strahlung ausgesetzt, sei es beim Zahnarzt, beim Röntgenfacharzt oder im Krankenhaus. Die fachgerechte Anwendung und der sichere Umgang mit Röntgeneinrichtungen (Stichwort: Patientenschutz) spielen dabei eine zentrale Rolle.
Es mag daher nicht verwundern, dass neben der Sicherheit zunehmend Fragen der Qualitätssicherung bei der Anwendung von Röntgeneinrichtungen bedeutsam sind.
Nicht gewartete und nicht geprüfte Röntgenanlagen können ein erhebliches Gesundheitsrisiko für Patientinnen, Patienten und für das Personal von medizinischen Betrieben darstellen. Darauf hat beispielsweise in der Schweiz das Bundesamt für Gesundheit, Medien und Kommunikation in einem Bericht17 aus dem Jahr 2002 hingewiesen, als es nach einer Prüfung von 17.000 Röntgenanlagen immerhin in rund 350 Fällen die Betriebsbewilligung entzogen hat.18 Unter diesem Blickwinkel bekommt die Qualitätssicherung im Bereich der Röntgendiagnostik eine besondere Bedeutung, zumal Fehlfunktionen oder Bedienungsfehler beim Betrieb von Röntgenanlagen vom Patienten in den seltensten Fällen wahrgenommen werden.
Röntgenbilder sollen alle zur Beurteilung notwendigen Informationen enthalten, gleichzeitig aber ökonomisch und bei niedriger Strahlenexposition erstellt werden. Es soll damit nicht nur eine gute Qualität der Röntgenbilder erreicht und beibehalten, sondern auch der Strahlenschutz berücksichtigt und verbessert werden. Im Vordergrund für die Einführung der Qualitätssicherung steht, dass bei ärztlich gebotenen Strahlenanwendungen die Strahlenexposition bei der Untersuchung minimiert bzw. für die Behandlung so optimiert wird, wie es der medizinischen Wissenschaft entspricht. Sie soll dazu beitragen, dass Patienten mit vergleichbaren Erkrankungen in allen medizinischen Einrichtungen unter gleichen Bedingungen und Voraussetzungen untersucht und behandelt werden.
Die Qualitätssicherung im Bereich der Röntgendiagnostik ist zweistufig und besteht aus folgenden Schritten:
Schritt 1 Abnahmeprüfung: Vor der Inbetriebnahme einer neuen Röntgeneinrichtung oder einer Filmentwicklungsmaschine bzw. bei bestehenden Röntgeneinrichtungen ohne Abnahmeprüfung wird anlässlich dieser Prüfung sichergestellt und bestätigt, dass die Einstellungen für ein qualitativ gutes Bild bei niedriger Dosis optimal sind und den gültigen Normen entsprechen. Die Konstanzprüfung (Schritt 2) hat den Zweck, die bei der Abnahmeprüfung festgestellten Ausgangswerte über einen gewissen Zeitraum regelmäßig zu prüfen. Dabei können Abweichungen im Sinne von Verschlechterungen rechtzeitig erkannt und Maßnahmen ergriffen werden.
Die Konstanzprüfungen können (und sollen) an Röntgengeräten in regelmäßigen Abständen oder wenn Anzeichen für Probleme festgestellt werden grundsätzlich vom Betreiber bzw. vom Bewilligungsinhaber oder dessen Personal selbst durchgeführt werden. Die Prüfungsintervalle sind in ÖNORMEN festgelegt.19 Hingegen darf die Abnahmeprüfung im Wesentlichen nur von einem qualifizierten Personenkreis durchgeführt werden.20
Im Sinne der „Patientenschutzrichtlinie“21 ist Qualitätssicherung nicht nur im Bereich der Röntgendiagnostik, sondern auch im Bereich der Strahlentherapie und der Nuklearmedizin erforderlich. Sie umfasst neben der technischen Qualitätskontrolle von Anlagen, Einrichtungen und Geräten auch die sachgerechte Indikationsstellung und die einwandfreie technische Durchführung der Untersuchung. Die Verpflichtung zur Durchführung der Qualitätssicherungsmaßnahmen und der Umfang sind umfassend in der Medizinischen Strahlenschutzverordnung (MedStrSchV) geregelt.22

IV. Resümee
Die Qualitätssicherung im medizinischen Strahlenschutz hat in der Stadt Salzburg voll gegriffen, die Umsetzung derselben kann dank der konsequenten Anwendung des beschriebenen Qualitätssicherungsmanagements im Amt für öffentliche Ordnung nach den bisherigen Ergebnissen als gelungen angesehen werden.
Die Maßnahmen werden von den betroffenen Ärzten und Einrichtungen weitestgehend akzeptiert und deren Notwendigkeit im Interesse von Patienten und Dienstnehmern anerkannt. Bis dato wurde in keinem Fall gegen vorgeschriebene Qualitätssicherungsmaßnahmen ein Rechtsmittel eingebracht. Entscheidend für den Erfolg ist jedoch nicht nur das Erstellen von Hochglanzbroschüren mit bestechenden Leitbildern und Produkthandbüchern. Entscheidend sind vielmehr der Wille und das konsequente Bemühen aller Beteiligten, erstarrte Strukturen aufzubrechen sowie Prozesse zu gestalten und zu verändern.23

Fußnoten:
1 Bundesgesetz über Maßnahmen zum Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Menschen einschließlich ihrer Nachkommenschaft vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzgesetz – StrSchG) idF BGBl. Nr. 227/ 1969, zuletzt novelliert durch BGBl. I Nr. 137/ 2004.

2 Durch Richtlinien 96/29/EURATOM und 97/ 43/EURATOM; seit dem 1. 1. 2005 durch die Medizinische Strahlenschutzverordnung (MedStrSchV), BGBl. II Nr. 409/2004.

3 Bei diesem Zertifizierungsverfahren werden alle qualitätsrelevanten Unternehmensprozesse genauestens geprüft.

4 IBEC (IQNet Business Excellence Class). Das erste umfassende, weltweit angewandte Bewertungskonzept, das Business-Excellence-Modelle (EFQM) und die Anwendung internationaler wie nationaler Normen oder anderer Regelwerke einschließt (vgl. STC Stracke Communication, www.stcstracke.de/ims/prod04_ibec.htm).

5 „Die EU hat mit dem „Gemeinsamen Europäischen Qualitätsbewertungssystem“ (Common Assessment Framework, CAF) ein Selbstbewertungssystem für die öffentlichen Verwaltungen in Europa etabliert, um das Verständnis und die Anwendung von Qualitätsmanagement in den Behörden zu fördern. CAF ermöglicht eine Selbsteinschätzung anhand verschiedener vorgegebener Kriterien, die eine ganzheitliche Betrachtung von Menschen, Prozessen und Ergebnissen erlaubt“ (zitiert nach
www.moderne-verwaltung.nrw.de/data/bestell/pdf/1089712461-9371636.pdf).

6 Solche Kundengespräche wurden mit maßgeblichen Vertretern der Salzburger Landeskliniken und des Unfallkrankenhauses geführt. Die Kundenbefragung ergab, dass die Strahlenschutzbehörde das beste Ergebnis aller Produktbereiche erzielt hat, insgesamt tendiert das Amt für öffentliche Ordnung zu einer sehr guten Note (vgl.: Das qualitative Kundengespräch, verfasst von Andrea Dürager im August/September 2003, S. 39).

7 Durch die Zuständigkeitsübertragung sind nunmehr im Bereich der Bezirksverwaltungsbehörde der Stadt Salzburg etwa 250 Röntgeneinrichtungen neu hinzugekommen, überwiegend aus dem Bereich der Krankenanstalten und der Röntgenfachärzte.

8 Das ist in anderen Bundesländern nicht der Fall, etwa in Tirol, wo es beim Land keinen Sachverständigendienst gibt, weshalb dort die Betreiber von Röntgeneinrichtungen prinzipiell die Kosten der (nicht amtlichen) Sachverständigen selbst zu tragen haben.

9 §§ 5 ff StrSchG.

10 Die Überwachung ist eine laufende und die konkrete Überprüfung erfolgt mindestens einmal in zwei Jahren gemäß § 17 StrSchG.

11 BGBl. I Nr. 65/2002.
12 Vgl. dazu § 41 StrSchG.

13 Erlass vom 3. Juli 2001, GZ: 32.240/2-IX/11/ 2001. Dieser Erlass brachte zum Ausdruck, dass sich die Verpflichtung zur Umsetzung der Qualitätssicherung bei radiologischen Geräten aus EU-Richtlinien (vgl. oben bei FN 2) ergibt, welche seit dem 13. Mai 2000 unmittelbar (mangels fristgerechter Umsetzung des österreichischen Gesetzgebers) anzuwenden wären.

14 Es handelt sich dabei um einen Bescheid gemäß § 11 StrSchG. Seit dem 1. 1. 2005 mit dem Inkrafttreten der MedStrSchV (oben bei FN 2) ist die Qualitätssicherung unmittelbar aus dieser Verordnung abzuleiten und muss daher nicht mehr per Bescheid vorgeschrieben werden.

15 Gespräch mit der Ärztekammer vom 27. 10. 2003.

16 Der Leiter des Strahlenschutzdienstes der Landeskliniken, Dipl.-Ing. Dr. Hassan Rahim, hat im Publikationsorgan der Ärztekammer „Der Salzburger Arzt“ drei Beiträge zur Qualitätssicherung veröffentlicht.

17 Vgl. www.bag.admin.ch/dienste/medien/2001/d/01052111.htm

18 Auch in der Stadt Salzburg mussten in den letzten 3 Jahren bereits mehrfach behördlicherseits Instandsetzungsaufträge erteilt und Röntgeneinrichtungen stillgelegt werden.

19 Die Wichtigsten für die Röntgendiagnostik sind: ÖNORM S 5240-1 bis 3, 10, 11, 15, 18 und ÖNORM S 5241.

20 Gemäß § 10 der Medizinischen Strahlenschutzverordnung – MedStrSchV (BGBl. II Nr. 409/2004) sind dies Hersteller- und Lieferfirmen für die von ihnen vertriebenen Produkte, akkreditierte Stellen, Medizinphysiker und Ziviltechniker einschlägiger Fachgebie-
te.

21 Richtlinie 97/43/EURATOM. Diese Richtlinie und die Richtlinie 96/29/EURATOM wurden erst durch die jüngste Strahlenschutzgesetz-Novelle (BGBl. I Nr. 137/2004) und durch die MedStrSchV in nationales Recht übernommen.

22 Vgl. §§ 8 bis 11 MedStrSchV.

23 Soweit ersichtlich, ist die Umsetzung der Qualitätssicherung im medizinischen Strahlenschutz anderswo nicht immer friktionsfrei verlaufen. Vgl. VwGH-Erk. vom 13. August 2003, Zl. 2002/11/0210. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer, einem Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, gemäß § 11 des Strahlenschutzgesetzes aufgetragen, die von ihm in seiner Ordination betriebene Panoramaröntgenanlage des Typs „Rotograph 230 EUR“ in halbjährlichen Abständen gemäß ÖNORM S 5240 (…) überprüfen zu lassen. Vgl. dazu auch: Müller-Pritz-Steger: Das Strahlenschutzgesetz (März 2005), Anmerkung 112 zu § 11.

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